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Morgenausgabe

Nr. 131

A 66

46. Jahrgang

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Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Dienstag

19. März 1929

Groß Berlin   10 Pf. Auswärts 15 Pf.

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Amerika und der Weltgerichtshof. Suche nach der Zauberformet.

Washingtons Vorbehalte in Genf   genehmigt.- Sonderrechte zuerkannt.

Genf  , 18. März.( Eigenbericht.)

Das Juristenfomitee des Bölkerbundes, das sich im Auf­frage des Bölkerbundsrates mit einer Prüfung der von den Ber. einigten Staaten für ihren Beitritt zum internatio­

nalen Gerichtshof gestellten Bedingungen beschäftigt, hat am Montag einstimmig ein von dem englischen Juristen Hurst und dem Amerikaner Roof verfaßtes Protokoll angenommen.

Das Protokoll billigt den Vereinigten Staaten   im großen und ganzen die Aufrechterhaltung ihrer Borbehalte für ihre Mitwirkung am internationalen Gerichtshof zu. Es bestimmt im einzelnen, daß für die Mitwirkung der Bereinigten Staaten be fondere Bedingungen gültig feien, die Vereinigten Staaten durch Delegierte gleichberechtigt mit den anderen Beteiligten des internationalen Gerichtshofes an allen Richterwahlen teilnehmen können und das Statut des Gerichtshofes bei einstimmiger Zuftim­mung der angeschlossenen Staaten, also auch nur mit der Zustim mung der Bereinigten Staaten, geändert werden darf. Der Artikel 5 des Protokolls bestimmt, daß ohne die Zustimmung der Vereinigten Staaten   der Gerichtshof ein Rechtsgutachten in einer Frage oder in einem Streitfall, an dem die Bereinigten Staaten intereffiert find oder sich für interessiert erklären, erstatten darf. Den Bereinigten Staaten wird zu diesem Zmed vor der Beschlußfassung durch den Bölterbundsrat jeder Antrag auf ein Rechtsgutachten mit geteilt, und zwar so rechtzeitig, daß zwischen dem Rat und den Bereinigten Staaten ein Meinungsaustausch darüber, ob Interessen der Bereinigten Staaten in Frage tommen, stattfinden kann. Die Stimme der Vereinigten Staaten   hat bei der Entscheidung, ob ein Rechtsgutachten einzuholen ist, denselben Bert wie die eines Rats mitgliedes, d. h. nach der bisherigen Völkerbundstradition, daß ohne die Zustimmung der Bereinigten Staaten fein Rechtsgut­achten eingeholt werden fann,

wenn die Bereinigten Staaten fich für intereffiert erflären. Es wird in dem Protokoll weiter festgestellt, daß die Vereinigten Staaten ihre Mitwirtung in jebem einzelnen Falle ablehnen Lönnen, ohne daß ein solches Berhalten als ein unfreundlicher Att gegenüber dem Frieden und dem guten Einvernehmen angesehen werden foll.

Das Protokoll tritt in Kraft, wenn alle Staaten, die das ur­sprüngliche Protokoll des internationalen Gerichtshofes vom Jahre 1920 ratifizieren und die Vereinigten Staaten   es ratifiziert haben. Das Protokoll gibt den Bereinigten Staaten gegenüber dem inter  

Abgelehntes Mißtrauensvotum. Gegen Gevering. Mit 229 gegen 69 Stimmen bei 51 Enthaltungen.

Der Reichstag beriet gestern das Bautreditgesetz für 1929 und den Nachtragshaushalt für 1928, und stimmte über das Mißtrauensvotum der Nationalsozialisten gegen Reichsinnenminifter Severing ab.

Das Mißtrauensvotum wurde mit 229 Stimmen gegen 69 Stimmen der Nationalsozialisten und Deutsch nationalen bei 51 Stimmenthaltungen der Kommunist en abgelehnt.

Painlevés Strafmaßnahmen.

nationalen Gerichtshof alles in allem Rechte, die selbst über die der Ratsmitglieder hinausgehen.

So sehr der Beitritt der Bereinigten Staaten zum Haager Schiedsgerichtshof zu begrüßen ist, so bedentlich erscheint es, daß man diesem einen Teilnehmer Sonder rechte gewährt, die das ganze Gebäude der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit auszuhöhlen geeignet sind. Gefeßt den Fall, eine von nordamerikanischem Imperia­lismus in seinen Rechten oder sogar in seiner Unabhängigkeit bedrohte fleine mittel- oder südamerikanische Republik   würde fich hilfefuchend an den Bölkerbund wenden, so tönnte der Rat nicht einmalein Rechtsgutachten des Haager Gerichtshofes einfordern. Man müßte zunächst in Washing­ ton   antiopfen und um Genehmigung bitten! Es steht dann der Regierung der Bereinigten Staaten frei, ihr Beto ein­der Regierung der Bereinigten Staaten frei, ihr Beto ein­zulegen. Das ist in der Tat eine Sonderstellung, die mit dem Gedanken der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit un­vereinbar ist.

Wie immer berufen sich die Bereinigten Staaten auf die Monroe Dottrin, um diese Ertramurst für sich braten zu lassen. Schon Wilson hatte in die Böllerbundsagung einen besonderen Artikel( 21) aufnehmen lassen, der diese Sonderstellung sichern sollte. Dieser Artikel 21 lautet:

Internationale Abreben, wie Schiedsgerichtsverträge, sowie Abmachungen über bestimmte Gebiete, wie die Monroe Dottrin, welche bie Erhaltung des Frie dens sicherstellen, gelten nicht als mit einer der Borschriften der gegenwärtigen Sagung unvereinbar.

Von

Das Biererreferat zur

Ministerialdirektor Arnold Brecht  .

-

Die Länderfonferenz vom 18. Januar 1927 war eine Bersammlung der leitenden Minister des Reichs und sämt­licher Länder zur Lösung des Problems der Reichsreform. Alle großen Parteien von den Deutschnationalen bis zu den regierung verhielt sich in der Beratung pafsio. Die Notwen Sozialdemokraten waren vertreten. Die damalige Reichs­bigkeit grundlegender Umgestaltung des Verhältnisses von Reich zu Ländern wurde aber einstimmig anerkannt. Teil­lösungen wurden als ungeeignet ebenso einstimmig grund­fäßlich abgelehnt. Mit diesen Richtlinien ausgestattet, wurde ein Ausschuß der sog. Berfassungsausichuß­zur Berichterstattung eingesetzt. Der Sommer verging mit Sammlung von Material, das übrigens in der nächsten Woche Minister Severing in einem dicen, sehr inhaltsreichen Bande herausgeben wird. Im Oftober tam nach der Umgestaltung der Reichsregierung ein frischer Zug in die Arbeit: eine breitägige Sigung unter lebhafter Beteiligung der Reichs­regierung ließ das Eis schmelzen und näherte die Ansichten derer, deren Grundanschauungen sich nicht gar zu fern standen. Es war ehrlicher Wille vorhanden, auch denen, die praktischen Fortschritts entgegenzukommen. Preußen ließ von anderer Grundanschauung ausgingen, im Intereffe eines burch seinen Vertrauensmann die Reformgebanten vorwärts­treiben, Sachsen   und Hamburg   sekundierten, die Staatspräfi­denten Remmele( Baden) und Adelung( Hessen  ) ver­mittelten flug.

werben. Es wurden zwei Unterausschüsse eingesetzt, Zur praktischen Weiterarbeit mußte der Kreis verkleinert die im November die Arbeit weiter auf drei Referate per­teilten: ein Referat über 3 u ständigteitsfragen, eins über Finanzausgleich und eins über die Orga­nisationsfragen. Von diesen Referaten liegt das dritte, über die Drganisationsfragen, jezt vor.

Washington   macht es sich also fehr bequem: unter dem Borwand, daß die Monroe- Doktrin   sowieso dem Frieden diene fiehe zulegt Nitaragua!, entzieht man sich Die vier Referenten haben nicht wieder vier getrennte den fonft für alle geltenden internationalen Verpflichtungen. Bücher geschrieben, die aneinander vorbeireden, sondern fie Troß dieses Artikels 21 ist Amerifa nachträglich dem haben ein gemeinsames Referat erstattet mit furzen, aber­Böllerbund ferngeblieben. Aber auch beim Kellogg  : auf ihrem Arbeitsteil Aber auch beim Kellogg  : auf ihrem Arbeitsteil- genauen Borschlägen. Das hätte Batt hat es für sich das gleiche Sonderrecht in bezug auf vor einem Jahre noch niemand für möglich die Monroe- Dottrin durchgelegt. Und nun auch bei seinem gehalten. Unter diesem Referat stehen neben den Namen Beitritt zum Haager Weltgerichtshof. des preußischen und sächsischen Vertreters einträchtiglich die Namen des auch im Erneuerungsbund beteiligten Hamburger demokratischen Bürgermeisters Petersen und deutschen   Zentrumsführers. des württembergischen Staatspräsidenten Bolz, des süd­

So wünschenswert dieser Beitritt der Vereinigten Staaten   im Interesse der Universalität der Schiedsgerichts­barkeit auch sein mag, es fragt sich, ob das Zugeständnis des Juristenfomitees nicht viel zu weit geht und damit nicht ein sehr gefährlicher Präge benzfall geschaffen wird.

Der Kampf um die Reparationsbant. Starte Abänderung des ersten Entwurfs.

Paris  , 18. März.( Eigenbericht.) Die Sachverständigentommission bielt am Mon tag nur eine furze Sigung ab, die kaum mehr als eine Biertel­stunde dauerte.

Die beiden Unterfommissionen, die von Revelstoke   und Bertins präfibiert werden und die über die Sachliefe: rungen und die Organisation der Bant verhandeln, sind mit ihren Berichten noch nicht fertig geworden. Infolge beffen fonnte auch der englische   Delegierte tamp, der als Ber­bindungsmann zwischen den Kommissionen für die Aufstellung des Gesamtplans forgen soll, sein Projekt noch nicht ausarbeiten. Man wird annehmen dürfen, daß die technischen Schwierig Mehr und befferbefoldete Militärärzte geplant. teiten für die endgültige Organiflerung der Reparationsbank sich doch als größer herausgestellt haben als man ursprünglich an Paris  , 18. März.( Eigenbericht.) genommen hatte. Bahrscheinlich wird das Projekt legten Endes Kriegsminister Painlevé   empfing am Montag nach dem ganz anders aussehen als man zuerst gedacht hatte. Es scheint, Ministerrat die drei wegen der Todesfälle in der Be- daß die Einwürfe der Franzosen   und Engländer gegen allzu fahungsarmee nach Paris   beorderten Militärs: den große Bollmacht des Instituts auf dem Gebiete des Plahkommandanten ton Irier, den Mainzer   Kredits und der allgemeinen Bantpolitit nicht ohne Wirkung auf Korpstommandanten und den Oberst des in Düren   die Durcharbeitung des Organisationsprojektes geblieben find. liegenden Jägerbataillons. Im Anschluß hieran wurden die im Ministerrat am Montag gegen die drei Offiziere erlaffenen Straf- Räumungsaussprache erst nach Experteneinigung.

maßnahmen bekanntgegeben: der erste wird zur Dispofi­London, 18. März.( Eigenbericht.) tion gestellt, der zweite erhält einen Berweis, und der drifte Chamberlain teifte am Montag im Unterhaus in Beant­wird strafverfekt Die große Informationspreife" bemüht fich indeffen, die Oeffentlichkeit über die hervorragenden Verdienste wortung einer Anfrage des Abgeordneten der Arbeiterpartei sen warthy mit, daß nach der Auffassung der Regierung nichts der betreffenden Herren aufzuklären, gegen die jene Maßnahmen gewonnen sei, wenn die Frage der Räumung des Rhein  . nur mit Rüdsicht auf die öffentliche Meinung" ergriffen worden landes erörtert würde, solange die Arbeiten der Sachver feien. Der Kriegsminister beabsichtigt, die Zahl der Militärtändigentonferenz in Paris   nicht abgeschlossen ärzte und vor allem ihre klägliche Besoldung zu erhöhen geben tönne, wan ein abschließendes Ergebnis erreicht werden ärzte und vor allem ihre klägliche Besoldung zu erhöhen leien. Auf die Frage, ob er irgendwelche Informationen darüber 3ndeffen fragt es sich, wo die nötigen Mittel hergenommen wer den sollen. Die ganze Frage wird, wie man im Kriegsministerium dürfte, antwortete Chamberlain mit Nein". versichert, bereits seit zehn Jahren geprüft.

Das Borwärts- Berbot für Rumänien   ist aufgehoben morden. Mögen diesem Zeichen von Besserung weitere und größere Beweise des Wandels folgen!

Der frühere spanische Botschafter in Berlin  , Bolo de Bernabé, ist in Madrid   gestorben. De Bernabé, der Spanien   faft eineinhar Jahrzehnte in Berlin   vertrat, mar Dor einigen Tagen von einem Automobil überfahren worden, er ist nunmehr den bei diesem Unfall erlittenen Berlegungen erlegen.

Der Gedante der großen Reform marschiert.

,, Große Reichsreform" ist nur eine Reform,

welche die beiden großen Regierungen für Reich und Preußen vereinigt. Man kann viele andere wichtige Reformen und Reförmchen auf dem Gebiet von Reich und Ländern machen. Sie verdienen nicht den Namen der Reichs reform. Zur großen Reichsreform gehört auch, daß die fleinen Länder als Staaten verschwinden und in Gebieten von brauchbaren Ber­waltungsgrenzen aufgehen. Das ist selbstverständlich.

Welche Bedingungen muß Preußen stellen, ehe viel müssen wir vom Süden verlangen mitzumachen? Wie es den Schritt der Bereinigung mit dem Reiche tut? Wie­viel müssen wir vom Süden verlangen mitzumachen? Wie muß die republikanische Entwicklung des Reichs gesichert fein oder werden? Das sind die großen politi­chen Schlußfragen, die sich unweigerlich stellen mer­den, wenn die politische Schlußentscheidung fällt. Gegenbedin­gungen füddeutscher Länder sind ebenso sicher zu erwarten: auf Erhaltung ihrer Zuständigkeiten und Bermeidung einer Terrorisierung" durch den Norden.

Nur teine Sorge! Alle diese Fragen werden weber im Norden noch im Süden vergessen werden. Um sie wird die Schlußentscheidung gehen. Aber so weit sind wir noch nicht. Erst müffen wir soweit tommen, daß nichts übrig Erst müssen wir soweit tommen, daß nichts übrig bleibt, als diese Fragen.

verfassungsrechtlicher Fragen bis zu Ende durchzuarbeiten. Dazu ist es notwendig, eine ganze Reihe technischer und Dazu ist es notwendig, für Meinungsverschiedenheiten zweiter und dritter Größe praktische Lösungen zu suchen, mit denen sich alle Teile zufrieden geben fönnen. Der Gordische Knoten war nichts gegen die Verwirrung des Problems ,, Reich, Länder und Gemeinden" in Deutschland  .

Wir stehen in historischem Flicentleid gefesselt am Baum der Erkenntnis. Wir brauchen eine Zauberformel, welche die in Deutschland   verhindern. Die Zauberformel soll uns nicht Fesseln sprengt, die zurzeit jede ernstliche Verwaltungsform sofort ein neues Kleid geben, aber sie soll die Fesseln lösen, bamit mir es uns schaffen tönnen. Die Formel darf nicht fompliziert sein: denn Zweidrittelmehrheiten follen sie gleich­zeitig aussprechen. Die Zauberformel darf erst ausgesprochen merden, menn die politischen Borausseßungen gegeben sind. aber wenn es soweit ist, müffen wir sie fennen. Von allen fachtechnischen Ausdrüden befreit und in einfaches Deutsch