Wiederbeginn des Landtags.
Juffizetat Porzellanmanufaftur- Kommuniffenfrach.
Der Beginn der Bollfigung verzögerte sich, da die Sitzung des Heltestenrats länger als erwartet andauerte.
Bor Eintritt in die Tagesordnung lehnte das Haus die von den Kommunisten beantragte fofortige Beratung ihres Untrages auf fo fortigen Abbruch der Kontordatsverhandlungen, meil die große Masse des Baltes es sich nicht mehr gefallen lasse, daß so wichtige Berhandlungen geheim weitergeführt würden, ab.
Als dann Abg. Grube( Komm.) be Begründung eines Antrages seiner Partei wegen der Zusammenstöße in Böhrden heftige Angriffe gegen die Nationalsozialisten richtete und sie mit Ausbrüden wie Faschistische Mordbande!" belegte, tam es zu larmenden Rundgebungen zwischen Kommunisten und Rationalsozialisten Die Abgeordneten beider Parteien trafen am Rednerpult zusammen, und es drohte zu Tätlichkeiten zu fommen.
Bräsident Bartels ersuchte die Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen. Nachdem es gelungen mar, die Ordnung wiederherzustellen, murde auch die sofortige Beratung dieses Antrages abgelehnt.
Darauf beantragten eine ganze Reihe tommunistischer Abgeordneten die fofortige Beratung der verschiedensten Anträge ihrer Bartei, die aber sämtlich abgelehnt wurden. Das Haus empfing die zahlreichen Kommunisten, die sich immer wieder zur Geschäftsordnung meldeten, mit großer Seiterfeit und lebhaften Zurufen. Erst fast eine Stunde nach Sizungsbeginn konnte der Landtag in seine eigentliche Tagesordning eintreten.
Sodann wurde die zweite Lefung des Haushalts des
Juftizministeriums
mit der Einzelbesprechung fortgesetzt.
Diese nahm ungewöhnlich lange Zeit in Anspruch, da die Kommunisten zu fast jedem Titel einen Redner vorschickten. Sie übten scharfe Kritit hauptsächlich an dem Strafvollzug und sagten der Justiz den Kampf bis aufs Messer an
Mit der Einzelbesprechung war auch die zweite Beratung des Juftizhaushalts bis auf die Abstimmungen erledigt, die am Dienstag vorgenommen werden sollen.
Das Haus begann dann noch die zweite Beratung des Haus
halts der
Porzellanmanufaktur.
Abg. Siering( Soz.) erstattete den Bericht über die Beratung des Ausschuffes, der sich besonders mit der Angelegenheit des entlaffenen Direktors Moufang beschäftigt hatte. Diesem feien zwar linforrektheiten nachgewiesen worden, doch sei andererseits sein Ber dienst um die künstlerische Entwicklung der Manufaktur anerkannt morden. Der Vorwurf persönlicher Bereicherung ist im Ausschuß als nicht berechtigt festgestellt worden.
Abg. Sabath( Soz.) erkannte die fristlose Entlassung des Direttors Moufang als berechtigt an. Dieser habe sich auch dadurch hervorgetan, daß er die Betriebsvertretung der Arbeitnehmer habe ausschalten wollen. Als der Redner erklärte, auch die staatlichen Virbeiter wären bei den Gewerkschaften gut aufgehoben, wurde er fortgesetzt von fommunistischen Zwischenrufen unterbrochen, so daß er der Abg. Frau Ludewig( Komm.), die sich an den Zwischenrufen beteiligte, gereizt zurief: Nun halten Sie endlich Ihr Maul!"
Der Redner murde dafür zur Ordnung gerufen. Darauf wurde die Weiterberatung auf Dienstag 12 1hr vertagt: außerdem zmeite Lesung der Realsteuernovellen, Neuregelung der Kirchensteuern und Abstimmungen zum Justizhaushalt.
Die Revolte gegen die Steuern. 790 Auflage wegen Landfriedensbruchs. ins Oldenburg , 18. März( Eigenbericht.)
750
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Die obenburgischen Bandmirte Bermau und Bormert murden auf Beranlassung der Staatsanwaltschaft verhaftet. Sie hatten unlängst eine Menge von Bauern zusammengemifen, um cine fanbung gewaltsam rüdgängig zu machen. Die Berhafteten merben sich mit anderen Bersonen wegen 2 and friedensbruds zu verantworten haben,
Einsicht?
Sifat und Ruhanwendung
Zitat: Ber schimpft, hat unrest Artitelüberschrift im laffentampf, tommunistisches Organ für den Bezirt Merseburg - Halle, Sr. 63 nom 15. März 1929.
Nukanwendung: Gipfelpunti moralischer Rorruption einer perlommenen Berräterclique gelbe Morgenpost Sozialisten, schmurziger Rampfmiherliches Spiel Schandtaten der Urich und Bista Schwindel,"
Borwärts- Lügen Widerliche Hezze Berleumderische Hege Gemeine Berleumdungstampagne- Schmuktübel Ber Ieumbung Berleumdung Schuhfinfen des Bormärts"- Lüge, Berleumbung, Gemeinheit."
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Barteinerräter- Berräterischer Reformismus - Uebles Er preffungsmanöver Rechte Renegaten Deserteure."
Die oben stehenden Schimpfwortfammlungen find drei turzen Notizen der Roten Fahne( Umfang jeder einzelnen Notiz etma 20 bis 40 Drudzeilen) entnommen. Die erste Notiz richtet sich gegen die Gewerkschaften, die zweite gegen den Bormärts", die dritte gegen die eigene Parteiopposition in der RPD. Alle drei Notizen entstammen der gleichen Roten Fahne vom 16. März 1929. Wie sagt das Hallenser Bruderblatt der Roten Fahne"? er schimpft, hat unrecht! Bfui, mie fann man so die eigene Parteipreffe diskreditieren!
Kampf der Arbeitslosigkeit!
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Die Wahlparole in England. London , 18. März.( Eigenbericht.) In einer in Middleton gehaltenen Rede fézte sich der Arbeiterführer Innes, ber mährend der Arbeiterregierung Matdonald ,, Führer des Unterhauses" mar, mit der politischen Lage auseinander und betonte, daß die Erfolge der Arbeiterpartei die beiden gegnerischen Parteien gezwungen haben, in allen größeren jozial, inner- und außenpolitischen Fragen einen Teil der Forderungen der Arbeiterpartei in ihr Programm aufzunehmen. Während ber kommenden Wahlen würden die beiden anderen Parteien durch die Arbeiterpartei gezwungen werden, das Problem der Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt des Kampfes zu stellen.
Freiheits- und Friedensfundgebung. Toni Gender in Straßburg als Rednerin aus Deutschland . Paris , 18. März. Wie Havas aus Straßburg berichtet, hat dort die sozia listische Partei gestern eine internationale Kund gebung zur Erinnerung an die Opfer der Revolution von 1848 und zur Propagierung der Frauenbewegung für 251terver föhnung veranstaltet. Unter anderem sprach auch die Reichstags abgeordnete Toni Sender.
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Mussolinis Parlamentarier.
Dunkle, Onorevoli"
Locarno , Mitte März.( Eigenbericht.) Schon 24 Tage vor dem Wahltag erfuhr die Bevölkerung Italiens schon die Ramen ihrer Abgeordneten durch das Foglio d'ordini"( Befehlsblatt) der Faschistenpartei. Aus der Liste diefer Onorevoli"( Ehrenwerten"), mie die traditionelle Bezeichnung der italienischen Barlamentarier lautet, tann man ersehen, mieniel Kandidaten der, Unternehmer verbände und micviel der Arbeitersyndikate zu Abgeordneten avancieren die einen wie die anderen haben je 400 Randidaten vorschlagen dürfen. Da finden
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tank dd 30.10
,, Benn der König mir die Ehre ermeijen mürbe, mich zu befragen." Ferri, der als kriminalanthropologe besonders befähigt gemesen wäre, das faschistische Regime und feine maßgebenden Männer zu verstehen, hat sich zu allen möglichen Lobhudeleien des Faschismus und des Duce" hergegeben. So hat er denn endlich feinen 2ohn für alle Liebedienerei und zieht in die Oberste Kammer ein.
Gemiß, es sizen schlechtere Leute im Senat als Ferri. In ihm fit De Bono, der als Generalbirettor der Polizei den Mördern Matteottis falsche Basse ausstellte in der don infamierenden Be jcdigungen nur wegen mangelnden Beweises" freigesprochen wurde, Cremoneft, der fich als Gouverneur von Rom schwerster Unterschleife schuldig gemacht hat, De Becchi, ber den Mördern der Zuriner Kommunisten und Sozialisten seine Solidarität aus
125 Kandidaten der Unternehmer und 89 der Arbeitersyndikate als Abgeordnete mieber, außerdem 82 der freien Berufe. Der vorigen Kommer gehörten 196 der neuen Abgeordneten an, 50 find zu Sena toren ernannt worden, 30 maren als Barteifefretäre, Regierungssprach. Aber doch gehörte feiner meniger in den Genat als gerade präsidenten und Konsuln im Ausland nicht mehr wählbar. Die Ferri, Er hätte seinem Schicksal bankbar sein müssen, wenn es ihm menigen Uebrigbleibenden" heißt es zart werden auf an diese lehte Phase seiner Rüdbildung erspart hätte. derem Gebiet vom Regime vermertet werden." Sie fommen an eine andere Strippe.
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Sieht man die Liste auf den Zivilberuf der Deputierten hin burch, so fonstatiert man zunächst die große 3ahl von Funf tionären der Faschistenpartei und der Synditate. Dann fällt die starte Bertretung der Banten durch ihre Direttoren und Berwaltungsratspräsidenten auf. So hat der Monte dei Paschi" aus Siena einen Vertreter, die Banca Commerciale" deren zwei, der„ Credito Italiano " einen, meiter die Spartaffe der Lombardischen Broningen, der Agrarfredit für Mittelitalien . Nach den Banken tommt das Schiffahrtstapital, vertreten durch den Vorfizenden des Verwaltungsrates der Navigazione Generale ta liana", durch die Präsidenten des Trieftiner Lloyd und des Lloyd Sabaude, durch den Berwaltungsrat der Transadriatica" und durch zmei fleinere Reeder. Einige große Elettrizitätsgesellschaften sind durch ihre Direttoren vertreten. In die italienischen Barlamente der früheren Zeit waren die Besizer oder Leiter von Aktiengesellschaften, deren Werke vom Staat Arbei- licher Bollsredner, denn er vibrierte nicht mit der Maffe, aber ein ten übernahmen, nicht wählbar. Das ist nicht mehr fo. Wahrscheinlich war der Andrang der Leute mit tüchtigeren Ellbogen zu groß. So haben wir in der langen Liste nur einen Buchdrucker, einen Metallarbeiter, einen Trambahner, einen Landarbeiter( mit zehn Kindern) und schließlich einen Hirten aus Sardinien ,
Wer etwa glaubt, daß der Faschismus eine schrittweise Reinigung, eine Abstoßung der niedrigsten Individuen pollziehen werde, der hat in dieser Liste den Gegenbeweis. Nicht nur findet man den zweimal als Auftraggeber eines Mordes Angeflagten, wegen gemeiner Verbrechen Borbestraften Barbiellini pon Piacenza mie der( natürlich wurde der übrigens nach Auflösung der Kammer und Ende der Immunität nicht in, Untersuchungshaft genommen),
die Liste bereichert sich auch um einen der Mörder Matteottis, um jenen Generalsekretär Marinelli, der den Mördern 300 000 Cire aus der Parteitaffe als Spesenvergütung und Anzahlung gegeben hatte und gegen den das Hauptverfahren als Auftraggeber der Freiheitsberaubung durch Amnestie eingestellt wurde. Endlich finden wir unter den Abgeordneten einen früheren Redakteur des Asino", des gelesensten antiflerifalen Wigblattes. Der Wicht heißt Paoloni und gehörte früher der sozialistischen Partei an. Schließlich haben wir auch das, was man in Italien ,, Söhne von Papa" nennt, einen Sohn von D'Annunzio und Ezio Garibaldi . Merkwürdigerweise ist auch jener Rechtsanwalt Maggi wieder Deputierter, der den Mailänder Sekretär Giam. paoli des Diebstahls und anderer Berbrechen beschuldigt hatte und darum aus der Faschistenpartei ausgeschlossen wurde. Augenblicklich ist er wieder da, und Giampaoli fit. Die neue Stammer stellt eine wahre Elite dar.
Er hat's also geschafft! Enrico Ferri ist eingegangen, durch die enge Pforte, durch die fich heute nur die hindurchzwängen fönnen, die ihr Ridgrat abzulegen imftande sind. Nach langem Antichambrieren ist Ferri endlich Senator geworden. Was hat er nicht aufgewandt, um seine sozialistische Bergangenheit auszulöschen! Es ist nicht bei dem vor Jahren ausgesprochenen Worte geblieben:
Ferri mar von der Natur mit einer glänzenden Rednergabe bègnadet. Charakterstärte und tritischen Sinn waren ihm nicht in bie Biege gelegt morden. So hat ihm seine Gabe freilich zum Hinaufa fommen genügt, aber er hat mit ihr viel Unheil angestiftet. Bäre er doch bei seinen Leisten geblieben und hätte nur als Advokat gemirft! In Strafprozeffen mar er, vielleicht gerade, meil ihm die Tiefe abging, von unerreichbarer Wirtung. Er war der einzige, der in dem Prozeß gegen Tullio und Linda Murri wirklich etmas zugunsten der Angeklagten hervorgebracht und ihre Lage nicht pers schlechtert hat. Auch den jungen Attentater D'Alba, der einen Anschlag auf den König verjüchte, hat er glänzend und mit Bürde perteidigt. Aber in unserer Partei hat ihm seine Begabung und sein Ehrgeiz dazu getrieben, sich zum Führer der antireformisti. fchen Tendenz aufzumerfen und fich aus lauter Plattheiten und Gemeinplätzen ein Biedestal gegen Zurati zu bauen. Sa hat er den Reformismus gestärkt und die Intransigenz zur Phrase gemacht. Dekorativ, mie er durch seine Erscheinung war, fein eigent glänzender Versammlungsredner, hat er in unserer Partei begeisterte Anhänger gehabt. Der fog. Zentrismus, den Ferri in der Partei führte, hat so recht die Gefahr bewiesen, die für eine unreife, noch nicht zur Kritik befähigte Masse, die Rebe als Kunst, als Kunst des Rattenfängers darstellt. Der Fall Ferri" in Italien ist eine De monstration dafür, daß nur mirtliche Reife und wirkliche Demokratie eine Bewegung vor den Gefahren ehrgeiziger Charlatane schüßen fönnen. Ferri war auch drei Jahre lang Chefredatteur des Avanti". Wenn er foniel lleberzeugungstreue 2 gehabt hätte als er Ehrgeiz hatte, hätte seine Begabung. und seine Arbeitskraft der Bewegung von großem ugen sein fönnen.
Als Wissenschaftler ift Ferri einer ber vielen, die von den Brofamen lebten und berühmt wurden, die von Cesare Lombrosos reicher Tafel fielen. Er war ein Arbeiter, aber fein Denter mie er Streber war, ohne ein Kämpfer zu sein. Die Arbeiterschaft hatte aufgehört, an ihn zu glauben, ehe er sich von unserer Bewegung abkehrte.
Brotfarten in 16 russischen Städten. Ausbau des Kartensystems verlangt.
Mostau, 18. März.( Ostexpreß.) Nach Angaben des Genossenschaftsverbandes 3entroffojus" find in den letzten zwei Monaten Brottarten in 16 russischen Großstädten eingeführt worden. Die Sowjetpreffe verzeichnet mit Besorga nis, daß die Einführung der Brotfarte in einigen Städten auf den Widerstand der nichtwerftätigen Elemente" stoße, deren Aktivität Don den Somjetbehörden nicht genügend bekämpft werde. In einer Reihe von Städten wird von den Genoffenfchaften bie Normie. rung auch der anderen Waren, an benen Mangel herrscht, verlangt.
In Moskau wird die Brotkarte nunmehr ebenfalls eingeführt, während in verschiedenen anderen Städten die Einführung vorbereitet wird. So haben sich neuerdings die Gewerkschaften in Werdlowsk( Jekaterinburg ) für das Brotkartensystem ausgesprochen.