?k itZ3. 46. Jahrgang 1.. Mittwoch 20.��-1929
Gtadthaushaltberatung. Oeuischnational-kommunistisches Duett zur Vorbereitung der Wahlen.
An dem Stodthaushaltsplan�ür 132 9, den jetzt die Stadtverordnetenversammlung in zweiter Beratung nochmals durchgeht, hat der Haushaltsausschuh geändert, was sich ändern ließ. Die Parteien wissen, dah weitere Aenderungen von Belang nicht möglich sind, weil man Ausgaben nur machen kann, wenn die entsprechenden Einnahmen da sind. Aber Deutsch - nationale und Kommuni st en dürfen die Haushaltsberatung nicht vorübergehen lassen, ohne im Hinblick aus die kommenden G e m e i n d e w a h l e n sich den Wählern in empfehlende Erinnc- rung zu bringen. Sie tragen ihre Forderungen vor, um die Nicht- erfüllung in ihrer Werbearbeit für die Wahlen ausschlachten zu können. Die Redner der Kommunisten sagten das gestern ganz offen, indem sie immer wieder erklärten, sie sähen die Ablehnung ihrer Anträge voraus, aber gerade die möchten sie zeigen. Die Reden, die von den Kommunisten und Deutschnationalen gehalten wurden, waren Reden zum Fenster hinaus. » Die Versammlung beriet nur den aus dem Ausschuß zurück- gekommenen Haushaltsplan für 1929. Gegen den Beschluß des Aeltestenausschusies, die Redezeit bei den einzelnen Kapi.eln auf fünf Minuten zu beschränken, mit Ausnahm« der größeren Abschnitte, wie Schulen, Wohlfahrt, Oefundheitspsleg« usw., protestierten Kommunisten und— Deutschnationale. Stadtv. Gäbel(Komm.) beantragte unbeschränkte Redezeit(bei den unzähligen Kapiteln und Abteilungen des Etats und bei den I8Z— einhundertfünwndachtzig— Anträgen, die dem Plenum vor- liegen!). Stadw. o. Zecklia(Dnat.) begann: Wir schließenuns den Kommuni st en an!(Schallende Heiterkeit. Hört, hört! bei den Soz.) v. Iscklin beantragte schließlich 20 Minuten Redezeit für den Umlagebeschluß, d. h. den Beschluß, wie die Steuern zu ver- teilen seien. Beide Anträge wurden gegen die Stimmen der Deutsch - nationalen und Kommunisten, die beide für beide Anträge stimmten, abgelehnt. Dorsteher Genosse Haß gab bekannt, daß die ersten Abstimmungen am kommenden Donnerstag 7 Uhr stattsinden. Die Verhandlungen beginnen mit der Beratung des Kapitels Jfolizei. Der Kommunist widnewski beantragte Streichung der 5 Millionen Mark und bezeichnete die Berliner Polizei als eine B ü r g e r k r i e g s a r m e e, wie die Ueberfälle der Schupos auf Arbeiter bewiesen. Stadtv. Merten(Dem.) erinnerte, daß der städtische Zuschuß zur Polizei Berlin gesetzlich auferlegt sei, so daß eine Streichung ein Eingreifen der Aufstch'sdehörde zur Folg« haben würde. Im übrigen gebühre der Polizei hohes Lob für ihre Wirk- samkeit, es sei ihr gelungen, Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, sie stehe treu zur Verfassung. Das alles sei nicht zuletzt das Verdienst von Männern, die aus der Arbeiterschaft hervorae- gangen seien.— Beim Kapitel Siedlungs- und Wohnungswesen sagte Stadtv. v. Zecklin(Dnat.) den baldigen„Bankerott der sozio- listischen Wohnungzpolitik" voraus; dann werden Sie(zu den Soz.) dasitzen und werden zu uns kommen und um Hilfe bitten, näselte Herr v. Iecklin.— Man lächelte über ihn!— Die Städtische Oper bezeichnet?. Frau hossmann-Gwinner(Komm.) als ein Institut für die Bourgeoisie, für das die Stadt nur imnier.Zuschüsse leisten dürfe, ohne erheblichen Einfluß aus die geschäftliche und künstlerische Geschäftsführung zu haben. Die Kommunistin verlangt« die Rück. sührung des Opernbetriebes in städtische Regie. Der Ausfckuß forderte die Beendigung des Gästeengagementswesens bei der Städtischen Oper und die Rückkehr zur ständigen Enscmblebesetzung. Beim Kapitel Volks-, Mittel- und höhere Schulen polemisierte Stadtv. Menz(Komm.) gegen die Beschlüsse des Ausschusses. Er kündigte ein« Anzahl Anträge seiner Fraktion an, sah aber die Ablehnung durch die„sozialistisch-bürgerliche Etatsmehrheit" voraus. Im Gegen- sah zu Menz bezeichnete der Demokrat Hildebrandt den Schuletat als zeitgemäß. Obwohl die Schülerzahl um 8000 gefallen ist. seien die Etatausgaben gestiegen. Es fei doch nicht so, daß alle Schulen in finsteren, unmodernen Gebäuden untergebracht seien. Berlin hätte auch eine große Zahl moderner Schulhäuser, die nach Möglichkeit vermehrt würden. Stadw. Widnewski(Komm.)
warf der Schuloerwaltung, an deren Spitze ein Sozialdemokrat stehe, vor, für die bessere Unterbringung der Fachschulen nichts zu tun. Die Sozialdemokraten bemühten sich nicht einmal, die ein- schlägigen Bestimmungen der Verfassung in die Wirklichkeit umzu- fetzen.(Zuruf des deutschnationalen Stadtverordneten Timm; Er- widerung Widnewskis: Das sind die Koalitionsgenossen der Sozial- demokratcn!) Stadtschulrat Genosse Ziydahl bewies dem tonnnu- nistischen Redner, daß die Neubauten für Fachschulen auf eine Vorlage des Magistrats und nicht auf einen Antrag der Kommunisten oder anderer Fraktionen zurückzuführen seien. Wenn die gegenwärtig in Ausführung befindlichen acht Fachschulbauten fertig sind, werde man sich wieder sprechen.(Bravo ! bei den Soz.) Alle Redner der kommunistischen Fraktion schlössen stereotyp mit den Worten: Wir wissen, daß die Sozialdemokraten unsere An- träge ablehnen werden; aber wir werden der Bevölkerung zeigen, wer etwas für sie tut!— Nun, wenn es aufs Antragstellen ankäme. ist allerdings die kommunistische Fraktion nicht zu schlagen. In dem- selben Atemzuge, wo sie die Anträge begründen, lehnen sie den Etat ab! Di« weiter« Beratung wurde aus Donnerstag vertagt.
Zweimal im Monat freier Eintritt in den Zoo? In den letzten Haushaltungsausschußverhandlungen der Ber - liner Stadtverordnetenversammlung ist von neuem zur Sprach« gekommen, ob es nicht möglich ist, der minderbemittelten Beoölke- rung Berlins den Zoo zugänglich zu machen. Aus diesem Grunde soll der Magistrat noch einmal mit der Direktion des Zoologischen Gartens verhandeln, ob nicht zweimal im Monat an Sonn- tagen ermäßigt« Eintrittskarten und zweimal sogar ein freier Eintritt sich ermöglichen ließ«. Diese neuen Verhandlungen werden im Zusammenhang mit den Verhandlunge? über den Zuschuß, den die Stadt Berlin dem Zoo- logischen Garten gewährt, geführt werden.
Entleerung der Schmelzwasserteiche
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Romah einer Revoluiton. Von Gerlt&ci Metrentann M-osfat
„Nebensache?" Ihr Atem begann zu pfeifen.„Neben- fache?!" Sie sprang jäh vom Fenster auf ihn zu und preßte ihm die gespreizte Hand über das Gesicht.„Lump!" Trosegk wankte ein wenig, stand wieder, riß ihre Hand herunter, schleuderte sie fort. Er sah sie unter engen Brauen an: ihr Mund zog sich zu schmal, zu blutlos über die großen Zähne, ihr graues Kostüm hatte sich geöffnet, unter der dünnen Bluse zitterten ihre Brüste von denen er wußte, daß sie alt geworden waren. Seine Mundwinkel zerrten sich schief. „Danach," sagte er und preßte die Worte hart in der Kehle,„danach ist über den Fall wohl nichts mehr zu sagen." Er stäubte imaginäre Flecken von seiner Uniform und wandte sich zur Tür. Sie starrte ihn an, vornübergebeugt. Ihre Hand lag vor der Brust, ihr Mund stand offen, in ihren weiten Augen dunkelte Angst.„Heinrich!" würgte sie heraus. Trosegk wandte sich nicht um Er war schon an der Tür. Sie rannte ihm nach, riß seinen Kopf zurück, schrie fast weinend:„Heinrich!", küßte ihn auf den Mund, auf die Stirn, in das ganze Gesicht... Angeekelt riß er sich los, wies nach draußen:„Nimm dich doch zusammen!" Friederike trat zwischen ihn und die Tür und sank an ihm herunter. Ihre Arme schlössen sich in seinem Kreuz, daß sich sein Oberkörper schmerzvoll nach hinten bog. Sie wim- merte seinen Namen. Ihre Worte stießen sich wund am Gaumen: � „Heinrich, nun ist er doch tot. Nun ist doch der Weg frei. Für uns beide, Heinrich. Wir haben doch so lange gewartet. Auf uns. Auf die Macht. Nun' können wir doch— können wir doch beides haben. Ich habe dich doch mehr lieb als je. Wie du ja auch mich, nicht wahr, Heinrich, nicht wahr? Es ist doch so? Ja, ja! Nun brauchen wir ihn doch nur zu gehen, den Weg. unfern Weg. Du mußt ihn finden. Der Herzog ist
tot, nun herrscht der Ritter vom Pfuhl. Weißt du noch, Hein- rich, Heini, du..." Er hatte ihre Arm« mit aller Anstrengung voneinander gelöst. Er sah sie an, wie man eine verdorbene Speise an- sieht. Sie war ihm nur widerwärtig.„Laß das doch— wenn dich jemand hört!" sagte er barsch. Sie sank erschöpft an seinen Knien herunter zur Erde. Er benutzte ihre Ermattung, öff- nete die Tür, trat hinaus und schloß sie schnell. Friederike stand mühsam auf und starrte die Tür an. In ihren Augen stieg trüb die Scham nach der Demütigung, glomm hell der Haß auf. Trosegk ging draußen den Gang entlang. Seine Schritte waren ganz leicht, sein Atem holte die letzte Schwere aus der Brust. Er traf den Herrn von Aloensleben. „Könnten Sie mir vor der offiziellen Audienz«ine Aus- spräche mit Seiner Durchlaucht ermöglichen, Herr von Alvens- leben? Ich würde das in beiderseitigem Jnteresse für ganz günstig halten." „Seine Durchlaucht werden meines Erachtens schon jetzt für Sie zu sprechen sein. Fahren Sie ins Schloß. Meine Kalesche steht Ihnen zur Verfügung." Trosegk ging aus dem 5?ause. Der Dessauer trat zurück ins Prunkzimmer. Dort war inzwischen in ziemlich genauem Verhältnis zum Weinkonsum auch die Stimmung für Anhalt-Vernburg ge- wachsen. Lediglich der Bürgermeister hatte sich der peinlichen Notwendigkeit einer Entscheidung für oder gegen die Auto- nomie durch schleuniges Einschlafen entzogen und blieb allen noch so energischen Weckversuchen gegenüber fest; indessen klangen auch seine Schnarchtöne wie tiefe, überzeugte Jas, und man gab sich zufrieden. Als Aloensleben, der mit be- merkenswerter, lächelnder Ausdauer den stürmischen Lokal- Patriotismus über sich hatte ergchen lassen, wieder hereinkam, war man gerade beim kraftvollen Absingen der anhalt-bern- burgischen Nationalhymne angelangt— der Adjutant sah sich also zweifellos dem Höhepunkt der Stimmung gegenüber. Zur Verblüffung der Bernburger stimmte er auch hier, mit genauester Melodie- und Textkenntnis, in die Strophen ein; das Erstaunen des Chores war so groß, daß die helle, frische Stimme zuletzt ganz allein übrig blieb: „Mag Treue rings und Glaube wahanken, Siegt überoll der Trug der Frahanken, Wir halten fest der Liebe Band, Denn du bist unser Batertond!" „Also prost!" rief er lustig in das verdatterte Schweigen hinein.
Der falsche Michael Kohlhaas. Sturmiauf gegen dichter und Staatsanwalt. Ein Landwirt und Kaufmann namens Speckmann beschimpft« Richter und Staatsanwalt so schwer, daß ihn das Schössen- geeicht Berlin . Mitte gestern wegen übler Nachrede und Be- leidigung zu 500 Mark Geld st rase verurteilte. Der Straftat lag folgender Sachverhalt zugrunde: Speckmann und seinem Bruder hatte vor 20 Jahren der Vater ein Geschäft eingerichtet und überlassen. Durch Familienzerwürfnisse kam der Vater dazu, nach dem Kriege diese Ueberlassung als ein Geschenk rückgängig zu machen, da er den Söhnen Undank vorwarf. Die Brüder stellten sich auf den Standpunkt, daß sie das Geschäft als Ausstattung erhalten hatten, die der Vater nicht zurückziehen konnte. Aus diesem Streit erwuchsen mehrere Zivilprozesse, mit den Söhnen auf der einen und dem Bater und der Schwester auf der anderen Seite. Das Landgericht Landsberg gab nun in einem Verfahren dem Vater vecht und wies den Erstattungsanfpruch der Söhne ab Diese Entscheidung stand im Gegensatz zu allen bisherigen Kammer- gerichtsurteilen und wurde auch später aufgehoben. Der eine Sohn Speckmanns griff in maßloser Wut zur Selbst hilf«. Er richtete an Kammergericht und Staatsanwaltschaft eine Unsumme von Eingaben, in denen er die Richter und den Staatsanwalt mit Verbalinjurien wie„grünen Jungen",„Strolchen",„Lum- pen" und„Verbrechern, die für Sonnenburg reif sind", bewarf. Außerdem behauptete er. daß die Richter Bestechungssummen erhalten hätten. Dem Staatsanwalt, der die Sache bearbeitete, warf Speckmann vor, daß er mit seiner Schwester befreundet wäre und ihn daher verfolg«. Dieser Staatsanwalt hätte auch durch seine Be- kanntschaft mit den Landsberger Richtern das ungerechte Urteil gegen ihn veranlaßt. Die Behörden achteten zunächst nicht auf Speckmanns beleidi- oende Aeußerunaen; erst als sie sich vor Anwürfen nicht mehr retten konnten, stellten der Kommergerichtspräsident und der Generalstaats- anwalt S t r a f a n t r a g. In der gestrigen Verhandlung bezeichnete ein Arzt den wegen Beleidigung oft vorbestraften Angeklagten als einen Querulanten, der schon in Heilanstalten interniert war und mit der Verbissenheit eines märkischen Bauern zu unverantwortlichen Handlungen hingerissen wird. Das Gericht erklärte, daß Speckmann wohl in Wahrnehmung berechtigter Interessen zu handeln glaubt«, aber viel zu weit über die zulässigen Grenzen hinausgegangen wäre.
Die Raumnot im Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht ist seit seiner Gründung stiefmütterlich de« handelt worden. In der Z i m ni e r st r a ß e hat es in einem Miets- haus völlig unzureichend« Räume erholten. Nach Annahme de« Arbeitsgerichtsgefetzcs wurde der Aufgabenkreis noch größer, aber die Räume blieben die gleichen. Erst als es gar nicht mehr ging, als der Geschäftsgang darunter zu leiden hott«, daß zum Beispiel die Richter kein« Berawngsräume hatten, wurden in einem Nebenhaus und im Kunstgewerbemuseum in der Prinz-Albrecht-Straß« Räum« gemietet. Dadurch ist die Raumnot nur zum Teil beseitigt. aber der Gsfchästsgong ungeheuer erschwert. Wenn in den Ab- teilungen in der Prinz-Albrecht-Stroße einmal schwieriger« Ent- scheidungen zu fällen sind und der Richter in den Gesetzeskommen« taren nachschlagen will, muß er erst einen Bote', zu der im Haus« Zimmerstraße liegenden Bibliothek schicken. Will er Akten einsehen, muß er in eine dritte Abteilung, die räumlich wieder getrennt van der Zentral« in der Zimmerstraße untergebracht ist, schicken. Aus den Kreisen des Publikums wird lebhast« Klag« darüber geführt, daß die Räume in der Hauptverwallung, so die Klogeauf nähme, völlig unzureichend sind. Auch die Sitzungszimmer sind' so klein, daß man praktisch von öffentlichen Verhandlungen nicht sprechen kann, weil außer den Klägern und Beklagten ebenfalls noch ein bis zwei Zeugen Platz haben. Ja. es ist schon vorgekommen, daß bei größeren Terminen ein Teil der Zeugen immer wieder auf den Flur geschickt werden mußte, weil kein Platz war. Auch Beratungszimmer fehlen bei«inigen Kammern, will das Gericht beraten, dann muß eben alles, auch der Schreiber, den Raum verlassen und sich auf den Fluren herumdrücken. Auf Anfragen sozialdemokratischer Abgeord- neter hat der preußische Justizminister versprochen, ein andere» Gebäude für das Arbeitsgericht freizumachen. Bisher ist noch nichts geschehen.
„Jetzt sa'n Se mich bloß ema," fragte aber Iuckenack, mühsam,„woher— woher kenn'n Sie denn das?" „Nun, das singen wir hier in Dessau auch!" Holzvoigt brummte der Schädel.„Wa— unsere Natio» nalhymne?" „Freilich. Nur singen wir eben nicht„Anhalt-Bernburg ", sondern„Anhalt-Dessau " ist unser Vaterland." Juckenack wandte sich mit überzeugender Geste an die anderen.„Da säht Jhrsch. Das han Se uns oo schonn je« klaut!" Er schlug dröhnend mit der Faust auf den Tisch, und seine Augen sahen den Dessauer an, als ob ihre Blicke es wären, die klirrten.„Awwer mehr jiwwet's niche!" «Erlauben Sie, meine Herren," lachte Aloensleben,„wir können Ihre Hymne aber wirklich nicht gut gestohlen haben. Weil sie nämlich"— er machte eine Kunstpause—„vom Forstmeister Mahre aus Wörlitz gedichtet und vom Konzert- meister Appel aus Dessau komponiert wurde. Der Herzog- liche Kammersänger Krüger hat sie hier im Germaniagarten zum erstenmal öffentlich gesungen. Das war anno 31." „Woher wissen Sie'n das?" „Aus der Schule." Holzvoigt schlug sich an den Kopf.„Dadrumme hat uns das unser Kanter oo nich verzählt!" Iuckenack faßte es noch nicht:„Denn han mir se also je- klaut?" „Wenn Sie so wollen— so." Langes Schweigen. „Schade," ließ sich dann Iuckenack wieder vernehmen. „Nu kenn'n mir se nicht mehr singen. Un se war doch so scheenei" „— wenn sie auch aus Dessau kam!" Aloensleben hob sein Glas.„Aber trösten Sie sich. Wir werden alle das Lied weitersingen können. Wir werden einfach singen:„Anhalt ist unser Vaterland." Das singt sich viel besser. Und wir haben dann auch ein größeres Baterland. Hundertzwanzigtausend Einwohner!" Ein Abwehrendes Brummeln war die Antwort. Aber die richtige Stimmung zum kräftigen Widerspruch war verflogen und blieb es auch, bis man zur Audienz aufbrack und, nach- dem der Bürgermeister mühsam geweckt war, draußen die Herzoglichen Kutschen bestieg. Ein dritter Wagen stand vor der Tür, ein Reisewagen. Eine einfach gekleidete Dame kam aus dem Gasthof und stieg rasch«in. Der Wagen fuhr ab. (Fortsetzung folgt.)