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Austakt zumTag des Buches" Oeffeniliche Kundgebung im Reichstag.

Es ist hier bereits darauf hingewiesen worden, welche Ziele die große ganz Deutschland einbeziehende VeranstaltungTag des Buches" verfolgt und weiche Bedeutung sie für das deutsche Prole- tariat gewinnt. Kurz zusammengefaßt, die kulturellen und wirt- schaftlichen Verbände haben sich zufainmengeschlosfen. um durch Propaganda zu versuchen, dem Buch wieder die alte Welt- g e l t u n g zu oerschaffen. Es ist eine Art von Protest gegen die fortschreitende Entgeistung und Mechanisierung der Gegenwart. Eine Kulturausgad«. in die auch die Arbeiterschaft einbezogen werden muh. Daß gerade ihr die materiellen Mittel fehlen, verschärft die kritische Situation des Buches, die vielleicht nur getost werden kann, wenn man sich endlich zu einer entschiedenen Verbilligung entschließt. Der Tag des Buches fand gestern seinen Auftakt in Berlin durch eine' öffentliche Kundgebung im Plenarsaal des Reichstags, die unter dem Protektorat des Reichsinnenministers Severins stand. Noch der kurzen Begrüßungsansprache de« früheren Reichs- minister, Dr. Külz ergriff Severing das Watt, um einen Heber- bvck über die Richtlinien der veranstalloag zu geben. Er wurde zunächst von Zwischenrufen radikaler cherren unterbrochen, die aber bald au« dem Saal entfernt wurden, so daß man zur Tagesordnung übergehen konnte. Die Gegenwart steht im Zeichen des Sports, so führte Sev«° ring au«, und Sport ist an sich ein sehr schönes Ding, aber leider vergißt man, daß die alten Kulturvölker neben einer ausgiebigen sportlichen Betätigung auch durchaus dos Geistige pflegten. Das Auch soll nun das Regulativ für die übersteigerte Freude am rein Körperlichen sein. Allerding» kann man wohl mit Recht anführen, daß dt« Nerven des modernen Deutschen durch Krieg und die Wirren der Nachkriegszeit abgespannt sind, so daß er keine rechte Lust zum Lesen findet. Besonders nicht zum Lesen gehaltvoller Bücher, die über ein Durchschnittsniveau emporragen. Es gilt, die Freude am Lesen wieder zu erwecken. 'Aber, und hier beginnt das Problem, es handelt sich nicht nur darum, ein ausnahmewilliges, sondern auch ein auf- nohmefähiges Lesepublikum zu schaffen, und hier berührt man die allgemeine Wirtschaftslage. An sich erscheinen heute in Deutschland sehr viele Bücher, und auch gute Bücher, aber finden sie auch dos breite Lesepublikum? Kaum! Die Arbeitermassen müssen dem deutschen Buch zugeführt werden. Dadurch wäre ein Problem des deutschen Buchhandels gelöst, nämlich die Frage nach der höheren Ausloge. Äi höher nun jedoch die Auflage ist, desto leichter die Erreichung einer Verbilligung. Aus all diesen angeführten Gründen ist es notweirdig, ein breites Publikum zu gewinnen. Es handelt sich also hauptfäihlich um geistige Probleme in den Ausführungen Seoerings, und auf diesen Generalnenner gingen auch alle die Ausführungen auf, die sich mit irgendeiner Frage des Buches beschäftigten. Etwas übersteigert war das Refe- rat Dr. Leo Weismantels über Such und Ho«". Er kommt zu keiner klaren Entscheidung, welches Buch gut und empfehlenswert ist und welches nicht. Da? ist sehr schwer, aber Weismantel gibt seiner Grundeinstellung kein scharf umrissenes Ge- ficht. Daneben sehr Gutes. Er sagt z. B.. Bolksschriftsteller müßten das Volk zu begreifen suchen, und zwar das gegenwärtige moderne Volk. Zu einer Z e i t k r i t i t kommt der Jenaer VerlegerEugen Diederichs in seiner Betrachtung über die ftnfis de» deutschen Buche». Gutes Buch bedeutet ein Buch, dos das Leben auszudeuten versucht und es nicht durch überspitzte Psychologie, Sexualität oder Freude

am Abenteuer zerfasert, verengt oder umdichtet. Di« Zeit ist«nftee Literatur nicht günstig. Das Tempo des Lebens ist derart ge- steigert, daß der moderne Mensch nicht in innerer Kanzentration Entspannung sucht, sondern in der Sensation, die er überhaupt als das Wesentlichste des Lebens ansieht. Für ihn ist der Fortschritt der Technik das wichtigste Lcbensmoment. Die sogenannte neue Sachlichkeit bleibt deshalb der treffende Ausdruck dieser Gesinnung. Es kommt darauf an, den Weg wieder zurück zum Geist zu finden durch Verwurzelung des Menschen in Bode» und Natur. Es gilt, die Natur, die Geschickste und das Volk zu verstehen. Dies ist heute nicht der Fall, und deshalb leben wir in einer Krifis des Geistes und damit des Buches. Weil der Mensch der Natur entfremdet ist, fühlt er sich innerlich unsicher. In einer Neubelebuirg des religiösen Gefühl? glaubt Diedench das Heil zu sehen. Walter v. Molo betrachtet das Problem des Buches vom Standpunkt des Dichters und Schrisistellers. In Deutschland werden nur Werke gelesen, die aktuelle Themen behandeln und hauptsächlich aktuelle Tagesfragcn. Das kommt daher, well das Volk über sich selbst, über sein Wollen und Fühlen klar sein möchte. Das Publikum ist jetzt z e i t i n t e r e f f i e r t e r und deshalb muß der moderne Dichter die Welt mit den Augen eines modernen Menschen ansehen, auch wenn er beispielsweise historische Roman« schreibt. Die Blick- «instellung kann nur die des Gezenwartsmenschen sein. Diese For- derung ist begrüßenswert, aber man darf dabei nicht die Schatten- feiten übersehen. Das deutsche Publikum ersehnt den D i c n st an der Zeit: aber es laust Gefahr, das Zeitqktuelle über das Dich- terifche zu stellen. Früher gefielen sich viele llnbegabtheiten in der Pose des weltabgewandten Dichters, heute dagegen in der des götterstürmendc» Revolutionärs um jeden Preis. Der Dichter muß sich von dem Schielen noch dem Beifall gewisser Grüppchen frei machen. Er muß der Gesamtheit dienen als Bswahrer des Volkstums. Am Schluß sprach Genossin Professor Anna Sicmsrn über da Thema: Buch und Leser". Sie begann mit der geschichtlichen Entwicklung des Buches. Im Mittelalter gab«s noch kein Publikum in unserem Sinne. Man schrieb im Grunde für Bekannte und Freunde. Erst die Buch- druckerkunst schuf das unbekannte Publikum. Und man darf nicht übersehen, daß dos Buch ungeheuer viel zur Demokratisierung der Well beigetragen hat in dem Moment, in dem es Massenartikel wurde. Leider ist es noch nicht Massenartikel genug. Dos Publi- kunr. dos nach Büchern perlangt, ist in letzter Zeil unendlich ge- wachsen und setzt sich aus ganz neuen Gesellschaftsschichlen zu­sammen. Man muß deshalb dazu schreiten, neu« Verknüpfungen zwischen Puch und Leser zu schaffen. Wo sind aber diese Ein- richlungen und Organisationen zu finden? Di« Familie genügt nicht mehr wie früher. Hilfe muß von freien und amtlichen Organi- sationen kommen in einer Zusammenarbeit von Schule und Haus. Doch damit ist erst der Ansang gemacht. Die Schwierigkeit d«? Aufgabe besteht ja darin, daß die Erwachsenen mit dem Buch zu- sainmengesührt werden müssen. Amtlich geschieht dies durch Biblio­theken und Lesehallen, durch Organisationen noch künstlerischen, wissenschaftlichen, weltanschaulichen, politischen oder fachlichen Ge- sichlspunkten. Am stärksten ist dies, Arbeit da ausgeprägt, wo die geistige Not am stärksten empfunden wich, nämlich in der deutschen Arbeiterschaft! Wie Waller v. Molo sieht auch Anna Siems«» den Willen des Publikums zur zeitbestimmten Literatur. Die Schriftsteller schreiben im Hinblick auf bestimmt« Kreise, die mit ihrem Denken und Fühlen in lebendiger Beziehung stich. Verstärkt wird diese unmitteldore Wirkung zwischen Verfasser und Publikum noch durch Kino und Radio. Der Mensch wich dadurch seiner L-'r- «inzelung entrissen und wieder Glied einer Gemeinschaft. Und Ge- meiirschast bedeutet auch das Ziel und der Zweck des deutschen Buches.

CReichsiagsfen'en. Mißtrauensantrag gegen den �eichsfinanzminister abgelehnt Der Reichstag nahm gestern in 3. Lesung die Vorlage zur Ratifizierung des Genfer Protokolls wegen Verbots des Giftgas- krieges an. Der von den Kommunisten eingebrachte Mißtrauens- antrag gegen den Reichsfinanzminister wurde gegen die Stimmen der Antragsteller, der Deutschnationalen und der Nationalsozialisten bei Stimmenthaltung der Wirtschaftspartei a b- gelehnt. Die Rcichshaushaltsrechnung für 1927 wurde nach j Ablehnung eines nationalsozialistischen Antrags genehmigt. Am Schluß der Sitzung vertagte sich das Haus auf den 16. April.

Oer Aoietat hat Geseheskrast. Kein Einspruch des Reichsrats. Der Reichsrat erledigte am Donnerstag eine Reihe kleinerer Vorlogen, er erklärte sich einverstanden mit der Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnungen über Beschäftigung jtlgendiicher Arbeiter, er nahm ferner Kenntnis vom Nachtragsetat und dem Notetat für 1929 sowie den Gesetzentwürfen über Bereit- stellung von Krediten zur Förderung des Kleinwohnungsbaues und über das Genfer Protokoll wegen Verbots des Gaskriege». Diese Vorlagen haben damit Gesetzeskraft erhalten.

Nie Stahlhelmfreunde. Eine deutschnationale Interpellation im Reichstag. Der Ober st euer sekretär Emst Nenninger vom Finanz- omi Rudolstadt hatte in einem reichseigenen Hause eine S e- s ch ä f t s st« l l« des Stahlhelm unterhatten. Der Reichs- finanzminister hat die Versetzung dieses Stahlhelm- beamten aus dienstlichen Gründen verfügt und an dieser Maßnahme festgehalten. Die deutsch national« Reichstagsfrat- t i o n fühlt sich bemüßigt, wegen dieser notwendigen und an­erkennenswerten Maßnahme den Reichstag zu interpellieren.

Landesverrat. Äeratung im Strafgesehausschuß des Reichstags. Der Strofgesetzausschuß des Reichstags setzte gestern die Be- ratung der Landesverratsparagraphen fort. Abg. Alexander (Komm.) kritisierte die Vorschläge des Iustizministers und wendete sich namens seiner Fraktion gegen dessen Formulierungen. Die deutschen Arbeiter hätten Verpflichtungen gegenüber der Sowjetmacht und sie würden sich durch keine Bestimmungen des Gesetzes davon abhallcn lassen, ihre Pflicht ZU erfüllen. Abg. Levi(Soz.) begründete einen sozialdemokratischen An- trg zu ij 91a. Nach dem Regicrungsvorschlag sollen im Sinne des Gesetzes Staatsgeheimnisse sein: Schriften, Zeichnungen, andere Gegenstände oder Nachrichten, deren Geheimhaltung vor einer aus­ländischen Regierung für das Wohl des Reiches oder eines Landes erforderlich ist. Ein sozialdemokratischer Antrag will nur solche Nachrichten als Staatsgeheimnisse ansehen lasten, welche Borgängc oder Veranstaltungen betreffen. Dr.. Leo! führte aus. daß die gegen- »»ärtige Rechtsprechung zu weit gehe, wenn sie schon S t i m m u n g s- 6 Uder unter Umständen als Staatsgeheimnisse zulasse. Man dürfe in Zukunft nur solche Nachrichten als Staatsgeheimnisse anerkennen, die bestimmte Tatsachen betreffen. Im Fall Oehm« habe dag Reickis- gericht Landesverrat angenommen, obwohl es sich nur um bereits bekannte Tatsachen gehandelt habe. Schon die Neugruppierung dieser Tatsachen, lediglich das subjektive Stimmungsbild habe dem Reichsgericht zur Verurteilung ausgereicht. Ein« solche Recht- sprechung müsse für die Zukunft unmöglich gemacht werden. R e i ch s j u st i z m i n i st c r Koch wollte nicht anerkennen, daß das Reichsgericht in seiner jetzigen Rechtsprechung zu weit gegangen sei. Höchstens könne man sagen, daß die Abstellung der Strofbarkcit auf dem Begriff des Stimmungsbildes nicht sehr glücklich sei. Abg. Wunderlich(D. Vp.) vertrat die Auffassung, daß auch die Gruppierung schon bekannter Tatsachen, wenn sie zur Erweckung eines bestimmten Eindrucks erfolge, eine neue Nachricht sein könne. Ihm schloß sich Abg. Bell(Z.) an, der meinte, man solle nur aus die gesunde Rcchtsprechuiyz des Reichsgerichts vertrauen. Abg. Dr. R o s e n s e l d(Soz.) lehnte es ob, sich auf das Ver- trauen zur Rechtsprechung zu verlassen. Gerade die Entscheidungen zu den Londesverrotsparogrophen zwängen geradezu, äußerste Vorsicht bei der Formulierung anzuwenden. Niemand werde es verstehen, daß Landesverrat möglich sein soll, wemi die Tatsachen, die verbreitet würden, längst bekannt seien und nur eine Neu- gruppicrung dieser Tatsachen in Frage kommt. Die sozialdemo kratijch« Fraktion wünsche dringend eine ander« Formulie- rung, als sie der Regierungsvorschlag enthalte, und er beantrage Vertagung, damit die Regierung in der nächsten Sitzung ein« andere Formulierung vorlege. Der'Ausschuß beschloß demgemäß die Vertagung auf morgen.

Kampf um die Ehescheidungsreform. Verzögerungsversuche des Zentrums vereitelt. Der Rechtsausschuß des Reichstags hat den Entwurf eines deutschen Auslieferungsvertrag«« in erster Lesung durchberaten. Dabei ist ein« Lösung der Frage, ob im Falle von politischen Morden Asylrecht gewährt werden solle, nicht gesunden worden. Die Regierungsvorlage lautete ip diesem Punkte:Die Auslieferung ist zulässig, wenn die Tat unter Berück- sichtigung aller Umstände besonders verwerflich erscheint." Ein vom Rechtsausschuh eingesetzter Unterausschuß hatte sich auf folgende Fassung geeinigt:Die Auslieferung ist zulässig, wenn sich die Tat als ein vorsätzliches Verbrechen gegen das Leben dar- stellt, es sei denn, daß die Tat im offenen Kampfe begangen wäre." Obgleich der Reichsjustizminister für die Fassung des Unter­ausschusses eintrat, wurde sowohl diese Fassung wie die Fassung der Regierungsvorlage, sowie all« anderen zu diesem Punkte gestellten Anträge abgelehnt, so daß in der zweiten Lesung«ine neue Fassung gefunden werden muß. Nach der Erledigung dieser Borlog« entspann sich eine längere Aussprache darüber, ob die Chescheidungsreform sogleich im Ausschuß behandelt, oder vertagt werden solle. Es ergab sich das Bild, daß das Zentrum Versuche unternahm, die Beratung der Ehescheidungsreform zu verschleppen. Die Vertreter des Zentrums behaupteten, daß die Schwierigkeiten der Re­gierung durch die Beratung der Ehescheidungsreform nur ver- größert werden würden, daß außerdem der Ausschuß nicht den Auftrag erhalten habe, eine Ehescheidungsresorm zu beraten. Der

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Abg. Landsbcrg(Soz.) verwies demgegenüber auf verschiedene Anträge, die vom Plenum des Reichstages zu diesem Problem dem Ausschuß überwiesen worden seien. Er schlug vor, diese An- träge aus die Tagesordnung der nächsten Sitzung' zu setzen und dazu die Referentenvorlage des Reichsjustizministc- viums als Material zu verteilen. Ret ch s j u sti z mi n ist e r Dr. Koch erklärte, daß er eine Berzögerung der Beratungen nicht verantworten könne und werde. Trotz de» Widerstandes des Zentrums wurde beschlossen, die Ehe- scheidungsrefnrm aus die Tagesordnung der nächsten Sitzung nach Ostern zu setzen.

Wohnungsfragen im Reichstag. Richtlinien für das Wohnungswesen. Der Wohnungsausschuß des Reichstags beriet gestern den Entwurf der Reichsrichtlinien für das Wohnungswesen. Es handelte sich hauptsächlich um die Frag«, od die kinder- relchen Familien bevorzugt aus den Altwohnungen ge- nominen und in Neubauwohnungen untergebracht werden sollen. Di« große Mehrheit des AusfchuHcs sprach sich dagegen aus, weil die kinderreichen Familien zum großen Tell wirtschafUich ge­schwächt. die Neubaumieten daher für sie zu hoch seien. Die Mögllchkeit zur Unterbringung einer größeren Anzahl von kinder- reichen Familien in Neubauwohnungen wäre daher höchstens unter großen Zuschüssen des Reiches möglich. Di« allgemeine Ansicht ging dahin, daß das Hauptbestreben der Regievuitg und der Parteien aus die Senkung der Baukosten gerichtet sein müsse. Die Be- rawngen des Ausschusses werden am 9. April fortgesetzt.

Ein korrigiertes Tendenzurteil. Rüffel des Reichsgerichts für das Landgericht Landsberg. Leipzig , 21. März.(Eigenbericht.) Da« Landgericht Landsberg s p r a ch am ft. September 1926 den Landwirt Hans Krüger von der Anklage eines Vergehens gegen dos Gesetz zum Schutz der Republik frei. Am 18. März 1928 fand in Königsberg eine Tagung des Reichskriegerverbandes Kreis Königsberg statt, auf der auch über die Flaggenfrage ge- sprachen wurde. Krüger erklärte bei dieser Gelegenheit, für alle Soldaten könne es eine Floggansrag« überhaupt nicht geben. Er sei dafür, die schwarzweißrote Fahrn und nicht die Farben des S a u- staates und der Saurepublik zu zeigen. Wegen dieser Aeußerungen wurde gegen Krüger ein Strafverfahren ein-

geleitet. Krüger verteidigte sich damit, daß er nicht in einer ösfent- lichen Versammlung gesprochen habe, denn es habe sich mehr um «ine zwanglose Zusammenkunft gehandelt. Er habe auch den Staat und die Staateform nicht beschimpft. Er sei bayerischer Offizier gewesen, und ini Bayerischen pflege man gern vos WortSau" als einen Ausdruck zu benutzen, wenn man im Unmut über eine Sache rede. Gegen den Freispruch wurde von der Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, der vom zweiten Strafsenat de» Reichs gerichts in seiner Donnerstagsitzung auch stattgegeben wurde. Do, freisprechende Urteil wurde aufgehoben und die Sache wurde mit folgender Instruktion dem Landgericht Frankfurt a. d. Oder zur neuen Entscheidung zugeleitet: Das angegriffene Urteil verneine objektiv und subjektiv, daß durch das WortSaurepublik" die Staatsfarm getroffen werden solle, und es verneine ebenfalls obsektiv und subjektiv, daß das Wort überhaupt ein« Beschimpfung gewesen sei. In allen die- sen Punkten sei das Urteil unrichtig. Das Wort Republik " fei doch gerade der Ausdruck der Staatsform. Wenn jemand von einem Staat als von einer Republik spreche, so erwähne er damit bereit« objektiv auch die Staatsform. Da beim deutschen Staat bekanntlich noch tiefgehende Meinungsverschiedenheiten über die beste Staatsform beständen, so sei es felbstverstöndlich. daß. wenn man von der deutschen Republik spreche, di« verfassungs­mäßige Staatsform gemeint sei. Mit dem WortSaurepublik" sei also auch die Staatsform getroffen worden. Das freisprechende Urteil verweise bei der Frage, ob das Wort..Saurepublik"-ine Beschimpfung sei. aus die bayerische Mundart des Angeklagten. Es komm« hier jedoch nicht darauf an, wie das Wort in Bayern ausgelegt werde, sondern wl« es in Königsberg auf di« Hörer wirke. Daß der Angeklagte gewußt habe, welche Bedeutung dort das Wart habe, sei um so mehr anzunehmen, als er doch ein ge- bildeter Mann sei. Die Beweisführung des Land- gerichts Landsberg für den Freispruch wurde vom Reichs- anwalt, der die Revision vertrat, als befremdlich bezeichnet. Aus diesem Grunde ist auch die Verweisung der Dache an«in anderes Gericht erfolgt.

Oas Blutbad von Oinant. Korrektur einer voreiligen Maßnahme. Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichspostminister hat die Verfügung über den Ausschluß der Druckschrift der belgischen Stadt Dinant von der Posthesörderung, die von einer nach- geordneten Stolle ohne seine Kenntnis erlassen war- den ist. wieder aufgehoben.