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Nr. 140 46. Jahrgang
Sonnabend 23. März 1929
Fast eine halbe Million Äubiffilomctcr Wasser geht jährlich durch die Moschine des irdischen Waiserkreislauss. Ein großer Teil wird auf einig« Kilometer, ein geringer biß zu 9 und 10 Kilometer chöhc über die Erde gehoben, von wo es wieder aus die Crdober- fläche herunterfällt. Nehmen wir an, di« Gesamtmenge wurde auf 3 Kilometer Höhe getrieben, so könnten beim Niederfallen dieser Wossermassen 20 000 Billionen Pferde­kräfte gewonnen werden. Wir besitzen also m dem irdischen Wasserkreislauf eine Energiequelle, die für alle Zeiten aus- reichte, jeden Bedarf zu decken. Leider sind wir nicht in der Loge, dieses gewaltige Neservoir auszunutzen, weil es sich über die ganze Erdober- s ache verbreitet. Wir können ober dies« nicht zu einer riesigen Energiewandlungsmaschine umbauen. To sind wir daraus angewiesen, die auf die hohen Gebirge fallenden Wassermassen, die in Rinnseln, Bächen und Strömen in die Niederungen herabfluten, so gut wie möglich zu verwerten 'Aufstellungen, welche Mengen uns da zur Derfügung stehen, sind schon häufig gemacht worden. Sie ergeben ungeheure Mengen, obwohl wir nur einen kleinen Teil der Energie des von den hohen Gebirgsstöcken herunterströmenden Wassers technisch ausnutzen können. Aber die Berwertung der weißen Kohle"' hat doch schon erheblich« Fortschritte gemacht. Wir kennen die gewaltigen Wasserkraftanlogen am Niagara. wir kennen di« großen Werke in Schweden   und Norwegen  , r-ir wissen, daß auch in der Schweiz   und in Deutschland  !'oße Werke dieser Art vorhanden sind. Dos Walchcnssewcrk i 1 Bayern liefert nicht weniger als 200 Millionen Kilowatt­stunden(kWf.t) im Jahre, und die Gesamtgefällstufe des Oberrhsins von Konstanz   bis Basel   erzeugt in 10 bis 14 Werken jährlich 1,4 Milliarden kW$t. Aber der Erfolg lieser Werke hat nicht dazu beigetragen, di« Verwertung der vorhandenen Wasserkräfte in größtem Ausmaß zu fördern. Die Techniker bauen lieber weiter große Dampfkraftwerke, i i denen sie ungeheure Massen Kohle verbrennen, statt sich der weißen Kohle zur Krosterzeugung zu bedienen. Der Grund ist jedoch kein technischer, sondern im wesentlichen«in finanzieller, ein kapitalistischer. Rechnet man nämlich noch, welche Werke sich finanztechnisch günstiger stellen, so kommt t urt oielioch zu dem überraschenden Ergebnis» daß es vor- inlhaster ist, Kohlen zu kaufen und damit Elektrizität zu erzeugen, als Wasserkroitanlagen zu errichten, selbst wenn las Walser nichts kostet. Der Kapitaldienst ist bei den Wasserkraftwerken meistens so groß, daß dagegen die Bs- Zahlung der Energiequelle Kohl« die Anlage von Dampf- I�a'twerken kapitalistisch günstiger gestaltet. Volks- und well- wirtschaftlich ist das höchst bedauerlich. Denn während wir genau : rissen, daß unsere Kohlcnvorräte nur für eine beschränkte Zeit reichen, verschwenden wir diese unschätzbaren Brennstoffe Unge- > ch t kaufen dies« ungeheuren Energiemengen von den Bergen ins Meer. Vielleicht wird man nach hundert Jahren der Kurzsichtigkeit unserer Generotwn fluchen, die diese volks- und wellwirtschnftlich > ostbaren Wasserenergien nicht ausnutzte. Es ist deshalb begrüße»?- wert, wenn wieder einmal ein großes Wasserkrostnxrk geplant und gebaut wird. Was früher vielleicht nicht ohne weiteres ge- ichehcn wäre, bringt die Not zuwege. In Oesterreich   ist kürzlich eines der gewaltigsten Projekte aufgetaucht, von dem man annehmen kann, daß«S verwirklicht werden wird. Di« Zlllgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft Berlin   hat deshalb nach Vereinbarung mit den salzburgischsn Behörden Pläne zur Ausbeutung der Wasserkräfte des gewaltigen Gebirgsstockes der Hohen Tauern ausgearbeitet, die die Billigung des salzburgischen Landtags gefunden haben. Die Hohen Tauern sind ein Teil der Lstalvcn und umfassen«in Gebiet von rund SS00 Quadratkilometern, fast soviel wie das Land Oldenburg  . Ihre größten Erhebungen sind der Großglockner  (3800 Meter) und der Großvsnediger(3600 'Mer). Die Schneegrenze liegt bei 2700 Meter. Darüber liegt«in Gebiet von 436 Quadratkilometer, das zu Dreinicrteln mit Gletschern bedeckt ist. deren Schnee- und Eismassen durch die Gletscher zu Tal gehen. Diese Massen sind nickst ausnutzbor. Die zahlreiche» Wasseradern, von denen die Hohen Tauern überzogen sind und die die Quellen und Schmelzwässer der Gänge und Gletscher zu To! führen, vereinigen sich im allgemeinen in Höhen von 600 bis 1900 Meter zu Wildwässern und Bächen. In dieser Region müssen sie also gefangen werden, wenn man sie verwerten will. Nun fallen die Hohen Tonern in zwei ungefähr einander parallelen Richtungen im Norden und im Süden ziemlich stetl ab. Im Süden sind die Hange-.'rrissen, während sie im Norden verhältnismäßig glatt und sehr s..il sind. Durchstöbert man das Gebiet nach den Stellen, mn man größere Talsperren anlegen will, so kommen jedoch cigcnt- lich nur drei Stellen in Betracht: nämlich das Stubachtal beim Tauermoosboden, das Obere Kapruner   Tal beim Mooserboden und als unterste und günstigste Stelle die Limbergalpe und der Orgler- boden. Die Wassermengen müssen an diesen drei Stellen in ge- wältigen Talsperren gefangen und zu geregeltem Abfluß gezwungen werden. Der bisher bestehende Plan sieht drei Kraftwerk« vor: eines im Hintergrund des Orglerbodens in 1640 Msier Höhe, das non einem gewaltigen, 420 Meter höher im Mooserbaden liegenden Stauwerk gespeist wird: ein zweites im Salza cistal oberhalb Kaprun  , das die vom Kraftwerk 1 abfließenden Wassermossen und weitere aus der Umgebung dorthin gelangende durch einen TunnÄ und eine über 2H Meter weite Druckrohrleitung erhält und S81 Meter Gefälle ausnutzt, und ein drittes Kraftwerk bei Sankt Johann   im Pongau  . das 194 Meter Gefälle oerwertet und schließlich die Wässer in die Salzach entläßt. Nicht weniger als 1500 Meter Gefalle läßt sich so verwerten. Die größten Bauten sind die gewaltigen Tassperren. Man hat ausgerechnet, daß von den I i Milliarden leWst Rohenergie 6,6 Milliarden ausgenutzt werden können, gegebenenfalls sogar noch mehr, was mehr als ein Drittel der jährlich in Deutschland   verwerteten elektrischen Energie ausmacht.
Es ist in Oesterreich   unmöglich, diese gewaltigen Energien selbst zu verwenden: nur allmählich können sie dem Verbrauch zugeführt werden. Als Hauptverbraucher kommt neben Oesterreich   noch die fübdeutfche und südrheinische Industrie in Betracht, der man große
'Energiemengen durch eine 200 000-Volt-Kraftleitung zusühren will. Nach den Rechnungen ist es möglich, trotz der gewalligen Fern- lcitung die Kilowattstunde einen halben Pfennig billiger zu liefern, als wenn man sie mittels Kohle in Großkraftwerken erzeugt. Der große Vorteil des Planes liegt darin, daß man die Werke allmählich ausbauen kann, je nach dem Bedarf, der sich anschließen läßt. Die Hohen Tauern sind allerdings der für Elektrizitätserzeugung günstigste Gebirgsftock der ganzen Alpen  . Der volle Ausbau des geplanten Werkes würde aber das gigantischste Wasserkraft- und Elektrizitätserzeugungswerk darstellen, das es bis jetzt überhaupt gibt, denn die erzeugten Pferdestärken würden 1,2 Millionen be- tragen. Ein modernes Dampfkraftwerk gleicher Größe würde jähr- lich 4 Millionen Tonnen Steinkohle verbrauchen, jede Stunde müßte ein voller Güterzug mit 300 Tonnen Kohle anrollen. Es handelt sich hier also um ein Projekt, das auch für die deutsche Industrie, soweit di« baulichen und maschinellen Anlogen in Frage kommen, ein großes Interesse hat. Ob es jedoch möglich fein wird, die hier erzeugten Clektrizitötsmengen zu verkaufen, mag zunächst dahingestellt werden. Ing. Felix Linke.
Elekhizilät im Haushalt. Etwas tür feden Elektrizitalsverhr audier! Wir leben im Zeitollcr der Technik, die auch den Haushall mehr und mehr erobert. Erfindungen überstürzen sich. Sie werden von uns mit einem eigentlich gar nicht gerechtfertigten Gleichmut hingenommen. Wer denkt beispielsweise noch groß daran, welche Wandlungen unserTageslichtersatz" durchzumachen hotte,«he wir uns der modernen, hellstrahlenden Nitraglühbirne erfreuen konw ten? Heute ist die technische Handhabung im Gebrauch der weit- umspannenden Erfindungen eines Edison und anderer Geistes- größen längst zum beinahe selbstverständlichen Allgemeingut der Menschheit geworden. Wir sind gewöhnt, den in unserer Woh- nung vorhandenen Stromspender als stets dienstbereiten, anspruche- und widerspruchslosen Helfer in allen möglichen häuslichen Ange- legenhsiten zu betrachten. Cr hat nicht nur für Licht zu sorgen, er soll auch kochen, braten, plätten heizen, Haare trocknen, Staub beseitigen, Luft verbessern und was nicht noch alles! Wir denken aber leider nur zu selten daran, daß die geheimnisvolle und uns jetzt unentbehrlich scheinende elektrische Kraft schon manches Msnschenopfer gefordert hat. Sie hat eben ihr« eigenen, ganz be­stimmten Gesetze, unter denen sie arbeitet. Wer diese Gesetze ver- letzt, hat eine durch die Gesetze der Technik bestimnite Strafe zu erwarten. In folgendem wollen wir versuchen, ctittge Verstöße gegen diese Gesetze und die damit verbundenen Gefahrenquellen aufzuweisen. Mit Dorliebe werden Steckdosen und Schalter, um sie dem Auge zu entziehen, hinter Gardinen und Portieren installiert. Das kann gefährlich werden und Brände herbeiführen. Auch bei auf Putz montierten Schaltern besteht Gefahr, sobald ihre Sappen zerbrochen sind; ebenso bei Steckdosen, wenn- größere Stromver- braucher wie z. B. Bügeleisen, Heizsonnen und Heizöfen an­geschlossen find. Beim Herausnehmen des Stellers aus der Steck- dose entsteht ein Lichtbogen, der eine Hitze von zirka 3 00 0 Grad entwickelt und infolgedessen selbst schwerer brennbar« Gegen-
stände entzünden kann. Die Gefahr ist hier noch größer, wenn bei «nem Stecker infolge häusiger Benutzung di« geschlitzten Stecker- stifte zusammengedrückt sind und daher nur lose in der Steckdose sitzen. Durch Erschütterungen, z. B. von vorübersahrenden Last- wogen usw. hervorgerufen, kann ein solcher Stecker in einem unbeobachteten Augenblick herausfallen und so Schaden an- richten. Man achte also darauf, daß di« Steckerstifi« immer fest, doch federnd, in der Steckdose sitzen. Die elektrischen Leitungen müssen ebenfalls irr bester Ordnung sein. Ihre Abzweigdosen sind durch Deckel zu schützen. Die Verbindungen in den Dosen müssen fest oerschraubt sein. Durch Erschütterungen fönnen sich auch diese lösen. In einem Lagerraum entstand beispielsweise durch zu losen Kontakt in einer Abzweigdose ein Lichtbogen und setzte die Isolation der Leitung in Brand. Die herab- fallenden brennenden Teile sielen in einen Ballen Holzwolle, der auch sofort Feuer fing. Da der Vorgang noch rechtzeitig bemerkt wurde, konnte in diesem Falle die Flamme noch im Keim erstickt werden. Also keine Abzweigdose ohne Deckel! Auch elektrische Plätteisen können Brandstifter werden, wenn sie ohne Untersatz in eingeschaltetem Zustande lagere Zeit auf dem Plättbrett stehen bleiben. Beim Unter- brechen der Arbeit schalte man daher das Plätteiscn aus. Man entgeht dadurch Gefahren und außerdem schont man den Heizkörper im Eisen. Die Benutzung der Hochsrequenzapparate für Haarbehandlung nach dem Waschen mit a l k o h o l h a l t i- gem Haarwasser ist wegen Feuergefahr zu unterlassen. Das Berühren angeschlossener Apparate sowie das Ein- und Ausschallen von der Badewanne aus hat schon öster Todesfälle herbeigeführt. Der menschliche Körper hat im Wasser einen bedeutend geringeren Widerstand gegen elek- irische Energie und nimmt daher weit größere Strom- mengen auf. Elektrische Stromverbraucher, die in bester Ordnung, also erdschlußfrei, sind, können als gejahrlos gelten. Di« besten Apparate sind aber nicht mehr erdschlußsrei, wenn sie durch Stoß, Dampf oder Spritzwasser mit der Zuleitung erdleitend geworden sind. In solchen Fällen hüte man sich also vor ihrer Berührung. Man achte überhaupt daroin. daß Schaller, Steckdosen und Leitungen so verlegt stick», daß ein« Berührung von der Badewanne aus nicht möglich ist. Gefahrvoll ist ferner die Verwendung unoorschrifts- mäßiger, zu großer oder unsachgemäß repa- rierter Sicherungen. In Lichtleitungen für den Haushalt sollen die Sicherungen nie größer sein als 6 Amp. Bei Gebrauch größerer Sicherungen können Leitungen, die einen Kurzschluß ermöglichen, durchbrennen. Außerdem kann eine«3chä- digung anderer Stromabnehmer eintreten, sobald sie an dieselbe Hauptleitung angeschlossen sind. Sachgemäße Installation der Gesamtanlage und ordnungv- mäßige Behandlung der elektrischen Einrichtungen sind die beste» Berhüter irgendwelcher Gefahren. Erich E l g e, Elekiromcister. Budier der Technik. Dipl.-Zng.<£. Kankner und DipLOng. A. Herr:Die Ver wendbarkeit des Röntge»Verfahrens in der Technik." 78 S., 107 Abbildungen. VDI.-V.erlag, Berlin   NW. 7. Preis brosch. 4 Mark. Die moderne Werkstoffprüfung bedient sich mit Erfolg des Röntgenvcrfahrens, um dos Gcfüg« der Stoff« zu erkennen. Das vorliegende Werk ist eine allgemein verständliche Zusammenfassung und Darstellung der bisher bekannten Methoden. Die Abbildungen find ausgezeichnet, der Inhalt ist klar und übersichtlich geordnet. vr. jur. Kurt Sieben:Grundlagen der wissen- schaftlichen B e t rie b s f ü h r u n g im Bergbau." 150 S. BDI..Berlag. Berlin   NW. 7. Preis 10,50 Mark. Der Persassec will zum ersten Male die in der Literatur zer- streuten Angaben, di« zu einer mirtjchastlichcn Bctriebsführung im Bergbau führen sollen, zusammenfassen. Er will ein Gerippe geben, dos sich zum Ausbau eignet. So behandelt er die Buchführung der Betriebe und kommt zu ganz bestimmten Vorschlägen. Sehr be- achtlich ist der Teil, der vom Menschen im Bergbau handelt. Gerade dieses Kapitel sollte bei der organisierten Arbeiterschaft, vor allen, bei den Führern der Gewerkjchasten, Ausmerksamteit und Interesse erregen. Zum Schluß behandelt der Versasser die Aufgaben einer Werksforsch- und-prüsstelle. ft. Gottwrin:Kühlen und Schmieren bei der Metallbearbeitung." 95 Seiten, 70 Abbiidungen, 1 Zahlen­tafel. 1 Tafel. VDJ.-Verlog, Berlin   NW. 7, Preis 6 Mark. Ein für die Praxis unbedingt nötiges Werk. Durä) die Er- höhung der Arbeitsgeschwindigkeiten ist gerade die Frage der zweck mäßigen Kühlung und Schmierung während der Bearbeitung von größter Wichtigkeit geworden. Zunächst werden die Artender für die Metallbearbeitung in Frage kommenden Kühl- und Schmier- mütel behandelt. Dann werden die Anforderungen, die an diese Mittel zu stellen sind, besprochen, und endlich wird ihre Anwendung in der Praxis erläutert. ..Die Bibliotheken der deutschcu Technischen Hochschulen" von Dr. P a u l T r o m m s d o r s f. BDI.-Verlag, Berlin   NW. 7. Trommsdorff gibt«inen klar und interessant gestalteten liebe i:- blick über die Entwicklung der Technischen Hochschullnbllocheken. Die beiden Ätesten Technischen Hochschulen Deutschlands  , Braunschwetg und Berlin  , besaßen schon im 18. Jahrhundert wertvolle Büchereien. Aber erst allmählich konnten die Technischen Hochschutbibliotheken ihre Gleichstellung mit den Büchereien dar Universitäten erlangen. Dies« fortschreitende EVauncklung brachte es mit sich, daß die Leitung der Bibliotheken, die ursprünglich in der Hand der Lehrer gelegen hatte, in die Hände hauptamtlicher Bibliothekar« gelegt, werden mußte. Bedauerlicherweise haben die Büchereien der deutschen  Technischen Hochschulen unter der wirtschaftlichen Not unserer Zeit sehr zu leiden.