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Ein Sonntag der Jugendweihen.

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In diesen Tagen verlassen wiederum Tausende von Kin­dern die Schule und treten in das Berufsleben, in das Heer der Proletarier ein. Diesen Kindern, die jetzt von ihrer Jugend Abschied zu nehmen haben, galt der gestrige Sonntag, der Tag der Jugendweihen der Arbeiterschaft Groß- Berlins  . Die Kinder, die gestern im Großen Schauspielhaus die Weihe empfingen, gehörten dem Jahrgang 1914/1915 an, waren aljo jene, die in der Zeit der großen Entbehrungen und der stärksten Ein­schränkungen Kinder waren. Stärter als sonst traten bei diesen jungen Menschenkindern die Zeichen der Proletariertrant. heiten in Erscheinung: Rachitis und zurückgebliebenes Wachs. tum, Folgen der Unterernährung der großen Zeit". Vielleicht wirkte die Feier im Großen Schauspielhaus darum so besonders ergreifend, denn all die vielen unter den Jungen und Mädel, die schmächtig und engbrüftig blieben, sind ja bestimmt, in wenigen Tagen schon täglich in die Fabrit oder in die Werkstatt, ins Bureau oder gar von den Eltern fort in einen fremden Haushalt zu gehen und zu arbeiten. Als die Feier im Großen Schauspielhaus um 9 Uhr begann, war der riesige Zuschauerraum bis zum letzten Platz ge= füllt, und alles lauschte andächtig den einleitenden Musikvorträgen und dem von Heinrich Witte gebrachten Vorspruch. Der Junge Chor erfreute durch sein hervorragendes und gut ge­fchultes Stimmaterial. Das von ihm gesungene Festlied:

Nun weiht diese Stunde Und heiligt diesen Ort Im brüderlichen Bunde

Mit ernstem, treuem Wort,

Schwört auf ein neu Gebot: Nur Dienen, Lieben, Schaffen

Sind unsere Wehr und Waffen Im Leben bis zum Tod

tonnte nicht glüdlicher gewählt fein, denn Sinn und Endziel des Sozialismus läßt sich faum auf eine flarere und knappere Formel bringen. Die Weihrede hielt die Genossin Mathilde Wurm  , die seit drei Jahrzehnten für die Bölkerbefreiung durch den Sozialis­mus fämpft und die Arbeiterschaft im Reichstag vertritt. Es ist etwas Großes um die Gemeinschaft der Arbeit, in die ihr morgen eintretet" war der Ausgangspunkt ihrer Weihrede. Sie forderte die jungen Genossen und Genossinnen auf, mitzuarbeiten und mit­zufämpfen an der Bölkerbefreiung und einzutreten für die geistige Freiheit. Noch sind die Massen der Arbeiterschaft nicht erlöst aus den Fesseln und dem Joch der Wirtschaft. Dieses Joch beseitigen und an seine Stelle freie und würdige Arbeitsbedingungen zu setzen, das können nur die Arbeiter selbst. Bacht auf, Berdammte dieser Erde!" Aber nicht Waffen und Gewalt sind das Mittel zum Bölkeraufstieg, sind mittel, um die unwürdige Macht des

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I misch drängend kam zum Schluß das Treugelöbnis aus dem Munde der jungen geweihten Kampfgenossen. Hoffentlich sind sie auf immer unseren Fahnen gewonnen. 3weimal mußte die Feier wiederholt werden, weil das Theater die Masse der Besucher auf einmal nicht faffen fonnte!

,, Wir weihen euch der Jugendfröhlichkeit, wir machen euch zu Rampf und Ernst bereit." Unter diesem Sinnspruch nollzog die Sozialdemokratische Partei   gemeinsam mit der Arbeiterjugend die Jugendweihe der Pantower Schulentlassenen. Für die Jugend, die den ersten Schritt ins Leben wagt, hatt die Sozialistische Arbeiterjugend mit Fleiß ein ausgezeichnetes Programm zusammen gestellt. In Sprechchören, in Einzelrezitationen, in Gesang und Tanz zeigte sie den Jungen und Mädeln ihre Arbeit, ihren Kampf und ihre Jugendfröhlichkeit. Das Lichtspielhaus Tivoli war am Sonntagvormittag bis auf den letzten Platz besetzt. Fast hundert Jungen und Mädel waren zur Jugendweihe angemeldet. In Bor­bereitungsabenden waren sie eingeführt in die Ideenwelt des Ar­beiters. Die Jugendweihe erhielten sie in einer Feierstunde, die in ihrer Programmgestaltung aufzeigte, eine mie hohe Kulturarbeit in den Reihen der Sozialistischen Arbeiterjugend geleistet wird. Ein Programm, das alle, jung und alt, mitriß! Nach Boltstänzen stand der Sprechchor der Jugend auf verhangener Bühne, und talt und grausam steigen die Jahre des Krieges aus der Dichtung eines dieser Jungen herauf. Pionier will fie sein, die Jugend, gegen den Krieg für Bölkerversöhnung und Sozialismus erzieht sie ihre Mitglieder. Symbolisch war es, daß nicht einer der Alten die Jugendweihe voll­zog. Als die Schulentlassenen auf der Bühne standen, war die Arbeiterjugend neben ihnen. Aus ihrer Hand erhielten sie das Er innerungsbuch an diese Feierstunde. Hand in Hand verließen die Jugend und die Schulentlaffenen mit dem Gesang ,, Auf Sozialisten, schließt die Reihen" und wehenden Fahnen den Saal.

Die Rache des Verschmähten.

Ein tödlicher Schuß vor dem Bahnhof Charlottenburg.

Eine Liebestragödie spielte fich geftern gegen Mitternacht

Birfung vom 4. pr auf 1,14 2. fefigelegt. 2e origen Bohn fage errechnen sich nach dem Lohnschema des Reichsmanteftarifs. Der Bertrag soll erstmalig zum 2. Juli 1930 tündbar sein.

Ausdrücklich sei bemerkt, daß es fich bei diesem Tarifftreit um die Arbeiterschaft in den Geschäftsbücherfabriken, in den Brief­umschlagfabriken und den handwerksmäßigen Betrieben der Buch­

Unorganisierte gegen Gewerkschaften.

Zum Wahlausfall bei der Verkehrs- A- G.

,, Gegen den Strom" geht der Behauptung der Roten Fahne auf den Grund, als habe die neue Taftit der KPD.  , in ihrem Rampfe gegen die Gemertschaften sich mit den Unorganisierten zu verbünden, bei den Betriebsrätemahlen der Berkehrsarbeiter zum Erfolg geführt. Demgegenüber weist das Blatt der KPD.  - Aus­geschlossenen auf die Feststellung hin, daß die auf der Liste der revolutionären Organisationen" gewählten 17 Arbeiterräte alle freigewertschaftlich organisiert feien. Zwei davon seien zwar aus dem Verkehrsbund ausgeschlossen, Deter und ein an der Bierglaswerferei Beteiligter, doch auch diese beiden gehörten noch einer freigewerkschaftlichen Organisation an.

Die KPD. habe allerdings versucht, die neue Taltit bei den Berkehrsarbeitern anzuwenden."

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Die Instanzen verlangten, daß unbedingt ein Unorganisierter auf die Liste müsse, auch wenn dafür ein Barteigenoffe zu streichen fei. Beil bei den Hoch- und Untergrundbahnern das Organisations. verhältnis ein sehr günstiges ist und meil die Unorganisierten dort zu den unterwürfigsten, direktionsfreundlichsten Elementen gehören, veranlaßte diese Zumutung den Genoffen Deter auf der Delegierten tonferenz im 6. Berwaltungsbezirk( der KPD  .) zu der Bemerkung:

,, Daß die Unorganisierten revolutionärer find, als die Dra ganisierten, haben wir ja nun schon oft gehört, daß sie nun aber auch revolutionärer find als ein( fommunistischer) Barteigenoffe, das ist mir neu."

Deter habe sich geweigert, zusammen mit Unorganisierten und Hirschen auf eine Lifte zu gehen und das 3R. habe schließlich nach­geben, die neue Linie" preisgeben müssen.

auf dem Stuttgarter play in unmittelbarer Nähe des Bei Windler darf nicht mehr geohrfeigt werden.

Bahnhofes Charlottenburg   ab.

Ein 28 Jahre alter Schmied Vogel, der in der Paulstraße 28 Stephanstraße ein Liebesverhältnis, das zur Ehe führen follte. Die wohnt, haite früher mit einer Arbeiterin Hedwig P. aus der Beliebte gab ihm jedoch schließlich den Laufpaß und wandte ihre Liebe einem anderen, namens Rosenow zu, mit dem sie sich auch verlobte. Bogel   fonnte sich nicht beruhigen, machte wiederholt, aber

Aber die KPD.   darf sich selber ohrfeigen.

Wir berichteten im Abend" vor furzem über das arbeits­Firma Bindler A.-G., wo die Lehrlings, ausbildung" des Mei­gerichtliche Nachspiel einer Lehrlingsmißhandlung bei der sters Bettzüche mit Ohrfeigen begleitet wird.

Unsere Beröffentlichung ist nicht ohne Erfolg geblieben. Die

Menschen über den Menschen zu brechen, sondern die große Menschen. vergeblich, Annäherungsversuche, und schwur, als er abgewiejen Firma hat nunmehr mit der Betriebsvertretung vereinbart, daß kein

liebe, die Völkerverständigung sind die Mittel zur Hebung der Kultur. Die Mahnung, die Genossin Wurm den Kindern mit auf den Lebens­weg gab, lautete: Neue Menschen zu werden, das sei euer Ziel. Seid start im Festhalten an eurem sozialistischen Ideal!" Aus den nun folgenden musikalischen Darbietungen dürfte das vom Jungen Chor vorgetragene ,, Wir pflügen und'n" durch seinen Rhythmus sich allen denen, die an der Feier teilnahmen, besonders eingeprägt haben. Nachdem der Sprechchor Es stehen viel Blumen auf der Aue" zu Gehör gebracht hatte, fonnte Ge­

noffin Wurm nochmals einige farze Mahnworte an die jetzt ins Leben tretenden jungen Arbeiter und Arbeiterinnen richten.

Höchst eindrucksvoll verlief auch die Feier der Jugendweihe, die der Verband der Freidenfer in der Boltsbühne" veranstaltete. Ein Solotrio des CMV. füllte das schöne Theater mit stimmungsvoller Musik. Die klaren Stimmen des Neuköllner  Sängerchors brausten auf und rissen die letzte Berzagtheit unserer jungen Freunde hinweg. Dann zeigte ein fröhlicher Tanz, der

Gruppe Herta Feist, daß auch Schönheit und Rhythmus in fozia

listischer Ideenwelt wurzelt. Genosse Dr. Loewenstein betonte in seiner Festrede nochmals das Gemeinsame, das die Arbeiter aller Länder zusammenbindet, das gleiche Schicksal, der gleiche Wunsch, die Welt glücklicher und schöner gestalten zu helfen. Die große Kulturbewegung wird sich erst in der proletarischen, sozialistischen Gesellschaft gestalten, dann erst, wenn die Arbeit frei sein wird von den Fesseln des Kapitals. An den Mut, die Entschlossenheit und an die Treue der Jugendgenossen appelliert er mit schlichten, ver­ständigen Worten und schärft den Jugendgenossen ein, daß die Hoff­nung der Aelteren nur auf ihnen allein beruht, weil sie es sind, die den Kampf um die Befreiung der Arbeiterklasse weiter fortsetzen und zum Siege führen sollen. Durch die Stille des dichtbesetzten großen Raumes fühlte man die Wirkung, die diese Worte geweckt haben. Genofsinnen vom Sprechchor pacten die Herzen, und stür­

wurde, der früheren Geliebten Rache. Gestern abend beschloß er, seinen Plan auszuführen. Er muß ausgefundschaftet haben, daß das Paar einen Ausflug gemacht hatte und daß es nach dem Bahn­hof Charlottenburg zurückkehren werde. Mit einer Mehrladepistole bewaffnet, lauerte er dort. Sofort schlug er auf Hedwig P. an, der seine Rache eigentlich galt. Rosenow deckte seine Geliebte mit seinem Körper und so erhielt er den Schuß. Die Kugel drang ihm in den Bauch, so daß er schwer verlegt zusammen. brach. Jetzt richtete Bogel   die Waffe auf das Mädchen und drückte ab. Dle Pistole versagte jedoch zum Glück, und bevor er sie in Ordnung bringen konnte, sprangen Bahnbeamte und andere Leute dazu, ergriffen ihn und hielten ihn fest, bis Polizeibeamte heran­kamen, denen sie ihn übergaben. Rosenom wurde nach dem Krankenhaus Westend   gebracht und starb dort gleich nach der Aufnahme. Der Verhaftete wurde heute morgen der Mord­inspektion A im Polizeipräsidium vorgeführt.

Lehrling mehr im Betriebe geschlagen werden darf. Lehrlinge, die durch ihr Verhalten oder ihre Tätigkeit Anlaß zu berechtigten Klagen geben, erhalten schriftliche Verwarnungen. Nach dreimaliger Ver­warnung werden die Eltern gebeten, zur Firma zu tommen, um fie zu bewegen, ihren erzieherischen Einfluß auf ihr Kind geltend zu machen. Falls diese Rücksprache mit den Eltern des Lehrlings teinen Erfolg hat, ist die Firma berechtigt, vom Lehrvertrag zurück. zutreten.

Es braucht nicht ausdrüdlich betont zu werden, daß Lehrlinge nicht durch Schläge zu brauchbaren Facharbeitern erzogen werden. Der Roten Fahne" war dieser bedauerliche Borfall wieder ein Vorwand, die sozialdemokratischen Betriebsräte an den Pranger zu stellen", um damit die Notwendigkeit der Aufstel­lung von roten" Betriebsratstandidaten zu beweisen. Es ist ihr freilich wieder ein fleiner Irrtum unterlaufen. Der von ihr an­gegriffene Betriebsratsvorsitzende Kopf der Firma Windler ist nicht Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, lehnt jede partei­politische Bindung ab, sympathisiert aber mit der sogenannten

Schiedsspruch im Buchbindergewerbe. Opposition". Benn alſo dant unserer Kritik bei Windler nicht

Fünfpfennigzulage in der Spitze.

Am 21. März wurde über eine Neuregelung des am 3. April ablaufenden Reichslohntarifes für das deutsche Buchbindergewerbe zwischen dem Verband der Buchbinder und Papierverarbeiter Deutschlands   und den Unternehmern in Berlin   verhandelt. Ber­geblich, weil die Unternehmer jede Lohnerhöhung abge lehnt haben. Das von den Unternehmern angerufene Reichs­arbeitsministerium setzte einen Schlichtungsausschuß ein, vor dem am 23. März im Reichsarbeitsministerium verhandelt wurde. Das Ergebnis war ein Schiedsspruch, in dem es heißt:

Der bisherige Spigenlohn von 1,09 m. pro Stunde wird mit

Die Brandstätte in Borsigwalde  

De Kraftpost- Werk in Borsignvalde wurde, wie berichtet, am Sonnabend von einem Großfeuer heimgesucht. Unser Bild zeigt die Trümmer der zerstörten Reparaturwerkstätten.

mehr geohrfeigt werden darf, in der KPD.   darf man sich fröhlich selber Ohrfeigen austeilen.

Konfum- Modenschau. Bas in früheren Jahren an fremder Stätte veranstaltet wurde, bas fann nunmehr im eigenen Heim vor sich gehen: im Erfrischungsraum ihres Barenbaufes am Dranienplas veranstaltet die Konsumgenoffenigaft Berlin   und Umgebung am Dienstag, dem 26., und Mittwoch, dem 27. März, Modévorführungen an zwei verschiedenen Tageszeiten; fotobl varmittags 10 Uhr mie nach. mittags 2 Uhr werden den Frauen und Mädchen der großen Genossenschafts­familie die schönsten und geschmadvolften Schöpfungen der diesjährigen Frühjahrsmode gezeigt und damit eine Werbung durchgeführt, deren Eigen­heit den genossenschaftlichen Warenhäusern ficher neue Freunde gewinnen wird.

Borirag im Rundfunt. Im Rahmen der einmal wöchentlich stattfindenden Bücherstunde spricht morgen, Dienstag, 16 Uhr, in Berliner   Rundfunt Genosse Dr. Paul Rampffmeyer über das Thema: Biographien führender Sozialisten". Zur Besprechung gelangen die neuesten Schriften über Marg, Lassalle, Bittor Adler, Lenin  , Rosa Luxemburg   und Eisner.

Von Nah und Fern.

Durch die Tagespreffe Wilhelmshapens hat die Marinewerft zwei alte Torpedoboote zum Bertauf angeboten. Der Käufer wird sich wie bei den Minenbooten verpflichten müssen, ob­wohl das nicht ausdrücklich bestimmt ist, die Torpedoboote umzu­bauen und friedlichen Zweden zuzuführen. Bei den zum Verkauf gestellten Torpedobooten handelt es sich um solche aus den Jahren 1906 und 1907. Sie tragen die Nummern T. 144 und T. 146 und find 530 Tonnen groß.

Graf Hendel von Donnersmard auf Schloß Neudet in Polnisch­Oberschlesien ist in der Nacht zum Sonntag einer doppelseitigen Lungenentzündung erlegen. Der Verstorbene hat vor einigen Jahren die Führung des Deutschen Volksbundes übernommen und noch vor turzem nach der Berhaftung des Abgeordneten Uliz eine Sigung bes Berwaltungrates des Deutschen Boltsbundes geleitet.

Am 9. April 1929 tritt in Stuttgart   der Borstand des Deut fchen Landfreistages zusammen. Zur Beratung stehen Fragen der Wohnungsbauförderung und des Internationalen Ber bandes für Wohnungswesen, Finanz- und Steuerfragen und das Problem der Kleinrentnerfürsorge. Am 2. und 3. Mai 1929 tritt in Aachen   der Vorstand des Preußischen Landkreistages zusammen.

Der Breusische Lehrerverein hält dom 3. bis 5. April 1929 in Dortmund   eine Tagung ab. Auf der Tagesordnung steht neben anderen michtigen Themen aus dem großen Aufgabenfreis der staat­lichen Schulpflege und führung ein Vorirag über den ,, Ausbau der Boltsschule". Kultusminifter Beder hat sein Erscheinen augejagt.