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BERLIN  Donnerstag

28. März 1929

Der Abend

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46. Jahrgang.

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Zeppelins Heimkehr.

10,127 Uhr gelandet. 81 Stunden in der Luft 8500 km zurückgelegt.

Friedrichshafen  , 28. März. ( Bericht unseres Sonderkorrespondenten.)

Graf Zeppelin  " ist am Donnerstag vormittag nach einer für die Führung und Paffagiere unangenehmen naßfalten Nachtfahrt in Friedrichshafen   glatt gelandet. Das Schiff war insgesamt $ 1 Stunden in der Luft. Die zurüdgelegte kilometerzahl ift 8500.

es fast wie ein Wunder flingt, sehen aus. Ihr brausendes Spiel, an das wir uns bereits gewöhnt haben, hört auf es fehlt plötzlich doch immer von Gewohnheiten abhängig ist, gleitet Graf Zeppelin  " etwas. Und während wir uns darüber unterhalten, daß der Mensch langsam zur Erde. Bon der riesigen Luftschiffhalle grüßen ihn die Farben der Republif: Schwarzrofgold. Bald liegt das Schiff, von Hunderten von Händen geführt, in der Halle.

Eine neue lufttechnische Glanzleistung ist vollbracht, Glanz leistung von Schiff, Führung und Besatzung. Wer sie miterleben durfte, wird sich ihrer zeitlebens erinnern. Dank allen, die zu diesem neuen Wert beigetragen, uns die Möglichkeit gegeben haben, einen dürfen, Dank vor allem dem ersten Führer und der Seele des Schiffes Dr. Eckener.

Ueber Wien  .

Wien  , 28. März.( Eigenbericht.)

,, Graf Zeppelin  " ist heute um 3 Uhr nachts über Wien   geflogen. Man hatte ihn ursprünglich erst für Donnerstag pormittag erwartet. Am Mittwoch abend murde durch Radio mitgeteilt, daß er gegen Mitternacht kommen würde. Troy starken Regens erwarteten viele Tausende auf den Straßen das Luftschiff und harrten unentwegt bis 3 Uhr morgens aus. Der Chefredakteur des Soz. Zeitung" ab, in dem er die Fahrt des Graf Zeppelin  " schilderte. Prefsedienstes" warf über Wien   einen Brief für die Arbeiter­

Schon nach unserer Umkehr vor den Sporaden und der Rück­fehr nach Athen   am Mittwoch vormittag fündigte Dr. Edener an, daß wir nach der Wetterkarte im weiteren Verlauf der Fahrt auf Gegenwinde stoßen und starke Böen zu verzeichnen haben Ausflug in die große und in Wirklichkeit so kleine Weft tun zu würden. Wer fonnte sich darüber aufregen? An Gegenwinde und Böen hatten wir uns in den drei Tagen bereits gewöhnt, wie der Mensch an das fägliche Brof. Aber es fam schlimmer. Als wir bei Spalato in Jugoslawien   nach einer sehr langen Fahrt über Waffer endlich wieder über Land gingen, fing es bereits an. Das Tempo des Luftriesen verminderte sich zeitweise auf 55 Kilometer pro Stunde. Ausweichen fonnten wir dem Gegenwind und den Böen nicht, da uns links und rechts Borberge daran hinderten. Es ging deshalb auf und ab, um eine beffere position zu suchen. Alle Mann an Bord froren. Wien   fonnten wir in Anbetragt der schwierigen Wetterverhältnisse überhaupt nur auf furzen Um­megen erreichen. Aus der gegen 12 Uhr angesetzten Ankunftszeit wurde es nach 1 bzw. 2 Uhr, bis wir schließlich um 3 ihr eintrafen, von strömendem Regen empfangen. Das Wetter ließ sich auch nicht von der Radioansprache des Reichstagspräsidenten Cöbe an die Wiener   Bevölkerung beeinflussen. Die Stadt bildete ein großes Lichtmeer, sonst war nichts zu sehen, nichts zu erkennen. Als wir dann nach einer kurzen Schleife über die Innenstadt davon­fuhren, regnete es fast noch mehr als bei der Ankunft. Unser Kurs war jetzt zunächst auf£ in3 gerichtet. Es ging mit 80 Kilometer vorwärts. Je mehr wir uns dem Heimathafen des Graf Zeppelin" näherten, desio elender wurde das Wetter. Ein richtiges ,, Sau­metter", sagte Dr. Edener empört. Nebelwollen wechselten mit Nebelfehen. Eine Stunde lang jahen wir rechts und links, oben und unten nichts anderes als ewigen Dred", wie die Luftschiffer fachmännisch den Nebel nennen. Die Führung versuchte ununter­brochen, Sicht zu gewinnen. Wir stiegen auf 1500 Meter, so daß die Scheiben der Führergondel völlig gefroren, gingen wieder runter auf 100 und 500 Meter. Alles vergeblich. Dem Schiff bleibt nichts weiter übrig, als vorläufig nach dem Kompaß und nach der Uhr zu fahren.

Wieder in Deutschland  .

Endlich gegen 6.20 Uhr vormittags ein Lichtblick. Der Nebel wird dünner und dünner. Inzwischen haben wir Desterreich ver­laffen und Kurs auf die Südspitze des Böhmerwaldes genommen. Als erste deutsche   Stadt entdeden wir nach unserem Ausflug durch die Lüfte Burghausen   an der Grenze zwischen Dester­reich und Bayern  . Wir erkennen es an den Bauten und der Salzach. Weiter ziehen Nebelfezzen in Windeseile an uns vorüber. Hier und dort geraten wir wieder in fleinere Nebelmassen. Immerhin be­steht wenn auch nur schwach- Orientierungsmöglichkeit. Unter uns die Bahnlinie nach München  ! Sie verrät den neuesten Kurs zum Heimathafen: München  - Ulm  . In jedem Ort, jeder Stadt, die wir in Deutschland   passieren, stehen Hunderte von Menschen, schwenken Tücher und grüßen den Graf Zeppelin". München  fteuern wir 7.45 Uhr an. Auch hier allgemeine Aufmerksamkeit vor dem in der Luft dahinsausenden Wunder. Bald fämpfen wir wieder mit Gegenwind und Nebelbänken. Es ist eisig talt. Sicht nach unten ist unmöglich. Stampfend arbeiten die Motoren. Das Schiff geht nach oben auf 1500 bis 1600 Meter; auch hier endloser Rebel. Wiederum fann nur nach Kompaß und Zeit­angabe gefahren werden. So geht es weiter über Ulm  , Schloß Erbach, dem Wohnsitz des Grafen Brandenstein- Zeppelin, über Biberach  , wo die älteste Tochter Zeppelins wohnt, nach Friedrichshafen  , dem Ausgangspunkt und Endziel unserer Fahrt. Auch hier läßt das Wetter zu wünschen übrig. Dennoch ist eine Candung möglich.

Landung in Friedrichshafen  ,

Die Manöver beginnen. Ein Gruß zunächst der Vaterstadt. Dann geht Graf Zeppelin" noch einmal aufwärts zur Vorbereitung der Landung. Als die erforderliche Höhe erreicht ist, erklingen aus der Führergondel die Zeichen für die Motorengondeln. Die Ma­schinen, die 3% Tage und Nächte raftlos gearbeitet haben, daß

Reichstagspräsident Löbe hat über Wien   einen Brief an Bürgermeister Seit mit schwarzrotgoldenen und weißroten Bändern abgeworfen, in dem er dem Bürgermeister und der Bevölkerung Wiens Grüße entbietet und seiner Freude darüber Ausdruck gibt, daß er wieder über deutschem Boden sei.

Beide Briefe wurden im östlichen Stadtbezirk Simmering  ( XI.) in einem Garten von einer Gärtnersfrau um 3 Uhr morgens gefunden und sofort der Arbeiter- Zeitung  " zugestellt.

Der Brief an die Wiener Arbeiter Zeitung. Wien  , 28. März.( Eigenbericht.)

Der Brief vom Zeppelin lautet: ,, Liebe Genossen! Ich bin mit meinem Bericht nicht fertig geworden. Einmal hatte ich mit Telegrammen viel zu tun, dann wurde Wien   früher als vorausgesehen, angesteuert. Ich begnüge drücke der parteigenössischen Reiseteilnehmer und mich daher mit einem Bericht über die allgemeinen Ein­das Erlebnis dieser Fahrt. Alle Teilnehmer sind überzeugt, daß dem Luftschiff in der Luftfahrindustrie die Zukunft gehört. Wir haben zur Zurücklegung von 8300 Kilometer( Friedrichshafen­Palästina- Wien- Friedrichshafen) rund 80 Stunden gebraucht. Am Donnerstag vormittag um 8 Uhr dürften wir landen. Das Schijf hat jedoch noch für drei Tage Gas und Del. Wir haben Wien   in einer Höhe von 700 Meter bei einer Geschwindigkeit von 120 Kilo­

meter pro Stunde überflogen. Palästina wurde am Dienstag­morgen furz nach 7 Uhr verlassen. Wir flogen zuerst in der Najaden. Sie wurden um 4 Uhr mit 160 Kilometer Geschwindig Richtung nach Beirut  , dann nach Kreta   und von hier aus über die feit in großer Höhe überflogen. Kurz nach 6 Uhr waren wir über Athen  , dessen Hafen Piräus wir zunächst überquerten. In der Richtung Eubög ging es weiter, unterwegs Marathon und andere bekannte Städte. Von den Spora   den wurden schwere Ge­mitter angekündigt. Dr. Eckener   entschloß sich zur Rückkehr und flog über Athen  , den Golf von Patras und den Golf von Korinth   über Ithaka   die adriatische Küste entlang nach Korfu   und längs der albanischen Küste nach dem herrlich gelegenen Durazzo, wo Flieger aufstiegen, um uns zu begrüßen, endlich über Cattaro  und Ragusa  , um bei Spalato wieder über Land zu sein. Dann ging es weiter über Agram, Budapest   und Breßburg, und jetzt fahren wir auf Wien   zu, das wir gegen 2 Uhr morgens erreichen

werden.

Alle ohne Unterschied find begeistert.

Wir würden gern noch mehrere Tage fliegen. Reichstagspräsident Löhe hat heute abend in der Bassagiergondel eine Dankrede feierte und dreimal hochleben ließ. an Dr. Eden er gehalten, den er als Pionier der Lüfte

*

Der Wiener Rundfunk begrüßte und beglückwünschte Schiff und Passagiere und sprach die Hoffnung auf baldige Wieder­tehr des Schiffes aus. Reichstagspräsident be antwortete auf die Begrüßung, er teilte den Wienern mit, das Schiff habe eine große Reise hinter sich und habe leider den Plan, Wien   zu besuchen, infolge des heftigen Regens aufgeben müssen.

Schmock im Zepp.

Moses Edener.- Aphrodite nimmt reißaus! Wie ein Hugenberg- Journalist die Zeppelinreise erlebt, dafür eine kleine Stilprobe aus Rolf Brandts Reisebericht im Lokal­Anzeiger":

Dr. Edener wird bei Tisch nur noch Moses   genannt. Er darf die verheißenen Länder nursehen. Da ist die zärtlich ge­schmungene Bucht von Paphos  , wo die schaumgeborene Aphrodite ans Land stieg. Hier haben die Wellen nach Rosen geduftet, und der Himmel war früher wie Mandelblühen. Heute ist es falt und grau, und das Meer ist sehr entgöttert. Ach, ich fürchte, die heiteren Götter der Griechen wollen nichts mit uns zu tun haben, weil wir eine ganze Ladung deutscher   Politifer sind. Siehe, Aphrodite   floh, fiehe, 3eus barg sein Haupt!

Rolf Brandt irrt. Schon bei seiner Geburt sind die Grazien geflohen, hat die Muse ihr Haupt verhüllt. Auch diesmal dürften die Götter Griechenlands   lediglich vor seinen Schmockreien ausge rissen sein.

Sturz durch die Brücke

Ein sckerer Unglücksfall ereignete sich auf der Straße ron Wendisch- Rietz   nach Silberberg. Ein Traktor mit zwei Anhängern brach auf der Schleusen­brücke an der Neuen Mühle durch und stürzte mit der Brücke in, die Tiefe. Während der Jah­rer sich durch rechtzeitiges Abspringen rellen konnte, wurde der Begleiter mil­gerissen und fand dabei den Tod.