Einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der Arbeitersänger- bewegung lieferte in jüngster Zeit die Festschrift zur fünfzigjährigen Gründungsfeier des Volkschor» Glauchau , herausgegeben vom 1. Vorsitzenden dieses Vereins, Paul Reinhardt. Seit 1874 Halle die Stadt Glauchau i. Sachsen ihren Arbeitergesangverein. Aus dem„Arbeiterbildungsverein hervorgegangen, schloß sich der Derein. „Sängerlust" genannt, dem„1. Arbeilersängeround Gotha " an. Be- reits 1S78, mit Inkrafttreten des Sozialistengesetzes, wurde der Ar. beitergesangverein„Sängerlust" verboten 187g aber erscheint der Verein als„neutrales Gebilde", unter dem Namen.Liederhain" wiederum an der Oesfentlichkeit. Die Polizei mußte die Statuten dieses Vereins anerkennen, jedoch erfreute sich der Verein sogleich eines besonderen Interesses der Polizeibehörden.„Jedes Vorstands- Mitglied" wurde nach„Amt und Würden" benannt.„Jede Neuwahl muhte auf dem Rathaus namentlich mit Angabe des Alters, Berufes und der Wohnung des Aufzunehmenden belegt werden" Das Vereinslokal unterstand einer besonderen Ueberwachung und 188S gelang es der Polizei den Verein zu fassen, weil er„ohne polizeiliche Erlaubnis" einem verstorbenen Mitgliede aus dem Friedhof ein Trauerständchen gesungen hatte. Jedoch wußte man sich noch gut neun Jahre einein abermaligen Verbote zu entziehen. Alsdann aber nahte das Geschick— in Gestalt des Schutzmannes Fickel. Man war mit dem Wirt der„Eentralhalle" überein- gekommen, daß dieser ein Konzert des„Liederhams" als eigen« Veranstaltung anmelden sollte. Versehentlich gab dieser aber der Polizeibehörde den„Liederhain" als Veranstalter an. Polizei- Überwachung. Dem Bericht des Schutzmannes Fickel fügt der Stadt- Wachtmeister Schürer folgende Bemerkung an:.Lierzu erlaubt sich der gehorsamst Unterzeichnete noch zu bemerken daß das vom , Liederhain" veranstaltete Konzert ohne Zweifel nur zur Feier des 1. Mai arrangiert worden ist, da dieser Verein in der Hauptsache nur aus sozialistischen Elementen besteht. Da dieser Verein aber öfters öffentliche Konzerte und Abendunterhallungen veranstaltet, bei welchen ohne Ausnahme ein sehr starker Besuch(wie an anderen Gelegenheiten nicht zu bemerken Ist) zu konstatieren war, sc dürste auch die Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß die Einnahmen. wenigstens der Reingewinn, zu sozialistischen Zwecken verwendet wird." Di« Polizei fordert« das Kassenbuch des Vereins an und oerglich es mit dem Mitgliederverzeichnis. Es war alles in Ordnung. Am A. September 1894 findet sich in den Polizeiakten ein weiterer Bericht des Stadtwachlmeisters Schürer:„Die Mitglieder Korb, Feuereisen, Dlechschmidt und Jacob! gehören hiesigen Milllär- vereinen an! Der Gesangverein„Liederhain" habe sich als sozial- demokratischer dadurch gekennzeicknet, daß er nicht nur bei der von hiesiger Partei arrangierten Maifeier mitgewirkt, es habe sich dieser auch bei anderen öffentlichen Gelegenheiten, als bei Begräbnissen von bekannten Sozialdemokraten usw., beteiligt und müssen deshalb die von dem Verein oerfolgten Tendenzen den Mitgliedern bekannt s«in. Dem königlichen Bezirks'kommando wurden die Personen Korb, Feuereisen und Jacobi, welche dem Militärverband noch an- gehören(noch„In Mllllärverhällnis" standen), mitgeteilt. Auch erhielt hiervon und über Blechschmidt der Bezirksvorsteher d«r Militärverein«, Stadtrat Winkler, entsprechende Mitteilung." Am 13. September 1894 wurde der Derein„Liederhain" dem Vereinsgesetz unterstellt. Schärfste Ueberwachung setzte«in. Der Glauchauer Bürgermeister Brink wäre wohl nicht abgeneigt gewesen, die Unterstellung unter dos sächsische Vereinsgesetz auszuheben Aber der Wachtmeister Schllrer, der den Verein„Liederhain" besonders in sein cherz geschlossen hatte, berichtet:„Der Verein habe sich an der Maiseier 92, 93 und 94 offiziell beteiligt und seien gerade diese Sänger diejenigen gewesen, welche durch ihre Vorträge zur chebung des Festes beigetragen hätten. Es haben die an dem Verein be-
teiligten Sänger bei dieser Gelegenheit ganz ungeniert da» sozial- demokratische Festzeichen, wie solche zur Maiseier gewöhnlich an- gefertigt werden, getragen." Gegen die Stimme des Bürgermeisters Brink, der sich als einziger sür die Freigabe des Vereins einzusetzen wagte, blieb es dennoch bei der weiteren Unterstellung unter das Vere!nsges«g. Am 14. Januar 1896 beschließt der Polizeistadtrai: „Am 18. ds. Mts. findet zur Feier der Errichtung des Deut- schcn Reiches ein Festkommers statt, zu dessen Verherrlichung auch die hiesige Sängervereinigung(bürgerlich) mitwirkt, welche olle hiesigen Gesangvereine umsaßt, mit Ausnahme des„Licderham" Ich schlage nun vor, letzteren aufzufordern, sich an der Feier zu beteiligen und in corpcii-e ein patriotisches Lied vorzutragen. Sollte er sich weigern und Ausflüchte wegen mangelnder Zelt zum Einstudieren vorschützen, so bitte ich ihn zum Vortrag eines der nachfolgenden Lieder, die kein besonderes Studium erfordern, zu oeranlassen: 1.„Den König segne Gott " oder 2.„Die Wacht am Rhein " oder 3.„Deutschland , Deutschland über alles". Kommt der Verein dieser Aufforderung nach, so bin ich gern bereit, die Verfügung versuchsweise aufzuheben. Wenn nicht nicht. Die Gründe der etwaigen Weigerung bitte ich zu Protokoll bringen zu lassen. Herrn Bürgermeister Brink gehorsamst vor- zulegen. Hinkelmann, Stadtrat." Jedoch der Bürgermeister oermerkt:„Der Beschluß läßt sich nicht ausführen." Am 2S. April 1896 erneutes Ersuchen um Aufhebung der Unterstellung unter das Vereinsgesetz. Unterm 2 Mai berichtet d«r Stadtrat Hinkelmann: „Auftragsgemäß begab sich der gehorsamst Unterzeichnet« gestern am 1. Mai in den Stolleschen Goschof in Gesou, wo die sozialistische Maifeier stattsand. um dort den hiesigen.Lieüerhain", welcher früher immer an der Feier teilnahm, zu beobachten. Vor- gefunden wurde, daß der Derein nicht öffentlich aufgetreten ist. Einzelne Mitglieder vom Verein haben der Feier beigewohnt, z. B. der Gesangsdirigent Krause, der Schlosser Mcisel, der Handelsmann Krcllner, der Fabrikarbeiter Fischer und noch einig« andere, welche dem Unterzeichneten dem Namen nach nicht bekannt sind. Meine Ansicht über den Verein und seine Tendenz hat sich nicht geändert: wenn der Dorsteher neuerdings zahmer geworden ist, so beruht dies nur auf taktischen Gründen: er will die lästige Unterstellung unter das Vereinsgesetz aufgehoben sehen Bei der bekannten Heuchelei der sozialdemokratischen Parteimitglieder und Vereine fällt es ibnen nicht schwer, eine Zeitlang von der öffent- lichen Agitation sicher fernzuhalten. Eine Aushebung der Ver- sügung vom 13. 9. 94 würde in den Mitgliedern nur die Ucber- zeugung erwecken, daß sie durch ihr neuerliches Vorgehen die Be- Hörde gründlich düpiert haben. Die Tatsachen beweisen(Blatt S9z, 61a), daß die Gesinnung der einzelnen Mitglieder diefe'be ge- blieben ist wie früher. Ich vermag daher die Verfügung vom 13. 9. 1894 nicht zurückzunehmen. gez. Hinkelmann." Endlich am 9. August 1897 erfolgte die Zurücknahme des Der- böte»: „Die an den Gesangverein.Liederhain" erlassen« Verfügung vom 13. 9. 94 wird hiermit zurückgenommen. Der Verein ist aber, sofern er sich erneut mit politischer Agitation befaßt, bzw. die wegen politischer Agitation ausgetretenen Mitglieder wieder aufnimmt oder das frühere Lokal„Voigländifche Bierballe" wieder aufsucht, aufs neue den Vorschriften des ß 19 de» Königl sächf. Vereinsgesetzes vom 22. Nov. 1850 zu unterwerfen" Zur Aufhebung dieser Verfügung konnte es aber nur kommen, well man einmal ausnahmsweise von der Beteiligung an der Mai- feier in diesem Jahre Abstand genommen hatte und einige politisch alluzstark„belastete" Sangesgenossen bewegte, dem„Liederhain" de« Rücken zu kehren. Walter Hanel.
„Nein juristische Fragen." Llnfehlbarkeitsdün�el der Prenzlauer Justiz. Aus Anlaß des Falles D ü st e r b e r g, der Beschlüsse des Prenz- lauer Amts- und Landgerichts und ihres Nachspieles>w Preußischen Richterverein hatte die Sozialdemokratische Partei , Unterbezirk Prenzlau, am Mittwoch eine öffentliche Versammlung in Prenzlau einberufen, in der Landtogsabgeordneter Kuttner über „Republik und Justiz— Der Fall Düsterberg" sprach. Zu dieser Versammlung waren auch die Prenzlauer Richter durch be- sonderes Schreiben eingeladen worden. Es erfolgte jedoch die nach- stehende, ablehnende Antwort: Der Landgerichtspäsident. Prenzlau , den 28. März 1929. Die Einladung zu Ihrer Versammlung lehnen die hiesigen Richter mit Dank ab, da sie sich keinerlei Gewinn von einer Besprechung rein juristischer Fragen mit Nichtjuristen, zu denen auch Ihr Referent, Herr Kuttner, zählt, in einer öffentlichen Veriamm- lung zu versprechen vermögen. Mit Politik haben die Be- schlüsse, die im Fall Dllsterberg ergangen sind, nichts zu tun. Der Angabe, daß die Entscheidung„bei allen Bevölkerungs- schichten den stärksten Protest hervorgerufen hätte", muß unter Hinweis auf die hier eingegangenen Zustimmungs- erklärungen von zahlreichen Bezirksverbänden des Richtervereins und auf die vielen b e i l ä l l i g« n Asußerungen führender Tageszeitungen entschieden wider- sprachen werden. gez. Dr. W i n t« r." aueser Brief wurde von dem Referenten der nebenbei Jurist ist, vor der stark besuchten Versammlung verlesen und glossiert Der Ton des Schreibens erklärt völlig die Prenzlauer Beschlüsie im Falle Dllsterberg. Er atmet die Exklusivität und den U n- fehlbarkeitsdünkel einer Beamtenkaste, die sich noch ganz als Glied eines Obrigkeitsstaates fühlt und den Sinn der Demokratie überhaupt nicht erfaßt hat. Ein Landgerichtspräsident erklärt die
IPrälai Seipet, der aJß Stunde ikan&ler der Stepubllk OeMterreleh tnU »einem'JiabiruHl»neben xurückgetreleu M
Besprechung„rein juristischer Fragen mit Nichtjuristen" für„keinerlei Gewinn" bringend, während doch täglich in Schöffen- und Ge- schworenenkammern Oerufsrichler mit Laie» zusammen über juristisch« Frage« entscheiden— sie also auch vorher wohl besprechen müssen. Daß eine schwere Beschimpfung der Republik st r a f f r e i bleibt, hat nach Ansicht des Prenzlauer Lanhgerichtspräsidenten „mit Politik nichts zu tun". Wir dürfen hier gegen den Prenzlauer den Neuruppiner Landgerichtspräsidenten. den volksparteilichen Abgeordneten E i ch h o f f zitieren, der in der 57. Sitzung des Landtage» vom 4. März 1929 ausdrücklich b e- dauert hat. daß immer noch Urteile vorkommen, die in der Frage des Schutzes der heutigen Staatsform gegen Beleidigungen und Her- absetzungen versagen, und fortfuhr:«Dazu rechne ich, wie ich ausdrücklich hervorhebe» die Beschlüsse im Fall D ü st e r b e r g." Der letzt« Absatz des Ablehnungsschreibens atmet schließlich ein« Einseitigkeit, wie man sie bei einem Richter in so hohem Amt kaum sür denkbar halten sollte: Herr Landgericht-präsident Winter berust sich auf Zustimmungserklärungen, er oerschweigt aber, daß die B e r- liner Generalversammlung des Preußischen Richterverein» mit mehreren Hundert gegen wenige Dutzend Stimmen den Stand- punkt der Nachprüsungskommission gutgeheißen hat, die von den Prenzlauer Beschlüssen abrückt. Vom„beiderseitigen Gehör", das den Richter- auszeichnen soll, ist in Prenzlau wenig spürbar: die Herren sind hellhörig für Zustimmung, aber taub gegen Tadel und berechtigte Kritik.__ Hoheiisanordnung der �eichsregierung Bestimmungen über das Flaggen. Im Interesse einer einheitlichen Zusammenarbeit der Reichsverwaltung auf Gebieten, die für all« Reichsbehörden und Reichsstellen von gemeinsamem Interesse sind, hat die Reichs- regierung einen Erlaß über Hoheitsanordnungen und Verhalten der Reichsbehörden bei besonderen Anlässen heraus- gegeben. Der Erlaß regelt die Weiterleitung allgemeiner Anordnungen der Reichsregierung an d!« einzelnen Reichsstellen, die r e- Präsentatio« Vertretung der Reichsbehörden bei Veranstaltungen außerhalb der Reichshauprstadt, schließlich die B e- flaggung der Reichsdienstgebäude. Die Reichsdienst- gebäude werden im ganzen Reich am Versa ssungstag« be- flaggt. Wann bei anderen Anlässen im ganzen Reich oder in der Reichshauptstadt geflaggt werden soll, ordnet die Reichsregierung an. Soll außerhalb der Reichshauptstadt aus örtlichen, n i ch t- politischen Anlässen geflaggt werden, so treffen die Präsidenten der Landessinanzämter. an Orten außerhalb de» Sitzes eines Landes- finanzamte» der höchsle leitende Reichsbeamte des Ortes nach De- nehmen mit den gleich hohen örtlichen Reichsbehörden sowie mit den örtlichen Landesbehörden die erforderlichen Anordnungen. Soll wegen einer örtlichen Veranstaltung von p o l i t i- s che m Gepräge geflaggt werden oder ist zweifelhaft, ob die Be- slaggung als Parteinahme in InnerpolUischen Fragen gedeutet werden könnte, so ist die Entscheidung des Reichsminister» des Jnnern«in- zuholen.__ Nach Ehambcrlain ist auch der u n z a r i s ch« Ministerpräsident Graf Bethlen wieder einmal bei Mussolini gewesen. Man wird wohl über den neuen griechisch- südslawischen Freund- schaf svertrag al» Eoentualhemmni» italienischer Bankanwünsche gerede, haben. Zn Afghanistan s»ll jetzt der ehemalig« Krieg-minister Nadir Khan die besten Aussichten auf den Königsthron haben, auf dem sich übrigens Habibullah noch behauptet. welker für Berlin : Nach kalter Nacht wieder zunehmende Be- wölkuno mit Neigung zu neuen Niederschlägen, Tagestemperaturen dicht bei Null. — Für Deukschiand: Nachts überoll Frost, am Tage nordsüdwärt» sortschreitende neu« Wetterverschlechterung.
Musil : ,/Oie Schwärmer". Uraufführung im Theater in der Stadt. Auch in seinem neuen Stück„Die Schwärmer" beweist das Theater tn der Stadt sein bemerkenswertes Geschick, fette Nieten zu ziehen. Der Verfasser Robert M u s t l, sonst ein acht. barer und geistvoller Schriftsteller, bemüht sich, an Hand einer Kol- lektion versuchter oder vollendeter Ehebrüche die nicht mehr ganz neue Frage zu beantworten, ob der Mensch gut oder schlecht ist. Zwischen Regina und Maria einerseits und Johannes, Thomas, An» selm , Josef und Ferdinand andererseits hat, es ist schwer, sich da durchzufinden, ein Gespusi bestanden, und die männlichen Ehegatten kommen über das Problem mcht weg, ob das nun eine Gemeinheit ist oder nicht. Uns ist die Sache völlig Wurst, aber der Autor, der die Wichtigkeit dieser Frage überschätzt, behandelt sie in endlosen Diskussionen, wobei er eine Fülle kluger Sentenzen aufstapelt. Die Zuschauer waren schließlich ganz mürb'e geredet, und doch brachten einig« noch die Kraft auf, durch Pfeifen oder wütendes Klatschen ihre Anteilnahme zu beweisen. Der Regisseur L h e r m a n führte das Schauspiel so, daß an den tragischen Stellen viel gelacht wurde. Bei diesem verdienst- vollen Unternehmen unterstützte ihn besonders der Schauspieler Han» Karl Müller. Auch Paul Günther, der, ob er will oder nicht, immer den Theaterintrigamen markiert, erzielte mit seiner dä- manischen Note heitere Wirkungen. Martha Maria N e w e s, Eon- ja Bog» und Dillis van Rappard spielten guten Durchschnitt, konnten ober die tödliche Langeweile nicht bannen. dgr.
„Die Krau, die jeder liebi, bist Ou.. Titania« und primus-palast. Wenn einer, macht dieser Film dem Namen seine» Regisseur» Earl Fröhlich alle Ehre, denn wann haben wir mal ein derart fröhliches Wert gesehen?» Henny Porten verkauft am Tage als Frl. Minnl Musik» Instrumente und ist am Abend ein« gefeierte Sängerin, die ihrem Bräutigam, einem mittellosen Architekten, zum ersten Auftrag ver- hilft. Sie läßt heimlich eine Villa erbauen und zwar sür den Er- bauer und sich. Und wie d»r Bräutigam, der nichts von Bühnen- künstlerinnen wissen will, sich ausgerechnet in feine Braut al» Künstlerin verliebt, das ist entzückend geschildert. Hier ist jeder Einfall nett und angebracht, sogar der, daß Richard Tauber höchst persönlich für Henny einen Schlager komponierte. Henny Porten ist ohne allen Zweifel di« fraulichst« Darstellerin, die wir im deutschen Film haben. Und wie sich das Publikum den üblichen Kokottentyp, den die Filmindustrie massenhaft auf Lager hat, bereits übersah, das bemerkte man deutlich bei dieser Urauf- sührung Ein solches freudiges Mitgehen der Zuschauer hat man selten erlebt. Es sollte sür manche Darstellerinnen her Wink sein, Frauen zu spielen und nicht immer da» zurechtgemächt» käuslich«
Liebchen zu kreieren. Henny Porten ist schelmisch, ist drollig und kokett, jedoch nie der aufdringliche Star. Unterstützt wird sie glän- zend durch den derben Frig Kamperz, den entsagungsvollen Paul H ö r b! g e r und den sehr gewandten Willy F o r st. Der Photograph Gustave Preis schafft genau so gut aus eigener Er- sindungsgabe heraus reizvolle Bilder, wie er vorzüglich auf erprobte Wirtungsmöglichkeiten eingestellt ist. Mithin haben wir. ungefähr vor Saisonschluß, noch einen guten Film zu buchen. e. b.
„Ein Mädel mit Tempo." llfa-Theater Kursürstendamm. Bilder au« dem Familienleben des amerikanischen Mittel- stände» könnte man sachgemäß diesen Film betiteln, weil er außer der Liebesgeschichte mancherlei Einblicke in das amerikanische Fa- milienleben gewährt und dabei auch die ironischen Lichter nicht ver- schmäht. Mama tyrannisiert die ganze Familie, Papa darf mit Teller auswaschen— zu einer Hausgehilfin langt es nicht—, aber sonst hat er nichts zu sagen. Mama bevorzugt die ältere, ihr nach- jchlagende Tochter, für die bereits ein Freier da ist. und behandelt die hübsche blonde Patsy als Aschenbrödel. Patsy aber ist in den Bräutigam ihrer Schwester verliebt und bekommt von ihm selbst Anweisung, wie man einen Mann erobern kann. Sie schlägt ihn schließlich mit seinen eigenen Waffen, Papa wird wieder Mann und alles endet in Butter. King B I d o r macht seinem Ruf wieder Ehre. Er weiß das triviale Thema interessant zu gestalten und neue Effekte der All- täglichteit obzugewinnnen, so daß das Spiel, rein filmisch betrachtet, viel Freude gewährt. Marlon D a o i e» Ist aber auch eine nicht nur hübsche, sondern auch höchst lebendige, mit allen Launen und Kobokdeinfällen gelegnete Patsy. Außero�entlich drastisch in ihrem stet» wechselnden Mienenspiel ist Marie D r e ß l e r als Mama. Del Henderson mimt den Papa höchst ulkig: wenn er den Herrn herauskehrt, ist er direkt belustigend. Di« ebenso kokette wie schöne Schwester verkörpert Jane W i n t o n.,
Mussolini gründet eine Kredll-vank sür Künstler. In Rom ist nach Rücksprache Mussolinis mit den führenden Bankinstituten eine Kreditorganisation Ins Leben gerufen, di« In erster Reihe Malern und Bildhauern, aber auch Musikern und Dichtern zur Verfügung stehen soll. Die Mitglieder der neu gegründeten Akademie werden In den Aufstchtsrat dieser nenen Kreditbank berufen werden. Die bankmäßig üblich« Form der Bürgschaft fällt weg: an deren Stelle treten 2 Paten. Ludwig Hardt lprlcht Im Schillersaal sKnie), SO1/, Ubr: Sonnabend: Schcr,. Satire, Ironie,»eiere Bedcumng(mit vielen neuen Ltllcken): Sonntag: Heilere Dichtung.