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Morgenausgabe

Nr. 162

A 82

46. Jahrgang

Böchentlich 85 ẞt, monatlich 3,60 2. im voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 m. einschließlich 60 Bfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Poftbestellgebühren. Auslands abonnement 6.-M. pro Monat. *

Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend", Slluftrierte Beilagen Bolk und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wissen"," Frauen ftimme". Technit". Blid in bie Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"

Vorwärts

Berliner Bolesblatt

Sonntag

7. Apríl 1929

Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Die ein paltige Ronpareillegeile 80 Pfennig. Reflame eiie 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen das ettge drudte Bort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgebruarie Worte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes meitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen­annahme im Hauptgeschäft Linden Itraße 3, mochentagl. von 81/2 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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bon

59 oder 37 Jahre?

Der Hauptgegensatz auf der Pariser   Sachverständigenkonferenz.

Paris  , 6. April.  ( Eigenbericht.)

Die Sachverständigen fonferenz sucht planmäßig dem Ziele der Reparationsregelung näherzukommen, unabhängig den nervösen Schwankungen der Pariser  Preffe, die bald übertriebenen Peffimismus, bald vorelligen Opti­mismus zur Schau trägt. Man weiß in Konferenzfreifen, daß an­gesichts der noch bestehenden Differenzen

Bostichedkonto: Berlin   87 536.

Bankkonto: Bant der Arbeiter, Angestellten

und Beamten Wallstr. 65. Distonto- Gesellschaft, Depofitentasie Lindenstr. 3

Um Langkopp.

Kriegsfolgen vor Gericht. Gleiches Recht für alle!

-

Angenommener Fall: Ein Arbeitslofer dringt in die Räume einer Behörde ein, stellt dort einen hohen Be­amten, setzt ihm auseinander, daß er einen noch unbefriedig­tommen fönne. Ueberdies würde die so entstehende Gesamt- ten Unterstützungsanspruch habe, fordert sofortige Auszahlung belastung höher sein als die im Dawes- plan   vergesehene, da einer bestimmten Summe und droht, den Beamten mit einer die Herabfehung der Jahreszahlungen in ihrem Wert durch die Ver- Höllenmaschine in die Luft zu sprengen oder mit einem Re­längerung der Zahlungsdauer mehr als aufgehoben würde. Dolver zu erschießen, falls er nicht seine Forderung sofort erfülle.

Dr. Schacht und Dr. Bögler hatten am Sonnabend vormittag eine neue Unterredung mit den franzöfifchen Delegierten Moreau und Parmentier, der auch Owen Young   bei­wohnte. Am Nachmittag um 3 Uhr hielt die Konferenz eine Bolt. itung ab, um den einzelnen Delegationen Gelegenheit zur Kennt­nisnahme der bisher in den Einzelbesprechungen erzielten Ergebniffe zu geben. Der Präsident der Bank von Frankreich, Moreau, warnte zwar am Sonnabendmorgen die Preisevertreter vor allzu voreiligen Optimismus, aber sein Begleiter fügte sogleich hinzu: Solange die Verhandlungen nicht abgebrochen sind, dürfte man fagen, daß alles gut gehe. Die Rechtspreise hat am Sonnabend eine neue von

noch ein gutes Stüd Weg zurückgelegt werden muß, aber das Bewußtsein der bereits voll­brachten Arbeit läßt als allgemein ausgeschlossen gelten, daß die Konferenz schließlich doch noch mit einem Fiasto enden tönnte. Eine der Hauptschwierigkeiten, die fich indessen einem rajchen Ergebnis entgegenstellen, besteht in der auch von Owen Young  vertretenen Forderung, daß Deutschland   in Uebereinstimmung mit der alliierten Schuldenregelung gegenüber Amerika  3ahlungsverpflichtungen auf die Dauer 59 Jahren übernehme. Dieser Plan Owen Youngs, für dessen Richtigkeit bisher noch feine Bestätigung vorliegt, sieht eine deutsche Jahreszahlung von 1,7 milliarden während der ersten fünf Jahre, hierauf 32 Jahre lang eine solche von 2,1 milliarden und endlich die letzten 22 Jahre von 1,7 milliarden vor. Dem ist von deutscher Seite bisher ffets entgegengehalten worden, daß eine Verpflichtung Deutschlands  

über den Zeitraum von 37 Jahren hinaus nicht in Frage

Kampagne gegen die amerikanischen   Delegierten unternommen, denen vorgeworfen wird, daß sie in den Konferenz­verhandlungen allein die amerikanischen   Interessen wahrnehme. Man verlange ohne weiteres von den Alliierten, daß sie von ihren Forderungen Abstriche machten, während die Amerikaner nicht daran dächten, ihrerseits einen Nachlaß der interalliierten Schulden vor­zufchlagen.

Pilsudskis Sch.. impfpolitif.

Des Marschalls Gefchoffe gegen die Volksvertretung.

Warschau  , 6. April.

Einige regierungsfreundliche Warschauer Blätter bringen in her Sonntagsnummer einen Auffaz des Kriegsministers Marschall Pilsudski, der den Titel trägt Der Boden des Auges oder Eindrücke eines franten Menschen von der Haushaltsberatung des Sejm  ". Der Aufsatz ist eine leiden= schaftliche Berteidigung des zurückgetretenen und vor dem Staats­gerichtshof angeklagten Finanzministers Czechowicz Pilsudski schließt sein scharfes Plädoyer gegen diese Anflage mit der Drohung,

er als Ministerpräsident werde nicht zulaffen, daß der Staats. gerichtshof zur Aburteilung des zurückgetretenen Ministers überhaupt zusammentritt.

Daraus wäre zu schließen, daß Pilsudski   an die Spike der neuen Regierung zu treten beabsichtigt. Als er vor einem Jahre schmer

erfrantie, schreibt Pilsudsti weiter, hätten die erzie eine Unter­suchung seines Augenbodens angeordnet. Der Marschall überzeugte sich aber, daß diese Behandlung, von der er nicht ohne Gruseln hörte, nur ein Berbleiben in einer Dunfelfammer wäre. Er fragte sich also, meshalb man mit so abschreckenden Worten eine harmlose Geschichte bezeichne. Aehnlich sei es mit dem Staatsgerichtshof im

eine Komödie, und er wiederholt, als Ministerpräsident werde er einen Zusammentritt des Staatsgerichtshofes nie zulassen. Der Ton des Onfel. Marschall".

Der Artikel, für den Pilsudski sich von jedem der ihn abbruden den Regierungsblätter 700 3loty zahlen läßt, erinnert in feiner Sprache an jenes Interview vom Sommer v. 3., in dem Büfubfti die Abgeordneten   Dirnen und bredige Huren genannt hat. Diesmal schreibt Pilsudsti und die Blätter drucken, daß

die besch... Abgeordneten mit ihren von Sch..... stinkenden Unterhofen im Parlament nur lauter Dummheiten in besch.. Sprache vorgebracht

haben und das hätten sich die ernst arbeitenden Minister an hören sollen? Mit einer Moral und Ethit, die Papuas zur 3ierde gereichen würde, habe das Parlament den Finanz minister Czechowicz vor das Straftribunal gestellt. Sätte ich die Gewalt und nicht der Staatspräsident, so hätte ich zu ver­hindern gewußt, daß die beiden von Sch... stinkenden Ignoranten fich als Richter und Finanzminister aufspielen.... Der Regierungs­blod hat im Barlament nur staatsfeindliche und reaktionäre Arbeit geleistet und es zu einem Freudenhaus herabgewürdigt."

der Rechtspresse Ueberschriften wie diese lesen wird: Frecher Es ist Tausend gegen Eins zu wetten, daß man in Banditenüberfall" oder: Folgen marristischer Verheizung". Es werden dann Betrachtungen darüber folgen, daß in der Pratischer Minister Sicherheit und Ordnung vor die Hunde schwarzrotgelben Republit" unter der Herrschaft sozialdemo­gegangen, daß treue, gewissenhafte Beamte, die unter den ihren Dienst versähen, schutzlos dem Treiben roter Banditen schwierigsten Verhältnissen in bewunderungswürdiger Weise preisgegeben seien. Schuld an solcher Verkommenheit trage aber vor allem das herrschende margistische System, das mit seiner überspannten Sozialpolitik das Gefühl für Selbst­verantwortung in dem Einzelnen ertöte und ihn in den Glauben verseze, er habe in jeder Lage Anspruch auf die Hilfe des Staates.

Selbstverständlich wird die strengste Bestrafung des Uebeltäters gefordert werden...

Jezt steht der Farmer Langlopp vor Gericht. Nichts liegt uns ferner als die Absicht, das Urteil über ihn zu seinen Ungunsten zu beeinflussen. Daß die Beamten gegen Taten, wie die seine, geschützt werden müssen, wird schließ­lich niemand bestreiten. Ebensowenig wird jemand bestrei­ten, daß dieser Angeklagte, wie die meisten seiner Schicksals­genoffen auf der Anklagebant, ein unglücklicher Mensch ist, den die Verzweiflung zu seinem wahnmißigen Anschlag ge= führt hat. Daß es Ünzählige gibt, die nicht weniger Grund zur Berzweiflung haben, ohne deshalb andere mit Höllen­maschinen und Pistolen zu bedrohen, darf gleichfalls als feft­stehend angenommen werden.

So brauchte diefer Fall feinen Streit zu erregen, wenn -ja wenn wir nicht in einer Gesellschaft lebten, die von Klaffengegenfäßen und infolgedessen auch von Barteigegensägen zerrissen ist. Welcher Unterschied besteht zwischen dem Farmer Langtopp und einem r- beliebigen Ar­beitslofen, der etwa eine ähnliche Tat verübt hätte? Doch nur der, daß der Arbeitslofe um ein legtes Stück Brot für fich, seine Frau und seine Kinder fämpft, während der Far­mer Langlopp den Anspruch verficht, für ein verloren ge­gangenes beträchtliches Vermögen entschädigt zu werden. Der Durchschnittsmann, die Durchschnittsfrau aus den befizenden Klassen fönnen sich nun sehr wohl in die Lage eines Menschen versehen, der einmal wohlhabend gewesen ist, durch den Krieg seinen Besitz verloren hat und nun um Entschädigung fämpft. Der Mann aus dem Bolte aber, der stets im Dunkel der sozialen Tiefe gelebt hat, ist ihnen ein fremdes Geschöpf. Nur wenige die rühmlichen Aus­nahmen sollen gern anerkannt werden- bringen genug foziales Gefühl auf, auch in dem verzweifelten Unglüc lichen aus der arbeitenden Masse einen Mitmenschen und Bolksgenossen zu erkennen, in dessen Denten und Fühlen sie sich zurechtfinden.

Was aus der Art spricht, in der die Rechtspresse den Fall Langkopp behandelt, ist meder nationales, noch soziales

Czechowicz- Fall. Finanzminister Czechowicz sei derjenige, der als Atanasowitsch an Herzschlag gestorben. Gewiffen. Es ist großbürgerlicher Klassen instinkt.

3m Krantenhaus zu Baranowitschi  .

Warschau  , 6. April.

erster geradezu musterhaft die Staatsfinanzen geordnet habe. Dem Bersuch, ihn dafür zu bestrafen, widerseße sich das einfachste Gerechtigkeitsgefühl Als der Fall Czechowicz auftam, habe Der ehemalige Beamte der sowjetruffifchen Handelsmission in Pilsudski dem Ministerpräsidenten Bartel, trok seiner Krankheit Berlin  , Atanasowitsch, der in der Polizeiwachstube des Bahn­und dadurch erzeugten Gleichgültigkeit erklärt, er betrachte sich als hofes der polnischen Kreisstadt Baranowitschi   auf zwei polnische Chef des früheren Kabinetts verantwortlich für die leber­Staatsbeamte gefchoffen hat, von denen der eine seinen Berletzungen schreitungen des Budgets. Bartel habe erwidert, er werde sich erlag, ist im dortigen Krankenhaus plöhlich gestorben. Er gemeinsam mit. Czechowicz verantwortlich erklären, weil er öfter war von einer schweren Nervenkrise ergriffen und erlag bei einem den Finanzminister zu Mehrausgaben veranlaßt habe; eher gehöre zweiten Anfall einem Herzschlag. Beim Eintritt des Todes weilte er, Bartel, vor den Staatsgerichtshof als Czechowicz. Pilsudski ein Arzt an feinem Krantenlager. fchreibt:

Hierzu meldet unser Warschauer Berichterstatter:

Der Tod Atanasowitsch' wird die politischen Auswirkungen des blutigen Zwischenfalls weiter tomplizieren und das polnisch. russische   Verhältnis sicherlich verschärfen, das bereits schon in­folge der ungeklärten Lat   von Baranowitschi   eine nicht unbedeutende Spannung erfahren hat.

ein Gericht, welches im Falle Czechowicz nicht ausspreche, daß nicht der Angeklagte, sondern die Kläger   die Schuldigen feien, wäre ein niederträchtiges Kollegium. Zu einer solchen Niederträchtigkeit führe die allgemeine Ber. Dem russischen Konsul in Warschau  , der sofort nach wilderung der Barlamentsfitten im Sejm  . Dann beschuldigt Baranowitschi   gereift war, haben die politischen Behörden einen Be­der Marschall eine ganze Reihe Abgeordneter der ethischen Minder- such bei dem verwundeten Atanasowitsch verweigert; am Sonn­wertigkeit. Er erzählt weiter, er habe mit der Ablehnung des abend mittag sollte nun der Konsul diese Erlaubnis erhalten. Schlich Haushaltsplans durch das Parlament gerechnet und mit einem Rüdlich hat der Tod die Befragung Atanasowitsch' durch einen russischen tritt der Regierung, für welchen Fall er dem Staatspräsidenten ver­fichert habe, daß er nicht ablehnen werde, eine neue Regierung zu bilden. Die Berabschiedung des Haushaltes und die gleichzeitige Anflage des Finanzministers sei ein Aft der Inlogi!. Zum Schluß erflärt Pilfubfti, er halte die Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof für

Beamten vereitelt.

Christlichsoziale und Sozialdemokraten in Wien   hatten eine Be­fprechung über die Regierungskrise. Die Bertreter beider Berhande Lungsteile werden ihren Frattionen Bericht erstatten und zu Beginn der nächsten Woche sollen die Berhandlungen fortgesetzt werden.

Es fällt uns nicht ein, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. In der Geschichte des verlorenen Kriegs ist auch das Schick­sal der Auslandsdeutschen, denen draußen Hab und Gut ge­nommen wurde und die bettelarm zurückkehrten, ein trau­riges Kapitel. Bogegen wir uns mehren, das ist: daß man gerade dieses eine Kapitel aus dem Zusammenhang zu reißen versucht, und daß für einen Angeklagten, der dem Verständnis der Besitzenden näher steht als so mancher andere, eine fanatische Stimmungsma che getrieben wird, während in anderen Fällen von Verständnis für die seelischen Auswirkungen sozialer Not nicht das allermindeste 3u bemerken ist.

Ein Beispiel für viele: Ein Zuhörer hat den albernen Zwischenruf gemacht, nicht Langtopp gehöre auf die Anklage­bant, sondern die sozialdemokratischen Mi­niste r" gehörten dahin, weil sie der Entente ,, freiwillig" Milliarden jährlich bezahlten. Man lönnte auch mit diesem armen Teufel, der es nicht besser weiß, Mitleid haben, wenn er nicht eben wegen jeiner albernen Zwischen­rufe in der Hugenberg- Presse als Held und Wahrheitskünder verherrlicht würde Es ist die Stimme des Volkes, die sich nicht ersticken läßt", er trifft ins Schwarze" nebenbei wird er mit einem kleinen Todel bedacht, weil er vergessen hat. neben den sozialdemokratischen Ministern" auch Herrn Strejemann mitzuerwähnen.

"

nur

Tatbestand: Der Dawes- Blan, der Deutschland   mit