Am Matterhorn abgestürzt. Ein Prozeß wegen fahrlässiger Tötung.
Die alpine Tragödie unterhalb de» 4505 Meler hohen Gipfel» de» ZU a t t e r h o r n s. bei der am 1Z. Juli v. Z. der löjährlge Berliner Unterprimaner Kratz durch Absturz in die Tiefe seinen Tod fand, wird ein gerichtliches Aachspiel in Moabit haben. Die Staatsanwallschost II hol Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen den hilsszeichenlehrer am Resormrealgymnasium in Aiederschön- Hausen, Walter Lehm, und den Studenten und Sportlehrer Werner(E I ch l e r erhoben. Vehni wird erschwerend zur Last gelegt, dag er als Führer der Expedition das Unglück durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Pslichtcn verschulde! habe. Das chauptver- fahren gegen die beiden Augeschuldigien ist bereits eröffnet worden. Die Verhandlung über die Vorgänge, die sich auf Schweizer Gebiet abgespielt haben, wird am 1. Mai vor dem Erweiterten Schöffengericht Lcrlin-schöneberg unter Vorsig des Landgerichts- direklors � i e ge l stattfinden. Der Angeklagte Behm veranstaltete seit Iahren als Angehöriger einer Jugendbewegung Alpen- fahrten. Auch im vorigen Jahre hatte er eine Alpenfahrt in die Schweiz mit Kl Teilnehmern, unter denen sich auch Vrag be- sand, unternommen. Seine Absichten hatte Behm in zwei Eltern- versammlungen dargelegt. Der Vater des unglücklichen jungen Mannes, Dr. Vratz, hatte dabei ausdrücklich vor chochtouren gewarnt und im Scherz geäußert:„Aa. aus das Matterhorn wird es doch nicht gleich oehen." Behm soll ihm darauf lächelnd geantwortet haben:»Das lammt nicht in Frage." Im Juli begann die Reise über Basel , Bern , Interlalen bis •3 e r m a t l. Von dort wurden Bergtouren unternommen. Am 12. Juli entschiost sich Behm im Einverständnis mit Eichler, das Matterhorn zu besteigen. Brasz und der Schüler Stipp wurden mitgenommen. Der Aufstieg ging bis zur Matterhornhütte, wo übernachtet wurde. Am lZ. Juli, um 3 Uhr morgens, erfolgte der weitere Aufstieg zum Matterhorn über �die W h g m p c r- Hütte und über die M o s e l e i- P l a t t e zur Solvay-Hütt«. Von dort kletterten die vier Bergsteiger bis-50 Meter unter den Gipfel des Maaerhorns. Hier wurde aber auf Anordnung von Behm wegen Gewittergefahr Umkehr gemacht. � lieber den Abstieg und das Unglück, durch das dann Brajz seinen Tod fand, haben die Beteiligten wechselnde Angaben gemacht. Die Anklage glaubt, fol
genden Sachverhalt als feststehend annehmen zu können: Der Ab» stieg erfolgte in zwei S e i l g e in e i n s ch o f t e n. An dem einen Seil befanden sich Behm und Brag, an dem anderen Eichler und Stipp. Infolge des dichten Nebels hatte Behm den Weg zur S o l» v a y- H ü t t e v e r l o r e n. Er ließ Braß, den er von seinen, Seil loslöste, bei der Gruppe Eichler zurück und lletterte voraus, um den Weg zu suchen. Die Soloay-Hütte erreichte er auch, blieb dann dort aber zurück, wie die Anklage annimmt, infolge E r- s ch ö p s u n g, da er den Anstrengungen einer derartigen Hoch- tour nicht gewachsen war. Die drei anderen sind ihm langsam ge folgt, und zwar m der Weise, daß Braß, sobald Eichler ein Stück vorausgeklcttert war, das straffgespannte Seil als Geländer be- nußte. Braß selbst war nicht angeseilt worden. Eichler behauptet, daß Behm das nicht angeordnet hätte, weil er die Stelle für vsr- hältnismäßig ungefährlich hielt und weil auch das 30 Meter lange Seil für drei Perionen zu kurz gewesen sei. Es wird nun behauptet, daß Braß allein vorausgeklettert sei, w«U es ihm zu langsam ging, obwohl Eichler ihn dringend zurückgerufen haben will. Kratz ist dann plötzlich verschwunden und wahrscheinlich in. folge Siolperns oder Steinschlages abgestürzt. Seine Leiche ist bis heule nicht gesunden worden. Als Eichler und Stipp die Solvay» Hütte erreichten und hier Behm ohne Braß vorfanden, stellten sie Nachsorschungen an. Behm beteiligte sich nicht daran, da er keinen Zweifel aehabi hoben will, daß der Unfall tödlich gewesen sei. Aus diesem Grunde will er auch den Absturz entgegenkommenden Führerpartien nicht gemeldet haben. Er hat das erst in Z e r m o t t getan. Die Anklaac vertritt den Standpunkt, daß Behm die Führung bei der Besteigung des schwierigen Mattcrhorns mit 1 6- jährigen jungen Leuten, die den Anstrengungen körper- lich nicht gewachsen waren, nicht unternehmen durfte, zumal er selbst keine alperrlportlichcn Erfahrungen hatte. Vor allem ober durfte er es nicht ohne Erlaubnis oder, wie in diesem Falle, gegen das Verbot der Eltern machen. Sein Handeln erscheint daher unverantwortlich. Zu der Verhandlung vor dem Schöffengericht sind drei Sa ch- verständige geladen worden, die bekannte Hochtouristen des Deutschen Alpenvcreins sind. Di« Verteidigung hat jedoch den An- trag gestellt, Bergsührer aus Zermatt zu lochen, da die Angerlagten den Standpunkt vertreten, daß die Besteigung des Matterharns keineswegs schwierig sei.
amten und Angestellten der Bezirksämter besorgt werden, nicht von den Abstimmungsvorständen, die der Magistrat ohnedies schon stark mit Arbeit belastet hält. Das frühere llnterscheidungsmerkmol der Stimmzettel für Männer und dasjenige für Frauen wird beibehalten. Nun soll bei den Stimmzetteln für Frauen dieser Aus- druck durch Umrahmung und größeren Druck noch auffallender gestaltet werde». Die getrennte Zählung bleibt übrigens auf Wahlen beschränkt, aus die Wahle» der Reichstagsabgeordneten, Landtagsabgeordneten, Stadtverordneten, Bezirksoerordneten und des Reichspräsidenten . Sie wird nicht ausgeführt bei Volksent» scheiden und Bolksabstimmunge».
Lteberatl ist es kali. Zrühtemperaiuren in ganz Deutschland wieder unter Null. Die bälle hol ln ganz Deutschland wieder elwa» zu- genommen. Am Sonnabend früh lagen die Temperaluren im ganzen Reich unler Rull Grad. Schlesien wies einen Temperaiurskand von Z bis 4 Grad unter Rull auf, nachdem da» Thermometer in der Rächt bis aus 7 Grad kälte gefallen war. Aehnlich sind die Temperaturverhältnisse in Sachsen . Selbst in der Provinz Hessen wurden N o ch t t e m p« r a- t n r e n bis zu S Grad unter Null festgestektl. Empfindlich kalt ist es auch im ganzen Rheingebiet. Aachen meldet am Sonnabend früh 4 Grad Kälte, Karlsruhe Z Grad Kälte, Friedrichshofen am Bodensee 3 Grad unter Null, Bamberg 6 Grad unter Null. Aus München wird sogar eine Frühlemperatur von 7 Grad Kälte berichtet. Demgegenüber ist es in Berlin noch verhältnismäßig warm. Berlin hott« am Sonnabend früh nur 1 Grad Kälte. Hier macht sich allerdings der Einfluß etwas stärkerer Sonnen- bestrahlung geltend, so daß das Thermometer wenigstens in den Tagesstunden etwas über den Nullpunkt steigt. Eine stärkere Er- wärmung verhindert jedoch nach wie vor der Zufluß kalter Luft aus dem Osten und Nordosten. Diese Kaltlustinosten haben am Freitag westlich von uns zur Bildung eines Tiefdruckgebiets geführt, das sich nach Süden gewandt hat und am Sonnabend über Italien liegt. Infolgcdesien hat der größte Teil S ü d e u r o p a s außer- gewöhnlich schlechtes Wetter. Bei heftigem Sturm gehen starke Regensälle nieder. Genua zum Beispiel hat Windstärke 9 bei nur 2 Grad Wärme. Auch in Süd fron kr« ich ist das Wetter sehr schlecht. Die dortigen Küstcnorte berichten gleichfalls über Windstärke 8 bis g.—•• Allem Anschein nach wird der Sonntag für Norddeutschlond mcht allzu schlechtes Wetter bringen. Es wird zwar noch empfindlich dülst sein, aber die Sonne dürfte wenigstens in den Mittagstunden schon etwas höhere Temperaturen hervorrufen. Bei nordwestlichen Winden wird die Bewölkung wechseln.
Oomela wieder verhastei. Wegen angeblichen Kreditschwindels in Hamburg . Auf Grund einer Anzeige aus Hamburg ist Harry Domela , der einst durch feine gut gespielte Rolle als falscher Hohenzollerr»- prinz von sich reden mochte, auf Anordnung des Bernehmungs- richters beim Amtsgericht Berlin -Mitt« erneut in Haft ge- n o m m e n worden. Die Anzeige geht von einem Hamburger Schneidermeister aus, der ihn des Kreditschwindels beschuldigt, weil er einen von ihm angefertigten Anzug nicht bezahlt hat. Erst vor kurzer Zeit wurde Domela.schon einmal vexhastet. weil ihm Kreditschwindeleien zur Last gelegt wurden. Damals wurde er auf der Ebernburg festgenommen, dos gegen ihn eingeleitete Verfahren ist dann aber von der Staatsanwaltschaft Berlin mangels ausreichender Beweise wieder eingestellt worden, da die Geschädigten auch inzwischen durch Bezahlung der Schulden befriedigt werden konnten. Die neue Anzeige soll darauf zurückzuführen sein, daß zwei Lieferanten, denen Domela kleinere Beträge schuldete, bevor- zugt behandelt werden wollten, was aber mit Rücksicht aus die anderen Gläubiger nicht angängig war. Sie drohten aus diesem Grunde mit Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, die dann auch jetzt erfolgt ist. Die Verhaftung, die vom Vernehmungsrichtcr aus- gesprochen wurde, soll vor allen Dingen daraus zurückzuführen sein, baß Domela, der sich in der letzten Zeit, nachdem er schon seine Memoiren veröffentlicht hatte, als„Schriftsteller" betätigte, ver- schiedenen Ladungen der Gerichte nicht Folge geleistet hat. Wir geben diese Meldung in der Form wieder, wie sie uns zu- gegangen ist, möchten aber nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß in Befolgung solcher„Verhastungsgründe" fast die gesamte Bevölkerung, soweit sie sich in Kleid und Anzug bewegt, hinter Schloß und Riegel gebracht werden niüßt«. Selbstmord eines(Essener Direktors. In einem Hotel in der Mittelstraße verübte gestern abend der 44jährigs Direltor Emil Iaeke! aus Esten Selbstmord durch Erhängen. Obgleich die Tat schon»ach kurzer Zeit ent- deckt wurde, konnte der Lebensmüde nicht mehr gerettet werden. Das Motiv zu dem Verzweiflungsichritt ist noch völlig u n- geklärt.
Die Schule beginni. Fortschritte der weltlichen Schutbewegung in Berlin . Mit Beginn des neuen Schuljahrs werden wieder zwei neue weltliche Schulen in Berlin eröffnet, eine in Britz und eine im Bezirk M i t t e- S ü d, Köpenicker Straße . Leider kann die in M i i t e- R o r d, Elisabeihkirchstr., vorgesehene und von der Schul- deputation beschlosten« Sammelschul« zum 1. April 1929 nicht er- öffnet werden. Obwohl ein« ausreichende Zahl von Meldungen vorliegt, hat dos Ministerium auf den Einspruch der Christlich- Unpolitischen hin die Genehmigung versagt, weil die Raumfrage nicht geklärt sei und eine zu starke Belegung des Gebäudes«intreten würde. Die betroffenen Eltern haben in einer Protest ver- f a m m l u n g beschlossen, von ihrer Forderung nach Errichtung einer Sammelschute im Bezirk Mitte-Nord nicht abzugehen und dieser Forderung durch verstärkte Werbeaktion Nachdruck zu verleihen. Auf vielfache Anfragen sei noch darauf hingewiesen, daß in den ersten Schultagen des neuen Schuljahres noch für oll« weltlichen Schulen Berlins Umschulungen, auch die von Schulneulingen, möglich sind. Es bedarf nur der Abmeldung vom N e l i- gionsunterricht, Kirchenaustrstt ist nicht erforderlich.
Das Auto im Schaufenster. Eine poffantin tot, zwei Personen verleht. Gestern nachmittag um 17 Uhr ereignete sich in der Reuen König st raßc, im Zentrum, ein schweres Der- kehrsunglück. das ein Todcsopser forderte. Vom Königstor her näherte sich dein Alexanderplatz in schnellem Tempo eine Autodroschke mil einem weiblichen Fahrgast. Vor dem Hause Neue K ö n i g st r a ß e 8 geriet das Auro beim Ueberholen eines anderen Wagens aus dem schlüpfrigen Asphall plötzlich ins Schleudern und geriet ans den Bürgersteig. Mit unverminderter Geschwindigkeit fuhr das Auto in das Schaufenster der Motorrad- Handlung von Martens hinein. Die Auslagen wurden dabei völlig zertrümmert. Zwei Frauen, die in diesem Augenblick in der sehr verkehrsreichen Straße die Uniallstelle passierten, wurden von dem Auto ersaßt und in da» Schaufenster hineingeschleudert. Die Ver- unglückten, eine 4t)jährigc Näherin Margarete Heinrich aus der Lehderslr.il> in Weißeiisee und eine klljährige Witwe Rosa Mandel vom Prenzlauer Berg k, wurden von Fußgängern, die Zeugen des Unglücks geworden waren, geborgen und zur naheliegenden Rettungsstelle 13 gebracht. Frau Heinrich halte so schwere Kvochenbrüche und Schnittverletzungen erlitten, daß sie auf dem Weitertransport
zum Krankenhaus am Friedrichshain gestorben ist. Frau Mandel. die stark blutende Verletzungen am Kopf davongetragen hatte, konnte nach Anlegung von Rowerbänden in ihre Wohnung gebracht werden. Während der Chauffeur der Autodroschke wie durch ein Wunder unverletzt blieb, erlitt die Jnsastin, eine ZOjährige Kontoristin Charlotte Wardetzki aus der Elbinger Straße mehrere K n o ch e n b r ü ch ei sie fand im Krankenhaus am Frisdrichshain Ausnahme. Das schwerbeschädigte Auto mußte einige Zeit später abgeschleppt werden. Die Schuldfrage bedarf noch der Klärung. Ein ariderer Straßenunsall mit �tödlichen Folgen trug sich gestern abend in der Schwedter Straß«, im Norden Berlin ?, zu. Don wurde beim lleberschreilen des Fahrdammes die sechsjährige Edith S ch a f f r a n aus der Kostanienalle« 34 von einem Lastauto überfahren und schwer verletzt. Das Kind starb auf dem Wege zur Rettungsstelle in der Gaudystraße.
Oer Mann, der alle lachen macht. Aus der S c a l a- B ü h n e in der Lulherstraße herrscht wieder G r o ck, der lustig« und gemütvolle Mann, der allen ein so helleres Wellbild vorzaubert. W>e immer erscheint er quicklebendig in den langen, viel zu großen Ueberrock, aus dem unten die breiten Schuhe heroarsehen, die ihm soviel Ungelegenheilen bereiten. Er unterhält sich mit seinem ausgezeichneten musikalischen Partner, zieht jene kleine Geige hervor, die nun schon bald eine Weltberühmtheit ge- worden ist und spielt ein paar sanfte Akkorde. Er spielt sie in einer so seinen Manier, daß man schon daran, inerkt, wisse auch in anderen Dingen etwas Besonderes. Ja, und dann geht das Ge- spräch über Musik zwischen den beiden und über die Nationalität und darüber, daß der andere glaubt, Grock sei wohl ei» E»gländer und er spreche nur englisch . Grock ist erstaunt und antwortet mit seinem stereotypen„Nicht möglich". Nun beginnt sich der Bann zu lösen und über den Zuschauer kommt das erste Lächeln. E? geht weiter und alles wickelt sich— leider— in den Bahnen ab, die wir schon seit dem ersten Austreten Grocks kennen. Der Stuhl steht -gi weit voni Klavier und Grock muß natürlich das Klavier an den Stuhl heranziehen, damit er spielen kann. Man kann sich hier leicht eine Variante denken, die amüsanter wirkt. Auch was er sonst tut und erzählt, ist gut erdacht und aus fühlender Seele wiedergegeben. Es ist wirklich Kunst. Ganz abgesehen davon, daß der Mann ein ausgezeichneter Musiker ist. Aber weshalb nie eine Mtriante? Grock spielt diese Szene seit etwa fünf Jahren in allen Varietes der Well in gleicher Reihenfolge mit den gleichen Mitteln und allerdings mit dem gleichen Erfolg. Und sollte einem so klugen Mann nicht einmal unversehens«ine andere Idee kommen, die auch gut oder vielleicht noch besser ist? Die anderen treten natürlich bei einer solchen Größe etwas in den Hintergrund. Trotzdem gibt es den ausgezeichneten H u n t e r,
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