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Beilage

Mittwoch, 10. April 1929

Der Abend

Shalausgabe des Vorwants

Sterben wir aus?

Unberechtigter Geburtenrückgangsalarm

Vorwärts zur Volkskosmetik!

Krüppel und Entstellte im Berufsleben

Der Geburtenrüdgang ist eine allgemeine internationale Erscheinung, trifft also Deutschland nicht allein. Deutschland , Frank­ reich und England sind die Staaten mit der geringsten Fruchtbarkeit. Dann folgen die Schweiz , Desterreich, die baltischen Staaten, Der Staat gibt den Krüppeln auf Grund des Krüppelfürsorge­Schweden und Dänemark . Höhere Geburtenziffern haben Holland , die Tschechoslowakei und Ungarn aufzuweisen. Auch die südromani- gesetzes vom 6. Mai 1920 Heilung, Erziehung und Berufsaus. schen Länder haben- trotz Rückganges der Geburten - im Berbildung. Leider aber fehlt dem Gefeß noch eine sehr wichtige Be­gleich zu den vorgenannten Staaten eine relativ hohe Fruchtbarkeits- ftimmung: die Pflicht zur unverzüglichen Einstellung der aus den Krüppelheimen entlassenen Gesellen. Was nützt es dem ziffer. Eine Ausnahme von der internationalen Verbreitung des Geburtenrückganges bilden die Balkan - und die ostslawischen Gebrechlichen, wenn er in das riesengroße Heer der Arbeitslosen tritt! Er steht dann auf genau der gleichen Ebene wie der Entstellte, Bölker. Bulgariens Fruchtbarkeitsziffer ist doppelt so hoch wie die Deutschlands . Fast das gleiche gilt für Polen und für Sowjetruß- der Häßliche. Indem die Gesellschaft den Krüppel und den Ent­land. Moskau hat beispielsweise eine Geburtenziffer von 30 von stellten als minderwertigen Fremdkörper betrachtet, ruft die soziale Tausend gegen 10 von Tausend in Berlin . Im fernen Osten ist Gemeinschaft im Gebrechlichen und Häßlichen gewisse Minder= trog der ständiger Bürgerkriege die Geburtenkraft Chinas unver mertigteitsgefühle hervor. Nicht nur, daß der Betreffende mindert groß. an sich und seinen Leistungen zu zweifeln beginnt, er wird durch die geflissentliche Aechtung von seiten der Gesellschaft zu ihrem Feinde, wobei sich nach meinen Beobachtungen die Eigenheiten der Krüppel­fecle bei leicht Entstellten und wenig sichtbaren Berkrüppelten Diel frasser zeigen als beim Schwerverkrüppelten.

Diese Tatsache ist wiederum ganz natürlich. Der Schwerbeschä­Leistungen. Der Beinlose fann nicht Zeitungsbote, der Armlose nicht Holzfäller sein. Doch der nur Leichtbeschädigte und vor allen Dingen der nur Entstellte fühlen sich im Vollbesitz nicht nur ihrer geistigen, sondern auch ihrer förperlichen Kräfte.

Was Deutschland anbelangt, so gibt die vor kurzem erschienene Dentschrift des Reichsgesundheitsamtes einen auf schlußreichen Einblid in die Entwicklung der letzten Jahre. Danach ist im Jahre 1927 die starke Einschränkung des Bevölkerungswachs­tums in besonders hohem Maße hervorgetreten. Der auf je 1000 der Bevölkerung treffende Geburtenüberschuß ist auf 6,4 gedigte ist sich klar über seine mangelhafte Fähigkeit zu förperlichen funten, während diese Ziffer im Jahre 1926 noch 7,9, 1925 8,8 und im legten Borkriegsjahr fast das Doppelte der jeßigen 3iffer, nämlich 12,4 betrug. Für das gesamte Bolt bedeuten diese Ziffern ein Bevölkerungswachstum um 834 000 im Jahre 1913 und 403 000 im Berichtsjahr 1927. Dieser Rückgang des Bevölkerungs­wachstums beruht auf dem steilen Abfall der Geburten ziffer. Bemerkenswert ist dabei, daß der Zugang an neuen Chen sich in den Jahren 1925 und 1926 auf dem Stand des Jahres 1913 mit 7,7 Eheschließungen auf 1000 der Bevölkerung gehalten und im Jahre 1927 sogar auf 8,5 erhöht hat.

Die Geburtenhäufigkeit, die in der Zeit von 1910 bis 1913 von Jahr zu Jahr durchschnittlich um noch nicht 2 Prozent und in der Beit von 1920 bis 1925 jährlich um etwas über 4 Prozent abge­nommen hat, verringerte sich in den Jahren 1926/27 jährlich um rund 6 Prozent. Gegenüber 1913 ist die Geburtenhäufigkeit im Jahre 1927 damit fast um ein Drittel und die Zahl der Lebend­geborenen überhaupt von 1838 750 auf 1 161 719 gesunken.

Die Dentschrift gibt ferner eine interessante Statistit über die internationale Lage wieder.

Auf 1000 der mittleren Bevölkerung entfielen im Jahre 1927 Lebendgeburten:

Deutschland . Frankreich

.

18,4

18,2

Niederlande Bulgarien

B

Rußland.

Utraine

23,1 37,0 44,9 40,1

England u. Wales 16,7

Italien

26,4

Beiter ist auch charakteristisch, daß an der Geburtenabnahme in Deutschland die ehelichen Geburten stärker als die un­ehelichen beteiligt gewesen sind. Die Zunahme der Quote an unehelichen Geburten erklärt sich zum Teil durch die hohe Zahl der im gebärenden Alter stehenden unverheirateten weiblichen Personen. Durch die Volkszählung von 1925 wurden in den Altersgruppen von 20 bis 34 Jahren über 4,1 Millionen unverheiratete weibliche

Bersonen gezählt.

Die Geburtenhäufigkeit in Deutschland war bisher in den fleinen Gemeinden merklich höher als in den größeren Städten, doch wurde dieser Unterschied in den letzten Jahren dadurch geringer, daß die Geburtenhäufigkeit gerade in den kleineren Gemeinden stärker als in den größeren abnahm. Auf 1000 der Bevölkerung trafen Lebendgeborene:

Berlin

Gemeinden mit 100 000 und mehr Einm. ohne Berlin 50 000 bis 100 000 Einwohnern

30 000

50 000

"

15 000

"

unter

"

30 000 15 000

"

"

1926 1927 10,6 9,9 15,3 14,5

17,2 15,4

16,9 15,8 17,3 16,1

. 21,5 20,2 Als Reichsstelle mit besonders niedrigen Geburtenziffern kamen außer Berlin mit 10,6 Lebendgeborenen und den Hanjaſtaaten Hamburg , Bremen und Lübed mit 13,7, 16,7 und 15,6 Lebend­geborenen im Jahre 1927 besonders noch der Freistaat Sachsen mit 15,6, Brandenburg mit 16,5 somie Braunschweig und Schaumburg­Lippe mit je 16,6 Lebendgeborenen auf 1000 Einwohner in Betracht.

Ein weiteres michtiges Moment ist, daß sich der Geburten­überschuß ständig verringert, obgleich die Sterblichkeit ebenso ständig abnimmt Kleine Ausnahmen infolge Grippe und Witterungsschwankungen spielen da keine Rolle. Besonders die Säuglingssterblichkeit hat weiter abgenommen dank der Säuglings­fürsorge und der durch sie verbreiteten Kenntnis zweckmäßiger Säuglingspflege.

Soweit die Angaben der Denkschrift.

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Es ist kein Wunder, daß die Erscheinung des scheinbar unauf­haltsamen Geburtenrüdganges einen Teil der Deffentlichkeit und der Wissenschaft in Alarmstimmung versetzt hat. Es gibt Propheten, die unter der Voraussetzung, daß die Entwicklung in dieser Art unaufhaltfam fortschreitet das Aussterben des deutschen Boltes voraussagen. Unter diesem Aspekt ist beispielsweise auch Burgdorfers, Der Geburtenrüdgang und seine Bekämpfung" geschrieben, eine Arbeit, die in der letzten Zeit erschienen ist. Burgdörfers Arbeit trägt mit viel Fleiß wertvolles statistisches Material zusammen. Aber sie sieht die Dinge weniger vom foziologischen, als vom national- imperialistischen Standpunkt an. Alarmstimmung durchzieht das ganze Buch. Und es mutet etwas tragikomisch an, wenn der Verfasser den Hilferuf ausstößt: ,, Möge auch unserem Bolfe ehe es zu spät ist der Mann erstehen. der nicht nur die ernste Lage erkennt, sondern auch den Mut hat, mit der ganzen Kraft und Autorität einer überragenden Führerpersönlichkeit unser Volk und seine Vertreter vor die entscheidende Frage zu stellen: Leben oder Tod?"

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Dr. Burgdörfer, der bewiesen hat, daß er ein ernstzu nehmender Wissenschaftler ist, und der in der vorliegenden Arbeit die sozialen und wirtschaftlichen Ursachen des Geburtenrückganges durchaus richtig auseinandersezt, verfällt hier in seiner Schrift in jenen Grundfehler der Nationalisten, der sich in der Politik schon so oft verhängnisvoll ausgewirkt hat, aus nationaler Besessenheit Un­mögliches zu wollen und so über Tatsachen zu stolpern, die er selbst

Müssen sich in diesem Falle nicht alle Zurücksetzungen viel ge­fährlicher auswirken? Daher kommt es, daß sich bei leicht Geschä­digten und Entstellten die typischen Eigenheiten der Krüppelpsyche viel markanter ausprägen, als bei Schwerbeschädigten. Die Folgen der wirtschaftlichen Zurückstellung, des Mitleids oder gar Abscheus verstärken und verschärfen diese Minderwertigkeitsgefühle aufs qual vollste.

Wohl fönnen Selbsterziehung und die Pflege ange­borener geistiger Vorzüge das Unschöne des Aeußeren ver­geffen lassen. Doch wird damit noch immer fein unauffälliger Mensch geschaffen. Was nüßt es einem psychologisch gebildeten Menschen, der die Zusammenhänge zwischen förperlicher Auffällig feit und seelischem Befangenheitsgefühl genau fennt, wenn er trotz­dem wieder in Befangenheit gerät, weil ihm seine allzu große Nase störend vcrs Bewußtsein tritt.

Ist ein solcher Mensch, den ich in meinem Bekanntenkreise er­lebte, in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen, so sind die seelischen Bedrängungen aus der Entstellung nur persönliche Angelegenheit. Ganz anders aber, wenn nun ein derart Entstellter, Unschöner Stellung suchen mußese straitmos citosid

Der fchwer vertrüppelte Mensch erregt allenthalten er­schütterndes Mitleid, das zu helfender Taf drängt.up.n

Anders liegen die Verhältnisse bei nur entstellten, nur- lichen Stellungsuchenden. Genau wie bei jedem anderen Men­schen erregt auch bei dem Arbeitgeber der Häßliche Widerwillen, Antipathie, Ablehnung.

So wird der doppelt bedauernswürdige Unglückliche- unglück­unglück. lich wegen seiner Häßlichkeit, unglücklich wegen seiner Arbeitslosig­von Tür zu Tür gejagt, verbittert und verdüstert sich. Dann ist fein weiter Weg mehr zur Berzweiflungstat oder zum ist kein weiter Weg mehr zur Verzweiflungstat oder zum Verbrechen.

feit

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Es ist ja auch ein übles Schicksal, wenn, wie es vorkommt, ein junger Mensch, zu jeder Arbeit willig und geistig tüchtig, auch förperlich trotz Bertrüppelung des rechten Armes nicht ungeschickt, volle zehn Monate arbeitslos ist. Es ist schlimmer als eine Fahri ins Inferno für den jungen Mann, wenn er Tag für Tag von Fabrik zu Fabrik, von Geschäft zu Geschäft hetzt. Man sieht den für verfrüppelten Armach, Sie sind verkrüppelt? Nein für Sie ist geeignete Tätigkeit nicht vorhanden ohne daß man. gefragt hätte, wofür er sich denn eigentlich eigne. Denn der

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soeben noch richtig erfannt hat. Eine Panifmacherei, wie sie Burgdörfer betreibt, ist das verkehrteste Mittel für die Bekämpfung

des Geburtenrückganges.

Es bleibt merkwürdig, daß bei allen Erwägungen, die von bürgerlicher Seite über die Ursachen und die Bekämpfung des Ge burtenrüdganges angestellt werden, der Gesichtspunkt der Menschenökonomie fast niemals in Ansatz gebracht wird, obgleich hier der Angelpunkt des ganzen Problems liegt. Man weiß es und will es doch nicht sehen, daß der Geburtenrüdgang nur die durch die soziale und wirtschaftliche Notlage hervorgerufene natürliche Reaktion gegen eine Massenproduktion von Menschen ist, die den Wert des menschlichdi Lebens bis zur Unerträglichkeit herabdrückt. Man übersicht geflissentlich, daß der Geburtenrückgang nichts anderes als eine natürliche Ra tionalisierungserscheinung ist, deren höherer 3wed die Wiederherstellung des menschlichen Individualwertes ist.

Statistik und Bolfswirtschaft sehen in der Güterproduktion die Rationalisierung als den größten Fortschritt des 20 Jahrhunderts an. Für die Menschenproduktion wollen sie aber diesen Grundfaß nicht gelten lassen. Sie befürworten die Ueberschwemmung mit Menschen leben, sie befürworten die Herabdrückung des Menschenwertes in einer Weise, wie sie das mit bezug auf die Güterproduktion sicherlich als Wahnsinn ablehnen würden. Sie. stüzen sich auf religions> philosophische und staatspolitische Gesichtspunkte, und vergessen dabei die Größe, die der Rechnung erst ihren Sinn gibt: den Menschen. Das deutsche Volk wird nicht aussterben. Der heutige Geburten­rückgang ist nur die automatisch eintretende Gegen wirtung gegen die unökonomische, die Aufnahmefähigkeit des fozialen und wirtschaftlichen Volfsorganismus überschreitende Menschenproduktion. Sobald diese Angleichung durchgeführt ist, wird eine Stabilisierung und ruhige Entwicklung des Geburtenstandes

eintreten.

Medicus.

Die Hyoieneabteilung des Völkerbundes. Um die geistige Zusammenarbeit der Nationen zu fördern, unter hält der Völkerbund in Genf eine Reihe von Abteilungen, die sich mit ökonomischen, rechtlichen, gesundheitlichen und kulturpoli­tischen Fragen befassen. Die älteste und umfangreichste der technischen

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ganze Mensch steckt doch nicht im verkürzten Arme. Augenblic­lich habe ich dem geistig regen jungen Mann eine für ihn durchaus ungeeignete untergeordnete Aushilfsstellung besorgt. Eine feste, seinen Fähigkeiten entsprechende gehobene Stellung, ihm zu ver­schaffen, wollte mir bisher noch nicht gelingen. Wer mag, wer fann ihm helfen?

So wie diesem jungen Mann geht es Tausenden und aber Tausenden, die irgendwie an sichtbarer Stelle ein böses Mal, eine auffällige Narbe, ein frühes Altern zur Schau tragen. Brachliegende Arbeitskraft ist ein Berlust an Bolksvermögen.

Wenn man das Schlagwort geprägt hat: ,, ä ßlichkeit ist Krankheit," so lann ich diesen Satz nur voll unterschreiben. Hier ist ein Schlagwort entstanden, das nichts übertreibt. In dieser Schroffheit wagte ich zwar bisher meine Erfenntnisse nicht aus zusprechen. Als Krüppelpädagoge und Nichtarzt stand ich der allge. meinen Kranfenfürsorge zu fern. Wohl konnte ich aufmerksam machen auf die Wechselwirkungen von Seele und Körper beim Krüppel. Betrachtet man aber für den im Beruf tätigen Menschen Arbeitsminderung durch körperliche Ursachen als Krankheit, so ist die Häßlichkeit sogar eine schwere Krankheit. Denn gerade sie ist es, die dem Entstellten alle Arbeitsmöglichkeit nimmt. Wird ein Häßlicher wirklich einmal aus Mitleid eingestellt, so wird ihm ge­wöhnlich jedes Versehen doppelt übel vermerkt: Schielende, Rot­haarige, Bucklige fönnen und taugen nun einmal nichts.

Darum ist die von Dr. Moses und Dr. Gumpert zur Entstellungsbekämpfung vorgesehene Forderung an die Kranken­tassen, soziale Kosmetik zu betreiben, eine Forderung der Gerech tigkeit.

In Amerika werden für fosmetische Mittel und Kuren im Jahre mehr als anderthalb milliarden Marf auss gegeben. Das ist feine Betätigung von Lurus, das ist Steige. rung der Arbeitskraft, der Arbeitsmöglichkeit für jeden, der Kosmetik betreibt. Ihm sind keine Türen bei der Arbeitsuche verschlossen, er wird nicht als Mensch geringerer Qualität, angesehen und bewertet.

Genau wie die allgemeine Krüppelfürsorge ist kosmetische Für forge produttive Sozialfürsorge. Einst und das ist war die Orthopädie eine Medizin noch gar nicht lange her- für die Retchen, Besitzenden. Heute ist sie eine Bolfsmedizin. Heute noch ist Entstellungsbekämpfung. Edönheitspflege, mit demi Begriff des Lugus verbunden, ist eine Angelegenheit nur wirt. schaftlich Bevorzugter. Jeßt muß die Schönheitspflege denen ge= bracht werden, die ihrer wirtschaftlichen Eristenz wegen fie bitter notwendig brauchent

Berbunden werden müßte die förperliche Normierung" mit einer Entstelltenfürsorge, die es sich zur Aufgabe macht. den Häß. lichen, Gekennzeichneten auf besonderem Wege zur Beschaffung von Arbeit behilflich zu sein. In diesen Fürsorgestellen müßten sich dann Krüppel und Entstellte begegnen. Beide müßten von Gesetzeswegen bei der Arbeitsvermittlung geschützt werden, vielleicht wäre auch eine 3wangseinstellung zu erwägen.

Dann würden zahllose Menschen endlich im Berufsleben festen Fuß fassen, sie würden sich nicht nur ihres menschlichen Wertes bewußt werden, sie könnten durch Leistungen zeigen, was sie von ihrem Fach und Beruf verstehen. Sie könnten dann auch beweisen, daß man trotz Gebrechlichkeit und Entstellung ein im edlen Sinne freier Mensch sein fann gemäß des Satzes von Paul de Lagarde : Frei ist niemals der, der treiben tann, was er will, frei ist der, der werden kann, was er soll."

Hans Würz,

Erziehungsdirettor im Ostar- Helene Heim.

Abteilungen des Bölkerbundes ist die Hygiene abteilung. Sie enthält zurzeit 16 Spezialfommissionen, wie die Malaria, die Krebs, die Tuberkulose - und die radiologische Kommission, die besonders dringliche Fragen untersuchen.

Der Hygienabteilung liegt es u. a. ob, bestimmte experimentelle Untersuchungen zusammenzufassen und damit der Organisation der wissenschaftlich- experimentellen Forschungsarbeit zu dienen. Sie hat ferner die Aufgabe, eine gemeinsame internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um bestimmte epidemisch auftretende Krankheiten zu bekämpfen. Hier hat die Hygieneabteilung des Völkerbundes bereits Wertvolles geleistet, insbesondere bei der Be fämpfung der Typhusepidemien im Osten Europas und bei der Be­kämpfung der Choleraepidemien. Die Hygieneabteilung bearbeitet in Gemeinschaft mit den Gesundheitsämtern der verschiedenen Staaten gesundheitsrechtliche Fragen, z. B. das Problem der Quarantäne und die Desinfektionsbestimmungen. Sie veranlaßt ferner Studien über besonders wichtige Einzelfragen. So wird, augenblicklich auf breitester Grundlage die Frage der Strahlenbehandlung bei bös* artigen Geschwülsten behandelt und die daraus sich ergebenden Heilungsmöglichkeiten studiert. Auch der verschiedenartigen Ber teilung des Krebses in den einzelnen Ländern sowie der Erforschung des Berufskrebses werden eingehende Studien gewidmet.,

Eine besonders wichtige Aufgabe fällt der Tuberkulose. Behandlungsmöglichkeiten untersucht, wobei peziell der Verbreitung fommission zu, die die Verbreitung der Tuberkulose und ihre dieser Volkefeuche im äquatorialen Afrika besondere Beachtung ge­schenkt wird. Auch in dieser Kommission mirfen wie in den übrigen hervorragende Forscher an erster Stelle mit.

Durch diese vielseitigen Arbeiten wurde innerhalb weniger Jahre bereits wertvolles wissenschaftliches Material zusammengetragen und in einer Reihe bemerkenswerter Abhandlungen veröffentlicht. Der Wert dieser Arbeiten ist vor allem darin zu sehen, daß innerhalb sehr kurzer Zeit die gegenseitigen Erfahrungen miteinander in 31­fammenhang gebracht und ausgeglichen werden, daß durch die enige Fühlungnahme der Sachverständigen der verschiedenen Länder eine wahrhaft internationale Zusammenarbeit ermöglicht wird, und de Gelegenheit geboten wird, in die Arbeitsmethoden und Erfahrung der anderen Länder tieferen Einblick zu gewinnen, als das irgendwo auf der Erde möglich ist.