Der Bergetat.
Berafung im Landtag. Die Löhne der Bergarbeiter.
Der Preußische Landtag trat am Donnerstag, dem 11. April, nach der Osterpause wieder zusammen.
Das Haus tritt in die zweite Lesung des Haushalts der Berg, Hütten und Salinenverwaltung ein. Nach dem Berichterstatter Abg. Oft erroth( S03.) nimmt das Wort
Handelsminister Dr. Schreiber,
der zunächst einen allgemeinen Ueberblick über die Entwicklung der einzelnen Zweige des preußischen Bergbaues gibt. Die Gesamtsteinfohlenförderung Breußens ist 1928 um 2,7 Millionen Tonnen gegenüber dem Vorjahre zurückgegangen. Ein großer Teil der infolge Stillegung entlassenen Belegschaftsmitglieder fonnte anderen Bergbau untergebracht werden.
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Die ohne haben im vergangenen Jahre in allen Gebieten eine Ausbesserung erfahren.
Auch die Leiffungssteigerung pro Kopf und Schicht hat 1928 in allen Steinkohlengebieten eine Fortjehung erfahren
Die Erhöhung des Schichtförderanteils betrug in Oberschlesien 0,4 Broz, in Niederschlesien 7,7 Broz., im Ruhrrevler 5,2 Broz. und im Aachener Revier 6,4 Proz. Trotzdem ist die Lage im Stein. fohlenbergbaut nicht befriedigend.
Ini Gegensah dazu hat der Braunfohlenbergbau seine Förderungsziffern um 10,8 Proz. gesteigert. Zum ersten Male übersteigt die Gesamtbraunfohlenförderung mit 166 Millionen Tonnen die Gefamtsteinfohlenförderung von 151 Millionen Zonnen. Die ganze Lage des Bergbaues spiegelt fich besonders in den Ergebnissen der staatseigenen Gesellschaften wieder. ibernia umb Bergag" haben mit Berlust gearbeitet. Auch die Breußag hat einen Gewinnrüdgang, so daß die Dividende pon 5 auf 4 Broz. ermäßigt wurde. Die Annahme, daß diese großen ftaatlichen Gesellschaften gegenüber der Privatwirtschaft bevorzugt find, ist irrig. Bei der Hibernia" gibt es feine steuerliche Be günstigung, und bei der Breußag" und Bergag" tommt die Reichsvermögenssteuer nicht zur Erhebung. Diese Steuer würde weit meniger erfordern als die Pensionslasten betragen, die den beiden Gesellschaften durch Gesetz auferlegt sind. Ich laffe feinen Zweifel darüber, daß ich jede steuerliche Bevorzugung der öffentlichen Hand für bedenklich halte.
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Hierauf beantworten Regierungsvertreter eine Reihe von großen Anfragen
Abg. Franz- Oberschlesien( Soz.):
Wir werden uns einer Sparjamfeit widersehen, die vielleicht bei der Grubentontrolle einfegen soll. Wir wünschen nicht Abbau, sondern Ausbau der Grubentontrolle. ( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Insbesondere münschen wir, Daß an allen Bergrevierämtern mindestens ein Arbeiterfontrolleur tätig ist. Someit die Unfallziffern gefallen find, ist das im wesent. lichen auf die Tätigteit der Arbeitertontrolleure 3u1rüdzuführen.( Sehr wahr! bei ben Sozialdemokraten.)
Die Reformierung der Bergbehörden in fortschrittlichem Geist muß fortgelegt werden. Die Jahresberichte der Bergbehörden sind in den legten Jahren bedeutend objektiver abgefaßt als früher. Leider fühlen sich aber immer noch eine Anzahl Bergaufsichtsbeamte in der Rolle des Gendarmen gegenüber den Bergarbeitern.
An den Fortschritten in der Einstellung der Bergbehörde hat das Gritbensicherheitsamt ein gewiffes Berdienst. Es ist deshalb auch bei den Oberbergämtern nicht gut angeschrieben.
3ft also eine, wenn auch langjane Umstellung bei der Berg hehörde zu beobachten, so tann das leider nicht von den privaten 3echenbefizern gejagt werden. Hier herricht noch immer der alte Scharfmachergeift.( Sehr war! bei den Sozialdemokraten!)
Bei den deutschen Wirtschaftsführern macht sich überhaupt eine flarte Führungsimpotenz bemerkbar.
Das zeigt der fogenannte Bergmannstag, der im vorigen Jahr in Berlin tagte. Das geistige Niveau dieser Konferenz mar geradezu erschütternd. Nur die Phrafe beherrschte das Feld, tein Gedanke murde ausgesprochen, der einen Blick nach vorwärts gezeigt hätte. Es ist kein Wunder, denn dieser Bergmannstag war von etwa 800 Bergmertsdirettoren besucht. Keine der schwebenden aktuellen Fragen des Bergbanes murde auf dieser Tagung berührt. Man schimpfte auf die Bergarbeiter und auf die hohen Löhne und keiner der anwesenden Behördenvertreter ist diesen Ausführungen entgegengetreten.( Sört! hört! bei den Sozialdemokraten.)
Erfreulicherweise sollen nunmehr die Unternehmer bereit fein, ihre Selbst foften einer Rachprüfung unterziehen zu Taffen. Die Gemertichaften schlagen vor, diese Prüfung vom Reichsfohlenverband vorzunehmen, aber die Unternehmer find grundsählich dagegen, daß diese Institution die Selbstkosten nachprüft, meil fie Gegner des Kohlenverteilungsgesehes sind und nicht wünschen, daß diese Organisation öffentlicht noch mehr hervortritt.
Wir sind entschieden gegen die Aufhebung des Rohlenverteilungsgefeges. Nach dem Bericht des rheinisch- meftfälischen Kohlensynditats hat sich die Förderuna. die 1926 Don 132 auf 145 Millionen Tonnen gestiegen war, 1927 auf 153,5 Millionen Tonnen erhöht. Die Förderung im letzten Jahre übertrag unter Zugrundelegung des heutigen Reichsgebiets die Pro buttion von 1926 um 5,71 Broz, die von 1913 um 9,12 Broz. oder 12,8 Millionen Zonnen und die Förderungsziffer von 1924 uni rimd 36 Proz. Bon den zuletzt geförderten Kohlen entfallen 76,8 Broz. auf das Ruhrgebiet , nur 833 000 Tonnen entfallen auf die Förderung fynditatsfreier 3echen. Das rheinisch- meitfälische Rohlenfunditat ftellt alfo mohl das geschlossenfte Monopol der Belt bar.
Hätten wir fein Koblenverteilungsgeseh, das die Entscheidung über die Preise der Regierung in die Hand gibt, so wäre diejes Monopol in der Lage, der gesamten Wirtschaft seinen Willen aufzuzwingen.
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Lenin's Testament
Trehli will vom Erirage feiner Gorie has in Rusland streng verbotene politische Testament Lenins bruden und verbreilen lassen.
Die Sowjetpriester: Bir hüten seinen Leib, verschone uns mit seinem Geift.
Polen dem Militärfaschismus ausgeliefert.
Sieben Generale und Oberste und nur vier Zivilisten im Kabinett.
Bauernpartei gegen Pilsudski .
Warschau , 11. April. Der Borstand der radikalen Bauernpartei hat eine Entschließung angenommen, in der er sich scharf gegen den Artikel des Marschalls Pilsudski wendet und den Staatspräsidenten auffordert, ein Rabinett zu ernennen, durch das eine gute Zufammenarbeit mit dem Parlament und eine ruhige Entwicklung des Landes sichergestellt werde.
Zenfur! Zensur!
Da im Regierungsblod die halbfaschistische Gruppe der hohen Militärs über die Zivilisten den Sieg davon getragen hat, wird das neue polnische Ministerium ein ausgesprochenes kabinett der Oberste und Generale" jein, dem eben hohe attive Offiziere angehören. Wenn sich diese Zusammensetzung bestätigen follte, wäre mit einem scharfen kurs gegen den Sejm zu rechnen, dessen dauernde Bertagung oder endgültige Auflösung ohne Aus. ihreibung von Neuwahlen wahrscheinlich ist. Die Gruppe des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Bartel, die noch immer eine Zusammenarbeit mit dem Parlament empfiehlt und wirtschaftlidh eingeffellt war, ist endgültig ausgeschaltet. Die Ernennung des neuen Minifteriums foll Sonnabend vollzogen werden. Die Oppositionsblätter, die die Mitteilungen der Regierungschlagnahmt worden( zum 30. Male in diesem Jahre). Das preffe ohne Kommentar wiedergeben, enthalten sich noch jeder meiße Büde die Stelle des nom Zenjar gestrichenen Artikels Blatt gab eine zweite Ausgabe beraus, in welcher eine Stellungnahme. vertrat. Auch die Gazeta Warszawska" ist beschlagnahurt morden und zmar megen eines Artikels, der im Zusammenhang mit den Angriffen gegen den Sejm die Frage der Würde des polnischen Staatsmefens behandelte.
Probemobilmachung in Barschau.
Warschau , 10. April( Ost- Exprek).
Große Unruhe hat eine mitten in der Nacht erfolgte Probemobilmachung von Warschauer Referoiffen mehrerer Jahrgänge verursacht. Ohne vorherige Anfündigung dieser Maßnahme wurden die Referviffen geradezu aus den Betten geholt und auf die Safernenhöfe gebracht. Sie werden erst nach einigen Tagen wieder nach Hause entlassen werden.
für Deutschland günstigen Sinne erhofft und bittet das Plenum die von den Sozialdemokraten gestellten Anträge, die euf eine Besserung auf allen Gebieten im preußischen Bergbau hinzielen, an zunehmen. Eine endgültige Besserung wird erst eintreten durch die sozialistische Produktionsweise, die den Bergarbeiter vom Objekt innerhalb der Broduktion zum verantwortlichen Träger derfelben erheben wird.( Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Dr. v. Waldthausen( Dnat.) kritisiert die deutsche Handelspolitit den Polen gegenüber. Der Bergbau vertrage teine weitere Erhöhung der Löhne. Die Arbeitnehmer mögen bei den bepor stehenden Tarifverhandlungen das nötige Verantwortungsbemußtjein gegenüber der deutschen Kohlenwirtschaft beweisen. Abg. Dr. Steger( 3.) wendet sich gegen die Behauptung des Abgeordneten von Baldthausen, daß die Lohnsteigerung den Haupt teil der Unkosten an der Kohlenproduktion ausmache. Wenn die Unternehmer von der Not des Bergbaues reden, dürfen sie auch nicht ihren Generaldirektoren Jahresgehälter von 200 000 m. bezahlen.
( Sehr gut![ ints und im Zentrum.) Der deutsche Bergbau tönne sehr wohl eine angemessene Lohnerhöhung für die Bergarbeiter
fragen.
Nach einer Rede des Abg. Sobofffa( Komm.), in der er fich gegen die Berlängerung der Arbeitszeit der Bergarbeiter wendet, vertagt das Haus die Weiterberatung des Etats auf Freitag, den 12. April, mittags 12 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen noch: dritte Lesung der Kirchensteuergesetze und Abstimmungen über den Justizetat und den Etat des Finanzministeriums.
Die Gewerbesteuer der freien Berufe. Der Weltestenrat des Breußischen Landtags legie am Donners tag nor Wiederaufnahme der Blenarberatungen des Bandtags den Geschäftsplan bis Pfingsten fest. Die nochmalige Beschlußfaffung über die Gewerbesteuer foll am 16. 2 prit erfolgen.
Antrag gegen Obstruktion. Diätenentziehung bei Nichtteilnahme an namentlichen Abstimmungen in Preußen gefordert.
Diese Bestrebungen werden aufs äußerste von uns bekämpft. Das Gefchrei über die hohen ohne der Berg arbeiter ist völlig unberechtigt, aber immer noch herrscht in vielen Bergrepieren unjägliche Not und großes Glend unter den Bergarbeitern. Das Geschrei der Unternehmer über die hohen Löhne hat zweifellos den Reparationsagenten zu feinen falschen Mitteilungen über die deutsche Wirtschaft gebracht. Während Herr Klödner behauptete, daß die Geftehungskosten pro Tonne Kohle durch Erhöhung der Arbeiterlöhne non 1925 bis 1928 um 2,41 M. gestiegen sind, find in Wahrheit nach der Statistik des rheinisch- westfälischen Kohlensyndikots die Arbeitskosten nur um 2 Pf. pro Tonne gestiegen.( Hört! hört! bei den Sozialdemo fraten.) Auch das Internationale Arbeitsamt hat festgestellt, daß noch 1925 Deutschland die längste Arbeitszeit im euro päisen kohlenbergbau hatte, während Deutschland nur Im Preußischen Landtag ist ein demokratischer Antrag att 69 Proz. der englischen Arbeitslöhne zahle. Diese Angaben werden eingegangen, ber eine Abänderung des Diätengefezes durch Auf im wesentlichen bestätigt durch das Institut für Konjunkturforschung.nahme einer Bestimmung fordert, wonadh diejenigen Abgeordneten, Das schon erwähnte Sinken der Unfallsiffer hat sicher seinen die an einer namentlichen Abstimmung nicht teilnehmen, als abGrund in unserem Antrag, der in der Grubensicherheits tommiffion wesend gelten sollen, auch wenn die Anwesenheit nach den Bestim geftellt war. Danach haben auf allen Gruben Kommissionen von Der Bergbehörde mit der Betriebsvertretung und der Bergverwal mungen über den Nachweis der Anwesenheit festgestellt ist. Die tung sich über die Ursachen der Unfälle unterhalten. Dadurch ist Aenderung hat zum Ziele, die Obstruktionsverjuche tunlicht auszu das Berantwortungsgefühl aller Beteiligten erheblich gestärkt schalten. In der Begründung wird darauf verwiesen, daß im Reichs: tag eine Regelung festgelegt ist, die der mit dem demokratischen Antrag geforderten Abänderung entspricht.
morden.
Trogdem find die Unfallziffern noch immer ungeheuerlich. So find in Oberschleiien bei einer Gesamtbeleafchaft von 43 000 Maun in einem Quartal noch 31 tödliche Unfälle vorgekommen. ( Hört! hört!)
Der Rebner geht zum Schluß noch auf die Berhandlungen über den polnischen Handelsvertrag ein, dessen Abschluß er in einem
Mandatsniederlegung Der Zentrumsabgeordnete des Reichstags Josef Sinn in Aachen hat sein Mandat aus Gesundheitsrüdlichten niedergelegt. Sein Nachfolger wird Senats: präsident Dr. Schetter Köln sein.
Die gestrige Ausgabe der Polonia " ist wegen eines Artikels. der an dem Auftreten Biljudskis gegen den Sejm Krifit übte, bep
Auch die Mittwochausgabe der polnischen foglalistischen Gazeta Robotnicza" in Kattomis murde befchlagnahmt, und zmar wegen eines Artitels Scharfer oder milber Surs gegenüber dem Sejm?" Schließlich wurde gestern auch die Nummer 167 des Berliner Tageblatts" von der Kattomizer Polizeidirektion beschlagnahmt.
Fahlbusch verhaftet.
Der Fememörder in Deutschland .
Wie der Umtliche Preußische Pressedienst mitteilt, ist der megen mehrfachen Mordes stedbrieflich verfolgte ehemalige Feldwebel August Fahlbusch, der aus den Bereinigten Staaten von Nordamerita ausgewiesen war, beim Berlaffen des Schiffes auf deutichem Boden verhaftet worden und wird nach Berlin übergeführt werden.
Fahlbusch war Mitglied des dem Oberleutnant Schulz unters stehenden 382.- Kommandos, das in den Kreisen der Schwarzen Reichsmehr auch das ordfommando" genannt wurde. Außer Fahlbusch gehörten ihm die Feldwebel& lapproth und Büsching an Die Täterschaft Fahlbuschs in einer Reihe von Mordtaten gilt durch die bisherigen Fememordprozesse bereits als fest erwiesen. Im Falle Wilms, in dem Oberleutnant Schulz Fahlbusch, der im Mordauto hinter Wilms fizzend dem Wilms bic wegen Anstiftung befanntlich zum Tode verurteilt wurde, war es tödliche Kugel durch den Kopf schoß. Ebenso gift Fahlbusch als unmittelbarer Zäter im Falle Brouer. wurde gleichfalls von Fahlbusch im Auto erledigt.
Brauer
Während im Falle Wilms der berüchtigte I approth das Mordauto steuertę, tat dies im Falle Brauer ein Unteroffizier Romolewifi, der bereits megen Beihilfe zum Morde zu fechs Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist. Auch in weiteren Fällen ist Fahlbusch durch die Aussagen der anderen start belastet. Wiemeit diese zu ihrer eigenen Entlastung möglichst viel auf den flüchtigen Fahlbusch geschoben haben, muß fich erst herausstellen. Selbstvers ftändlich ist Jahlbusch genau wie Klapproth, Umhofer usw. nur das Werkzeug höherer macht gewesen.
Tschiangtaischets Forderungen.
Beting, 11 April Ischiangtaifchet läßt in der Agentur& uomin eine eingehende Erklärung über die politische Lage in China veröffentlichen. Der antingregierung drohe unmittelbare Gefahr von drei Seifen: von General Feng, General Peitschung ssl und Ssi citibai Sum. Da die Лantingregierung ihm nicht die Bollmachten zu geben imftande fel, diefe militärischen Abenteurer zu beseitigen und unschädlich zu machen, tönne er nicht im Amte bleiben. Er verlange für sein weiteres Berbleiben die völlige Entwaff. nung aller chinesischen Truppen, außer denen der Kantingreglerung die Einführung eines militärischen Direktoriums, deffen Borjih er übernimmt und das aus drei Personen zu bestehen habe, fowie die gerichtliche Bestrafung aller chinesischen Generale, die fich der Zentralgewalt nicht füglen.