1929
Der Abend
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Spätausgabe des„ Vorwärts"
Revelstoke tot!
10 Pf.
Nr. 183
B 91 46. Jahrgang.
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Lord Revelstoke, der bekannte englische Delegierte für die Sachverständigenberatungen in Paris , unter dessen Vorsik noch gestern die entscheidende Sigung der Finanzsachverständigen stattfand, in der das deutsche Angebot abgelehnt wurde, ist heute morgen tot in seinem Bett aufgefunden worden. Er scheint einem Herzschlag erlegen zu sein.
Lord Revelstoke ist am 7. September 1863 geboren, stand also im 66. Lebensjahr. Er war Mitglied des Direktoriums der Bank Don England und Teilnehmer des Bankhauses Baring Brothers . Neben Sir Josiah Stamp , der bereits dem Dawes- Komitee angehört hatte, war er als Sachverständiger in die Kommission entsandt worden.
Bollsitzung erst Montag.
An zuständiger Berliner Stelle ist um die Mittagsstunde aus Paris die Nachricht eingetroffen, daß die Vollsihung der Sachverständigenkonferenz auf Montag verschoben worden ist. Die amtliche Bestätigung fehlt zwar noch, doch dürfte die Ver schiebung feststehen. Hiernach könnte also no ch nicht von einem Scheitern der Konferenz ges sprochen werden.
Ob die plößliche Verschiebung der Bollsigung auf Montag ledig. lich auf den überraschenden Tod Revelstokes zurückzuführen ist, oder auch politischen Gründen entsprach, wird nicht erklärt.
Aussage gegen Aussage.
Die Agentur Havas verbreitet über den Verlauf der heufigen Beratungen der Reparationskonferenz folgendes: Dr. Schacht habe in seinem geffern überreichten Memorandum während 37 Jahren eine feststehende Jahreszahlung von 1650 Millionen Mart vorgeschlagen, jedoch präzisiert, daß tein Teil dieser Annuität ungeSchüht und mobilisiert sein tönne. Um hinsichtlich dieser Frage der Transferierung und der kommerzialisierung nachzugeben, habe der Führer der deutschen Delegation von den Sachverständigen der Gläubigermächte entweder eine Herabsehung des Betrages dieser Mindestannuität oder politische Kompensationen wie Aufhebung des Danziger korridors oder Rüderftattung gewiffer kolonien an Deutschland gefordert, da nach seiner Ansicht die Wirtschaft Deutschlands durch den Verlust dieser Gebiete beeinträchtigt sei. Im Verlauf der heutigen Vormittagsfihung habe Dr. Schacht seine Borschläge formell aufrechterhalten und fich formell geweigert, die Disfuffion irgendeiner höheren Ziffer ins Auge zu faffen, wenn nicht die Sachverständigenkonferenz bereit sei, in die Diskuffion der von der deutschen Delegation geforderten politischen Borteile einzufreten. Die Sachverständigen der Gläubigermächte feien einstimmig der Ansicht gewesen, daß sie sich nicht auf die Disfuffion politischer Art, die vollkommen außerhalb ihrer rein finanziellen Befugniffe liege, einlaffen tönnten. Unter diesen Bedingungen habe die konferenz, so heißt es in der Havas Darstellung, nur die grundlegende Meinungsverschiedenheit feftftellen können, die angesichts des deutschen Ultimatums sie frenne.
Hierzu ist deutscherseits die Erklärung abzugeben, daß im Laufe der heutigen Sigung lediglich das Annuitätenschema B diskutiert wurde, das an teinerlei Voraussetzung geknüpft ift. Es entspricht also nicht den Tatsachen, daß heute über irgendwelche polifische Konzeffionen, die die deutsche Delegation gefordert haben könnte, diskutiert wurde, ja es muß sogar feftgestellt werden, daß über derartige Konzeffionen im Laufe der Konferenz, die 11 Wochen währte, niemals gesprochen
wurde.
Immer schroffer und immer seltsamer werben die Gegensäge zwischen den französischen und den deutschen halbamtlichen Darstel lungen über die lehte Phase der Konferenz. Es wurde in der Morgenausgabe des„ Borwärts" bereits auf den traffen Widerspruch zwischen den beiden ersten Kommuniques von Havas und von WTB. hingewiesen: In diesem er sten Fall lag das Unrecht offen kundig auf französischer Seite, denn die Havas- Behauptung, wonach nur noch die Vertreter der Gläubigermächte an der heutigen Volltonferenz teilnehmen würden, ist bereits durch die Tatsachen einFortfehung auf der 2. Gelte.)
wandfrei widerlegt.
Ausstellung
„ Gas und Wasser"
eröffnet.
Festakt in der alten Messehalle
Mit einem Festakt, der heute vormittag im Ehrenhof der Ausstellungshalle I der Berliner städtichen Meffehallen stattfand, wurde vor zahlreich erschienenen Ehrengästen die deutsche Ausstellung„ Gas und Waffer" Berlin 1929 eröffnet. Unter den Ehrengästen sah man den preußischen Innenminiffer Grzesinski , den Minister für Handel und Gewerbe Dr. Schreiber, den Justizminifter Dr. Schmidt, Wohlfahrtsminister Dr. Hirtjiefer, Staatsfetretär Dr. Abegg. Ministerialdirektor Dr. Menzel, den Reichstagspräsidenten Löbe, Polizeipräsidenten Zörgiebel u. a.
Als erster Redner sprach im Namen der Stadt Berlin und ihres Ausstellungs-, Messe- und Fremdenverkehrsamtes Oberbürgermeister Böß. Er begrüßte die Vertreter von Reich, Staat und Stadt und fand besonders herzliche Worte für die Vertreter der Stadt Wien und der freien Stadt Danzig . Seine Worte galten ferner den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen. Durch die Ausstellung, so sagte der Oberbürgermeister, erfahre der Gedanke der Berliner Fachausstellung, der Berliner Sommerschau eine weitere fichtbare Stärkung, darüber hinaus sei Gas und Wasser im Jahre 1929 die größte auch im Ausland beachtete deutsche Sommerausftellung. Es sei eine Ausstellung der öffentlichen und privaten Wirtschaft auf der einen Seite, und der Wissenschaft und der Technik auf der anderen Seite. Hierauf ergriff in Vertretung des am Erscheinen verhinderten Reichswirtschaftsministers Dr Curtius Staatssekretär Trendelenburg das Wort, um die Ausstellung im Namen der Reichsregierung zu begrüßen und zu eröffnen. Er umriß die Aufgaben, die Gas und Waffer heute im öffentlichen und privaten Leben haben, die Art der Durchführung des Zieles, das Bissen über ein höchst bedeutsames Gebiet der Wirtschaft zu erweitern, sei in dieser Ausstellung mustergültig erfolgt. Die Ausstellung hebe das Ansehen der deutschen Industrie und bedeute einen Fortschritt für die Ausstellungspläne der Stadt Berlin , die syftematisch den Ausbau von Fachausstellungen im Gegensatz zu Ausftellungen allgemeiner Art fördere. Die Ausstellung werde zweifellos ftellungen allgemeiner Art fördere. Die Ausstellung werde zweifellos großes Aufsehen im Auslande erregen, und das sei auch notwendig, weil sie im Auslande deutsche Spizenleistungen zeigen will, wie sie bisher auf technischen Fachausstellungen noch niemals gezeigt worden find. Zum Schluß dankte der Vertreter des Ministers im Namen der Reichsregierung allen Mitarbeitern am Wert.
Oben: Durchschnitt eines Koksofens
Unten: Ein vollständiges Gasiverk
Als letzter sprach Direktor Kühne als Vorsitzender des Präsi diums der Ausstellung. Mit dem Deutschland - Lied, von einer Musit. tapelle vorgetragen, fand die Feier ihren Abschluß, an die sich eine Besichtigung der Ausstellung schloß.
Es handelt sich bei dieser Ausstellung wirklich um ein Weltmert der Technit. Auf 45000 Quadratmetern Bodenfläche ist, wie hier bereits ausführlich dargelegt, was im Werde- und Nugungsprozeß von Gas und Wasser von bestim mender Bedeutung ist, in der Sommerschau der Reichshauptstadt gezeigt. Die reichste Entlohnung für das Wagnis dieses Erziehungsprogramms wird darin liegen, daß ebenso wie vor zwei Jahren bei der Werkstoffschau große Teile des Volkes Erkenntnis und Wissen aus der Fülle des Erschauten schöpfen werden. Dieser rein ideelle Erfolg läßt sich zwar nicht in Zahlen ausdrücken, er wird aber dort in die Erscheinung treten, wo seine Wirkung für unser Bolt von ganz besonderer Bedeutung ist im weltwirtschaftlichen Arbeitstampfe. In diesem ewigen und gewaltigen Ringen um die Pläge in der Führung der Völker werden nur die Arbeiterbataillone fiegen, die, des inneren Wertes ihrer Arbeit bewußt, über reiches und scharfes geistiges Rüstzeug verfügen und mehr als lebende Maschinen sind.
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Süddeutschlandflug des Zeppelin.
Das Luftschiff„ Graf Zeppelin " ist heute vormittag um 7,18 Uhr bei prächtigem Sonnenschein und, wolfenlojem Himmel in Friedrichshafen zu einer Fahrt nach Süd deutschland aufgeftiegen, die etwa 8 Stunden dauern soll. Es ist beabsichtigt, auf dieser Fahrt die Orte am Oberrhein bis etwa Frankfurt zu berühren. Den Rückflug wird das Luft fchiff über Stuttgart nehmen. Die Leitung hat Kapitän Lehmann. In dem Navigationsraum des Luftschiffes ist zu Bersuc zweden ein reifeltompaß der Firma Anschütz eingebaut worden. Der Zweck der Fahrt ist hauptsächlich, das Arbeiten dieses Rompasses mit dem gewöhnlichen Kompaß zu vergleichen. Das Schiff, das bei völliger Windstille flott durch das Westtor ausgebracht werden konnte, entfernte sich in Richtung Konstanz