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Nr. 197 46. Jahrgang

Technik

Die größte Drehbank der Welt."

Sonnabend 27. April 1929

wasserdurchlässig ist, wird den Stausee aufnehmen. Neben dem er­wähnten großen Stausee wird oberhalb von Vianden noch ein fleinerer Stausee angelegt, dessen Wasser durch Pumpwerke in das große Staubecken gedrückt wird. Beim Endausbau des Wertes werden 820 000 Pferdestärken in Turbinen nutzbar ge­macht. Die Dynamos werden 600 000 Kilowatt erzeugen. Die Dreh­stromgeneratoren werden mit 6000 Bolt bet 250 Umdrehungen in ber Minute arbeiten. Die gesamte Jahresleistung wird 300 Mil­lionen Kilowattstunden betragen. Das Wasser wird in einer 150 Meter langen Drudrohrleitung in das Maschinen­haus im Durtal hinabstürzen. Dabei ist die Anlage so getroffen, daß der Spiegel des riesigen Sees sich höchstens um 10 Meter senten fann. Eine Absenkung des Sees um 10 Meter entspricht einer Wassermenge, die durch die natürlichen Zuflüsse nur in 8 Monaten wieder aufgebracht werden könnte. Das von den Turbinen ver­brauchte Wasser wird in einem Gegenstaubecken, dem schon erwähn­ten oberhalb von Vianden liegenden kleineren Stausee aufgenom men und von hier durch Pumpen, die eine Gesamtleistung von 340 000 Pferdestärken aufweisen, zurückbefördert. Auf diese Weise wird nicht nur eine große Wirtschaftlichkeit, sondern auch eine große

Man schreibt uns:

Bei allen Superlativen", allen höchsten Steigerungen, soll man vorsichtig sein. Wenn irgend jemand behauptet, daß gerade er die größte, bidste, längste usw. Sache der Welt hergestellt habe oder

Werksto

Spitzenabstand

Spitzenhöhe

H

besize, so kann das ja sehr wirkungsvoll sein, aber es braucht des halb noch lange nicht zu stimmen. So hat der Abend" vom 9. April­das Bild der allerdings nicht in der technischen Beilage ,, größten Drehbant der Welt" mit begleitendem Tegt gebracht. So

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hervorragend die dargestellte Werkzeugmaschine auch ist, so ist sie dennoch nicht das größte Ungetüm ihrer Gattung. Eine ähnliche Maschine, es handelt sich um eine Walzendrehbant, wurde bereits vor 28 Jahren im Gewicht von 98 000 Kilogramm bei einer Spizen­höhe von 950 Millimeter und einer Spizenweite von 9300 Milli­meter geliefert. Diese Maschine blieb hinter der im Abend" ge schilderten angeblich größten Drehbank der Welt nur um 2000 Kilo­gramm im Gewicht zurück. Heute werden Drehbänke bis zu 400 000 Kilogramm Gewicht, 3 Meter Spizenhöhe und 20 Meter Spizen­weite hergestellt und im Großwerkzeugmaschinenbau als etwas Selbstverständliches empfunden, ja im Bau von Plan- und Karussell­drehbänken hat der deutsche Wertzeugmaschinenbau noch größere Abmessungen erreicht. So wurden von der früheren Schieß- A.- G. Werkzeugmaschinen mit 14 Meter Durchmesser und einem Gewicht von 600 000 Kilogramm gebaut. Augenblicklich wird sogar an einer Maschine von 18 Meter Durchmesser gearbeitet. Diese interessanten Zahlen geben ein recht gutes Bild von der tatsächlichen Leistungs­fähigkeit unseres Werkzeugmaschinenbaues.

Unser Bild zeigt eine Drehbant von 2500 Millimeter Spigen

höhe, 16 000 Millimeter Spitzenweite und 350 000 Kilogramm Ge­wicht. Für den nicht technisch unterrichteten Leser sind die Aus. drücke" Spitzenhöhe" und" Spißenweite" durch die beigefügte sehr vereinfachte Stizze erläutert. Zwischen den Spitzen" wird das zu bearbeitende Werkstück eingespannt.

Europas größte Talsperre.

Der künstliche Riesensee im Tal der Our.

Talsperren gehören zu den eindrucksvollsten Bauten der moder­nen Technit. Durch gewaltige Mauern werden beträchtliche Wasser­mengen eingefangen, oft zu meilenlangen fünftlichen Seen aufge­staut und dann gezwungen, Turbinen zu treiben, fruchtbares Aderland zu tränken, wertvolle Arbeit im Dienste des Menschen zu leisten. Bis vor kurzem gehörte der Ruhm, die größte Talsperre Europas gebaut zu haben, den Italienern. Sie hatten in der Ein­famkeit Sardiniens das Wasser des größten Flusses dieser Insel, des Tirso, durch eine 41% Meter hohe Staumouer aufgespeichert und so einen fünftlichen See mit einem Wasserinhalt von 444 Mil­lionen Rubikmeter geschaffen. Die Ufer dieses Sees haben eine Länge von 70 Kilometer. 22 Geviertfilometer Land wurde von den Wassern bedeckt. So fonnte der großen Trockenheit in der fast ein halbes Jahr währenden regenlosen Zeit entgegengewirkt werden, und 300 Quadratkilometer Land wur­den in einen fruchtbaren Garten um­gewandelt. Bevor aber der See das Land bewässert, treibt er Turbo­generatoren, die die ganze Insel mit Strom versorgen fönnen. Diese große Anlage, die das Bild der Land­schaft völlig veränderte, wird jetzt durch eine andere, weitaus größere über­troffen. Die größte Talsperre Euro­ pas wird an der deutsch - luxemburgi­schen Grenze vollendet werden. Eine Staumauer von 106 Meter Höhe und 86 Meter Stärke wird das Wasser des deutsch - luxemburgischen Flusses Our in der Nähe der lugem burgischen Stadt Vianden , nordwest­lich von Trier , auffangen und es zwin­gen emen fünstlichen Stausee zu bil­den, der oft eine Breite von einem bis eineinhalb Krometer haben und dessen Gesamtlänge 41 Rilometer messen wird. Eine große Anzahl von Seitentälern von denen das Jriental mit einer Länge von 8 Kilometern das bedeutendste ist, wird in eine tünstliche Fjordlandschaft verwandelt werden. Aus einem Gebiet von 630 Quadratkilometern werden alle Zuflüsse in diesen fünftlichen See ge leitet, der insgesamt eine Wassermenge

von 800 Millionen Rubikmeter aufnehmen kann. Damit aber ist die Durtalsperre fast doppelt so groß wie die Tirfosperre in Gar­dinien. Alle Straßen, die im Gebiet des Stausees Deutschland mit Luxemburg verbinden, werden vom Wasser bedeckt. Die Bewohner von fünf Dörfern mit zahlreichen Einzelgehöften mußten ihre Wohnungen räumen. Dort, wo einst der Bauer mit dem Pfluge seine Furchen zog, werden die Wasser des künstlichen Sees fluten. Neue Wohnstätten werden sich die Vertriebenen auf den Randhöhen des Durtales errichten. Eine neue Straße, eine neue Eisenbahn linie sowie Fährschiffe werden den Verkehr zwischen Deutschland und Luxemburg aufrechterhalten. Die Ingenieure durften es wagen, an die Schaffung eines so großen fünstlichen Sees heranzugehen, da das Durtal geologisch für die Anlage eines solchen Staubedens jede Sicherheit zu bieten scheint. Rheinischer Tonschiefer, der kaum

Druckrohrleitung und Maschinenhaus der Ourtalsperre.

Uebersicht über die Anlage der Ourlalsperre.

Sicherheit im Betriebe erreicht und die Anlage von Reservedampf­werten vermieden. Die Ingenieurbautunft feiert mit der Bollendung dieses Werkes einen ihrer größten Triumphe. Willy Möbus.

Keine Oelschalterbrände mehr?

Bei der Unterbrechung eines Stromkreises, der von großen

Mengen elektrischer Energie- Hunderttausende von Pferde­stärken- durchflossen wird, hört die Elektrizität nicht augenblick­lich zu fließen auf. Der Strom überbrückt vielmehr die Unter­brechungsstelle. Es entsteht ein Lichtbogen, den man bisher am besten dadurch löscht, daß man die Unterbrechungsstelle in Del ein­bettete. Del ist für den elektrischen Strom ein guter Isolator. Er bringt daher den Lichtbogen zum Verlöschen. Da aber Del nicht nur isoliert, sondern gleichzeitig auch ein guter Brennstoff ist, so bemüht man sich seit vielen Jahren um die Schaffung eines ohne Delbad arbeitenden Hochspannungsunterbrechers. Dieses Problem hat nun durch die Erfindung eines Dr. Slepian, der Forschungsingenieur bei der amerikanischen Westinghouse Comp. ist, zum ersten Male eine einwandfreie Lösung gefunden. Das Geheimnis beruht darauf, daß der elektrische Lichtbogen ,, entionisiert" wurde. Man hat also einen Teil der Elektrizität vernichtet. Dieses Ergebnis wird dadurch er­reicht, daß der Lichtbogen mit außerordentlicher Geschwindigkeit über eine Metallbahn getrieben wird. Der Lichtbogen hat eine außerordentliche Temperatur, etwa 3000 Grad Celsius. Troß dieser ungeheuren Wärme kann man infolge der überaus schnellen Be­wegung des Lichtbogens einen Baumwollfaden hineinhalten, ohne ihn auch nur anzusengen.

Fünfjährige mühevolle Arbeit war zur praktischen Durchführung der neuen Erfinderidee erforderlich. Bird der Lichtbogen mit ge­wöhnlicher Geschwindigkeit angetrieben, so schmilzt er das Metall, mit dem er in Berührung fommt und benußt dessen Jonen zu feiner eigenen Erhaltung. Bei der ungeheuren Geschwindigkeit, um die es sich bei dem neuen ,, De- Jon- Unterbrecher" handelt, liegen die Berhältnisse hingegen umgekehrt. Der Lichtbogen wird in eine Reihe treisförmiger Kupferplatten hineingetrieben, die ihn in eine Reihe fleiner Bögen auflösen, ihre Jonen feineswegs an ihn abgeben, sondern ihn vielmehr umgekehrt die eigenen nehmen.

Die überaus schnelle Bewegung des Lichtbogens wird durch ein Magnetfeld erzeugt, das den Bogen 30-40 mal um den Umfang der Rupferplatte herumtreibt. Dann sind ihm seine Jonen vollständig entzogen, er erlischt sofort. Das neue Konstruktionsprinzip iſt bereits auf Unterbrecher und Schalter der verschiedensten Art an gewandt worden. Es dürfte für viele bisher für unlösbar gehaltene Probleme die längst gesichtete Lösung liefern. Sicherheitsschalter, Schalter zum Anlassen und Stoppen von Motoren, Schwachstrom­unterbrecher und ebenso auch Startstromunterbrecher für 15 000 Bolt sind bereits mit Erfolg gebaut worden. Der neue Unterbrecher zeichnet sich vor allem durch die Leichtigkeit aus, mit der wieder­holte Kurzschlußversuche aushält, ja, er braucht bei solchen Ver­suchen nicht einmal Wartung und Beaufsichtigung. So wurde ein folcher Apparat vor furzem in schneller Folge nicht weniger als hundertmal kurz geschlossen und bei Strömen bei 5000-15 000 Bolt, ohne daß irgendeine Beaufsichtigung notwendig wird, diese der­maßen aufgewirbelt, daß besondere Deffnungen in der Lichtbogen­tammer erforderlich sind, um die nötige Abkühlung herbei­zuführen.

Das neue Schaltprinzip bürfte sich besonders für den Bahn- und Straßenbahnbetrieb eignen, es dürfte auch dazu beitragen, den Be­trieb von Stromlieferungsanlagen sicherer und zuverlässiger zu ge­stalten als bisher. Vielleicht macht es auch die bei Hausanlagen un­entbehrlichen Schmelzsicherungen überflüssig. Bei etwa entstehender Ueberlastung braucht man nicht mehr die durchgebrannte Sicherung zu ersetzen, sondern betätigt einfach den Handgriff eines kleinen Schalters, um die elektrische Lichtlieferung bzw. den elekrtischen An­trieb sofort wieder herzustellen. Dr. A. G.