Morgenausgabe
Nr. 198
A 100
46. Jahrgang
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Die
Sonntag
28. April 1929
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Bisher kein Ergebnis der neuen Besprechungen. - Französische Kombinationen.
Paris , 27. April. ( Eigenbericht.)
In der Pariser Sachverständigentonferenz sind am Sonnabend hinter den Kulissen die unber. bindlichen Besprechungen von Delegation zu Delegation, die durch die Aussprachen zwischen dem Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht und dem Konferenz vorsitzenden Owen Young eingeleitet worden waren, wieder in Gang gekommen. Ein Ergebnis haben sie allerdings bisher nicht gehabt, da beide Parteien vor läufig auf ihrer alten Stellung beharren.
Annuitäten um 100 auf 1750 Millionen erhöhen und die Zahlungs. periode um 10 auf 47 Jahre verlängern wollte, dann wäre die Einigung auf dieser Basis möglich. Dabei pergißt das Blatt vollkommen, daß die Erfüllung dieser beiden Borbedingungen vorläufig aur in feiner eigenen Phantasie besteht.
Es mag für die Sachverständigen wirklich eine wohltuende Er leichterung sein, daß der pilde Sturm der Pariser Bresse einer ihrer Arbeiten zuträchlicheren Ruhe gewichen ist. Aber wenn damit auch ein von außen in die Konferenz hineingetragenes Hindernis be seitigt wurden, so ist doch ein Anzeichen dafür vorhanden,
Bostichedkonto: Berlin 87536- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65 Dislonto- Gesellschaft. Depofitentasse Lindenstr. 3
Der verurteilte Reichsanwalt.
Ein Sieg von Wahrheit und Recht.
Manchmal gibt es Prozesse, die einen wieder an
beufiche 3u ft 13 glauben laffen. Der Brozeß, der geſtern in is Moabit zu Ende ging, war von dieser Art. Das Gericht hat ste in eine fleine Geldstrafe zu verhängen, die ihm nicht sehr wehe, dem Reichsanwalt Jorns aber wohlgetan hätte. Es hat sich nicht von Gesichtspunkten einer mattherzigen Opportu nität leiten laffen, nicht eine höchst zweifelhaft gewordene Autorität zu schützen versucht, es hat ganz einfach Recht werden lassen. Und so ist der Redakteur Bornstein von Rechts wegen freigesprochen worden, und der Reichsanwalt Jorns hat den Gerichtssaal als Verurteilter verlaffen. Gelegenheit geben, einen unverzeihlichen Fehler zu forri Dieses gerechte Urteil wird dem Reichsjustizministerium
Es ist auch taum wahrscheinlich, daß fie in den nächsten daß die Hindernisse in der Konferenz selbst überbrüdt merben gieren. Herr Jorns fann selbstverständlich nicht mehr Reichs
Tagen von greifbarem Erfolg gefrönt jein werden, zumal durch eine neue heute abend angetretene
wiederum eine Berhandlungspause eintritt. Dann aber scheint man sich in allen Lagern zu der refignierten Erkenntnis durchge rungen zu haben, daß die Sachverständigenkonferenz angesichts des Unvermögens einer direkten Verständigung alle Anstrengungen dar auf richten muß, durch ihren Schlußbericht die den beteiligten Regierungen zufallende Endlösung des Reparationsproblems zu
erleichtern.
Bie man angesichts dieser Sachlage in der Pariser Bresse bazu tommen tann, schon wieder
die tollsten Kombinationen
in die Welt zu fezen, ist unbegreiflich. Die gleiche Preffe, die vor wenigen Stunden noch die müftesten Angriffe gegen Denischland richtete, will heute die Einigung über die fünftigen Reparationsziffern schon in greifbarer Nähe sehen! So erflärt am Sonnabend der Intransigeant", wenn Deutschland wirklich seine
tönnten.
Alles dreht sich um die Transfertlaufel. Candon, 27. April. Daily Herald berichtet aus Paris , trog des äußersten Beffimismus, der sowohl in französischen als auch in deutschen Streisen herrsche, sei noch nicht alle hoffnung auf eine Regelung verloren.
Die Transferklausel sei das Haupthindernis. Benn die Deutschen 82,5 Millionen Pfund jährlich für 37 Jahre angeboten hätten, und zwar frei von jeber Transfertlaufel, so wäre ein Webereinkommen möglich gewesen. Jegt werde aber jedes Kompromiß unmöglich gemacht durch die deutsche Beigerung, außer unter für die Regierungen Frankreichs und Englands unannehn baren Bebingungen, irgendeinen Zeil des Schuges auf augeben, den die deutschen Finanzen jegt unter der Transfer flaujel des Damesplans genießen.
Auch die„ Times" melden aus Paris , daß die Hoffnung auf eine nugbringende Erörterung über die gegenseitigen Borschläge noch nicht aufgegeben worden sei.
Laßt euch nicht mißbrauchen!
Mahnruf des Berliner Polizeipräsidenten.
Polizeipräsident 3örgiebel richtet den nachfolgenden Mahnruf an die Bevölkerung Berlins :
So foll nach dem Willen der Kommuniffen am 1. Mai in den Straßen Berlins Blut fließen! Das aber darf nicht sein! Und deshalb meise ich noch einmal mit allem Nachdruck darauf
anwalt sein. Daß er es werden fonnte, hat Bedeutung über den Einzelfall hinaus, denn es zeigt die verhängnisvoll falsche Personalpolitik, die das Reich, die Republit, nicht nur hier getrieben hat. Hier hat sich der Fall ereignet, daß ein Mann, dem man ungestraft Boreina genommenheit zugunsten nationaler" Mörder nachsagen darf, zum höchsten Anklägeramt in der Republik berufen würde. Es fragt sich, wie viele feinesgleichen denen man das gleiche nicht nachsagen darf, weil der Wahrheitsbeweis schwerer zu erbringen wäre noch in Amt und Würden sind. Schwächliche Duldsamkeit ist die schwerste Sünde der Deuts fchen Republit.
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In diefem Prozeß ist nichts vertuscht und nichts beschönigt worden. Und so ist in ihm nicht nur die Autorität eines Reichsanwalts, fondern auch die tommunistische Lüge zusammengebrochen, die hartnädig die Regierung der Bolts beauftragten mit den Schandtaten der Gefangenenmörder aus fammengebrochen ist die verbrecherische Lüge von dem Preis, dem Eden Hotel in Berbindung zu bringen versuchte. Zu den Scheidemann für die Ermordung Rosa Lurem burgs und Karl Liebfrechts ausgefeht haben soll Nach gewiesen ist, daß sowohl der damalige Reichsjustizminister Landsberg wie der preußische Justizminister eine die Verfolgung und Bestrafung der Mörder gewollt haben. Daß sie die dichte Hede der militärischen Solidarität, die sich um die Mörder gebildet hatte, nicht. durchbrechen konnten, lag an der Schwäche der Erekutive in der damaligen Zeit der allgemeinen Auflösung. Daß sich damals aber eine feste Autorität nicht bilden fonnte, daran tragen nicht zum gee ringsten diejenigen schuld, die heute über das damals Vera fäumte nicht genug tlagen tönnen.
Das Kaiserreich war zusammengebrochen, die Macht lag in den Händen der Arbeiter- und Soldatenräte. Alle Macht jeden Tag Da wurde es auf einmal anders, und als die Räte beschloffen Mehrheit sozialdemokratisch dachten und handelten. hatten, die Wahlen zur Nationalversammlung auszuschreiben, beschloß der Spartatusbund, sich gegen diese Entscheidung zu erheben und eine freie Bolkswahl mit Waffengewalt zu verhindern.
Seit 40 Jahren feiert die Arbeiterschaft der ganzen Welt ben hin, daß für Berlin ein Berbot von Demonstrationen und Umzügen bis sich herausstellte, daß die Räte in ihrer erdrückenden 1. Mai als Himmel, die Berliner Arbeiterschaft, diesen Feiertag würdig zu begehen. Allerdings besteht für Berlin zurzeit das Verbot von Demonstrationen und Umzügen unter freiem Himmel, und die Gewerf schaften haben daher beschlossen, ihre Maifeier durch Bersamnihingen in geldloffenen Räumen abzuhalten.
schuld der Kommunisten, besteht. Wer trotzdem am 1 Mai die Straßen zum Tummelplatz seiner politischen Leidenschaften zu machen versucht, muß sich darüber klar sein, daß er damit für sich und andere eine schwere Gefahr heraufbeschwört. Denn ich bin entschloffen, die Staatsautorität in Berlin mit dillen mir zur BerKein Mensch denkt daran. der Arbeiterschaft am 1. Mai zufügung stehenden Mitteln durchzusehen. nerwehren, für ihre Ideale und ihre Forderungen einzutreten, und
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ich bin gemiß der letzte, der das durch die Berfassung gewähr. leistete Recht der Demonstrations und Bersammlungsfreiheit wißachtet. Aber Sinn darf nicht Unsinn und Recht nicht Unrecht werden, und es ist unerträglich, daß ertreme Organisationen die durch die Verfassung verbriefte Demonstrationsfreiheit dazu mißbrauchen, durch Ausschreitungen und Herbeiführung blutiger zusammenstöße die friedliche Bevölkerung zu terrorisieren. So war ich leider durch zahlreiche blutige Busammenstoße, die fagar Menschenleben gefordert haben. gezwungen, das Demon strationsverbot zu erlaffen. Dieses Verbot gilt für alle Parteien und Organisationen und es geht selbstverständlich nicht an, am 1. Mai gerade den Anhängern folcher Parteien die Straße freizugeben, die durch ihr Verhalten mich zu dem Berbot gezwungen haben.
Troß dieses Berbots fordert die Kommunistische Bartet ihre Anhänger auf, fich am 1. Mai an das Demonstrationsverbot nicht 31 fehren und die Straßen zu erfämpfen. Sie tut das nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Befehl der Kommunistischen Jufernationale. In den Mostau herausgegebenen Richtlinien zur 1.- Mai- Kampagne" wird ausdrücklich gesagt: boten werden, muß die Bartei alles baran legen, eine Demon
stration tro Berbots zustandezubringen."
Für die Borbereitung und Durchführung diefer Straßen. demonstrationen Gegen das Polizeiverbot" hat die Komintern befontere Anleitungen ausgearbeitet.
Das sind die Pläne der Kommunisten zum 1. Mai, für die deutsche Arbeiter mißbraucht werden, die fie fogar mit ihrem Leben bezahlen sollen. Denn ein Aufruf deutscher Kommunisten fagt ausdrücklich:„ An diesem Tage wird es in allen Ländern und besonders in Deutschland zu fchweren 3usammenstoßen fommen, mo bei es eine Anzahl Zoter gibt.
An die friedliebende Bevölkerung Berlins , insbesondere die Frauen und Kinder, richte ich die dringende Bitte, am 1. Mai allen folchen Bersuchen fernzubleiben, sich nicht unnötig auf den Straßen aufzuhalten und die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zu unterstüßen.
3orgiebel, Bolizeipräsident.
Zum 1. Mai.
Arbeiter, Angestellte, Beamte!
Jeder freie Gewerkschaftler beteiligt sich an den Beranstaltungen seiner Gewerkschaft oder Industriegruppe!
Unverantwortliche Stellen, die KPD . und ein jo. genanntes Maitomitee, fordern zu Straßendemonstra tionen auf.
Kein freier Gewerkschaftler nimmt an diesen Demonstrationen teil. Wer nicht dem Ruse seiner Gewerkschaft Folge leistet, sondern sich den Aufzügen der KPD. anschließt, tut dies auf eigene Berantwortung!
Allgemeiner freier Angestelltenbund. Ortskartell Berlin .
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund . Ortsausschuh Berlin .
I
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Die Volksebauftragten hätten Eid und Pflicht vergessen, wenn sie diefem Bestreben freien Lauf gelassen hätten. Selbst
verständlich haben sie gewollt, daß der Verfuch, mit Gewalt die Wahlen zu verhindern, mit Gewalt zurüdgeschlagen werde. Sie haben aber niemals gewollt, daß diefer felbstverständliche Att der Verteidigung durch Bestialitäten, wie die Abschlachtung wehrloser Gefangener, beschmust würde. Sie waren von tieffter Entrüftung über foldje Schandtaten erfüllt, und mehr als manchem anderen hätte eine strenge Bestrafung der Täter ihnen tiefe Befriedigung gewährt.
Höchst zutreffend bemerkt die Begründung des Urteils, daß Jorns zweifellos die Unterstützung der Regierung ge funden hätte; wenn er einen ernsten Bersuch unternommen hätte, den schüßenden Ring um die Mörder zu durchbrechen.
Es war die Tragit der Regierung, daß sie sich bei der Abwehr des Spartatusaufstands auf Elemente stüßen mußte, die sie nicht in der Hand hatte und mit denen fie teine Spur von Gesinnungsgemeinschaft verband. Ihr fehlte eine politisch erzogene Truppe, die den Kampf bewußt zur Verteidigung der Demokratie führte. 3wischen den Hauptquartieren der militärischen Aktion und der Wilhelmstraße bestand ein ständiger Antagonismus, der ja dann auch im Kapp Putschein Jahr später zu offenem Ausbruch fam. Von den Offizieren des Eden- Hotels hat, soviel wir sehen, nur ein einziger fein Damastus ge funden, der Leutrant Liepmann, der schon als Jude in diesem Kreise ein Außenseiter war. Die anderen rumoren im Stahlhelm und in verwandten Organisationen weiter, wenn sie nicht schon gestorben und verdorben sind.
Dem Geist des Edenhotels, der nicht der Geist der Wilhelmstraße war, entsprang eine ganze Reihe von poli