Der Abend
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Spalausgabe des„ Vorwärts"
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Nr. 215
B102 46. Jahrgang.
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Der Kampf der Gläubiger.
Einigung über den Verzicht noch nicht erzielt.
Paris , 10. Mat.( Eigenbericht.)
Der Reichsbankpräsident Dr. Schacht hat dem Konferenzvorsitzenden Owen Young am Donnerstag abend mitgeteilt, daß das angekündigte deutsche Schrift. stück mit den Vorbehalten zum Youngschen Plan noch nicht fertiggestellt sei. In Konferenzkreisen er. wartet man auch nicht, daß es vor Beilegung des Streites unter den Alliierten über die Verteilung der deutschen Zahlungen vorgelegt werden wird. Die Ver. zögerung erklärt sich daraus, daß man die Schwierigkein der Verhandlungen nicht unnük zu erhöhen wünscht.
England wird nicht verzichten.
Auf die Frage, ob sich die Zuständigkeit des Repa rationsjachverständigenausschusses auch auf Abände rungen im Verteilungsschema von Spa erstreckt, und ob die Regierung ihre Vertreter im Ausschuß über ihre Ansichten in dieser Frage unterrichtet habe, erklärte in der heutigen Unterhausigung Churchill :
Der Sachverständigenausschuß, der gegenwärtig in Paris tagt, seht sich aus unabhängigen Vertretern der verschiedenen beteiligten Länder zusammen. Ich habe mich natürlich während der ausgedehnten Verhandlungen in Fühlung mit den britischen Delegationsmitgliedern gehalten, und ich habe einen großen Eindruck von ihrer Auffassungsgabe und ihrem Verständnis für die ganze Lage erhalten. Wir haben jedoch niemals bestimmte Instruktionen an diese Herren geschickt, und wir wollen das auch bei dieser Gelegenheit nicht tun. Dem Sachverständigenausschuß muß es überlassen bleiben, seine Beschlüsse selbst zu fassen. Diese. Beschlüsse- gleichgültig, ob man ihnen zustimmt oder nicht-
binden in keiner Weise die Regierung, die vollständig frei bleibt und ihre eigenen Entschließun gen über die Arbeiten und die Empfehlungen des Sach verständigenausschusses fassen wird. Es ist daher auch klar, daß keine Notwendigkeit besteht, und daß es in gleicher Weise verfrüht und untunlich für die Regierung sein würde, über Einzelheiten sich auszusprechen, wie groß auch immer ihre Bedeutung sein mag. Um jedoch Mißverständnisse im Ausland und Beunruhigungen im Inland zu vermeiden, ist es vielleicht wünschenswert, daß ich erkläre, daß jene Art von Vorschlägen, die gestern in der Presse angedeutet wurden, nach unserer Meinung unannehmbar sind, und daß die Regierung sie sich unter feinen Umständen zu eigen machen wird.( Beifall.)
Als weitere Anfragen über die Vorschläge Owen Youngs gestellt werden, weigerte sich Churchill , über die in einer Kabinettssitung formulierte Regierungserflärung etwas zu sagen. Der Sprecher unterband dann jede weitere Anfrage mit dem Bemerken, der Schatzkanzler werde nicht antworten.
Das Parlament wird heute, Freitag, mit einer Thron rede aufgelöst. Das neue Parlament tritt voraussichtlich am 25. Juni zusammen.
Die steuerfreie Reichsanleihe.
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REICHSANLEIHE
7% ice
PROSPEKT
STEUERFREIHEIT!
Der Kapitalist: Hm sieben Prozent, fein Steuerabzug vom Kapitalsertrag, feine Vermögenssteuer, hm, ganz gut. Nu geben Sie mir noch die Stücke zehn Prozent unter Pari und Sie sollen sehen: ich bin ein Patriot!"
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Flugzeugfatastrophe bei Kaffel.
Die drei Insaffen schwer verstümmelt und getötet.
Bei Altenhagen in der Nähe von Kassel stürzte am Himmelfahrtstage ein Flugzeug der ffchechoslowakischen Luftverkehrsgesellschaft, das auf der Linie RotterdamPrag verkehrt, ab. Die drei Infaffen, der pilot, der Bordmonteur und ein deutscher Passagier, der Kaufmann Fran3 Peters aus Münster i. W., wurden getötet.
Das furchtbare Unglück ist mit größter Wahrscheinlichkeit auf das regnerische und neblige Wetter zurückzuführen. Der Führer, der in eine Regenwolle gekommen ist, hat sich anscheinend nicht mehr orientieren können und das Gleichgewichtsgefühl verloren. Er ist dann in den unter ihm befindlichen Wald hinein. geflogen. Der Schauplaß des Unglüds bietet einen grauenhaften Anblick. In einer Breite von 20 und in einer Länge von über 60 Metern hat sich das Flugzeug eine fünftliche Schneise durch den starken Buchenwald gebahnt. Bei den ersten Bäumen sind die Kronen wie abrafiert, und die wie Stretchhölzer geknickten Baumstämme bezeichnen den weiteren Weg, der schräg abwärts führt in eine Gruppe von vier Buchen, von denen jede etwas mehr als 40 3entimeter im Durchmesser hat. Sogar diese legten vier Bäume sind noch wie mit einer Säge abge schnitten und umgelegt worden, ehe sich an ihnen die Gewalt des Flugzeuges brach. Das Flugzeug lag, inmitten der Baumtrümmer zerborsten, mit zersplitterten Tragflächen, zertrümmertem Motor und völlig eingebrüdtem Führersiz eingeklemmt. In diesem schaurigen Trümmerhaufen lagen die Befagung und der Bassagier, alle drei entseglich verstümmelt, der Bordmonteur Holit faft bis zur Untenntlichkeit.
In den ersten Wochen ihrer Beratungen hatten die Sachverständigen sich gemeinschaftlich darum bemüht, die technischen Voraussetzungen der endgültigen Reparationslösung zu finden. Dann kam die Debatte zur Fortsetzung der Dauer und der Höhe der deutschen Zahlungen auf Grund der Leistungsfähigkeit oder Entbehrungsfähigkeit. An dem Konflikt der Deutschen auf der einen und der anderen Sachver ständigen auf der anderen Seite drohte die Konferenz aufzufliegen. Jetzt ist das dritte Stadium erreicht. Dr. Schacht und der amerikanische Vorsitzende haben sich auf eine Reparationszahlung von etwa zwei Milliarden geeinigt. Das bedeutet eine Herabjegung der deutschen Zahlungen um rund eine halbe Milliarde jährlich gegenüber der deutschen im sogenannten Dawes- Plan festgesetzten Normaljahresleistung. Die deutsch - amerikanische Einigung in Paris mußte mun zwangsläufig zu einem Kampf der Alliierten untereinander darüber führen, wie der Verlust von 500 Millionen jährlich auf die Alliierten verteilt werden soll.
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Amerita hält mit unbeugsamer 3ähigkeit daran fest, daß ( Fortsetzung auf der 2. Seite.)
Der Mordprozeß Dujardin Artmanns Geständnis
Berichte 2. Seite
Ein Kind aus dem Zuge gestürzt.
Borwürfe gegen die Reichsbahn.
Beim Rüdfransport einiger Kinder vom Erholungs. aufenthalt in keppichloß( Sächfifche Schweiz ) ist wieder ein Unglüd paffiert, das Folgerungen für derartige Fahrten überhaupt nach sich ziehen muß. Der kleine fiebenjährige Heinz Schröder aus der Fruchtstraße 67 tam einer Türflinke zu nahe und fiel furz vor Großenhain aus dem fahrenden 3uge. Das Kind wurde mit schweren Kopfverletzungen und einer Gehirnerschütterung ins Großenhainer Krankenhaus gebracht und ist seinen schweren Verlegungen erlegen.
Auf Anfrage wird uns vom Jugendamt Friedrichs hain zu diesem außerordentlich bedauerlichen Unglücksfall mitgeteilt:
Es besteht immer noch die Gepflogenheit bei der Kinderverschickung, auf 25 Kinder nur einen Begleiter für größere Transporte mitzugeben. Nur dem Drängen der Jugendämter ist es zu danken, daß heute oft schon mit diesem Grundsatz gebrochen wird. Ein entsprechender Antrag der Jugendämter ist noch nicht entschieden. Auch in diesem Falle waren von dem zuständigen Jugendamt auf 27 Kinder 2 Begleiter mitgegeben. Leider war die Einteilung so, daß die Helfer nicht ohne weiteres alle Kinder dieses Bezirks selbst beaufsichtigen konnten. Zudem tamen immer noch auf fünf Abteile nur zwei Begleiter. Sie konnten trog der kleinen Verbindungstüren nicht zugleich die Uebersicht über alle Abteile gewinnen. Hinsichtlich der Auswahl der Begleiter wird sehr sorgsam verfahren. Hier war es ein älterer Beamter des Jugendamts Mitte, der bereits mehrere Kindertransporte hinter sich hat und als sehr zuverlässig bekannt war.
Und dann ist ein anderer wichtiger Punkt zu beachten. Immer wieder verlangten die Jugendämter von der Reichsbahn, daß für größere Transporte in diesem Falle handelte es sich um insgesamt 140 Kinder D- 3ug Wagen zur Verfügung gestellt werden möchten. Das stößt dort auf hartnädigen und mit wichtigen Argu