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Kasperle im Landtag. Kommunistisches Spettakelstück. Aus der Tagesordnung der heutigen Landkags- sitzung stehl die dritte Lesung des Haushallplanes. Der- Kunden mit der Besprechung sind die k o m m u n i st i s ch e n Blitztrauensanlräge gegen den Ministerpräsidenten Braun und den Innenminister G r z e s i n s k i wegen der bekannten Maivorgänge, sowie die kommunistischen   Anträge, den Berliner   Polizeipräsidenten Z ö r g i e b e l, polizeiossi- ziere und Beamte zu entlassen, das Vemonstrationsverbot und das verbot derRoten Fahne" sowie das Verbot des Roten Frontkämpserbundes sofort auszuheben. Haus und Tribünen sind stark beseht. Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt Abg. Borck(Dnat.) zur Geschästsordnung, einen deutschnationalen Antrag, den in den Unruhegebieten«ingesetzten Polizeibeamt�n eine Sonder- zu l a g« zu gewähren, mit auf die Tagesordnung zu setzen. Die Kommunisten erheben Widerspruch, dem Verlangen der Deutsch  - nationalen kann nicht entsprochen werden. Leim Erscheinen des Innenministers G r z e s i n s k i auf der Ministerbank entstcht großer Lärm bei den Kommunisten. Es ertönen Ruf«:Arbeiter- mörder, Authund!" Abg. Paul h o f s m a n n- Berlin(Komm.) erhält wegen fortgesetzter Zwischenrufe einen Ordnungsrus. hierauf tritt das Haus in die Tagesordnung ein. Zur Be- gründung der kommunistischen   Uranträge erhält das Wort Äbg Kasper(Komm.): Auf die Hetze der Sozialdemokraten und Gewerkslhaftsführer ist am 1. Mai in den Berliner   Straßen Blut geflossen. Die Polizei hat gehaust wie in Feindesland. Die Argu- mente für die Aufrechterhaltung des Demonstrationsverbotes sind an den Haaren herbeigezogen und haben zu der verlogenen Be- gründung des Verbotes geführt.(Ordnungsrus.) Prestigegründe imd Furcht vor dem Anwachsen der kommunistischen   Bewegung haben die Sozialdemokratie zu diesem Kampf gegen die Kommu- nisten getrieben.(Zwischenruf bei den Sozialdemokraten: Siehe W a h l r e s u l t a t in S a ch s e n!), der auf der Linie des inter  - nationalen Vorstoßes der Reaktion gegen den Kommunismus liegt. Die Sozialdemokraten können ihre Mitverantwortung an den blutigen Maivorgängen nicht leugnen. Herr Zörgiebel ist der rechte Mann, die Berliner   Arbeiter niederzuhalten. Die Lügenmeldungen der sozialistischen   Presse übertreffen die Greuelnachrichten der Kriegspropaganda. Die Berliner   Polizei hat Blutschuld durch die Tötung Unbeteiligter auf sich geladen. Der- Redner führt eine Reihe von Beispielen über angebliche Uebergriffe der Berliner  Polizei an. Er spricht bei Redaktionsschluß weiter. Abg. kassper schließt mit den Worten: Die Kommunisten konnten und dursten sich dem Demonstrationsverbol nicht fügen. Die wahren Schuldigen sitzen im Innenministerium, im Polizei- Präsidium und im sozialdemokratischen Parteivorstand. Die Kommunisten klatschen stürmisch Beifall. Als daraus Prä­sident Bartels dem Innenminister Grzesinski   das Wort erteilt, beginnen die Kommunisten großen Lärm zu machen, rufen im Chor:..Arbeitermörder!".Bluthund" usw. Dabei umringen sie das Rednerpunlt und verhindern Grzesinski   am Sprechen. Präsident Bartels erteilt mehrfach Ordnungsrufe und weist schließlich den Abg. Iendrehki(Komm.) aus dem Saal. Da dieser sich weigert, der Anordnung Folge zu leisten, hob der Prä- sident die Sitzung aus. Räch wiedererössnung der Sitzung fehlt Abg. Iendrehki im Saal, so daß Minister Grzesinski   seine Rede beginnen kann.
Gute Führung Oujardins. Neue Anschult», gungen gegen Frau Laquet. Insterburg  , 13. Mai. Zu Beginn der heutigen Sitzung stellte der Verteidiger Rechtsanwalt Schönseld den Antrag, durch Kriminalbeamte feststellen zu lassen, ob der Bruder der Frau Zaquct, Herr Sauerbaum, wirklich am 14. Mai abends erst seinen Truppenteil in Königsberg   verlassen hat. oder ob er schon srüher nach Klein-Kohlischken gekommen ist. Der Vorsitzende teilte hierzu mit, daß das Gericht schon von sich aus Ermitt- lungen eingeleitet habe, um die Aussagen dieses Zeugen nach- zuprüsen. hierauf verlas der Vorsitzende eine Reihe von Attesten, die die Polizeibehörden in Saarbrücken  , Gerolstein  , Trier  mid Luxemburg   über die Führung Dujardins m den Jahren 1909 bis 1919 abgefaßt haben. Danach heißt es, daß sich der Angeklagte überall gut geführt und nichts Strasbares begangen habe. Die Behörden in Köln  , Frankfurt   a. M. und Düsseldorf  konnten jedoch keine Mitteilungen machen, da Dujavdin dort an- scheinend nicht gemeldet war. Auch über seine Führung nach der Beurlaubung aus dem Zuchthaus stellte ihm die Trierer   Polizei ein sehr gutes Zeugnis aus. Er sei erst bei einem Bäcker gewesen, dann habe er sechs Monate im Städtischen Tiefbauamt gearbeitet. Dort sei er entlassen worden, da er nach dieser Frist von der Stadt Hütte übernommen werden müssen. Zu'etzt ses er Arbeiter in einer Wenhandlung gewesen. Weiter wurde mitgeteilt, daß die Mutter Dujardins das ihr in Trier   gehörige Haus 1919 für 199 909 M. o�rkauft, nach Abzug der Schulden also(54 99, M. gehabt habe. Durch die Inslation habe sie aber alles verloren und empfange jetzt Unterstützung. Rechtsanwalt Schönfeld oerlas seinerseits eine A i-kunst des Kompagniefllhrers Dujardins, in der dem Angeklagten da- Zeugnis eines sehr tapferen Mannes ausgestellt wird, der sich während der Militärzeit tadellos geführt habe. Unter großer Spannung wurde der Zeuge Hausbesitzer Rudolf h? y e r aufgerufen, der Schubart die Mittei'ung über einen an- geblichen Mordversuch gemacht haben soll. Der Zeuge war mit Camiet befreundet und befreundete sich später mit hoelzner nach de"en Heirat mit Frau Jaquet. Vors.: Sie haben nach einem schweren Zerwürfnis die Eheleute hoelzner wieder versöhnt. Wie kam das? Zeuge: hoelzner war mit seiner Frau wieder aus- e'nander und wollt« sich von ihr scheiden lassen, wie ich von einem Herrn Clemens hörte. Darauf bot ich helzner meine Vermittlung an. Vors.: Was war in der Ehe los? Zeuge: Ich hatte ge- hört, daß die beiden sich schlugen, hoelzner war angetrunken nach Hause gekommen und dabei entstand eine Schlägerei, bei der er am Boden lag. Möbe'stücke zertrümmert wurden usw. Vors.: Was war denn der Grund des Streits? Zeuge: Danach habe ich nicht direkt gefragt. Ich glaube, seine Frau hat ihn beleidigt. Vors.: hat vielleicht der hoelzner doch erzähl:. daß ihn seine Frau erdrosseln wollte? Zeuge(nach langer Pause). Möglich ist dies schon. Vors.: Zeuge, haben Sie dem Schubart damals etwas davon er- zählt? Zeuge: Es ist doch möglich, daß der hoelzner mir das er- zählt hat und ich dem Schubart das weitererzählt habe.(Große Be- wegung.) Allerdings möchte ich einfcha'ten, daß hoelzner manch- mal mehr erzählt hat als er verantworten tonnt«.
Oper und l Gly  " in der Gtadiischen Oper. Mittelmäßige Aufführung eine- widerwärtigen, obendrein un- bedeutenden Werks: es ist keine Freude, davon zu berichten. Sly, heruntergekommenes Genie, Schuldenmacher, Kneipen- sänger, Komödiant. Dichter mit zerrissener Seele und zerrissenen Kleidern den Betrunkenen hat nachts, erster Akt, eine Horde adeliger Nichtstuer in einer finsteren Spelunke aufgelesen. Im dritten Akt nimmt er sich das Leben, nichts anderes bleibt thiit übrig. Denn wie hat man es im zweiten, um den herum die sogenannte Tragödie gebaut ist, mit ihm getrieben? Die fröhlichen Menschen hoben ihn in das gräfliche Schloß bringen lassen, er soll ihnen ein bißchen die Zeit vertreiben. Sly erwacht im Bett des Grafen, in den Kleidern des Grafen, umringt von den Dienern des Grasen, als Graf also, der er, so reden sie ihm ein, schon immer gewesen, ein großer Herr, mächtig, unermeßlich reich... Der Arme glaubt und glaubt doch nicht, er ist wie im Traum. Und er ist wie im Himmel, als ihm die Frau seiner Träume als gräfliche Ge- mahlin entgegenschreitet. Man ist so diskret, die Liebenden auch der Körper der edlen Dame spielt mit in der Komödie allein zn lassen, allein im geräumigen Prunksaal. Aber aus ihrer Um- armung schreckt ihn brüllendes Gelächter, von den Logen, die den Saal umrahmen, sind die Vorhänge zurückgerissen, die. feine Ge- sellschaft ist voll von Entzücken über den gelungenen Spaß dieses unbezahlbaren Schauspiels, Bravorufe und Geldmünzen, das ho- norar für den Komödianten, schwirren dem Fassungslosen um den Kopf, zum Schluß wird er schimpflich-schändlich hinausgejagt, hin- unter in den Keller des Schlosses, der Säufer und Tagedieb. Es wird uns zugemutet, dies alles köstlich zu finden. Ich finde es dumm, roh und gemein und lehne ab, den ekligen Unsinn als menschliche Tragödie ernst zu nehmen. Auch durch die herrlichste, hinreißendste Musik wäre diese elenide Opernhandlung nicht erträg- lich zu machen. Ermannv Wolf-Ferraris Musik ist weder hinreißend noch herrlich. Mit wenig Substanz, ohne persönliche Note, die sehr gekonnte, doch alles in allem schwache Arbeit eines außerordentlich geschickten, erfahrenen Theatermusikers, viel mehr ist darüber nicht zu sagen. Die musikalischen Werte der Partitur bringt Robert D e n z l e r mit den Kräften der Städtischen Oper sachgemäß zur Geltung. An den Vorgängen der Bühne ist nichts zu retten und nicht mel zu verderben: auch nicht durch die Regie Hanns Niedecken-Gebhards. An groben Theater- Wirkungen fehlt es nicht, dafür Hot das Handwerk des Librettisten gesorgt. Und unter den Darstellern ist Mafalda Salvatint, deren Beliebtheit und auch deren gesangliche Leistung dazu beiträgt, einen Teil des Publikums' für die schlechte Sache zu gewinnen. Xlauz Pringshcim.
Die schöne Lau". Uraufführung in Schwerin  . Erster Grund, aufzuhorchen: eine Frau hat die Partitur dieser Oper geschrieben. Zweiter und dritter: die Frau, die ist Julia K e r w e y, es ist kein Geheimnis, daß sie die Gattin von Mfred Kerr ist, und dazu Tochter des Staatssekretärs Weismann. Also sie hat es dreifach leichter, als andere Interesse zu wecken und Aus- merkjamkeit zu finden; aber viel schwerer, ernst genommen zu wer- den und sich durchzusetzen. Es ist festzustellen, daß ihre erste Oper Die schöne Lau" sehr ernst genommen werden muß: als Zeugnis einer.gesunden, echten Begabung, einer unbestreitbaren Musikerbegabung für die Bühne, und als Probe erarbeiteten, sicher fundierten Könnens. Ein anderes ist die Frage, ob schon diese erste Oper sich durchsetzen, Ihren Weg über die Bühnen machen wird. Die Uraufführung, vor einem vorurteilslosen Publikum in einer fremden Sladt, war ein Erfolg. Kein Zweifel, hier ist ein Anfang. Doch eben, erst ein Anfang. Man hatDie schöne Lau" schon als Sendespiel der Berliner  Funkstunde kennengelernt. Der Vorgang, man erinnert sich, oben- drein sagt es der Name, führt uns in die Elfen- und Nixenwelt des Märchens: aber bald, wir sind nicht unglücklich, führt er uns in die Menschenwelt, die uns, und wie fich's zeigt auch der Komponistin wesentlich näher ist. Bei den Menschen soll die schöne Lau lachen
Kranz Mehner.. An der äußersten Grenze von Zehlendorf   steht das Metzner- Museum, in den Räumen des ehemalige» Ateliers. Es fanden am Sonntagnachmittag dort und außerdem noch an Metzners Grabe Gedächtnisfeiern statt, mit musikalischen Genüssen verschie- denster Art und zahlreichen Ansprachen gutmeinender Enthusiasten, dereit Pfaden man nicht immer zu folgen vermochte. Anlaß dazu hatte der 19. Todestag des Bildhauers gegeben, der aber nebenbei auch schon am 24. März d. I. vorübergegangen war. Es ist ver- ständlich, daß die Sudetendeutschen   Berlins   ihrem Landsmann Metzner war 1878 bei Pilsen   geboren eine besondere Ehrung zuteil werden ließen. Nach zehn Jahren wird man indessen sein in der Zehlendorfer   Villa gesammeltes Oeuvre und alles übrige, was man von seiner Hand am Leipziger   Völkerschlochtdentmal, im Weinhaus Rheingold und in zahllosen Städten Mitteleuropas   an Grab- und Ruhmesmälern gemeißelt findet, ein wahrhaft unge- heures Bildwerk, und in wenig mehr als zwanzig Jahren entftan- den mit«irriger Skepsis betrachten dürfen. Ehre seinem phäno- menalen Fleiß, seiner Erfindungsgabe und seinem nicht geringen plastischen Talent! Was er aber mit diesen hervorgebracht hat, geht uns und die Nachwelt wohl nur noch in Einzelfällen an: vor allem in den mit Ausdrucksenergi« geladenen Bildnisköpfen. Metz- ners plastisches Ideal gehörte ganz und gar der wilhelminischen Epoche an, sein Tod 1919 setzt da einen deutlich symbolischen Sckjluß- strich. Die theatralische Gewaltsamkeit und unmotivierte Pathetik seiner Gestalten stellt ihn/ es muß gesagt werden, an die Seite der Begas, Schmftz und Ihne. Or. Baal R. Schmidt.
Tanze. Nachdem die Argentina uns ein umfassendes und eindrucks- volles Bild vom Wesen des spanischen   Volks- und Kunsttanzes ge- geben hat. ist es für ihre Nachfolger schwer, dieses Bild zu ver- vollständigen oder zu veredeln. Wir kennen die Weise und wir kennen den Text. Sie sagen uns nicht viel, denn die tänzerische En'wicklung geht in Deutschland   auf anderen Pfaden, oerfolgt Ziele, die denen der romanischen Völker sehr fern liegen. Auch was im B a ch- S a a l das spanische Hoftänzerpaar A n d a l u z a und Hidalgo bot, konnte unsere Seelen nicht in Wallung bringen. Unpersönliche Durchschnittsleistungen in einem nationalen Stil, der weniger in temperamentvollem Sich-Ausleben als in stolz auf- trumpfender Krastentfaltung seinen Reiz und seine Stärke sucht. Im B a ch- S a a l tanzte auch die P a l u c c a. Ein Festabend. Ausoerkaustes Haus. Endlose Beifallsstürme. Das Publikum
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9*' Wer*9 9*| w 9W lernen: über die Menschen. Viermal, so ist ihr bestimmt, muh sie lachen, um von dem Fluch erlöst zu werden, der auf ihrer Ehe lastet. Viermal einmal wäre mehr. Sie lacht, muh lachen, weil sie belustigt ist, dann wieder ist sie traurig, weil sie nicht lachen kann: sie lacht, weil sie gekitzelt wird, sie lacht, lacht... sehr drama» tisch, sehr spannend ist das eben nicht. Gerade herausgesagt: das Opernbuch, das Aenne v. Below nach einer Dichtung Eduard Mörikes geschrieben hat, ist herzlich schwach. Keine Steigerung, kein Aufbau, wenig Handlung, viel Detail, hübsche Wendungen dar- unter, auch viel billige Züge. Die Musik hat alle Vorzüge eines ersten Wurss. Als stärksten die Unbekümmertheit einer musikalischen Frische, die unbedingt sympathisch, überzeugend wirkt. Doch als Kehrseite dieser Unbe- kümmertheit noch eine gewisse Oberflächlichkeit, Unstraffhest hie und da, ein Nicht-wissen-wollen von guten und schlechten Erfahrungen, die sich machen lassen. Aber aus der Orchesterbehandlung spricht mehr als nur erworbene Kenntnis, spricht angeborener Sinn für Farbe, für den Instrumentalklang und das Geheimnis seiner viel- sättigen Ausdrucksmöglichkeiten. Vor allem freilich ist das eine Oper für Sänger: mehr noch für Sängerinnen. Und in den Ensemblesätzen, in den Volks- und Massenszenen spürt man den Griff einer musikalisch-dramatisch sicher gestaltenden Hand. Das Schweriner   Staatstheater hat mit beschränkten Mitteln für das neue Werk, dessen Schicksal ihm anvertraut war, viel getan. Mit einer Jvogrün in der Titelrolle könnteDie schöne Lau" vielleicht eine Publikumsoper werden. Klaus Pnngsheim.
Poeta laureahis." In seinem SchauspielPoeta laureatus", das in einer Matinee des Renaissance-Theaters zum Besten der Berliner  Ferienkolonien seine Uraufführung erlebt hat, läßt Ferdinand B Z n n die Zeit auferstehen, in der Shakespeare gelebt hat. Im .Mittelpunkt stehen Shakespeare  , Ben Johnson und König Jakob l. Ein historisches Drama also, zu dem Ferdinand Bonn   eingehende Studien gemacht hat. Die Reden, die er Jakob I.   in den Mund legt, sollen geschichtlich beglaubigt sein. Und drth ist es keine trockene historische Schilderung geworden. Bonn   macht uns Shakespeares Zeit lebendig, die Gestalt Jakobs I. bekommt aktuelles Interesse durch Züge, die an einen Monarchen aus jüngstvergangenen Tagen «rinnern. Wichlich und unberechenbar in seiner Gunst und seinem haß, überzeugt von seinem Gottesgnadentum, von maßloser Eitel- keit, wirft er sich als sachverständigen Richter über alle Fragen der Kunst und Wissenschaft auf, übt unheilvollen Einfluß auf seine Umgebung aus und merkt nicht,«in wie willenloses Spielzeug er in den Händen seiner Günstlinge ist. Er fühlt sich befähigt, Dichtern vom Range eines Shakespeare oder Ben Johnson poetische Rat- schlüge zu geben. Er sorgt dafür, daß nicht einer von ihnen als Posta laureatus, als preisgekrönter Dichter, geehrt wird, sondern sein persönlicher Liebling. Ob sich die Vorgänge so abgespielt haben, wie sie Bonn   sieht, darauf kommt es nicht an. Wir erleben sie jedenfalls, seine Ge- stalten haben Fleisch und Blut. Di« beiden ersten Akte fesseln. Das Publikum merkt: das hat einer mit seinem Herzblut geschrieben. hier und da läßt eine Stelle aushorchen,. unter der der Funken des Genies zu glimmen scheint. Was Bonn   dichtet, ist nicht mehr ganz im Geschmack unserer Tag«. Eine Art von erhabenem, aber vergangenem Hoftheaterstil klingt durch. Am deutlichsten im dritten uns völlig fremden, aufs Sentimental« gestellten Akt. Auch Ferdi- nand Bonns Shakespeare, den er selbst darstellt, erinnert irgendwie an steifes Hoftheater. Bonn   charakterisiert gut. Wir freuen uns an seiner Bühnenroutine, können uns aber nicht mit seinem hang fürs Getragene befreunden. Kein Regisseur hat die Inszenierung geleitet. Die Darsteller spielen frei und frisch, wie das herz es ihnen eingibt. Durch Fritz Kampers   erfährt die Vorstellung die stärkste Stütze. Sein Ben Johnson strotzt von kräftigem Humor, von saftigstem Leben. Egon v. Lamas König Jakob hastet im Gedächtnis. Die hastig hervorgestoßenen Sätze, das sprunghafte und unstet« Wesen, der plötzlich ausschießende böse Blick geben der Figur etwas beängstigend Krankhaftes. Das Publikum spendet reichlichen Beifall. Dgr.
widerstandslos hingegeben dem Zauber dieser einzigartigen Kunst. Worin liegt die beispiellose Wirkung der Palucca? Ihr vollkomme- nes technisches Können, die leuchtende Klarheit im Bau ihrer Tänze, die absolute Sicherheit der Vorführungen erklären die Wirkung nicht. Es ist etwas anderes, was das Publikum vom ersten Augen- blick in seinen Bann zieht und es festhält bis zum letzten Schwung und Sprung. Es ist die Persönlichkeit der Palucca. Dieser ver- körperte Geist des Tanzes. Deren Leben Tanz und deren natürliche Lebensäußerung rhythmische Bewegung ist. Man fühlt und ist im Innersten durchdrungen von der Gewißheit: dieses sellsam« Wesen steht unter einem Zwange. Wir. das Publikum, sind ihm schnuppe. Es tanzt, weil es tanzen muß. Eine Art Besessenheit nötigt es, alle Lebensregungen in Tanz ausströmen zu lassen. Sein ganzes Wesen als Tanz zu formen. Und dieses Wesen ist von so sonnen- klarer Natürlichkeit, daß in seiner tänzerischen Gestaltung selbst komplizierteste seelische Vorgänge als etwas Selbstverständliches erscheinen. Ist von so bezwingender Liebenswürdigkeit, daß wir seinen Aeußerungen still, freudig oder laut jubelnd uns hingeben müssen. J. S.
(Sin Kesizug zu Grammophonmusik. Bei dem von Rudolf von Laban   inszenierten Fesizug der Wiener Festwochen soll erstmalig der Versuch gemacht werden, mechanische Musik in den Dienst eines großen, festlichen Aufzuges zu stellen. Laban   wird den gesamten etwa 4 Kilometer langen Zug von mehreren tausend Tänzern rhythmisch begleiten und um- tanzen lassen. Die Musik für diese Festtänze, die aus zum Teil eigens dafür komponierten Stücken von Julius Sittner, Max Brand  (Marsch aus der OperMaschinist Hopkins"). Ernst Krenek  und Egon Welleß besteht, wurde auf Grammophonplatten auf- genommen. Um diese Musik während des Festzuges auf der ganzen Fsstzugsstrecke gleichzeitig ertönen zu lassen, wird eine große Lautsprecheranlage installiert, die Musik von den Schallplatten im Studio dts Rundfunks gespielt und auf die Großlautsprecher im Festzug übertragen. In ähnlicher Weise wird Laban auch in Mannheim   anläßlich der 1S9-Iohr-Feier des Nationaltheaters im dortigen Stadion ein Bewegungschorwerk ausschließlich von mecha- nischer Musik begleiten lassen._
Der Sprech  - unb vewexungschor der Volkbühne E. V. unter Leiiung non Karl Vogt   und Berte Trümph veranstaltet am IS., 20 Uhr, im Theater am Bülowplah eine Voisilhrung. Zur Darstellung gelangt u. a. ein neues Chorwerk von Lobo irrankKreuz, ug der Maschine'. Emlahkarten sür Mitglieder der Volksbühne 1,80 M., für Nichlmitglicde Kasjenpreije.