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BERLIN  Sonnabend 18. Mai

1929

Der Abend

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Nr. 229

B 114 46. Jahrgang.

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Zeppelins Unglücksfahrt.

Rettung aus schwerer Gefahr.- Eindrücke der Passagiere.

Der Reichsverkehrsminister Stegerwald richtete an den französischen   Minister für Luftfahrt, Cau­tant, folgendes Telegramm:

Von den umsichtigen und energischen Maßnahmen, welche die französische   Regierung zur Hilfeleistung für das Luftschiff Graf Zeppelin  , auf dessen Ersuchen in Frankreich   in weitestem Umfang getroffen hat, habe ich mit großer Genugtuung Kenntnis genommen. Die glückliche Durchführung der Landung in Toulon   ist diesen erfolg­reichen Bemühungen zuzuschreiben. Nehmen Sie, Herr Minister, meinen aufrichtigen Dank für Ihre so großzügige und tatkräftige Hilfeleistung entgegen."

Hoesch bei Berthelot.

Der deutsche Botschafter in Paris  , v. Hoesch, hat heute vor mittag in Abwesenheit des Außenministers Briand   zunächst dem Generalsekretär des Außenministeriums, Philippe Berthelot  , und hierauf dem Luftfahrtminister Laurent Eynac   den Dank der deutschen   Regierung für die tatkräftige Hilfeleistung bei der Landung des Beppelin" in Cuers- Pierrefeu ausgesprochen. Der Luftfahrtminister teilte mit, daß er Instruktion gegeben habe, bamit jede mögliche Hilfeleistung für die notwendigen Ausbesserungen, wenn sie an Ort und Stelle vorgenommen werden follten, gegeben werde.

Die letzten Stunden im Schiff.

Nach einem Telegramm des Zeppelin- Paffagiers von kryha an ,, Associated Preß  " haben sich in den fritischen Stunden der Fahrt die ersten Anzeichen einer Störung in der Maschinen­anlage ungefähr nach dem Verlassen der französischen  Küste gezeigt. In der Nähe von Balencia erwies es sich, daß die Hoffnung, den Schaden mit Bordmitteln beheben zu können, nicht in Erfüllung gehen würde, und Dr. Edener sah sich veranlaßt, die Passagiere zu befragen, ob fie für einen Versuch, die Fahrt fortzusetzen oder für die Rückkehr stimmten. Die Mehrzahl entschied sich für die Rückkehr. Dr. Eckener   bezeichnete als einzigen Ausweg, die langfame Rüdfehr rhoneaufwärts. Bei diefer Fahrt, während der nur noch ein Motor in Betrieb war, sah fich die Fahrtleitung schließlich gezwungen, das Luftschiff treiben zu lassen, bis man eine ftillere Luftzone erreicht hatte. Dies erfolgte, nachdem Marignane   passiert war. Die Paffagiere legten teine übermäßige Besorgnis an den Tag. Die Stimmung an Bord war durchaus gut, zumal da man in die Führung Dr. Edeners volles Vertrauen fetzte. Die warmen Mahlzeiten muß­ten allerdings infolge der Lahmlegung der Maschinenanlage unter­bleiben. Angesichts des starken Windes und der Tatsache, daß nur noch ein Motor dienstfähig geblieben war, stellte es fich schließlich heraus, daß auch die geplante direkte Rückfahrt nach Friedrichshafen  fich nicht als durchführbar erweisen würde. Trohdem herrschte unter den Passagieren fein Zweifel daran, daß Dr. Edener auch bei einer improvisierten Landung den Zeppelin sicher auf den Boden/ bringen

würde.

Nach der Landung machten die meisten Passagiere von den

das Niedergehen des Luftschiffes und sein Einbringen in die Halle zu sichern. Der Unterpräfett von Toulon Mativa begab sich im Auftrage des Innenministers nach Cuers. Um 20 Uhr überflog Graf Zeppelin  " den lettgenannten Ort und wurde nach mehreren Manövern, die von dem Kommandanten des Flughafens, Korvetten­tapitäns Hamon geleitet wurden, in die Halle gebracht. Die Lan Dung ging bei prachtvollem ruhigen Better nicht nur ohne 3wischenfalt, sondern auch mit außerordent licher Schnelligkeit vonstatten. Sobald die Präfektur von Toulon   die Funksprüche des Graf Zeppelin" erhalten hatte, wurden alle Maßnahmen ergriffen, um das Luftschiff nach Cuers zu leiten. Drei Wafferflugzeuge flogen dem Zeppelin entgegen, um ihm die legte Flugstrecke zu erleichtern. Die Flotten- und Militärbehörden hatten auf Laftkraftwagen 60 französische   Soldaten und 128 Senegalschüßen nach dem Landungsplatz befördert. Der Kommandant des 3. Alpen- 3nfanterieregiments entsandte von Hyerers 300 Mann. Die Flottenflugbasis von Balyvestre sandte auf vier Kraftwagen   Marine zur Hilfe. Leistung. Der Marinepräfekt traf im Laufe des Abends in Cuers ein, um dem Landungsmanöver beizuwohnen. Einwohner halfen bei der Landung mit. Das Luftschiff ging dann, den Flug­plak umfreifend, langsam nieder. Da ruhiges Better herrschte, tonnten die Landungsmannschaften die Falleinen sofort faffen und das Luftschiff vertauen.

Die Ursache des Unglücks.

Die Kurbelwellenbrüche- ein technisches Rätsel?

Die Kurbelwellenbrüche gleichzeitig bei zwei Motoren werden in Friedrichshafen   von Fachkreisen als tech­nisches Rätsel bezeichnet. Es müßten vollkommen unbekannte Einwirkungen vorgelegen haben; denn weder von einer über­mäßigen Beanspruchung auf der Fahrt, noch von einem konstruktionsfehler könne hier die Rede sein. Es müßten bei den jetzt aufgetretenen Störungen Vorgänge mitgewirkt haben, die für den Fachmann vorläufig ganz unerklärlich sind. Der Vertreter von Havas in Toulon   forschte nach den

Dujardin freigesprochen.

Ein Todesurteil forrigiert.

Um 2 Uhr erschien das Schwurgericht wieder im Saal, und Landgerichtsdirektor Sary verkündete folgen­

des Urteil:

Das Urteil vom 1. Januar 1919 wird aufgehoben. der Angeklagte wird freigesprochen und die Kosten des Verfahrens werden, soweit sie Dujardin betreffen, der Staatskasse auferlegt.

der außerordentlich errüdet zu sein schien, habe nur aus­weichend geantwortet, dagegen habe ihm einer der Mechaniker erklärt: Als der erste Motor über Spanien   aussetzte, ließ man die übrigen vier schneller laufen. Bald jedoch stellten sich Zeichen der Ueberbeanspruchung ein. In diesem Augen­blid wurde beschlossen, umzukehren. Nur ein einziger Motor ist intakt geblieben. Am Nachmittag bei der Fahrt rhoneaufwärts tamen wir in einen sehr starken Wind hinein, der uns abirieb, bis wir nach Passieren von Marignane   eine stillere Luftzone erreichten. Ich muß aber betonen, daß wir niemals in ernster Gefahr waren.

Ursachen des Abbruchs der Amerikafahrt. Er berichtet: Dr. Edener,

Reparaturzeit etwa 8 Tage.

Bier neue Motore auf dem Transport nach Toulon  . Friedrichshafen  , 18. mai.

Noch im Laufe des Freitag abend haben die Maybach­Berte vier neue Motore der Type V. L. 2 zum Bersand nach Toulon   fertig gemacht.

Zuerst beabsichtigte man. diesen Hilfstransport für den Zeppelin mittels Schnellastwagen nach dem französischen   Flughafen in Marsch zu setzen. Von diesem Plan ist man aber wieder abge= kommen, weil ein Kraftwagentransport auf eine so lange Strecke doch ein gewiffes Rifito bedeutete. Die Motoren werden heute auf Eisenbahnwagen verladen und heute nachmittag in Lindau  an den diretten Schnellzug nach Lyon   angehängt, wo fie am morgigen Sonntagmittag ankommen und sofort nach Toulon  meiterbefördert werden, so daß sie noch morgen nacht an Ort und Stelle sein dürften. Mit diesem Transport reisen Direktor Dr. Dürr von der Luftschiffwerft, wahrscheinlich ein leitender Mann von den Maybach- Werfen, sowie technisches Hilfsverfonal. An Bord des Luftschiffes befinden sich bekanntlich 18 Monteure, die auch mit dem Auswechseln der Motorę vertraut sind und die not­wendigen Arbeiten in der Luftschiffhalle von Cuers bei Toulon vor­wendigen Arbeiten in der Luftschiffhalle von Cuers bei Toulon vor­

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nehmen können.

Freitag nachmittag, als der Zeppelin noch vor Marseille   freuzte, begab sich Legationsrat Dr. Clodius von der deutschen Botschaft in Paris   in einer Lufthansa- Maschine zunächst nach Marseille   und von dort mit der Bahn weiter nach Toulon  , um die Interessen des ,, Graf Zeppelin" gegenüber den französischen   Behörden wahrzunehmen. Das Flugzeug wurde von Flugkapitän Albrecht gesteuert, der durch seine beiden vorjährigen Sibirienflüge bekannt geworden ist und mit seinem gestrigen Fluge über Südfrankreich  eine besonders anerkennenswerte Leiſtung vollbracht hat. Albrecht war, mit der planmäßigen Lufthansa- Maschine von Berlin   kommend, um 18.10 Uhr in Paris   gelandet, flog dann trotz Anbruch der Dunkelheit mit Legationsrat Dr. Clodius und dem Sohn des Luft­hanjadirektors Wronsry sofort weiter nach Marseille   auf einer ihm gänzlich unbekannten und für den Nachtflugverkehr nicht vor­bereiteten Strecke, um dann gegen Mitternacht bereits in Marseille  zu landen. Auf diese Weise war es dem Vertreter der deutschen  Botschaft möglich, wenige Stunden nach, der Landung des Luft­stügung der Befagung und der Passagiere aufzunehmen.

Automobilen, die die Flughafenleitung in zuvorkommendſter Weise Bombenanschlag im Versorgungsamt. hiffes in Taufan einzutreffen und ſeine Tätigkeit zur Unter­

zur Verfügung gestellt hatte, Gebrauch, um sich direkt nach Toulon  ins Hotel zu begeben, während Dr. Edener mit den übrigen Mit­gliedern der Fahrtleitung und einem Teil der Mannschaft zunächst noch auf dem Flugplak zurückblieb.

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Das Attentat mißlungen. Der Täter verhaftet. Auf einen Obersekretär im Versorgungs­amt Oldenburg   wurde heute vormittag ein Bom Die Hilfeleistung durch die franzöfifchen Behörden. benattentat versucht. Die Bombe ist jedoch nicht

Paris  , 18. Mai.

Ueber die letzten Fahrtſtunden des Graf Zeppelin" und seine glückliche Bergung auf französischem Boden werden noch folgende Einzelheiten bekannt:

explodiert, weil die Zündschnur vorzeitig er. losch. Als Täter ist der Kriegsbeschädigte Rose ver haftet worden, der auch bereits gestanden hat. Es han delt sich um einen Racheakt.

Die Untersuchung des Sprengförpers hat ergeben, daß die wenn sie explodiert wäre, großes Unheil hätte anrichten können. Sie bestand aus einem Stüd Rohr, das mit Bulver und Stein stücken vollgestopft war. Die daran befestigte 3 und schnur wies eine schadhafte Stelle auf und ist infolgedessen, wie bereits berichtet, glücklicherweise erloschen. Der Täter, ein übelbeleumdeter etwa glücklicherweise erloschen. Der Täter, ein übelbeleumdeter etwa fechzigjähriger Händler Rose, der ohne festen Wohnsiz ist und sich bettelnd und handelnd auf den Märkten in Oldenburg   und Ostfriesland   herumtreibt, hat bei seiner Vernehmung angegeben, er habe lediglich die Absicht gehabt, den Obersekretär Meyer vom Versorgungsamt, den er für die Nichterledigung seiner Anträge ver­antwortlich macht, zu erschreden.

bald die französische   Regierung von den Gefahren Kenntnis erhielt, die dem Zeppelin drohten, wurde von den zuständigen Be-| Bombe, obwohl sie in ziemlich primitiver Art hergestellt war, doch, hörden alles unternommen, um eine Katastrophe zu vermeiden. Der Luftfahrt minister entsandte Weisun­gen in die Provinz, dem Schiff, wo es auch sei, jede Hilfe an­gedeihen zu lassen. Bald nach dem funtentelegraphischen Hilfeangebot des Luftfahrtministeriums und der Mitteilung Dr. Edeners, daß er bei Cuers niederzugehen versuche, änderte sich, wie durch ein Wunder mit einem Schlage die Lage an Bord des Luft Schiffes. Graf Zeppelin  " schien die letzte Flugstrecke nach dem Hafen mühelos zurückzulegen und das Luftschiff erweckte den An­schein, selbst den härtesten Stürmen trogen zu können. Nachdem Dr. Edener gegen 18 Uhr vergeblich versucht hatte, im Flughafen­zentrum von Marignane   niederzugehen, schlug er die Richtung nach ber Marineflughafen- Station Cuers ein, Der Richtungswechsel wurde sofort dem Oberkommandierenden des 5. Flottenbezirks mit geteilt, der Weisungen gab, mit allen nötigen Vorsichtsmaßnahmen

Rose, der Kriegsbeschädigter ist und eine Rente be­zicht, hatte wiederholt beim Versorgungsamt unberechtigte Anträge auf Fürsorge gestellt. Es war ihm bekannt, daß derartige Gesuche von dem Obersekretär Meyer bearbeitet wurden.

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Das Echo in der Weltpresse. Sympathische Würdigung aus Paris  .

Paris  , 18. Mai. Die Kommentare der Morgenblätter zu der Notlandung des Graf Zeppelin  " sind von einer ruhigen Sachlichkeit, die nach den unliebsamen, durch die angeblichen Aeußerungen Dr. Edeners und die Auslassungen der Bresse   vor dem Start des Luftschiffes hervorgerufenen Zwischenfälle doppelt angenehm berührt und anerkannt werden muß. Es verdient festgestellt zu werden, daß von Schadenfreude über den Mißerfolg des Fluges nicht der geringste Niederschlag in der Presse zu finden ist. Mit Freude wird den Erklärungen Dr. Eckeners über das ich neidige Verhalten der Landungsmannschaften in Cuers­Pierrefeu, sowie über die herzliche Aufnahme durch die Franzosen   Raum gegeben. Die französische   Regierung, so schreibt der Erzelsior", habe durch eine elegante Geste auf die An fchuldigung Dr. Edeners geantwortet.

Eckener   hatte Mut und Pech."

London  , 18. Mai. Das Interesse, mit dem die gesamte englische Deffentlichkeit den unglücklichen Flug des Graf Zeppelin  " verfolgt, tommt erneut in ausführlichen Presseberichten zum Ausdrud. Daily Tele= graph" sagt, ein jeder werde das Pech Dr. Edeners bedauern und

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