Mostau, 21. Mai.
Auf dem fünften Rätekongreß der Sowjetunion , der alle zwei Jahre tagt, geschah die Wahl des Präsidiums durch Afklamation, wobei deutlich erkennbar wurde, welche Mitglieder sich der Popularität erfreuen und welche wegen Unstimmigkeiten zwischen dem Parteizentrum und der Rechtsopposition thre Beliebtheit bei den Kongreßmitgliedern verloren haben. Ins Präsidium wurden u a. gewählt: Bucharin , der ohne Applaus, und Tomski , der mit schüchternem Willkomm begrüßt wurde. Beide waren nicht erschienen, auch nicht Woroschilo w. Der Vorfizende schlug unter Zustimmung des Hauses vor, das Referat Boroschilows, dessen Rede gelegentlich der Maiparade bekanntlich von Deutschland beanstandet wurde, von der Tagesordnung zu jtreichen. Als Stalins Name genannt wurde, folgte minuten langer Beifall Stalin zeigte sich seiner Gewohn heit entsprechend nicht. Auffallend freundlich wird Petrowski, der Borsigende des ukrainischen Bollzugsausschusses, empfangen.- Man hat diesmal auf eine Ausschmüdung der vom Präsidium hesetzten Bühne verzichtet; als einziger Regieauswand kann die
Rykow
Besetzung der Profzeniumsigge mit turkmenisch en Delegierten in ihren malerischen Gewändern bezeichnet werden. Als erster Redner nahm, von startem Beifall begrüßt, Rykow das Wort, wodurch alle Gerüchte, die von Rücktrittsgedanken Rytows erzählten ( So sagt die Somjetmeldung; tatsächlich ist Rykow als Ministerpräsident der Sowjetunion abgesägt! Red. d. B.), widerlegt wurden. Die Ueberarbeitung Rytoms, der in diesen Tagen den Vorsiz des Rates der Volkskommissare Großrußlands niedergelegt hat, mar deutlich erkennbar an seinem schlechten Aussehen und Jeiner rhetorischen Müdigkeit. Rytow begann seinen Bericht mit einer Schilderung der Beziehungen der Sowjetunion mit England, attuellstes Thema gilt.
Die Mailänder Oper in Berlin .
Im Programm der Berliner Festspiele bilden die Aufführungen hat sich Toscanini feinen eigenen Aufführungsstil geschaffen, der des italienischen Repertoires der Mailänder Scala unter Leitung eine merkwürdige Mischung von äußerlich fast nüchtern amutender Toscaninis den glanzvollen Höhepunkt der musikalischen Ereignisse Sachlichkeit und der Innenglut südländischer Begeisterung mit dieser Wochen. Ist es doch das erstemal, daß das berühmte Mai- italienischer Natürlichkeit darstellt. Wenn auch das Herz des Opern länder Operntheater in geschlossener Einheit mit Solisten, Chor, direktors Toscanini seinem Lieblingskomponisten Verdi gehört, ſo Orchester, Ballett und dem gesamten Fundus auf einer deutschen bezeugen doch die von ihm herausgebrachten Musteraufführungen Bühne zu Gaste erscheint, und daß Toscanini als Dirigent und der Wagnerschen Musikdramen, daß ihm auch der Stil des BayOperndirektor sich dem deutschen Publikum vorstellt. Das Haus der reuther Meisters geläufig ist. Toscanini war ja von Jugend auf Scala wurde von Piermarini an Stelle der Kirche Santa Maria ein begeisterter Wagnerianer, der sich für Wagners Runstwert schon della Scala in Mailand erbaut und am 3. August 1778 als Opern- zu einer Zeit einsetzte, als solche Stellungnahme in Italien nod) theater eröffnet 1870 ging es aus dem Besitz des Staates in das ein wagemutiges Beginnen bedeutete. Und wenn Wagner heute in Eigentum der Stadt über und wurde seitdem an private Unter- Italien einer der geschäßtesten Tondichter ist, so ist das nicht zum nehmer verpachtet. Mit seinen 3600 Zuschauerplägen und dem wenigsten dem unermüdlichen Bemühen Toscaninis zu danken. flimmernden Mosaik seiner Innenausstattung ist es nicht nur das repräsentativste und nächst dem San- Carlo- Theater in Neapel auch das räumlich größte, sondern neben dem jüngeren ConstanziTheater in Rom auch die für die italienische Operngeschichte michtigste Bühne Italiens . Dort wurden die entscheidenden Kämpfe um Berdi ausgefochten, dort erlebten seine Werke die Reife, Othello " und Falstaff" ihre Uraufführung, dort tam Puccini mit seinem Erstlingswerk zu Worte, gelangte nach seinem Tode seine letzte Oper Turandot " wie der nachgelaffene ,, Nero" Boitis erstmalig zu Gehör. Die Scala ist sich ihrer fünstlerischen Pflicht als führende italienische Oper auch weiter bemußt geblieben.
Mit dem Aufstieg der Scala ist der Name seines artistischen Direktors Arturo Toscanini unlösbar verbunden. Als er 1898 nach zwölfjähriger erfolgreicher Dirigententätigkeit in Turin an die Mailänder Scala fam, war diese ein ausgesprochen italienisches Theater. Sein Verdienst war es, durch eine fünstlerische Umgestaltung des gesamten Apparates diese italienische Bühne auf die Höhe einer Bühne von Weltruf emporgehoben zu haben, deren Musteraufführungen den fühnen Opernreformator so start in den Bordergrund treten ließen, daß New Yort ihn an die MetropolitanOper holte. Seitdem teilte er seine Tätigkeit zwischen Amerika und der Heimat. In Toscanini besikt Italien den ersten Dirigenten von internationaler Wertgeltung. Dieser musikalische Herrscher will nichts weiter sein als ein Diener am Kunstwert, der auch von dem geringsten der am Werke Beteiligten die volle Hingabe fordert. Aber feine Mufiter ordnen sich auch ihrem genialen Führer freudig unter. Dant dieser minutiösen Borbereitung und unermüdlichen Arbeit gibt es an der Scala auch feine abgespielten, verstaubten Alltagsvorstellungen. Es ist in den Proben alles bis ins fleinste ausgefeilt und durch ein Höchstmaß an Atturatesse und instrumentaler Feinheit so vollkommen ausbalanciert, daß sich der Dirigent bei der Aufführung auf die Markierung des Tattes beschränken darf. Diese Sicherheit verbürgt an sich schon das Naturhafte einer Rhythmit, die Toscanini in den Fingerspißen sigt, und die sich mit der Unmittelbarkeit des Suggestiven auf. Orchester und Sänger überträgt. Dabei ist Toscanini durch seine hochgradige Kurzsichtigkeit gezwungen, auf die Hilfe der Partitur zu verzichten und alles auswendig zu dirigieren. Troß dieser ungeheuren Hemmung oder vielleicht gerade wegen der durch sie bedingten intensiven Konzentration
deſſen politisches Berhältnis zur Sowjetunion augenblicklich als Die Sache Makropulos " von Tschapet.
Die neue Regierung.
Mostau, 21. Mai.
Tribüne.
Mehr als drei Jahrhunderte werden ausgegraben, bevor sich das Schicksal der weltberühmten Opernprimadonna Emilia Marty vollendet. Die Sache verhält sich nämlich so: am Ausgang des 16. Jahr hunderts gab Dr. Mafropulos aus Kreta , Leibarzt Kaiser Rudolfs, dem hohen Herrn ein Rezept zur Erlangung des ewigen Lebens. Doch der Kaiser wagte nicht, den Unsterblichkeitstrant zu schlürfen. Aber die Tochter des Arztes trant, sie lebte dann 300 Jahre lang und noch länger, bis auf den heutigen Tag.
Der auf dem Rätekongreß für Innerrußland( RSFSR .) gewählte Allruffische Zentralvollzugsausschuß ist zu seiner ersten Tagung zusammengetreten. Kalinin wurde wieder zum Vorsitzenden des Präsidiums des Allrussischen Zentralvollzugsausschusses gewählt. Außerdem wurde der Rat der Volkskommissare mit Syrtzoff als Vorsitzenden neu aufgestellt. Bis jetzt war Wir müssen glauben, daß sie sich in dieser Zeit immer wieder zur Rytom gleichzeitig Vorsitzender des Rats der Volkskommissare der Jugend verwandelt. Sie war die herrlichste Sängerin aller Epochen, Sowjetunion ( USSR ) und Innerrußlands( RSFSR .). Syrtzoff die großartigste Tänzerin auf Europas Bühnen. Die schönsten und hat früher dem Präsidium des sibirischen Landesvorzugsreichsten Millionäre gehörten ihr, sie gehörte ihnen. Bald ist sie ausschusses angehört.
Internationale der Kriegsopfer.
Paris , 21. Mai. Am Freitag werden die Vertreter der deutschen , briti ichen und der französischen Kriegsverlegtenorganisationen in der Pariser Sorbonne zusammentreten, um über die besten Mittel zu beraten, den Frieden unter den Menschen zu begründen. Den Borsiz werden Henry de Jouvenel und Lord Cecil of Chelwood führen. Aus Deutschland nimmt u. a. Reichstagsabg. Roßmann
an ber Tagung teil, während Frankreich durch den Deputierten Oberst Picot und den französischen Bölferbundsvertreter Cassin vertreten sein wird. Paul Boncour , der Radikalsozialist Pierre Cot und der ehemalige belgische Minister und Abrüstungsfachverständige de Broudère werden über die technische Organisation bes Friedens fprechen.
Jahresfonferenz britischer Kriegsteilnehmer.
Während der Pfingstfeiertage tagte in der Londoner Queenshall die achte Jahreskonferenz der britischen Legion ehemaliger Kriegsteilnehmer, an der der Prinz von Wales als Vertreter des Königs teilnahm. Der Vorfigende wies darauf hin, daß die Zusammenarbeit mit den Kriegsteilnehmerorganisationen im Ausland immer besser werde. Mit den gemäßigteren deutschen Organisationen sei nun die Verbindung hergestellt, die nach seiner Ansicht den weitaus größten Teil der deutschen Kriegsteilnehmer darstellen. Es sei ein wunderbarer Gedanke, daß die Männer, die im Kriege gegeneinander kämpften, sich heute zur Sicherung des Friedens zusammenfänden.
Bon einem Redakteur aus Effen.
Effen, 21. Mai. Wie bie Rhein. - Weftf 3tg meldet, wurbe in Weismes ( Eupen- Malmedy ) ihr Redakteur Dr. Kart Bark verhaftet und ausgewiesen, mit der Begründung, fein Aufenthalt gefährde die Sicherheit des belgischen Staates. Dr. Barz ist den Angaben des Blattes zufolge in Eupen- Malmedy geboren, hat sich rege in der Heimatbewegung betätigt und ein Buch Das Unrecht an Eupen- Malmedy " veröffentlicht. Er stand in enger Be giehung zur Chriftlichen Boltspartei in Eupen- Malmedy.
fühle Schottin, bald hißige Spanierin, bald geheimnisvolle Ruffin, bald pompöse Deutsche . Auf ihrem Triumphwege liegen einige
Toscanini
21. G.
wird von seinen Anhängern am Bahnhof empfangen.
Die Eröffnung der Berliner Festspiele.
„ Die Meistersinger " in der Staatsoper.
Mit einem wohlgelungenen Auftakt sind die Berliner Festspiele am Sonntag in der Staatsoper Unter den Linden eröffnet worden. Wagners Meistersinger, das traditionelle deutsche Festspiel, bewiesen ihre Durchschlagskraft aufs neue. Unsere besten Sänger und Sänge rinnen( der Staatsoper als auch der Städtischen Oper): Friedrich Schorr als Hans Sachs , Maria Müller als Eva, Karl Martin Dehmann als Walther, Leo Schüßendorf als Beckmesser, Ludwig Hofmann als Bogner, gaben unter Kleibers Leitung dem Wert seine ganze unverweltte Frische. Das poll besetzte Haus nahm in Feststimmung die Eröffnungsvorstellung hin und spendete herzlichen Dant, der auch Rüdels Chören und Bantots Bühnenbildern gelten fonnte.
Männerleichen. Wie follte es auch anders sein? Es sind die Opfer Die deutschen Arbeiterfänger in Paris .
ber männermordenden Zauberin.
Und jetzt, genau am Pfingstvorabend 1929, explodiert der Spuf zur Ratastrophe. Ein Kriminaldrama wird gespielt. Emilia allein weiß, wer von ihren Anbetern das Recht hat, ein Majorat von 150 Millionen zu erben. Ob in Golddollars oder in schlechter Baluta, wird allerdings nicht gesagt. Enthüllt wird nur, daß Emilia die sonst gesündesten Baronen und Grafenföhne verrückt macht, um wieder in den Besitz des ominösen Unsterblichkeitsgeschöpfes zu zu kommen.
-
Dem lieben Gott ins Handwert pfuschen im legten Moment ver Endlich wird das Rezept gefunden. Doch keiner will es mehr. geht jedem der noblen und mutigen Herren zu solchem Experiment die Courage. Nur ein kleines Mädel, das unbedeutendste Kreatürchen in der ganzen Gesellschaft, greift nach dem Rezept, doch nur, um es ins Feuer zu werfen. Methusalem ist fein erstrebenswertes Menschenideal mehr. Unverjüngt, aber von den Jahrhunderten aufgebraucht, bleibt Emilio zurück; und sie ist ganz überbrüssig ihres Lebens. Der tschechische Schriftsteller Tschapet war immer ein pfiffiger Mann im Auffinden unterhaltender Dramenstoffe. Diesmal tommt er allerdings etwas zu spät, da ja unser wißiger Zeitgenosse Bern. hard Shaw schon so überlegen über den Methusalem - Stoff geplaudert hat. Dem Geiste Tschapets find auch einige Grenzen gezogen. Was er austüftelt, interessiert nur für eine halbe Stunde, es reicht nicht für einen gedehnten Abend, und wahrscheinlich über. fetzt auch sein ungenannter Dolmetsch die im Original bestimmt viel fostbareren Worte in eine peinliche Kolportagesprache.
Unter der Regie John Gottows wird gedehnt und gedeutelt, mo nur brauchbare Theaterbanalität mit Taft zu verschleiern wäre. Die mysteriöse Dame I müßte von einer Künstlerin gespielt werden, die zugleich die Melancholie des ewigen Juden, Herengenie der seligen Messalina und die Raßenanmut der Josephine Baker befäße. Frau Ronstantin ist nur eine Birtuosin des heiteren Salonstils und verfoot, weil ihr zuviel Gespensterei zugemutet wird.
Gottomt, Werner Kahle Hille, Jordan, Marr und Baul Günther bilden den Chor der überirdischen Circe, ein Sertett von Anbetern und Moralisten, das trotz eifriger Mühe nicht fähig ist, die sehr dünne Beiftesatmosphäre des Stücks zu verdichten.
Die Sache Matropulos" egiftiert auch als Over von Janatfchet. Als Phantasieftüd für einen erfindungsreichen Musiker gäbe Tscha pefs Text ein famoses Libretto. Aber das schmale Bühnenrechted der Tribüne" rückt alle Worte und Wesen und Dinge viel zu nahe an Buschauer und hörer. Die Traumwelt verschwindet. Wider Willen wird nüchtern fritisiert. Das Endurteil lautet: unbeträcht Max Hochdorf. licher Humbug.
Der Bolts chor Freiheit" aus Düsseldorf und die Freie Sängervereinigung aus Rrefelb haben an Pfingstmontag im Pleyelfaal unter der Leitung von Dr. Hans Paulis ein Konzert gegeben, auf dessen Programm das Requiem von Verdi eine Leonoren- Ouverture von Beethoven und der letzte Satz des IX. Symphonie standen. Bierhundert Sänger und Sängerinner unter Mitwirkung hervorragender Solisten und des Pariser Sym phonischen Orchesters bereiteten dem zahlreich erschienenen Publikum in dem die deutsche Kolonie besonders start vertreten war, genußvoll Stunden. Der Höhepunkt war der Vortrag des Requiems vor Berdi. Der Beifall der Hörer war außerordentlich stark. Dit deutsche Botschaft war durch verschiedene Delegierte vertreten.
Das Museum der Berliner Staatstheater.
Was andere Städte, wie etwa Wien , München in dem Klara Ziegler - Museum oder Stuttgart , bereits haben, nämlich ein Museum in dem die bedeutendsten Inszenierungen, Porträts bekannte Künstler und interessante Dekorationsrequisiten ihrer Theater ge zeigt werden, ist jetzt auch in Berlin von den staatlichen Bühner errichtet worden. In der Oberwallstraße 22, dem Hause de Generalintendang der staatlichen Bühnen, wurde heute vor geladenes Gästen das Museum der Staatlichen Theater eröffnet.
Drei fleine Säle in einem der hinteren Gebäude stehen zunächs für diesen Zweck zur Verfügung. Damit ist wenigstens ein Anfan gemacht. Die Sammlung selbst bietet viel Interessantes und Werb volles. Neben Theaterzetteln Berliner Bühnen aus längst ent legener Zeit Modelle zur Geschichte der Deforationen des ehe maligen Opern- und Schauspielhauses.
Ramen längst vergeffener Sänger und Schauspieler, bie ehe mals die Berliner begeisterten, tauchen wieder aus der Versentur auf. In edlen Posen mit mehr oder minder geloɗtem Haar hänges die Helden an den Wänden. Und dann erinnert man sich babe auch an jene ganz Großen, wie Mattowski, Kraus, Riemann ober Beets. Man sieht die Partitur von Wagners Tannhäuſer", die e selbst torrigiert und mit Ranbbemertungen versehen hat. Wilhemini fiert pruntpoll wirkt die Prachtausgabe von Leoncavallos De Roland von Berlin".
Es handelt sich hier vorläufig nur um einen Anfang; aber aud dieser ist erfreulich. Intendant Jeßner und der frühere Oberregisseu ber Oper, Dr. Georg Dröscher, begrüßten bie Gäfte.
t.