Die Lage in Paris . (Fortsetzung von der 1. Seite.) der Mellon-Batdwm-Annmtäten zu fordern, gegen feine Jnter- essen arbeitet? Ist es zu spät, es davon zu überzeugen— denn das ist der wesentliche Punkt— daß unser Friedens- und Ab» rüstungswille aufrichtig ist? Wir für unser Teil sind nicht dieser Ansicht und dadurch, daß wir die französische Kammer zu dieser äußersten Anstrengung veranlassen, sind wir uns bewußt, den Interessen des Friedens zu dienen. Labour Party gegen französische Außenpolitik. Paris , 24. Mai. (Eigenbericht.) Das„Echo de Paris" verösfentlicht eine Unterredung, die der ihm nahestehende reaktionäre Pariser Abgeordnete Reynaud mit dem internationalen Sekretär der englischen Arbeiterpartei, William Gillies, gehabt hat. Dieser erklärte, daß Frank- reich seit 1919 das verwöhnt« Kind Europas sei. Sicher Hab« Frankreich Anrecht. auf Reparationen, aber die englische Arbeiterpartei glaube, daß Deutschland jetzt genug Kezahlt habe. Die deutschen Zahlungen seien systematisch unterbewertet worden. Die zerstörten Gebiet« Frankreichs seien wieder aufgebaut, die Wirtschaft Frankreichs stehe in voller Blüte, was wolle Frank- reich also noch mehr. Es sei sein Fehler, wenn es die deutschen Zahlungen für die Rheinarmee ausgegeben habe. Frankreich wolle nicht abrüsten. Es habe eine direkt hysterische Furcht vor dem cntwassneten Deutschland . Wer mit seiner Weigerung ab- zurüsten, entmutige es die Demokratie Deutschland . Mit seiner Weigerung, das Rheinland zu räumen verstoße es gegen den Locarno -Pakt. Mit Absicht habe England keine Garantie für die deutsch -polnisch« Grenze übernommen, well es diese Grenze m i ß- billige. Wenn die Arbeiterpartei Englands an die Regierung kommen werde, werde sie sich Frankreich gegenüber nicht wie«in Geliebter seiner Geliebten ausführen. Für die Schulden werde England die Ratifizierung des Caillaux- Curchlll- Abkommens und feine Durchführung verlangen. Für die Rheinlandbesetzung werde England, falls sich Frankreich immer noch der Räumung widersetzen sollte, seine Truppen allein zurückziehen. Aber auch dies werde geschehen, ohne daß man vorher einen energischen Druck auf Frankreich ausgeübt hätte. Außenpolitik der Liberalen. London , 24. Mai. Di« unter der Leitung der Führer der Liberalen Partei vor- bereitet«, u. a. von Lloyd George , Lord Beauchamp und Sir Herbert Samuel unterzeichnete, heute veröffentlichte Erklärung über die Außenpolitik der Liberalen Partei beginnt mit den Worten:„Das Hauptziel der liberalen Außenpolitik ist, den Krieg als ein Mittel zur Regelung internationaler Streitigkeiten aus der Welt zu verbannen." Di« neun Hauptforderungen der Liberalen sind: 1. Anwen- dung und Ausgestaltung der bestehenden Verträge zur Der- Hinderung von Kriegen sowie zur friedlichen Regelung internatio- naler Strestigkeiten. 2. Energisches Eintreten in Genf im Sinne der Förderung aller Bestrebungen politischen und allgemein humanen Charakters, die der Völkerbund unterstützt. 3. Eintreten für eine baldig« große und allgemeine Rüstungs- Verminderung. 4. Unterzeichnung der Fakultativ- klausel mit dem notwendigen Borbehalt über Meinungsver- schiedenheiten zwischen den Mitgliedern des Britischen Reiches. S. Annahme und Anwendung des Grundsatzes der friedlichen Re- gelung von internationalen Streitigkeiten jeder Art durch Ver- gleich, Schiedsgerichtsbarkeit oder Verweisung an den bändigen Internationalen Gerichtshof. 6. Floctenparität mit den Vereinigten Staaten , dem Geiste und Buch- stoben nach, und Prüfung der Frage von Veränderungen der Völker- rechtsbestimmungen über die Rechte neutraler und kriegführender Mächte zur See. 7. Entwicklung eines Völterbundsoer- fahre ns zur Beseitigung der Mängel in den Friedens- oerträgen oder in anderen internationalen Verträgen. Das Verfahren wäre fo zu gestalten, daß die Aufwerfung der Mängel- frage nicht den Eindruck der Unfreundlichkeit erweckt: es soll der Revision der beanstandeten Bestimmungen durch Vereinbarung dienen. 8. Wiederherstellung normaler wirtschaftlicher Be- ziehungen mit Rußland zum frühestmöglichen Zeitpunkt auf der Grundlage der Nichteinmischung in die inneren Ange- legenheiten der Beteiligten. 9. Herabsetzung der Zoll- t o r i f e und Beschränkung anderer Behinderungen des internatio- nalen Handels auf das unbedingte Mindestmaß.
Theorie des Klamauks. Kommunistische Betrachtungen zum 1. Mai.
Aufstandbilanz in Mexiko . Die Alutschuld der Reaktionäre. New York . 24. Mai. Nach einer Meldung aus Mexiko teilt der„Universal Grafico" mit, daß während des letzten Aufstandes 4 0 V 0 Personen g e t ö t et und 11 OOS verletzt worden seien. Der Sachschaden betrage BS Millionen Dollar.
Neues Erdbeben in der Türkei . 53 Personen getötet und 55 verletzt. Sonst antinopel, 24. Mai. 3n der Röhe von Sarahissar wurde ein neuer Erdbeben- stoß verspürt, wobei 53 Personen geköle« und 55 per- sonen verlchl wurden. S Häuser wurden vollständig zerstört. Vofylius hingerichtet. Trotz Geständnis und Angabe seiner Komplicen. K o w n o, 24. Mai. Der Präsident der Republik hak das Gnadengesuch des wegen Beteiligung an dem Mordanschlag aus den Ministerpräsidenten woidemara» zum Tode verurteilten Studenten vosylins ab- gelehnt, vosylins wurde heute früh erschossen. Gestern abend meldete Kowno , Bosylins habe seine Schuld gestanden und die Mitverschworenen angegeben, die darauf oerhaftet worden seien. Wenn er trotz diesem großen Dienst für das Henkerregime der Smetona-Woldemaras hingerichtet worden ist, so könnte dies beweisen, daß Vofylius kein Lockspitzel gewesen ist— noch wahrscheinlicher erscheint jedoch, daß man ihm das Geständnis und die Namensnennung der anderen durch Foltern erpreßt hat.(Nun ist fein Mund geschlossen.,.)
Die heute wieder erscheinende„Rote Fahne" widmet einen beträchtlichen Teil ihres Raumes einer langatmigen theoretischen Betrachtung über ,chie Lehren der Berliner Maikämpfe". Die Erstreckung dieser Betrachtungen über viel« Druckspalten auf zwei Druckseiten hat den großen Vorteil, daß man gegen Ende ungefähr das Gegenteil des Anfangs fagen kann, ohne daß allzu viel Leser es gewahr werden. Der Artikel ist genau nach bolschewistischer Doktrin eingeteilt: Analyse der Situation(Einleitung), Geschimpfe auf die Sozial- demokratie(Hauptteil), Prognose auf die zukünftige Weltrevolution (Schluß). Aus der Analyse der Gegenwart erfährt man, daß die Welt- und Trustbourgeoisi« die Schießereien am 1. Mai unbedingt nötig hatte: 1. weil die Kommunistische Partei „zum erstenmal ganz nahe daran war", die Mehrheit der deutschen Arbeiter zu erringen: 2. um die Kreditwürdigkeit Deutschlands bei den Pariser Verhandlungen zu erweisen: 3. als vorbereitend« Kriegs- Handlung— darf natürlich nicht fehlen— des kapitalistischen Europa gegen die Sowjetunion . Es berührt nur merkwürdig, warum die KPD. trotz dieser tiefen Erkenntnis der Weltbourgeoisie den Gefallen getan h a t, es zu den Maikämpfen kommen zu lassen, die für die Existenz der Wellbourgeoisie angeblich so lebensnotwendig waren. Wäre die Kommunistische Partei am 1. Mai der Gewerkschaftsparole gefolgt, so wäre doch ganz offensichtlich die Weltbourgeoisi« um das für sie lebensnotwendige Massaker gekommen und wäre— wenigstens nach der Analyse der„Roten Fahne"— hilflos zusammengekracht! Allerdings, die„Rote Fahne" gesteht selbst zu, es nicht leicht gehabt zu haben:„Unsere Partei hat auf dem schmalen Wege zwischen zwei Abgründen haarscharf die richtige bolschewistische Taktik herausgearbeitet." Worin bestand die haarscharf richtig« bolschewistische Taktik? Immer der Dar- stellung der„Roten Fahne" folgend darin, daß man am I. Mai die Proletarier gegen die Zlintenläufe der Schupo hetzte, um dann nach erfolgtem Zusammenstoß am 2. Mai ein Flugblatt herauszubringen des Inhalts, daß die Stunde des bewaffneten Ausstandes noch nicht geschlagen habe. Wer's nicht glauben will, höre die„Rote Fahne" selber: Das Proletariat schritt in den Maitagen gegen den Polizei- terror, zum Wider st and und zum Gegenangriff. Das Proletariat hat im Kainpf mit der Staatsgewalt, im offenen Kampf mit der Sozialdemokratie die Berliner Straßen am 1. Mai besetzt, am 2. und 3. Mai behauptet. DI« Massen wehrten
sich gegen die Ueberfälle der Polizei mit d«n Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen. Sie begannen den Barrikadenbau und kämpften mit größter Zähigkeit und Kühnheit.(Vgl.:„Es gab kein« Kämpfe, es gab nur Opfer!" Red.) ... Dagegen einige Zellen später: Die Kommunistische Partei hat klar erkannt, daß gegenwärtig noch keine unmittelbar revolutionäre Situation in Deuffchland vorhanden ist. Sie hat der Arbeiterschaft in ihrem Flugblatt vom 2. Mai offen gesagt, daß die Stunde des bewaffneten Aufftandes, die Stund « der gewaltsamen Abrechnung mit den Mördern noch nicht geschlagen hat. Also: Erst wurden die Barrikaden gebaut, am Tage darauf tat die Kommunistische Partei den Kämpsenden kund, daß die Stunde des Kampfes noch nicht gekommen seil Dieses nennt sich: „haarscharf die richtig« bolschewistische Taktik". Haarscharfer geht's nimmer! Aber freilich, hätte man nicht zuvor die Massen in den Kampf gelockt, so könni« die„Rote Fahne" jetzt nicht jubeln: Die Größe der Berliner Maikämpfe, ihr ttefer historischer Sinn steht unverrückbar fest. Die Massen sind dem Rufe der Kommuni st ischen Partei gefolgt und haben sich die Straßen erkämpft. Die Massen haben die bürgerliche Gesetz- l i ch k e i t zum erstenmal seit sechs Jahren durchbrochen. Der Sinn der Maikämpfe ergibt sich also dahin: die KPD. hat die Massen zur Illegalität aufgerufen, um dann die wenigen, die diesem Rufe folgten und sich opferten, mit einem achsel- zuckenden„noch nicht" nach Hause zu schicken. Schließlich prunkt noch die„Rote Fahne" damit, daß der kommunistischen Parole zum Generalstreik„25 090 Arbeiter in Berlin , mehr als 50 000 im ganzen Reiche" gefolgt seien. Vergleiche oben:„ganz nahe daran, die Mehrheit der deutschen Ar- beiter zu erringen". 50 000 Streikende in ganz Deutschland (nach eigener stark übertriebener Angabe), dos ist allerdings„ganz nahe daran..." Nämlich: ganz nahe am Nichts. Allerdings machen diese Zahlen verständlich, warum die„Rote Fahne" trotz allem vorangegangenen pompösen Geschrei das Fazit der Maikämpfe in die kläglichen Worte zusammenfaßt: Die Maitage deckten den ganzen gewalligen Vorrat an revo- lutionärer Energie des Proletariats und die ganze Mangel- haftigkeitunsererorganifatorischenArbeitauf. Wenigstens in dieser Selbsterkenntnis wollen wir die Kommu- nisten nicht stören. Rur ist es allerdings ein Verbrechen, wenn die„Rote Fahne" trotz klarer Erkenntnis der eigenen Stümperei die Arbeiter am 1. August in neue Kämpfe Hetzen will!
Kamilientragödie in Wilmersdorf . Mit drei Kindern in den Tod gegangen. Im Haufe Schlangenbader Str. 87 i« Wilmersdorf wurde heule mittag eine furchtbare Familieutragödie entdeckt. Aus der Wohnung des Kaufmanns Lötsche, der im zweiten Stockwerk eine Füns-Zimmer-Wohnung inne hat. drang starker Gas- geruch. Mieter des Hauses benachrichtigten, da auf Klopsen niemand öffnete, Polizei und Feuerwehr. Die wohnungslür mußte erbrochen werden. Den eindringenden Beamten bok sich ein erschüttern- der Anblick. In dem völlig mit Gas angefüllten Schlafzimmer lag Frau Lötsche, ihre 15jShrige Tochter Ursula, die lOjährige Ingeborg und der 10jährige wotsgang tot in ihren Betten. Der Mann, der zurzeit aus Reisen ist. wurde telegrophisch von dem schrecklichen Vorfall in Kenntnis geseht, wie aus einem Abschiedsschreiben hervorging, sind wirtschaftliche Sorgen das Motiv zu der Verzweiflungstat._ Ein sechsjähriger Angeklagter. Sine echt angelsächsische Angelegenheit. London , 24. Mai. In» Mittelpunkt des Interesses steht hier der außer- gewöhnliche Fall eines sechsjährigen Knabe«, der von einem Londoner Gericht des Totschlags schuldig befunden und dazu verurteilt worden ist, 15 Jahre in einer Besserungsanstalt zu verbringen. Der Junge war beschuldigt, einen achtjährigen Kameraden beim Streit um den Besitz eines Stück Eisens mit dem Gewehr seines Vaters erschossen zu haben. Während der Gerichtsverhandlung spielte der junge Angeklagte gänzlich unbekümmert mit einigen gleichaltrigen Kameraden in einem der Gerichtssäle. Sechsjährige Kinder ernsthaft In ein Gerichtsverfahren zu ver- stricken ist so mittelalterlich, daß man die Glaubwürdigkeit der Meldung anzweifeln möchte, wenn sie nicht gerade aus England käme, wo die Rechtsprechung ebenso der„Tradition" unterworfen ist. wie das politische und gesellschaftliche Leben überhaupt.
Ein trunksüchtiger Gerichtsvollzieher. Im AUoholrausch unterschlag er Amtsgel der. - Der Gerichtsvollzieher Alfred prell er, der seiuen Dienst nur versehen konnte, wenn er täglich etwa zwei Flaschen Kognak und 40 Glas Vier zu stch nahm. Halle sich heule wegen Unterschlagung und llr- kundenfälschung im A m t vor dem Schöffengericht Verlin-Tempethof zu verantworten. Es handelt sich um einen Schaden von etwa 12000 M. Preller kam als Militäranwärter zum Iustizdienst und wurde später Iustizsekretär und Gerichtsvollzieher beim Amts- gericht Tempelhof . Nach dem Kriege hatte er sich angewöhnt, täglich etwa 1 0 b i s 1 2 K o g n a k s zu sich zu nehmen. Im Laufe der Zett steigerte er seinen Alkoholkonsum auf täglich zwei Flaschen Kognak und 40 Mas Bier. Er geriet schließlich in einen solchen Zustand, daß er jeden Morgen eine halbe Flasche Kognak trinken mußt«, um überhaupt dienstfähig zu sein. Aber keiner seiner Kollegen oder Borgesetzten merkte ihm seinen Zustand an. Wie er bei seiner Vernehmung angab, kam er eines Tages, im Juni 1927, besonders betrunken in die Gneisenoustraß«. Während er dort auf einer Bank einschlief, wurde ihm«in« Brieftasche mit 5000—6000 M. gestohlen. Da er sich vor einer Entdeckung sürchkete, erstaltete er keine Anzeige, sondern versuchte durch Sparsamkeit und geborgle Gelder den Schaden wieder guizumachen. Er hals sich damit, daß er nur innner die Gläubiger mit den von ihm eingezogenen Geldern befriedigte, die ihn am dringendsten mahnten. Wenn
er gar nicht mehr auskam, borgte er sich Geld. Die Revisionen ergaben nur, daß Preller die Gelder etwas unpünktlich ab- führte. Die eigentlichen Unterschlagungen wurden nicht eher be- merkt, als bis der Schaden 12000 M. betrug. Der Angeklagte erklärte, daß er sich selbst gewundert hätte, wie lange seine Ver- fehlungen übersehen wurden. Er hat nun in 31 Fällen Vor- s ch ü s s e für Haft- und Räumungskosten in der Gesamthöhe von 2200 M. eingezogen und unterschlagen. In einigen 40 Fällen hat er Gelder im Gesamtbetrag bon 4400 M. nicht abgeführt. In 25 Fällen half er sich damit, daß er, wenn er Geld für Gläubiger eintrieb, dieses für sich behielt und den Gläubigern mitteilte, daß er kein Geld erhalten und den Schuldner pfänden mußte. Er setzte fingierte Pfändungsprototolle auf. An Stelle der Unterschrift bemerkte er. daß der Gepfändete die Unterschnst verweigert hätte. Die Verhandlung dauert bei Redaktionsschluß fort. Oachstuhlbrand in der Landwehrstraße. Im Dachstuhl des Hauses Landwehr st raße 17/18 ent- stand heute früh, kurz nach 3 Uhr, Feuer, das großen Umfang anzunehnien drohte. Die Feuerwehr erschien auf den Alarm schon noch wenigen Minuten an der Brandstelle und durch«inen um- fassenden Löschangriff tonnte der Brandherd eingedämmt werden. Nach zweistündiger Tätigkeit war die Gefahr beseitigt. Es wird vermutet, daß verbrecherische Hände das Feuer an» gelegt haben. Ein gefährlicher Garagenbrand kam in der ver- gangenen Nacht kurz nach 1 Uhr auf dem Grundstück P r e n z- lauer Allee 96 zum Ausbruch. Die Flammen fanden an Selen, Fetten und Einrichtungsgegenständen reiche Nahrung. Zwei Automobile wurden völlig zerstört. Ein Weitergreifen des Feuers konnte durch starkes Wassergeben rechtzeitig verhindert werden. Mißbrauchte Menschenfreundlichkeit. Frecher Schwindel mit falschen Arbeitsbescheinigungen. Den gewerbsmäßigen Unlerstühungsschwindel betrieb seit geraumer Zeil ein Konsortium von etwa 12 per- sonen. die das Wohlfahrtsamt in Südende heim- suchten. Es handelt sich durchweg um Leute im Alter von 20 bis 30 Iahren. Männer und Frauen, die zum Teil ohne Wohnung und ohne Beschäftigung find. In einer sogenannten„Kaffeeklappe" in Steglitz hatten sie sich zusammengefunden und ihre Erfahrungen ausgetauscht. Es sprach sich herum, daß der Wohlfahrtsvorsteher in Südenlde ein gütiger Mensch sei, der, wenn man ihm sein Leid klagte, wohl eine Unterstützung gebe. Darauf baute die Gesellschaft ihren Plan auf. Sie fälschten Arbeitsbescheinigungen gar nicht existie- render Arbeitgeber und suchten sich dazu Personen aus, die in den angegebenen Straßen tatsächlich wohnen. Weiter beschafften sie sich gegenseitig Bescheinigungen, nach denen sie wegen Arbeits- losigkeit die Miete nicht zahlen könnten und Exmitiie- rung zu erwarten hätten. Mit diesen gefälschten Papieren erhielten sie auf dem Wohlfahrtsamt Unterstützungen von 10 bis 25 M., die die Bande gemeinsam oerjubette. Allmählich erregte die Häufung der Fälle aber doch Verdacht und die Kriminalpolizei wurde benach- richtigt. Nachforschungen in den bezeichneten Wohnungen, die aus den Lüchern leicht zu ermitteln waren, ergaben, daß die Unter. stützungsempfänger niemals dort gewohnt haben und daß die wirklichen Mieter keine Gelder erhatten hallen. Ebenso erwiesen sich die polizeilichen Anmeldungen mitsamt dem Stempel als gefälscht. Nach und nach gelang es. neun Mitglieder der Schwindel- gesellschaft ausfindig zu machen und hinter Schloß und Riegel zu bringen. Die anderen haben sich aus dem Staube gemacht und werden noch gesucht. Die Festgenommenen geben den Schwinde! zu und wurden dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Sie haben Im Laufe der Zeit ganz ansehnlich« Summen erhatten.