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Morgenausgabe

Nr. 239

A 121

46.Jahrgang

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Technit", Blid in bie Bücherwelt und Jugend- Borwärts"

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonnabend

25. maí 1929

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die ein paltige Ronpareillezelle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen das fettge druckte Bort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgebrudte Worte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Mort 15 Pfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt gefchäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

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Endfampf in Paris  .

WTB. meldet: ,, Entscheidende Meinungsverschiedenheit."

Paris  , 24. Mai.  ( WTB.) Ueber den Stand der Reparationsverhandlungen fann folgendes mitgeteilt werden: Die deutschen   Dele gierten haben heute die Besprechung, die der Klärung der Zahlenfrage dienen soll, fortgesetzt. Auf Grund der von den Verfassern der Antwort der Gläubigermächte auf die deutschen   Vorbehalte gegebenen Erläute­rungen handelt es sich um eine zusätzliche Er höhung der Youngschen Zahlen von jährlich 52,8 millionen Mart. Angesichts dieser ent scheidenden Meinungsverschiedenheit in der Zahlenfrage ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß ent­weder darüber getrennte Berichte erstattet werden oder überhaupt eine Verständigung nicht zu erzielen ist. Im übrigen sind in der gestrigen Nach­mittagsbesprechung die Vertreter der Gläubigerdelega. tionen aufgefordert worden, sich zu den bekannten deut­ schen   Vorbehalten zu äußern. Eine Antwort hierüber steht noch aus.

Das unmögliche Rechenkunststücf.

von 1800 Millionen Mark versteht und sie dabei nicht einmal anrechnet.

Die anderen Delegationen, die nur auf Veranlassung der Franzosen   und Belgier dieses Zahlungskunst. stück dem neuen Bericht einzuverleiben sich verstanden, werden hoffentlich zu einer besseren Einsicht zu bewegen sein, selbst wenn auch diesmal die übliche moralische Be­gründung in der Presse nicht fehlt. Sie besteht darin, daß der Young- Plan erst von allen Regierungen und Parlamenten angenommen und ratifiziert sein müßte, bevor die Rheinlande geräumt werden könnten. Von Besatzungskosten aber sei im Young- Plan keine Rede. Daher müßten die Rheinlande auch vor dem Inkrafttreten des Young- Plans geräumt werden. Diese Begründung wäre ernster zu nehmen, wenn die Vorleistungen auf die späteren Abmachungen angerech net würden und für Deutschland   zu ihrer Aufbringung die Möglichkeit einer neuen Anleihe gegeben wäre. Aber der Sinn und das ganze System besteht ja gerade darin, daß sie nicht angerechnet werden.

Snowdens Kritif an Englands Reparationspolitik

London, 24. Mai.

Paris  , 24. Mai.  ( Eigenbericht.) Die Besprechungen zwischen deutschen, amerikanischen and allierten Sachverständigen über die Forderun Snowden, der frühere Schahtanzler im Kabinett Mac­gen des neuen Alliierten Memorandum 3 donald, erklärte heute auf auf einer Wahlversammlung der Sauern an. Dr. Schacht und Dr. Kastl, von deren Arbeiterpartei in Hull   u. a.: Wenn ich zur Teilnahme an einer Rücktritt entgegen den tendenziösen Meldungen internationalen Konferenz über die Regelung der einiger deutschynationaler Blätter keine Rede sein Reparations oder der Kriegsschuldenfrage berufen würde, fanu, bemühen sich, im einzelnen den Alliierten die Unwürde ich nicht die Interessen meines eigenen Boltes zugunsten der billigkeiten eines Systems darzulegen, das unter Bevölkerung anderer Länder preisgeben, die reicher find als wir. einer Revision des Dawes- Planes zunächst die laufende Es geht nicht an, daß eine Regierung zwangsläufig an die Zahlung der Dawes- Annuitäten in der Gesamthöhe Handlungen der Regierung, die sie ablöst, gebunden ist.

Verlängerung des Republitschutzgesetzes Das Reichsfabinett beschließt sie für die Dauer von 3 Jahren Amtlich wird mitgeteilt: Das Reichskabinett beschloß in seiner am Freitag unter dem Vorsitz des Reichstanzlers abgehaltenen Sigung die Verlängerung des Gesezes zum Schuße der Republit auf die Dauer von drei Jahren. Die ent­sprechende Vorlage wird dem Reichsrat sofort zugehen.

Das Berlängerungsgesetz vom Jahre 1927 zum Republik. schußgefeh trägt die Unterschriften der Herren v. Keudell und Hergt. Am 17. Mai 1927 stimmten die Deutschnatio­nalen dem Republikschutzgesetz samt dem Kaiserparagraphen zu, nachdem Graf Westarp   im Reichstag einen schlecht geschriebenen Entschuldigungszettel für die Deutschnationalen  perlesen hatte. 35 Proz. der deutschnationalen Fraktion stimmte nicht mit. Das Berlängerungsgesetz lebt in den Aften fort als Symbol 35prozentiger deutschnationaler Kaisertreue, denaturiert mit 65 Proz. Republitschutz. Heute entrüstet sich die Kreuzzeitung  " wieder über ,, dieses Ausnahmegeseh, das im trassen Gegensatz zu den Bestimmungen der Reichsverfassung steht", und entschuldigt die deutschnationale Reichstagsfraktion von 1927 mit der Ausrede, man habe ihr vorgegaufelt, daß es sich nur um eine Uebergangsmaßnahme handele...

Natürlich, auch die Verlängerung um drei Jahre ist nur eine Uebergangsmaßnahme. Es war auch nur ein Uebergang, daß die Berdammung des Dames- Plans im Jahre 1924 bei den Deutschnationalen noch 50prozentig war, die Kaiser­treue im Jahre 1927 aber nur noch 35prozentig, und daß heute wieder 100prozentige Kaiſertreue markiert werden soll. Um die Arbeitslosenversicherung.

Im Zeichen der Lüge.

Deutschnationaler Feldzug gegen die Reichspolitif.

Die Deutsche Allgemeine Zeitung" hat sich am Donners­tag bemüht, den Rücktritt Böglers als einen völlig unbeein­flußten Schritt hinzustellen. Diese Version ließ sich nicht mehr halten, nachdem die unter Hugenbergs Diftatur stehende Deutschnationale Volkspartei   und ihre Presse den Schritt Böglers zu einer so maßlosen wie infamen Hezze gegen die Reichsregierung benußt.

Die deutschnationale Reichstagsfraktion veröffentlicht die folgende Entschließung, in der sie den Abbruch der Parijer, Verhandlungen fordert und von vornherein die Behauptung aufstellt, daß ein positives Ergebnis nur ein falsches deutsches 3a sein würde.

N

,, Der Rücktritt Böglers hat die Lage bligartig beleuchtet. War das deutsche Memorandum vom 17. April, durch welches die Zahlung von 1650 Millionen auf 37 Jahre unter ganz bestimmten Voraus­sehungen als möglich erklärt wurde, wenn auch die Leistungsfähigkeit Deutschlands   weit überschreitend, so doch noch ein fa chverstän diges Gutachten, so hat man mit dem Plan des Vorsitzenden Owen Young  , mit der deutschen   Zustimmung und mit allen weiteren Verhandlungen den Rahmen einer sachverständigen Begutachtung verlassen und sich unter starkem Druck politischer Stellen auf das Gebiet politischen Aushandelns, für Deutschland   aber auf die schiefe Ebene begeben. Das kann auch die verantwortungslose dema= gogische Hehe nicht verschleiern, die von der Linkspresse wegen des Rücktritt Vöglers gegen ihn und die Schwerindustrie entfact worden ist. Die Frattion fordert Schluß dieser Ber handlungen. Wie sie sich jetzt gestaltet haben, muß ihr Ergeb­nis für Deutschland   ein falsches, 3a" sein anstatt des ehrlichen deutschen Mein", das allein die Möglichkeit bietet, der hereinbrechen. den Ratastrophe Herr zu werden. Die Frattion wird der verhängnis­vollen Entwicklung mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln Widerstand leisten."

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Von den Verhandlungen davonlaufen das ist immer noch die höchste Weisheit deutschnationaler Außenpolitik, die Beste mit nachfolgender Pleite. Die Deutschnationalen wollen also, daß Deutschland   2,5 Milliarden, die volle Dames­Annuität, zahlen soll. Das ist das einzige, was bei ihrem ,, ehrlichen deutschen   Nein" herauskommt.

Die Deutsche Zeitung" und die Kreuz­gleichen Quelle stammen und eine ungeheuerliche Anschuldi­gung gegen die Reichsregierung enthalten. In der Deut­schen Zeitung" heißt es:

liegt zurzeit dem Kabinett zur Beratung vor. Eine Entscheideitung" veröffentlichen Auffäße, die offensichtlich aus der dung ist noch nicht gefallen. Wesentliche gesetzliche Aenderun gen dürfte die Novelle faum bringen, da der Ausschuß zur Prüfung der Lage der Arbeitslosenver: ,, Und dann erzählt man in Paris   eine höchst merkwürdige ficherung zunächst einmal sein Arbeitsprogramm erledigen muß, bevor die Reformfrage aufgerollt werden Geschichte, die wohl alles in den Schatten stellt, was man sich fann. Die Untersuchungen des Ausschusses tönnen aber erst von Berlin   aus bisher leistete, dem Reichsbantpräsidenten, mit dessen dann vor sich gehen, wenn die neue Erhebung der Reichs- Posten Herr Georg Bernhard   liebäugeln soll, Schwierigkeiten zu anstalt über die Arbeitslosenunterstützung fertiggestellt ist. machen. Als nämlich Schacht in Paris   sein 1,65- Milliarden- An­Das Ergebnis dieser Erhebung schafft erst eine Grundlage gebot machte, da habe man- so sagt unser Gewährsmann- auf für die Arbeit des Ausschusses.

Der Fall Jorns. Ermittlungsverfahren eingestellt.- 3orns fällt unter die Amnestie.

Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen den Reichsanwalt Jorns eingestellt, da nach den angestellten Ermittlungen das Vorgehen von Jorns auf politischen Be weg gründen beruhe, und also die Amnestie vom Juli vorigen Jahres Anwendung zu finden habe. Unter diesen Umständen sei ein Eingehen auf die Schuldfrage und auf die Frage der Ver­jährung nicht mehr in Betracht gekommen.

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dunklen Wegen in Paris   die Mitteilung gemacht, daß die Zahlen des Herrn Schacht auch nach der Auffassung der Ber­ liner   Regierung unter der deutschen   Leistungsfähig. teit blieben.

Das Reichskabinett, das sich natürlich in dieser Frage auch sein Bild gemacht habe, sei zu höhern Ziffern gelangt als Schacht!

Dieser ganz infame Borfall bedarf der Aufklärung, dem Kreise der Mitglieder des Reichsfabinetts und zwar schnellster Aufklärung! Denn die Fäden, die danach aus über die Nebenregierung Bernhard- Breitscheid dieses Mal zur U m

gehung Schachts nach Paris   geradenwegs zu Poincaré   und in

den Quai d'Orsay zu laufen scheinen, dürften vieles erklären, was uns

an dem Verhalten der Alliierten unfaßbar erscheint. Solche Wege werden also gegangen, um den Eklat der Stresemann- Hilfer­ding- Politik zum Schaden der Nation immer weiter hinauszu­schleppen?"

Wenn das Vorgehen von Jorns auf politische Mo­tive zurückzuführen ist, so hat er also die Voruntersuchung gegen die Edenhotelmörder nicht aus rechtlichen Gesichts- Weg" die deutsche Botschaft in Paris   jei. Die Kreuzzeitung  " behauptet ferner, daß der, dunkle punkten geführt. In dieser Feststellung liegt seine Berur- Weg" die deutsche Botschaft in Paris   jei. Zu diesen verleumderischen Behauptungen erklärt die teilung. Man darf wohl annehmen, daß Jorns nach dieser Reichsregierung amtlich: Feststellung erledigt ist.

Das Reichslabinett beschloß ferner, den Entwurf eines Gefeßes Schiedsspruch für die Reichsbahn

zur Aenderung des Vereinsgefeges, der den vorigen Reichstag bereits beschäftigt hatte, aber nicht verabschiedet worden war, unverändert wieder einzubringen.

Lohnerhöhungen von 4 refp. 3 Pfennig.

Wie wir kurz vor Redaktionsschluß erfahren, ist es Des weiteren stand der Entwurf eines Gesetzes über Aende. rungen in der Arbeitslosenversicherung auf der heute im Reichsarbeitsministerium zu einem Schieds. Tagesordnung. Beschlüffe wurden nicht gefaßt. Zeitungsmeldungen, fbruch für den Reichsbahnbetrieb gekommen. die von einer Beitragserhöhung sprechen, sind daher unrichtig. Er sieht eine Erhöhung des Lohnes für das Wirt­Ferner wurde die Frage eines Minister versorgungsschaftsgebiet 1 von 4 Pf., für die Wirtschaftsgebiete 2 gefeges eingehend erörtert. Auf der Grundlage dieser Be und 3 3 Pf. für alle über 24 Jahre alten Arbeiter ratungen werden die erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen in Stunde vor. Der Schiedsspruch tritt mit dem 1. April dieses Jahres in Kraft und läuft bis zum 31. März 1931. Für die noch nicht 24 Jahre alten, sowie für die Die vom Reichsarbeitsministerium fertiggestellte No= velle zum Arbeitslosenversicherungsgeseh, weiblichen Arbeiter wird für die Uebertragung der Er die das sogenannte Sofortprogramm verwirklichen soll, höhung der bisher angewandte Schlüssel verwendet.

die Wege geleitet.

Die Deutsche Zeitung" läßt sich von einem Gewährsmann dahin informieren, daß ,, auf dunklen Wegen in Paris   die Mitteilung gemacht sei, daß die Zahlen des Herrn Schacht( Jahresrate von 1650 Millionen Mart  ) auch nach der Auffassung der Berliner   Regie­rung unter der deutschen   Leistungsfähigkeit blieben. Das Reichs­fabinett, das sich natürlich in dieser Frage auch sein Bild gemacht habe, sei zu höheren Biffern gelangt, als Schacht." Die, Deutsche 3eitung" fordert Aufklärung über diesen von ihr als infam be­zeichneten Borfall.

Dazu kann erklärt werden, daß dieser infame Borfall" eine infame Lüge iſt. Beitung", wonach obengenannte mitteilungen durch die deutsche Ebenso unwahr ist die Behauptung der Kreuz­Botschaft in Paris   erfolgt sein sollen.

Bresse   wird niemand mehr glauben, daß der Rücktritt Böglers Nach diesen verlogenen Angriffen der deutschnationalen nicht ein Teil eines innerpolitischen Feldzugsplans ist, daß Herr Hugenberg und die Schwerindustrie nicht den Rücktritt