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Tagung des JGB. in Prag  . Die Tagung der Kant- Gesellschaft.

Bericht des Vorstandes.

F. E.   Prag  , 25. Mai.  ( Eigenbericht.)

Der Vorstand und der Ausschuß des Internationalen Gewerkschaftsbundes   traten hier zu einer gemeinsamen Sigung mit den internationalen Berufssekretären zusammen, die von W. M. Citrine geleitet wird. Nach den Begrüßungs­ansprachen, über die wir bereits berichteten, gab Genosse Sassen bach den

Bericht des Vorstandes des JGB.

Wir haben uns heute weder mit inneren Streitigkeiten zu befassen, haben nicht über schlechte Finanzen zu klagen, noch uns über die Kommunisten zu unterhalten. Die Beziehungen des JGB. zu den englischen Gewerkschaften sind die denkbar besten. Es ist ein Glück, daß der IGB. in seinen Beziehungen zu mosta   u stets eine einheitliche Auffassung vertreten hat. Hoffentlich fommt einmal der Zeitpunkt, wo die russischen Gewerk­schaften ehrlich mit uns zusammenarbeiten, wozu wir stets bereit sind.

Bom 21. bis 24. Mai fand in alle anläßlich ihres| dings verbreitet sind. Die Krisis des modernen Staatsbegriffs ist 25jährigen Bestehens die Jubiläumstagung der Kant- Gesellschaft  , der größten philosophischen Vereinigung der Welt statt. Bei der feier­lichen Festsitzung, die dem Kongreffe voranging, fonnte der Bor­sigende zahlreiche Vertreter der Behörden und des Auslandes be­grüßen. Mit spontanem Beifall begrüßte die Versammlung das Er­scheinen des greisen Hans Baihinger, der im Jahre 1904 die Gesell schaft gründete.

Professor Liebert- Berlin entwarf in seiner Festrede ein Bild von der glänzenden inneren und äußeren Entwicklung der Gesell­schaft. Sie befizt Mitglieder und Ortsgruppen auf der ganzen Erde, es gibt kein Kulturland, zu dem nicht Beziehungen bestehen. Die Kant- Gesellschaft ist keine bureaukratische Organisation, fie dient der freien wissenschaftlichen Forschung und pflegt einen philosophischen Universalismus, wie er vom Wesen echter Philosophie untrennbar ist. Daher ist es die hohe Aufgabe der Kant- Gesellschaft  , durch ihre Arbeit mitzuwirken an der Verbreitung des Geistes der Humanität und Gerechtigkeit auf der schrecklich zerrissenen Erde.

Um 1. Januar 1927 zählte der JGB. in 26 Landeszentralen 12 839 000 Mitglieder, am 1. Januar 1928 13 144 000 Mitglieder. Inzwischen ist die Mitgliederzahl um 300 000 gestiegen, haupt­sächlich infolge des Mitgliedsgewinns in Deutsch   Botschafter Shurman überbrachte die Grüße der Vereinigten land, so daß der JGB gegenwärtig 13 450 000 Mitglieder zählt. Staaten. Er bekannte sich als Verehrer Kants  . Er hat selbst In England ist infolge der großen Arbeitslosigkeit ein Rückgang Forschungen über die Lehre Kants veröffentlicht, besonders ein Buch Don 175 000 Mitgliedern eingetreten. Dänemark   hat durch den Kantische Sittenlehre und die Moralphilosophie der Revolution". Wiederanschluß des Verbandes der ungelernten Arbeiter mit 85 000 In Amerika   hat man zwar schon frühzeitig die revolutionäre Be­Mitgliedern einen großen Fortschritt zu verzeichnen. Neuangeschlossen hat sich der Verband der weißen Arbeiter in Süddeutung des Königsberger   Weltweisen erkannt und seine Philosophie westafrita. Mit den noch nicht angeschlossenen Ländern unter­übt einen starten Einfluß auf amerikanische   Wissenschaft aus, am hält der JGB. ständige Fühlung, und zwar dort, wo es noch an weitesten verbreitet und auch außerhalb der Fachkreise hochgeschätzt einer Landeszentrale fehlt, mit den einzelnen Organisationen, wie ist die kleine Schrift Kants Bum   ewigen Frieden", deren Säge in Süd- und Mittelamerika  . Die Herausgabe der Presse vielen als Evangelium erscheinen. Die praktischen Anfänge der berichte auch in spanischer Sprache hat sich von großem modernen Friedensbewegung stammen aus den Bereinigten Staaten. Nugen erwiesen und auch in Portugal   Berständnis geweckt. In Die erste Friedensgesellschaft der Welt wurde in New York   im Norwegen   müssen sich die Dinge noch erst flären. Bon August des Jahres 1815 gegründet. Der Anstoß ging hierbei haupt­Italien ist zunächst nur zu sagen, daß sich zu dem Standpunkt fächlich von religiöser Seite aus, aber die Bewegung stimmte mit gegen den Faschismus nichts geändert hat. Die Zusammen: den Prinzipien des Kantischen Ewigen Friedens überein. Dies arbeit mit den Internationalen Berufssekretariaten war gut. Neue Anschlüsse stehen in Aussicht. trifft noch auffallender zu," so führte der Botschafter Shurman aus, ,, nicht nur bei den Satzungen des Völkerbundes, sondern auch beim Kellog- Pakt, durch den sich die Völker der Welt verpflichtet haben, auf den Krieg als Instrument der nationalen Politif zu verzichten und die Lösung internationaler Streitigkeiten ausschließlich auf fried­lichem Wege anzustreben. Als natürliche Folge aus dem Kellog­Paft wird schon die Möglichkeit der Herabsezung der Rüstungen zur See anerkannt. Die Erfüllung weiterer Borbedingungen ist wohl erforderlich, für die vollständige Erreichung des Kantischen Ideals. Kant   jah jedoch selber ein, daß der ewige Frieden eine Aufgabe darstellt, die nur stufenweise lösbar ist und die ihrem Ziele dauernd näherrückt." Professor Shurman schloß mit dem Wunsche, daß es der Kant- Gesellschaft vergönnt sein möge, diese fortschreitende Be­wegung zu beschleunigen. Die Versammlung dankte dem Redner, der zum Ehrenmitglied der Gesellschaft ernannt wurde, durch starten Beifall.

Der Organisierung der Frauen

bringt der JGB. das größte Interesse entgegen. Das Verständnis für die Notwendigkeit der gewerkschaftlichen Organisation wächst bei den Frauen. Ihr prozentualer Anteil an den Mitgliederzahlen ist gestiegen. Besonderes Interesse bekundet der IGB. auch für die Bestrebungen der sozialdemokratischen Jugend. Im allgemeinen hat sich der IGB. in seiner Betätigung eine gewisse Beschränkung auferlegt. Die flare Erkennung seines Aufgabenkreises und die gründliche Arbeit innerhalb dieses Kreises bietet die Gewähr, daß der Arbeiterbewegung gute Dienst geleistet werden.

Die Kriegsbefämpfung wird in Zusammenarbeit mit der Sozialistischen Arbeiterinternationale, der Jugendinternationale und der Sportinternationale betrieben. Der Vorstand des JGB. beabsichtigt auch, unter gewissen Voraussetzungen an die Bil= dungsarbeit heranzugehen. Er war bemüht, die Vorberei tungen zur Internationalen Arbeitskonferenz so forgfältig wie möglich zu treffen.

Aus der inneren Organisation des Bundes macht Saffenbach Mitteilungen von dem bevorstehenden Ausscheiden des Genossen Stahl, der zum Arbeitsamt in Genf   übergeht. Die Notwendigkeit der Bestellung eines neuen Unterjekretärs werde dadurch um so dringlicher. Dem Genoffen Stahl wie auch dem gesamten übrigen Personal des Bureaus spricht Sassenbach Dank für ihre Arbeit aus. In der

Diskussion

gibt Genosse Leipart als Vorsitzender der deutschen   Landeszentrale seiner Freude über den Bericht Ausdruck, wie auch über die Fort­Schritte der Bewegung und dankt dem Genossen Sassenbach für seine Tätigkeit. Leipart wünscht dringend eine verbesserte 3äh lung der Arbeitslosen. Es fet ein großer Mangel, daß der Konjunkturverlauf nicht genügend erfaßt wird. Was in Deutschland  und einigen anderen Ländern möglich ist, müßte auch in den übrigen Ländern möglich sein, um eine gleichmäßige und vergleichbare Zählung der Arbeitslosen, nicht nur der Unterstüßten, zu erfassen. Kupers regte eine bessere Verbindung mit dem fernen Osten durch Reisen nach Japan  , China   und Britisch- Indien an. Genosse Mer­tens weist auf die Schwierigkeit einer einheitlichen Arbeitslojen zählung durch die Gewerkschaften hin. Die Regierungen müßten dazu gebracht werden, einheitliche Arbeitslosenstatistiten zu schaffen.

Saffenbach hält die Anregung Kupers für nüglich. Eine solche Reise bedürfe jedoch recht sorgfältiger Borbereitungen. Es jei außer dem fraglich, ob gerade jetzt die richtige Zeit dazu sei. Jedenfalls werde der Plan erwogen und die besonders beteiligten Berufsjetre­täre mit hinzugezogen.

Der Vorstandsbericht wurde hierauf einstimmig angenommen.

Ueber die

Borbereitungen zur Internationalen Arbeitskonferenz berichtet Mertens ausführlich, wobei er vor Illusionen warnte, da die Arbeitnehmervertreter sich leider meist in der Minderheit be­finden. Die neue Frage der 3 wangsarbeit erfordere gewiffe prinzipielle Feststellungen. Dem Bericht des Direktors Thomas werde vielfach noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. National müsse alles getan werden, daß in Genf   viel erreicht wird. Die Stärke der einzelnen Landesgewerkschaft muß gegeben sein. Die Arbeit in Genf   muß Gemeinschaftsarbeit sein.

Edo Fimmen   wünscht die Hinzuziehung technischer Berater zu den Kommissionen, womit die ITF  , gute Erfahrungen gemacht habe. Mertens geht in seinem Schlußwort auf die Diskussion ein, und so begreiflich er es findet, daß jede Organisation bestrebt ist, das Beste für ihre Mitglieder zu erreichen, verweist er doch darauf, daß sich nicht alles machen lasse. Das allgemeine Interesse muß in allen Dingen überwiegen. Möglichst enge Zusammenarbeit sei vor allem notwendig.

Genosse Ceipart referierte sodann über die Aufstellung von Richtlinien für ein internationales Wirtschafts. programm. Wir kommen auf den Vortrag noch zurüd. Inzwischen ist der indische Vertreter Shivarao erschienen. Dieser schildert turz die Verhältnisse in Indien  , wo die Gewerkschafts­bewegung faum zehn Jahre alt ist und allmählich Fortschritte macht. Er hat die Aufgabe, die Sympathien für Indien   zu wecken, wo man jegt einfieht, daß nicht der Weg Moskaus  , sondern der Weg Amsterdams zum Ziel führt. Er wünscht insbesondere in der Frage des Achtstunden tags für Indien   und der der direkten Ver tretung Indiens   im Internationalen Arbeitsamt die Unterstügung der Arbeitervertreter in Genf  . Er hofft bald anstatt als Gaft als Delegierter des angeschlossenen Indischen Gewerkschaftsbundes auf den Tagungen des JOB. zu erscheinen.

Die Boltsbühne nimmt bereits jest Anmeldungen für die Spielzeit 1929/80 entgegen. Die Mitglieder erhalten in dem mit dem 1. September d. J. beginnenden Spieljahr durchweg je 8 Borstellungen im eigenen Hause bes Bereins, dem Tbeater am Bülowplay, 3 in der Oper am Blaz der Republik   und 1 im Schillertheater. Wer sich einer Sonderabteilung an fchließt, erhält nur 4 Borstellungen im Theater am Bülowplak, dafür aber 4 in der neuen Biscator- Bühne. Die Nachmittagsabteilungen umspannen 7 Borstellungen im Theater am Bülowplaß und 2 in der Dper. Die Bor stellungsbeiträge werden im Schauspiel 1.70 W., in der Oper 2.50 M. be­tragen. Nachmittagsvorstellungen 1.30 M. Neuanmeldungen unter Bei fügung der einmaligen Einschreibegebühr von 1.50 M. find an die Haupts gefchäftsstelle C 25, Linienstr. 227, zu richten.

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Die wissenschaftlichen Vorträge und Berhandlungen waren dem Problem Staat und Sittlichkeit gewidmet. In seinem Vortrage Staatsethit und pluralistischer Staat" setzte sich Professor Karl Schmitt   Berlin   mit modernen Theorien auseinander, die besonders in den angelsächsischen Ländern neuer­

Das schöne Berlin  ."

Vor furzer Zeit hatte der Verein Berliner Künstler   einen Versuch gemacht ,,, das Gesicht Berlins  " im Bilde festzuhalten. Man muß wohl an dieses etwas mißglückte Experiment erinnern, um der Schau in der Deutschen Kunstgemeinschaft Das schöne Berlin  " das richtige Berständnis entgegenzubringen, weil es immer lehreich ist, zu sehen, wie etwas gemacht werden kann, was schon einmal verpfuscht war. Die Ausstellung im Schloß wendet sich in erster Reihe an die Besucher der Festspielwoche; sie sollen durch Künstler auf die wirklich vorhandenen, oft allzu ver­borgenen Schönheiten der Reichshauptstadt aufmerksam gemacht werden. Aber auch die Berliner   selbst werden hier ihre Rechnung finden und mit Erstaunen feststellen, was alles fie nicht fennen oder nicht würdigen. Und das nur als Nebenwirkung einer Ausstellung, deren Jury nicht etwa von, dem Gesichtspunkt des Dargestellten ausging, also merkwürdige und vielleicht füßliche Ansichten der Stadt bevorzugte, sondern von der rein künstlerischen Qualität. Es bietet einen ganz seltsamen Reiz, von Bild zu Bild zu gehen und darin die Stadtgegend, die Straße, die Parklandschaft aus eigener Lokaltenntnis herauszufinden. Der Bildtitel im beigefügten Täfelchen wird dann dem wahren Renner Berlins   seine gute Beobachtungsgabe bestätigen.

Selbstverständlich fann eine Besprechung nicht den Ehrgeiz haben, eine Liste der landwirtschaftlichen Begebenheiten zwischen Siemensstadt  , Rummelsburg  , Flughafen und Zehlendorf   aufzu­stellen. Es sollen nur ein paar Namen von Malern genannt werden, die sich um diese Stadtschilderung besonders verdient gemacht haben. Im Frühjahr nächsten Jahres soll der schon so glücklich verlaufene Versuch wiederholt werden. Inzwischen fann man den Kunstdezernenten samt der Kunstkommission der Stadt einen Ankaufsbesuch nur empfehlen.

Die Mehrzahl nimmt die Berliner   Landschaft als malerischen Anlaß; man fühlt, mit den architektonischen Einzelheiten ist in den meisten Fällen nicht Staat zu machen, und fängt die lockende Atmosphäre, das farbige Raumbild ein: so Ph. Frant, Meid Annot, Imre Goth  , hedendorf, Hübner, Kohlhoff, R. Jacobi  , A. v. 3ize wig, Barczinski; mit besonderer Frische Haase- Jastrow, der sich zum Spezialisten des Tier­gartens entwickelt, und Ines Bezel, die vielleicht das schönste und farbigfte Bild beigesteuert hat( An der Spree  "). Orlit gibt in seiner noblen und soliden Form das Gegenständliche mit einer Bestimmtheit, die wahre Schönheit auch im Banalen findet; und basselbe in anderer Gesinnung Fritsch, der hier ein sehr glück liches Betätigungsfeld finden könnte. Wilh. Wagner, 3ma Breusing, Mathilde Schulz und Bató betonen ebenso das Sachliche stärker; Bató mit bewußter Konzentration auf die modernste Architettur, bie ihre Darstellungswürdigkeit in Gestalt des Das gleiche behandelt der junge Universumpalastes erweist, Hoerner in gesteigertem Maßstab; sein ungeheurer Rundblick Dom Funkturm ist eine fühne, aber wohlgelungene Leistung. Den stilistischen Höhepunkt bilden zwei Gemälde junger Künstler: der streng stilisierte als Gitterwert von Horizontalen und Bertikalen burchkomponierte Potsdamer Play" von Erich Kranz  ( ein Anfang, noch feine vollkommene Lösung, aber schon außerordentlich) und der farbig wie dynamisch sehr reizvolle Kristallisationsberfuch von Nerlinger, Motto: Der Frühzug"; ein Weg, den Mysterium der Großstadt auf formal dezidiertem Wege beizu fommen, der ebenso zur Fortsetzung lockt.

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Dr. Paul F. Schmidt.

zugleich eine Krisis der Staatsethit. Die neue Theorie bestreite, daß der Staat eine Einheit sei; die politische Assoziation sei eine Gemein­fchaft neben anderen, die den gleichen Geltungsanspruch stellen, etwa als firchliche, gewerkschaftliche oder Familiengemeinschaft. Bald diese, bald jene soziale Assoziation erhalte das llebergewicht und bilde dann den Staat. Dieser Theorie gegenüber vertrat Schmitt den Standpunkt, die politische Einheit fönne nicht ohne weiteres neben die anderen Einheiten gestellt werden. Die Einheit des Staates sei eine Aufgabe. Es sei kein Argument gegen den Staat, wenn er eine hohe Aufgabe oft nicht erfüllt habe. Es ergäbe fich vielmehr daraus eine aktive Pflicht zum Staat.

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Professor Edgar Tartarin Tarnheyden( Rostock  ) be­handelte den tragischen Konflikt, der zwischen staatlicher Notwendig­feit und individueller Sittlichkeit entsteht. Er verwies auf zahlreiche Beispiele aus der Geschichte, u. a. auf den bekannten Konflitt des Generals Yord bei der Konvention von Tauroggen. Die Lösung solcher Konflikte sieht der Vortragende in einer christlich- religiösen Ethik gemäß dem Prinzip Liebe deinen Nächsten wie dich selbst".. In der Diskussion wies Emanuel Laster mit Recht darauf hin, daß diese Lösung nicht zureiche.

Professor Leo Polat Groningen vertrat in seinem Vortrag ,, Die fittliche Rechtfertigung der Strafe" eine Ber geltungstheorie. Der Berbrecher verschaffe sich durch seine Tat einen unrechtmäßigen Luftgewinn, deshalb sei es fittlich zu rechtfertigen, daß der Luftgewinn durch ein ausgleichendes Quantum Leid aufge wogen werde. Er legte den Satz Spinozas zugrunde: Es soll den Bösen nicht frommen, daß sie schlecht sind." Es muß bezweifelt werden, ob sich diese Theorie halten läßt. Vor allem gibt es keinen Maßstab für die Lust, der es ermöglichte, ein Strafmaß festzusetzen. Außerdem ist nicht jedes Verbrechen mit einem Luftgewinn ver­bunden.

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Besondere Aufmerksamkeit fanden in der Versammlung die Aus­führungen Prof. Willy Hellpachs Heidelberg über Partei und Weltanschauung". Hellpach unterschied dogmatische Parteien, die ohne Rücksicht auf die jeweiligen äußeren Umstände ein unabänderliches, weltanschauliches Parteidogma durchzuführen fuchen, und pragmatische Parteien, die ohne prinzipielle Bindung lediglich nach dem Gebot der Stunde handeln. Rein pragmatisch feien die republikanische und demokratische Partei in Amerika  , die nicht durch Dogma oder Weltanschauung getrennt sind. Sie könnten ebenso gut auf ihre Bezeichnungen verzichten und sich einfach ,, die einen und die anderen" nennen. Das beste Beispiel einer dogma­tisierenden Partei sei der Bolschewismus, der dadurch unduldsam, intolerant werde. Das Ideal sieht Hellpach   in dem pragmatischen Parteisystem. Er meint, die fortschreitende Pragmatisierung sei auch das Schicksal der politischen Parteien in Deutschland  . Das Zentrum sei die einzige Partei, die wenigstens in firchenpolitischen Fragen weltanschaulich festgelegt sei, sonst sei überall ein Berfall des Partei­dogmas und ein Hervortreten rein pragmatischer Tendenzen zu be­merken. In der Diskussion wurde bezweifelt, ob die strenge Scheidung von Pragma und Dogma sich durchführen laffe. Emanuel Lasker   zeigte, daß jeder Parteibildung weltanschauliche Momente zugrunde liegen müssen, wenn sie auch nicht zum ſtarren Dogma tismus zu führen brauchen. Dr. S. Weinberg.

Mit Sven Hedin   durch Asiens Wüsten"

Ufa- Palast am 300.

Sven

Eines wird jeder an Sven Hedin   bewundern: seine unerhörte Ausdauer und Energie, mit dem er an dem einmal ergriffenen Ziel der Erforschung Innerafiens festhält. Wer seine vielen Bücher über die Eroberung des Transhimalaja und seine Reisen in Tibet   lieft, wird nicht immer dem Eifer des Geographen zu folgen vermögen. mögen diese Gebiete geographisch, und was wichtiger ist, ethnolo­gisch, noch so viel zu bieten haben, allmählich stumpft man doch gegen das immer gleiche ab. Inzwischen ist auch von anderen Forschern das gleiche Gebiet in Angriff genommen worden, und erst fürzlich sahen wir einen Film von Filchner über Tibet  . Hedin   hat seine umfassenden Forschungen nach dem Kriege wieder aufgenommen, und diesmal mit ganz großen Mitteln einen Borstoß durch die gesamte Wüstenwelt Innerafiens begonnen. Die Reise ging von Befing aus mit Unterstützung der chinesischen Regierung. Sie ist auf drei Jahre berechnet. Die erste Etappe erstreckte sich über 2500 Kilometer und führte an der Südgrenze der Mongolei  durch die Wüste Gobi   bis Urumtschi  , das am 28. Februar 1928 er­reicht wurde. Diese siebenmonatige Reise, die voll ist von Strapazen und schwierigen Zwischenfällen, bildet den Inhalt des Films. Es fehlt nicht an Sensationen, wenn man diesen Ausdruck für auf­fäffige Kamele, Diebesjagden, Sand- und Schneestürme zulassen will. Daneben werden die Vorbereitungen, die wissenschaftlichen Arbeits­methoden, die Besuche in einem Lamafloster mit den grotesken Tänzen der Priester ausführlich geschildert. Reizende Tieridyllen find dazwischen gestreut. Aber der Haupteindruck ist natürlich die Wüste mit ihrer unendlichen Monotonie. Immer wieder prägt sich das Bild ein der langen Kamelreihe man hatte 300 angetauft.

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die aus der Kuppe der Sandhügel dahinzieht vor dem hellen Himmel.

Großstadtjugend."

Primus Palaft.

D.

Es genügt nicht mehr, daß Harry Liedtke   jcharmant ist und als Schwerenöter unter Palmen wandelt, er wird nun auf den fiebenswürdigen Alleskönner mit heldenhaftem Charakter stilisiert. Einem gewöhnlichen unbeschäftigten Sterblichen bedeuten fchon Sti rekorde allerlei, für Harry ist das ein Nichts, wenn nicht noch vier siegreiche Autorennen hinzukommen. Als das Vermögen addio jagt, wird er sogar Hauslehrer, entwickelt fabelhafte erzieherische Fähig feiten, macht einen prachtvollen Detektiv und heiratet am Schluß.

Franz Rauch  , aus dessen Atelier das Manuffript stammt, hat sich keineswegs mit Ruhm bedeckt. Warum er den Titel Groß­stadtjugend" wählte, bleibt tiefes Geheimnis, ebenfalls warum Si tuationen, die die Bühne längst auf Abbruch verkauft hat, vom Filmluftspiel erworben werden. Für einen Regisseur, der nicht un­wahrscheinlich unbegabt ist, bieten sich dabei feine Schwierigkeiten. Rudolf Walther Fein   arbeitet, wie viele vor ihm arbeiteten und viele nach ihm arbeiten werden, und schließlich ist es im Grunde so gleichgültig, wie dieser Kitsch auf die Welt kommt.

Maria Paudler   zeigt ihr nedisches Lachen und den koketten Anflug von Melancholie. Hoffentlich stellt man sie bald vor an­dere Aufgaben, sonst wird auch dieses Talent vollkommen schemati­fiert. Sonst neben der Wüst und Picha noch ein paar gute Chargen. Neu Helmuth Gauer, der sehr eindringlich einen Bubertätsjüng­F.G. ling gestaltet.