Unser Lehrer Sauerbier war ein ganz raffinierter Kerl. Er prügelte nicht gern in der Schule, obgleich es zu unserer Zeit noch erlaubt war. Aber wen er auf dem„Kiker* hatte, den bestellte er gelegentlich mal in seine Wohnung, da gab es„Senge von der besten Sorte", dazu in der höflichsten Form. Seine Einladungen „ach besuch' mich doch mal in meinem Hause", waren deshalb sehr gefürchtet. Jeder versuchte sich darum zu drücken. Ich habe Sauer- Her heute in dringendem Verdacht, daß er so eine milde Art von Sadist war, der seine Freude an den blauen Flecken hatte, der diese bangen Blicke seiner gequälten Opfer brauchte, weil es damals das Buch Van der Veldes noch nicht gab... Die Iungens der Klasse fürchteten wie gesagt seine Einladungen wie die Pest. Daß sie zu Hause nichts von den Quälereien erzählten, erscheint mir heute noch wie ein Rätsel, hängt aber wohl damit zu- sammen, daß Sauerbier auch allerlei Fressalien auftischte, wenn die Abreibungen erfolgt waren, also Zuckerbrot und Peitsche in etwas anderer Form. In unserer Klasse hatten wir auch einen Mayer, so den richtigen 2iip eines Judenjungen, der aller Welt Freund war, dazu einen prächtigen gesunden Humor besaß. Cr schimpfte uns immer„Iudden- buben". Damit hatte er uns dieser Waffe beraubt: auch der Lehrer war nun um diese Schmeichelei geprellt. Mayer war bisher noch nicht„eingeladen" worden. Böse Mäuler behaupteten, daß Mayer senior ein Konfektionsgeschäft besaß, daß der Lehrer bei dem Vater eine ansehnliche Latte Schulden stehen haben müsse. Aber einmal bitte er Sauerbier doch mächtig in die Wolle gebracht, so daß der Befehl an Rudolf erging:„Du kommst mal zu mir zum Kaffee, ich Hab' dir was zu sagen..." „Wann ist es Ihne' angenehm?" fragte Rudolf. „Ich geb' dir gleich angenehm," gab der Lehrer zurück,„komm nur heut' oder morgen." Nun müßten wir es Mayer selbst erzählen lassen, wie er seinen Besuch organisierte. Vorher muß noch eingeschaltet werden, daß Rudolf ein hübscher, etwas aufgeschossener Jung« war, der weit älter schien, als vierzehn Jahre. Jedenfalls tat Rudolf Mayer folgendes: Er, der immer etwas bei Kasse war, erstand einen Blumenstrauß für sechzig Pfennig, schmiß sich in einen tadellosen Anzug und ging zu Sauerbiers um eine Zeit, wo er den Lehrer weggelockt hatte. Er ließ ihn nämlich
Warum Wlenlchen Zu derselben Zeit, da die Berichte über den großen Prozeß gegen die Zigeuner, die der Menschenfresserei beschuldigt werden, aus Kaschau zu uns kommen, wird gemeldet, daß in den Hungergebieten von China wieder Fälle von Kannibalismus vorgekommen sind. So taucht also die Menschenfresserei auch in den Gebieten wieder auf, in denen wir sie für längst ausgestorben halten möchten. Ja, es hat den Anschein, als ob der Kannibalismus in der Zeit nach dem Kriege wieder zugenommen habe. Dies behauptet für den schwarzen Erdteil der amerikanische Forschungsreisende Oberst Alexander Powel, der bei seinen Reisen in Mittelafrika diese grausige Gewohnheit in Gegenden antraf, aus denen sie vorher unter der englischen Verwaltung bereits verschwunden war.„Schwarze Soldaten und Träger, die zu Stämmen gehörten, in denen niemals Menschenfresserei geherrscht hatte, lernten diesen Brauch während des Krieges von uniformierten Wilden, die sich an Menschenfleisch ergößten," schreibt Powel. Auch während der furchtbaren Hunger- zelten in Rußland in dem Jahre 1921 und 1922 sind Fälle von Kannibalismus vorgekommen, die durch die Protokolle der offiziellen Untersuchungskommission erwiesen sind. Daß der Hunger immer wieder einmal verzweifelte und vertierte Menschen zu diesem scheuß- lichen Fraß treibt, hat auch kürzlich wieder der Fall eines Eskimo- mädchens bewiesen, die sich an den Leichen ihrer Verwandten ver- griff, um ihr Leben zu fristen. Aber in weiten Teilen der Erde wird der Kannibalismus noch immer als ein Brauch geübt, der eine ge- heimnisvolle, ja sogar religiöse Bedeutung hat. Aus vorgeschicht- lichen Urzeiten lebt diese Gewohnheit noch in unseren Tagen fort, denn der Urmensch war Kannibale, wie die Funde von Röhren- knochen zeigen, aus denen das Mark herausgesogen war. So ist dieser Bauch wohl einmal Gemeingut aller Rassen gewesen, aber iiir uns Weiße kann das Bewußtsein tröstlich sein, daß er bei uns ohne Zweifel am frühesten verschwunden ist. Das geht schon aus der Tatsache hervor, daß die Erwähnung des Verbrechens des Menschenfraßes vollständig fehlt, so weit sich die europäischen Straf- gesetze zurückoerfolgen lassen: kein Gesetzgeber ist auf den Gedanken gekommen, ein zivilisierter Mensch könne so weit sinken, und deshalb gibt es auch keine Strafen für diese Untat, so daß wohl mit aus diesem Grunde bei der Gerichtsverhandlung in Kaschau die Anklage wegen Menschenfresserei nicht erhoben worden ist. Es ist nicht ganz leicht, festzustellen, wo heute noch auf unserm Erdbr'' Menschenfresserei herrscht, denn dem Kannibalismus wird namentlich dort, wo er als Kultbrauch geübt wird, im Geheimen gehuldigt: benachbarte Stämme werden nicht eingeweiht, und auch die eigenen Weiber dürfen meistens nicht teilnehmen. Es kommt auch nicht selten vor, daß, besonders in Afrika und Südamerika . ein Stamm«inen anderen ohne Grund der Menschenfresserei ver- dächtigt. Doch ist die Antropophagie— wie der wissenschaftlich« Ausdruck lautet— im schwarzen Erdteil noch vielfach vorhanden, so in den Walögebieten Westafrikas von Liberia bis zum Ogowe, wo weder Christentum noch Islam festen Fuß fassen konnten, und im westlichen Mittelafrika bis zu den Seen und zum NU hin. Auch in Australien und aus den Inseln des Großen Ozeans gibt es noch überall da Menschenfresser, wo die Aufsicht der Weißen nicht hinreicht. Di« Polynesier und besonders die polyneftschen Neuseeländer , die Maori waren früher als Menschenfresser berüchtigt und haben erst seit kurzem von dieser Gewohnheit abgelassen. Ebenso sind auch die südamerikanischen Indianer noch nicht völlig von der Menschen- fresserei geheilt. Gerade die Polynesier und die südamerikanischen Eingeborenen stehen aber durchaus nicht mehr auf der niedrigsten Kulturstufe und aus diesem Beispiel sieht man. daß der Kanniba- lismus sich durchaus nicht nur bei den primitivsten Rassen findet. sondern sich auch noch auf höheren Stufen der Zivilisation erhalten hat. In Asien ist Kannibalismus heute sehr selten und eigentlich nur bei den Batats auf Sumatra sicher festgestellt.
durch das Telephon irgendwohin bestellen: paßte auf, ob der Lehrer die Wohnung tatsächlich verließ: dann trat er mit seinem Strauß bei Frau Sauerbier an. Die war nicht wenig erstaunt, als der Bursche mit dm Blumen auftauchte, sie mußte ihn wohl anstandshalber ins Zimmer bitten. Der junge Besuch machte ihr aber soviel Spaß, daß sie ihn mit Kaffee und Kuchen bewirtete, wobei sie sich köstlich unterhielt. Als Rudolf ungefähr annahm, t«ß der Lehrer bald wieder antanzen müsse, empfahl er sich, nicht ohne herzliche Grüße für ihn zu hinter- lasten. Am anderen Morgen! Wenn der gute Sauerbier einm Gran Sinn für Humor gehabt hätte, wäre er mit einem süß-sauren Lächeln über seinen Reinfall hinweggeglitten, so legte er es auf einen großen Klamauk an. „Was hast du, Mayer, gestern für Theater gespielt? Komm' mal vor, hierher, noch näher." „Ei, ich?— Nur Ihre freundliche Einladung befolgt, Herr Lehrer. Als gebildeter Mensch nimmt man da Blumen mit. Nichts sonst." „Die liegen im Kücheneimer. Du Lumpatz! Meiner Frau so eine Komödie vorzutäuschen: du Kerl, hast mich wohl auch noch von zu Hause weggelockt? Wenn ich das raus bekomme, du Verbrecher, dann Gnade deiner Seele, du Rabenvieh." „Ich versteh' Sie nicht. Ich Hab' gestagt, wann es Ihne' cm- genehm ist: ich habe gedacht, wie zeig' ich mich erkenntlich für eine so freundliche Einladung, und daß Sie nicht zu Haufe waren, hat niemand weher getan als mir. Auf Ehrenwort." „Du bist ja ein gemeiner Charakter. Dir müßte man jedes Glied zentimeterweise abkneifen. Setz dich." Zu uns gewandt:„Wer weiß etwas, wie sich der Kerl das gedacht hat?" Sechzig Menschlein waren so stumm wie die Fische. „So— also.— Na, dann nicht..." Sauerbier hat nichts herausbekommen. Aber— seit diesem Tage hörten die privaten Bestellungen auf: die Sache war nämlich ruchbar geworden, weil der Lehrer nicht oerstanden hatte, darüber mit einem eleganten Schweigen wegzugehen. Wir nannten Rudolf Mayer seit jenem Tage mrr noch den Blumenkavalier.
Wlenfchen freien Die Frage, warum der Mensch das Fleisch seines Nebenmenschen ißt, ist vielfach behandelt worden und läßt sich nicht eindeutig beant- worten. Neben dem Hunger spielen Gewohnheit, Genußsucht. Rache, religiöse und abergläubische Vorstellungen ein« Rolle. Es kommt vor, daß Stämme, die in der Zeit der Not zum Menschenfleisch- als Nahrung greifen, der neuen Kost soviel Geschmack abgewinnen, daß sie den-Kannibalismus beibehalten. Alle Menschenfresser stimmen ja darin überein, daß das Menschenfleisch eine gesunde und wohl- schmeckende Nahrung sei: sein Geschmack wird mit dem eines jungen Schweins oder eines zarten Huhns oerglichen. Am liebsten verspeist man das Fleisch der Rassegenossen, während die allgemeine Ansicht herrscht, daß Weiße'„bitter" oder„salzig" schmecken. Dies ließ sich aus der Fleischnahrung des Weißen erklären, denn wir haben ja im allgemeinen einen Widerwillen vor dem Genuß fleischfressender Tier« wie Hunde und Katzen. So bevorzugt denn auch der Menschen- fresser das Fleisch von Stämmen, die Pflanzenesser sind. Wenn allerdings der Reisende Basil Thomson erzählt, daß nach der Ermor- dung des Missionars Baker im Jahr« 1860 ein Häuptling, der ein Bein des Unglücklichen erhielt, dieses mit dem Stiefel daran ver- zehrt«, so liehe sich die Zähigkeit dieses Gerichts auf andere Weise erklären. Bei den religiösen Zeremonien ist man wohl häufig vom Menschenopfer zum Menschenfraß geschritten, und dabei war die Vorstellung maßgebend, daß man sich die Seele und die Kräfte des Getöteten dadurch einverleibe, daß man von seinem Fleisch ißt und von seinem Blut trinkt. Wenn die Melanester vom Verzehren der Leichen eine Vervollkommnung chrer eigenen Person erwarten, so tritt das deutlich zutage, und es erklärt sich auch die Bevorzugung der weißen Raste, in der der Wild« Wesen mit übernatürlichen Kräften erblickt._____
Weine Wursssichligen mehr? Bisher meinte man, daß die Entstehung der Kurzsichtigkeit auf Vererbung beruhe und daher nicht-verhindert werden könne: doch kann die erbliche Anlage höchstens den Boden für die Erkrankung vorbereiten, nicht die Kurzsichtigkeit selbst herbeiführen. Daß bei der Kurzsichtigkeit auch die Naharbeit eine große Rolle spiele, wurde schon in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nachge- wiesen. Nach Untersuchungen von Prof. Lewinsohn in Berlin scheint aber in Wirklichkeit die wichtigste Ursache die Schwerkraft zu sein, die den Augapfel bei der Kopfbeugung nach unten zieht und ihn allmählich dehnt, namentlich im wachswmfähigen Alter. Diese Theorie der Verlängerung des Augapfels erklärt auch die bei den Kurzsichtigen gefundenen anatomischen Veränderungen. Die Tatsache, daß in manchen Berufen, z. B. bei Juwelieren und Stickerinnen, trotz intensiver Naharbeit wenig Kurzsichtig« zu finden sind, rührt wohl daher, daß die Angehörigen dieser Berufe mit geringer Kopfbeugung arbeiten. Durch Senkrechtstellung der Augachse konnte auch bei Versuchstieren künstlich Kurzsichtigkeit erzeugt werden. Bei Affen genügten dazu einige Monat«: dann zeigten sich bei ihnen dieselben anatomischen Veränderungen wie bei kurzsichtigen Menschen. Diese Versuche wurden neuerdings von Forschern auf Java nachgeprüft, die kürzlich in der Berliner Oph- talmologischen Gesellschaft darüber berichteten. Von sieben jungen Affen wurden fünf in einem Jahr kurzsichtig— bis zu einem Grad von 2,25 bis zu 4 Dioptrien. Um Kurzsichtigkeit zu verhüten, wird daher vorgeschlagen: Auf- klärung der Bevölkerung über die schädliche Rumpf- und Kopfbeu- gung im wachswmfähigen Alter, besonders in Schulen, Einführung geeigneter Pulte und Schulbänke, durch die die Bücher schräg ge- halten werden, Anwendung der leichter mit geradem Kopf schreib- baren Lateinschrift in den ersten fünf bis sechs Jahren des Unter- richts und Stählung des Organismus durch Leibesübungen.
Qroffllädte ohne Blr&ften Die Entwicklung der Großstädte, wie sie sich in den letzten Iahren vollzog, übertrifft alle Erwartungen und eröffnet geradezu phantastische Aussichten für die Zukunft. Die Häufung des Verkehr- im Kern der Großstädte, der sogenannten Eich, hat bereits zu einer Verstopfung der Straßen geführt, so daß man sich durch Unter tunnelungen und Brückenführungen hoch oben Luft zu schaffen ver sucht, und in dem New-Porker Wolkenkratzerviertel ist ein neuer Typ der Stadt im Entstehen, der zu denken gibt. Führende Architekten unserer Tage haben sich mit dieser Z u k u n f t s st a d t beschäftigt und Pläne ausgearbeitet, die uns heute noch unwahrjchein- lich dünken, aber vielleicht schon in absehbarer Zeit verwirklicht werden müssen. So steigt vor unserem geistigen Auge das Bild einer„Großstadt ohne Straßen" auf, wie es Dr. Abeles in der Stuttgarter„Bouzeitung" zeichnet. Je mehr die Wohnfledlungen aus der inneren Stadt herausoerlegt werden, desto schwieriger wird die Verbindung zwischen Wohn- und Arbeitsstätte. Für die Ver- kehrsmittel werden sehr breite Straßen notwendig: für die Kraft- wagen müssen ausgedehnte Standplätze gewonnen werden, und so ist zu befürchten, daß die Grünplätz«, die noch die letzten Gesund- heitsinseln in der Steinwüst« der Großstadt sind, immer weiter eingeschränkt werden. Der bedeutende französische Architekt Le Corbusier hat den Plan von„Wolken kratze rstädten" ausgestellt, bei dem er. dem Vorbild Amerikas folgend, 60 Stockwerke hohe Turmhäuser vorsieht, die aus Eisenbeton und Stahl in einer Höhe von etwa 220 Meter errichtet werden. Bei einem Abstand von Turm zu Turm von 250 bis 300 Meter, der durch große Parkflächen ausgefüllt ist, ließe sich die Dichtheit der Stadtbesiedlung verzehnfachen, denn in einem solchen Hochhaus von 200 Meter Durchmesser kann die ungeheure Menge von 40 000 Personen Unterkunft finden. Diese Bebauungsweise, bei der sich die Turmhäuser zu mächtigen Alleen reihen und durch weite Parkanlogen getrennt sind, ist eine Form der Zukunftsstadt: eine andere Form wieder nennt Le Corbusier die„Pfahlstädte". Die modernen„Pfahlbauten" haben aber natür- lich nichts mit den vorgeschichtlichen Ansiedlungen zu tun, sondern die Häuser sowie die Straßen ruhen auf Stützen, die sich 4 bis 5 Meter über den Erdboden echeben. Die Straßen und Gehsteig« sind hier Brücken, unter denen sich Verkehrswege für schnellere Fahrzeuge befinden, während darunter die Untergrundbahn ein selb- ständiges Verkehrsnetz darstellt. Alle„Eingeweide der Stadt", wie die Gasleitungen, Kanalisation, Rohrpost usw., die jetzt in der Erde vergraben und unzugänglich sind, befinden sich dann oberhalb des Bodens. Kaffeehäuser und Luxusläden auf den Dachterrassen ge- statten eine Verwertung der bisher brach liegenden Oberfläche der Stadt, und so wandelt die Menschheit in lustiger Höhe dahin. Eine Großstadt ganz ohne Straßen sieht ein Vorschlag des Hamburgers Schierloh vor. Dabei sind die 20 Geschoß hohen Häuser- blocks in große Parkanlagen eingebettet und so Straße und Haus zu einer untrennbaren Einheit verbunden. Die einzelnen Wege für Fußgänger, Kraftwagen, Lastoerkehr usw., die Eisenbahnen für Nah- und Fernverkehr befinden sich in verschiedenen Höhen und in direkter Verbindung mit den Häusern, so daß alle Kreuzungen vermieden werden. Das gefährliche Gewirr der heutigen Großstadtstraß« ver- schwindet auf diese Weise, indem die Trennung der Verkehrswege in konsequenter Weise durchgeführt wird. Jeder dieser Häuserblocks bildet gleichsam eine Stadt für sich, während sich alle zur Großstadt der Zukunft zusammenschließen. Jeder Arbeitende vom Chef bis zum einfachen Angestellten findet eine seinen Verhältnissen ent- sprechende Wohnung in unmittelbarer Nähe seiner Arbeitsstätte. Der Weg zum Bureau, der in der heutigen Stadt alle Verkehrs- schwierigkeiten hervorruft, vollzieht sich in einer kurzen Fahrt mit dem Aufzug, und auch der Weg zum eigenen Kraftwagen oder zur nächsten Schnellbahn kann von jeder Wohnung aus zu Fuß erfolgen. Nach dem Projekt enthält jede Blockeinheit von 14 Meter Länge alles Wesentliche für den Bedarf chrer Bewohner. Die Auszüge sind so zahlreich, daß niemand zu warten braucht. Je sieben Klein- Wohnungen haben einen gemeinsamen Fahrstuhl und ebenso drei Großwohnungen: alle Fahrstühle können die Bewohner in die Bureaugeschosse, auf die Promenaden, an denen die Läden liegen, zu den Garagen und in die Keller- oder Bodenräume führen. Die Einzelheiten dieser„Großstadt ohne Straßen" sind überaus sinn- reich ausgearbeitet. Straßen führen durch die verschiedenen Stock- werke» so daß man mit der Untergrundbahn oder der Eisenbahn in das untere Geschoß hineinfährt und die Autostraßen in drei Ge- schwindigkeitsstreifen eingeteilt sind, je nachdem man schneller oder langsamer fahren will. Würde z. B. das Hamburger Stadtgebiet nach diesem System ausgebaut werden, so hätte jede Wohnung einen Ausblick nach zwei straßenlofen Parks von 792 Meter Länge und 452 Meter Breite. Hierbei ist nicht nur der heutige Mehrbedarf an Wohnungen, sondern auch ein Einwohnerzuwachs für die nächsten 80 Jahre berücksichtigt. Wenn auch natürlich eine solche Bebauung vorläufig noch auf riesige Schwierigkeiten stößt, so dürften doch derarttg« Großstadtanlagen in einer nicht zu fernen Zukunft not- wendig werden.____ Klassendünkel vor 100 Iahren. Der berühmte Germanist Jakob Grimm erzählt in seinen Erinnerungen einige charakteristische Vor- kommnisse aus seiner Schul- und Universitätszeit. Er kam vom Lande— Sohn einer unbemittelten Witwe— im Jahre 1798 auf das Lyzeum in Cassel und erlangte dort drei Jahre später die Reife für die Universität. Fast immer war er der beste Schüler. Den- noch redete ihn, den armen Jungen vom Lande, der eine der Lehrer, ein„Collaberater" Cäsar, immer mit„er" an, während er die seinen Stadtjungen„Sie" titulierte. Von seinem Aufenthalt auf der Univer- sität erzählt Jakob Grimm :„Es war uns nie gelungen, die geringste Unterstützung zu erlangen, obgleich die Mutter Witwe eines Amt- mannes war und fünf Söhne für den Staat großzog: die fettesten Stipendien wurden daneben an meinen Schulkameraden von der. M a l s b u r g ausgeteilt, der zu dem vornehmen hessischen Adel gehörte und einmal der reichste Gutsbesitzer des Landes werden sollte."— Grimm war später Professor in G ö t- t i n g e n. Im Jahre 1837 wurde er aus seinem Amte entlassen, weil er mit seinem Bruder Wilhelm den gemeinsamen Protest von 7 Pro- fessoren gegen die willkürliche und rechtswidrige Aushebung des Staatsgrundgesetzes durch den König Ernst August von Hannover unterschrieben hatte. Der Flugrekord eines Vogels. Der längste Flug, der bisher bei einem Bogel durch den Ringversuch festgestellt wurde, ist der einer gerade erst flügge gewordenen arttischen Seeschwolbe, die am 23. Juli vorigen Jahres an der Tarnevick-Bai in Labrador be- ringt worden war und am 14. November am Strande von Margate in Natal in Südafrika tot aufgefunden wurde. Es ist dies nicht nur ein Längenrekord, sondern auch wie in der„Umschau" hervor- gehoben wird, ein Zeitrekord, da die Schwalb« höchstens drei Monate all sein konnte.