Handwerksrecht mit sozialem Einschlag. Reichsarbeitsminister Wisse» in Kiel. kiel, 2S. Mai. Aus Einladung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel hielt Reichsarbeitsminister Wissel! in der Aula der Universität einen Vortrag über das Thema„Der soziale Gedanke in der Geschichte des deutschen Handwerks". Dem Vortrage wohnten die Spitzen der Reichs- und Staatsbehörden sowie zahlreiche Dozenten und Studierende der Universität bei. Wissell führte aus, daß die Grundgedanken unserer heutigen sozialen Gesetzgebung«in Bestandteil alten germanischen Rechts seien. An Hand zahlreicher Beispiele aus den Zunftordnungen des Mittelalters wies der Redner nach, das} vieles, was wir für Errungenschaften der neuen Zeit halten, den alten Meistern und ihren Gesellen schon völlig geläufig war und ihnen geradezu selbstverständlich erschien. Das gelte im besonderen vom Schlichtungswesen, dessen Anfänge wir schon in der Frankfurter Buchdruckerordnung von 1S98 finden. Bezüglich der
Das Bürgertum.
„Wir brauchen keinen Parteitag. Wir sind— gottlob- täglich am Stammtisch versammelt!"
Arbeitszeit, die 14 und mehr Stunden täglich betrug, wenn auch die Intensität der Arbeit vermutlich nicht sehr groß war, müsse man jedoch sagen, daß damals trotz mancher sozialen Ansätze die Erkenntnis, daß zu fleißiger Arbeit auch ausreichende Erholung und angemessene Freizeit nötig seien, sich noch nicht durchgesetzt hatte. Dagegen habe man es bei den alten Vorschriften über die Versorgung der Handwerksgesellen bei Unfällen und Krankheit mit den ersten Anzeichen einer obligatorischen Krankenversicherung zu tun. Bei einer anschließenden Beranstaltung der Gesellschaft für soziale Reform begrüßte das Mitglied des Reichswirtschaftsrates Professor Dr. Heyde den Minister mit einer Ansprache, in der er erklärte, die Gesellschaft habe es für nötig gehalten, ein Wort gegen die Bestrebungen auf Rückentwicklung der Sozial- Versicherung aus berufenem Munde zu hören. In seiner Antwort wies der Minister darauf hin, daß Kiel der Ausgangspunkt seines öffentlichen Lebens gewesen sei. Mit den Männern der Sozialwissenschaftlichen Bereinigung habe er in den neunziger Jahren die erste Fühlung mit der Wissenschast genommen. Zur Frage der Reform der Arbeitslosetzversicherung erklärte der Minister, daß Verhältnisse abnormer Art, wie sie dieser Winter gebracht habe, nicht Anlaß sein dürsten zu einer grund- legenden Aenderung von Bestimmungen, die restlos' zu erproben noch nicht Zeit gewesen sei. Ein Hoch dem Scharfrichter. Kundgebungen zu den Moskauer Hinrichtungen. Moskau , 28. Mai. (Ost-Txpreß.) Wie die..Prawda" mitteilt, hat die Hinrichtung der drei Ingenieure Welitschko, Paltschinski und v. Mcck, die gegen- revolutionärer Ilmtriebe und der Berübung von Sabotageakten an- geklagt waren, in den Arbeiterkreisen große Genug- tuung hervorgerufen. Eine ganz« Reihe von Arbciterorgani» sntionen hat Entschließungen gesaßt und deren Text der Schrift- leitung der„Prawda" zwecks Veröffentlichung zur Verfügung ge- stellt. Die meisten dieser Resolutionen sind in die Form von G l ü ck w ü n s ch e n an die Politische Polizei (GPU.) gekleidet, deren Scharfblick und unermüdliche Wachsamkeit gerühmt werden.„Keine Schonung für die Gegenrevolutionäre, weder jetzt noch in Zu- kunft"— so heißt es in einer der Entschließungen. Eine andere Resolution betont die abschreckende Bedeutung des strengen Urteils, welches die Gesundheit und Kraft des Sowjet- apparates beweise. Jedesmal, wenn eine schwere Wirtschaftskrise in Sowjetrußland naht, werden ein paar„Spezialisten" der Sabotage angeklagt und hingerichtet. Angesichts der bevorstehenden Nahrungskamalität waren solche Hinrichtungen fällig. Danach werden die Betrieb« komman- diert, Glückwunschadressen an die GPU. zu fabrizieren. Alles ent- wickelt sich nach Schema E. Der„Apparat" funktioniert tadellos. Aber die Schlangen vor den Lebensmittelgeschäften in Moskau und Leningrad werden dadurch nicht kürzer.
Negierung poincarä in der Minderheii. Bier Stimmen Mehrheit für die Opposition. pari», 28. Mai. (Eigenbericht.) Das„Journal officiel" sieht sich heute genötigt, ein« p a r l o. mentarische Niederlage der Regierung Poincart festzustellen. Man erinnere sich, daß bei der Abstimmung beim Schluß der Interpellation über dt« Entlohnung der Eisenbahner die Re- gierung nur ein« Mehrheit von zwei Stimmen erhalten hat. Das Abstimmungsverhältnis ist aber mittlerweile von Einigen Abgeord- neten berichtigt worden. Nach dem„Journal officiel " haben eigenklich 275 Abgeordnele gegen und nur 271 für die Regie. rung gestimmt. Die Regierung ist„eigentlich mit vier Stimmen" in der Minder- heit geblieben.(Sie hatte allerdings die Bertrauensfrag« nicht gestellt. Red.)
Die tteine blonde Gertrud. Aus dem Leben einer Tippelfchickse.
Auf dem Stuttgarter Vagabundenkongreh waren die echten Kunden nur in wenigen Exemplaren vertreten. Di« meisten Ver- sammelten gehörten zu den intellektuell Entwurzelten: es waren An- gehörig« jener Nachkriegsgeneration, die ihren Weltschmerz, ihre Unfähigkeit, den täglichen Kampf um Dasein durchzufechten, hinter einer verwaschenen„Romantik der endlosen grauen Straße" nur schlecht verbargen. Die Frag« der Rücksührung der Landstreicher in den sozialen Organismus ist nur eine soziale Frage und hat mit Romantik nichts zu tun. Leider ist das Verständnis dafür bei den Kunden sehr gering. Bei den weiblichen Kunden, den Tippelschicksen, ist es meist gar nicht vorhanden. Diese armseligen Vagantinnen leben in den blauen Tag hinein: einen billigen Romanschmöker in der Tasche, stressen sie kreuz und quer durch Deutschland . Sie sind ein« leichte Beute der Kunden, tun sich mit einem bevorzugten zu- sammen und bilden dann ein Paar, das sich schnorrend durch die Welt schlägt. Ihr« Hochzeitsreis« währt immer das Brautbett ist immer das gleiche, irgendwo hinter der Hecke, am Zaun. Mir ist eine begegnet, die au» den Rahmen der Schilderung fällt, die ich hier von den Tippesschicksen gegeben habe. Das war die klein« blond« Gertrud, die vor einiger Zeit in K. an der Daga- bundenkrankheit starb. Das erstemal traf ich sie 1924 in der Pfalz . Ich war bei Maxau über den Rhein gegongen, hatte bei der fran- zösischen Brückenwache Zigaretten geschnorrt und saß nun rauchend auf einem Stein an der Landstraße nach G. Es war noch früh, ein dichter Nebel lag in der Rheinebene und ließ kaum die nächsten Bäume erkennen, die ihre kahlen Aest« in die Luft reckten. Dann und wann tauchten Gestalten im Nebel auf und verschwanden wieder. Vauern, Frauen und Soldaten. Einmal war es auch ein Kunden- paar. Der Mann wax klein, mit schwarzen Haaren und einem grünen Hut über dem spitzen Gesicht. Die Schickse hatte ihr Gesicht tief im Mantelkragen verborgen: ich weiß daher nicht, wie sie aus- sah. Als die beiden an mir oorüberkamen, bot ich ihnen den alten Kundengruß. „Servus! Wohin?" „Servusl Nach Karlsruhe!" „Heiße Gegend dort." „Danke, weiß Bescheid. Komme schon durch!" Dann waren die zwei wieder eingetaucht in den Nebel. Mir wurde es zu kühl, und ich machte mich aus die Socken. Mein« Ver- abredung nach Köln ließ mir auch kein« Ruhe. Bis dahin war allerdings noch zehn Tag« Zeit.(Ich Habs dann doch in neun ge- schafft!) Ich war rüstig losgSstakt und kam gegen Mittag nach Germersheim . Ging gleich in die Herberg« und traf dort mehrere Kunden. Wir spielten Karten, rauchten und tranken. Da kommt eine Schicks« in den Gastraum. Ihr Mantel sah recht abgerissen aus, die Schuhe desgleichen. Sie kam an unfern Tisch, gab den Gruß und fragte: „Hat keiner den Erich gesehen?"
Wer ist Erich? Niemand von uns kannte ihn. Das Mädche.. gab«ine Beschreibung, und ich erkannte den Tippelbruder von heute morgen, der mit der Schickse über den Rhein wollte. Aber vorerst sagte ich dem Mädchen nichts. Sie erzählte ihre Geschichte. Ueber vier Monate sei sie mit Erich zusammen gewalzt, sie habe ein Kind von ihm empfangen(wir bemerkten es denn auch) und vor zwei Wochen wäre er ihr im Hannoverschen ausgerückt. Sie wisse aber. daß er hier sei. Gestern hatte sie genau erfahren, daß er die Nacht in Speyer geschlafen habe. Wer hatte ihn gesehen? Ich sagt« ihr schließlich, daß ich Erich begegnet wäre und ver- schwieg auch die Begleiterin nicht. Sie war nicht viel erschrocken� im Gegenteil. Stellte klare Fragen nach Zeit und Ort, Wegrichtung usw., so daß ich verdammte Hochachtung vor diesem tapferen Kerl bekam. Sie wollte ihm sofort nacheilen, und ich bracht« sie an die Hauptchaussee. Wir standen noch eine Weile im Gespräch, als in der Ferne ein Laustouto anratterte. Es war ein Straßburger Kon- servenauto. Das Mädchen machte sich sprungfertig. „Wie heißt du denn eigentlich?" fragt« ich zum Abschied. Das Auto rumpelte an uns vorüber, das Mädchen ranni« hinter- her. Schwang sich auf, fand Halt. „Ich heiße Gertrud! Servus, Servus!" schrie sie zurück, wobei sie eine Hand sprachrohrartig an den Mund legte und sich mit der andern an dem Auto festhielt. Ich winkte ihr nach und ging zurück in die Herberge. Die alten Kunden machten unflätige Witz«. „Scheint früher eine fein« Dame gewesen zu sein, was? Hat sie's denn gut gekonnt?" Mir wurde dies Gerede zu blöd, ich packte mein Bündel und zog weiter. Nach neun Tagen war ich richtig in Köln und fand auch Arbeit. Hielt mich fast zwei Jahr dort, und gerade zwei Tage vor meiner Abreise traf ich Gertrud wieder. Sie war Platz- anweiserin in einem obskuren Kino geworden. Zuerst erkannte sie mich nicht wieder, denn ich trug damals«inen leidlich guten Anzug und einen weißen Kragen. Als ich ihr aber die Szene von Germers- heim und dem untreuen Erich ins Gedächtnis zurückrief, schien sie sich doch zu erinnern und verabredete mit mir ein Zusammensein für den nächsten Tag. Sie hat mir ihre Geschichte erzählt, die nicht viel des Interessan- ten bietet. Dem Erich ist sie noch nachgelaufen bis Ulm an der Donau . Dort wurde sie krank, ging ins Hospital und bracht« das Kind verfrüht zur Welt. Sie bekam Arbeit nachgewiesen. Zuerst in Ulm , dann hier in Köln . Voller Stolz zeigte sie mir ihr Spar- kassenbuch mit ganzen 88 M. Guthaben. Dafür hatte sie anderthalb Jahr gearbeitet. Ich mußt« sie verlassen und ging auch von Köln fort. Wir schrieben uns, bis sie vor zwei Monaten in H. starb. Ihr Sparguthaben war auf 263 M. angewachsen. Da Gertrud keine Verwandten hatte, die sich um sie bekümmerten, nahm die Stadt H. das Geld für die Beerdigungskosten an sich. Bernbarck Krüger.
„Manon Lescaui." Scala-Abend der Staatsoper. Pucclnis„Manon Lescaut ". 1803 in Turin urauf- geführt, ist in Deutschland wenig bekannt geworden und hat es auch in der international«, Opernwelt nicht zu dem nachhaltigen Erfolg seiner späteren Hauptwerke—„Boheme",„Tosca ",„Ma dame Butterfly "— gebracht. Der Stoff, dem berühmten Roman des Abbö Pröoost entnommen, hatte in der„Manon " des Fran- zosen Massenet — die Berliner Städtische Oper hat sie vor kurzem mit der Ivogün in der Titelrolle in Erinnerung gebracht— eine für das große Publikum wirkungsvollere Fornmng gefunden. Mas- senets Oper, seine beste und erfolgreichst«, mit der glänzenden Kenn- Zeichnung des Pariser Rokokomilieus, mit der gefälligen Sänftigung der menschlich-gesellschaftlichen Konflikt«, ist für die Bühnen die eigentliche, die gültig-„Manon Lescaut " geblieben, der jüngere Puccini, noch weniger theaterroutiniert damals, tonnte dagegen nicht aufkommen. Es mangelte ihm noch an. der raffinierten Skrupellofigkeit. mit der er später als Opernkomponist die Welt er- obert hat. Es ist schade um dieses früher« Wert, viel inspirierte Musik stellt in der meisterlich gearbeiteten Opernpartitur, aber auch starkes, unmittelbar wirksames Theater. Es geht um Liebe— alle Sorten von Liebe: Leidenschaft, Spiel. Handel—. allemal eine sichere Bühnensache also. Manon , achtzehnjährige Unschuld aus der Pro- vinz, in Paris verführt und verdorben, verliebt auf der einen, verkauft noch der anderen Seit«—: der betrogene Käufer über- liefert sie aus Rache der„Justiz", die„Gefallene" wird in die Hölle einer amerikanischen Strafkolonie deportiert: mit ihr ein Transport unglücklicher Leidensgefährtinnen. Man spürt aufrührerischen, an- klägerischen Geist in der Szene, in der da» gezeigt wird. Dieser dritte Akt d«r Oper, in dem die Handlung gipfelt, gelangt zu mit- reißender Wirkung:, durch Rosetta Pampanini und vor allem durch Aureliano Pertile , die Träger der beiden Haupt- roll«,. Nein, vor allem wieder, und nicht nur dieser dritte Akt, durch Toscanini. Aus die Reihe dieser ereignishaften Opern- abend«, auf die grundsätzliche Bedeutung dieses Scala-Gastspieles wird noch zurückzukommen sein. Klaus Bringslieim. Afghanistan im Film. Ufa-pavillon. Die Russen, die sich als die geborenen Beschützer aller asiatischen Völker fühlen, haben zu Ehren Amanullahs im vorigen Jahr«ine Filmexp«dition nach Afghanistan geschickt, die bunte Bilder von Land und Leuten mitgebracht hat. Leider wird Amanullah ,"den dieser Film als Freund des Fortschritte feiert, nichts mehr davon haben, denn er hat eben machtlos das Land verlassen. Wie der Film ausweist, ist Afghanistan heute noch— vor hundert Iahren durfte noch kein Ungläubiger das Land betreten— größten Teils von der modernen Ziollisation ganz unberührt. Sein« abgeschlossene Lage zwischen hohen Gebirgen, seine politische Selbständigkeit zwischen Rußland , China und Indien hab«n e» solang« in seiner Isoliertheit bewahrt. Obwohl btr Weg der Eroberer seit Jahr- taufenden Olrch da» Land führte, haben sie all« von dem griechischen Alexander bis zu Dschingis Khan und Timurlenk nichts als Ruinen hinterlassen. Die Bevölkerung lebt heute noch größtenteils im Zu- stand de» Nomadentums. Im Frühling zieht sie mit den großen Herden über die Berge und kommt im Herbst zurück. Di« tief ge- legenen Ebenen sind tropisch heiß und tropisch fruchtbar� Die alten Städte mit ihren riesigen Lehmmauern sind au» dem Schlummer der Jahrhunderte noch kaum erwacht, primitiv wie die'Waren- Produktion ist die Warenumsatz- und die Verkehrstechnik. Durch die Wüsten zieht noch das Kamel, und über die Ströme setzt man noch
auf Schlauchflößen. Amanullah hat das Land zu modernisieren versucht. Seltsam genug muß die Mischung des alten Volkstums und des neumodischen Europäismus aussehen. Di« Truppenrevue scheint ganz europäisch, aber' mit einem Mal« tanzen die Soldaten, das Gewehr auf dem Rücken, einen alten Volkstanz. Die„Volks- Vertreter" wurden nur in europäischer Tracht zugelassen, und die dem Hof gefälligen Damen erschienen in kurzen Kleidern, immerhin noch einen hauchdünnen Schleier über das Gesicht. Der vertriebene Fürst wollte sich neben Kabul ein« neue Hauptstadt bauen, man sieht bereits die breiten Straßen und eine paar große Paläste: aber vor- läufig wird es damit wohl gute Wege haben, bis der unterirdische Kampf zwischen englischem und russischem Einfluß erledigt ist und ein neuer Khan dem Einzug des Kapitalismus aufs neue die Tür öffnet. r.
Nenn, Zweig, Frey. Die junge Literatur fühlt sich im Rahmen der Berllner Fest- spiele zurückgesetzt, also ergreist sie von sich aus das Wort und veranstaltet im La»des haus einen Vortragszyklus über da-, Thema— nun was können jung« Dichter heute für ein Thema wählen?— natürlich nur Krieg. Der erste Abend brachte Werke von L. Renn, Arnold Zweig und F. M. Frey. Es wurde betont, daß diese Werte tendcnzlos fein und sich mit möglichst getreuer Berichterstattung begnügen wollen. Vielleicht sucht man gerade in nüchterner Berichterstattung eine um so stärkere Tcndenzwirkung. Ein im Jahre 1914 geschriebenes Kapitel aus Retrns„Krieg" läßt ziemlich kalt. Es ist zu reportagehaft, man vermeint den nüchternen Berichterstatter irgendeiner Zeitung zu hären und spürt nicht das große Erlebnis, weder im Sinne der Kriegsenthusiasten noch der Verneiner. Bielleicht liegt es daran, daß dieser Teil bei Kriegs- beginn geschrieben wurde und daher die Furchtbarkeit der fol- genden vier Jahre noch nicht mitklingen kann. H. Christians las das Kapitel ruhig, aber mit intensiver Wirkung. Schon besser: Arnold Zweigs„Streit um den Sergeanten Grischa"(Erschiehungs- tzzene). Zweig gestaltet mehr von sich aus, vermittelt daher größeres Seelenerlebnis. Aber auch der läßt noch verhältnismäßig unbe- rührt. Am stärksten: F. M. Frey, Todesgeschichte des Geigers, dem der Arm zerschmettert wurde, aus„Die Pflast«rkäst«n". Frey be- richtet wie die anderen, aber bei ihm spürt man doch schon den Abscheu vor dem Massenfchlachten, den Blutekel. Hier hört man in dem Stöhnen des einen Verwundeten das große Leiden aller. gegen das es nur ein Mittel gibt: Morphium, Morphium, Morphium. Leo Menter interpretierte Frey warm und schwingend, ost etwas zu weich. Zusammengefaßt: Der Abend blieb die erhofft« große Wirkung schuldig. W. J. Zwischenfall bei der Ausführung des„lvozzek". Nach der Auf- führung des„Wozzet" von Georg Büchner im A l t o n a e r Stadttheater am Montag äußerte ein Teil des Publikums fein Mißfallen durch ohrenbetäubendes Pfeifen. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen. Intendant Fischer rief Polizei herbei und ließ di« Demonstranten feststellen. Rote Lampen gegen Dauerredner. Bei der Wicdereröfsnung de» sranzösischen Parlaments wurden die Abgeordneten mit einer zum erstenmal in der sranzösischen Kammer eingeführten Erfindung überrascht: der Gang der Debatten soll nicht mehr durch langweilig« Reden behindert werden, die zu keinem praktischen Ergebnis führen. Die Redezeit ist deshalb auf fünf Minuten begrenzt worden, und ein elektrischer Signalapparat sorgt dafür, daß diese Zeit auch«in- gehalten wird. Der Vorsitzende der Kammer setzt, sobald ein Ab- geordneter seine Rede beginnt eine Uhr in Gang, und sobald i Minuten vergangen sind, drückt er auf«inen Knopf, woraus. rote Lampen dicht vor dem Gesicht de» Redners ausleuchten: ist da» Zeichen, daß seine Redezeit beendet ist.