GonnaSend 4 Juni 1929
Unterhaltung und Wissen
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O... wie ist das köstlich, auf einem weißen Dampfer über das blaue, in der Sonne blitzende Wasser der Havel zu fahren... Traum ist das und Erwachen zugleich... Erwachen aus dumpfer Winter- schwere, aus der stickigen Luft der Bureaus, die auch nicht viel besser wird, wenn all« Fenster weit offen stehen und draußen aus dem Hof in der Sonne ein Leierkasten dudelt: Wenn der weiße Flieder wieder blüht... Wie weit ist die Welt!... Dunkle Wälder an den Ufern, fern und geheimnisvoll... Maigrüne Wissen, versteckte Häuschen... über alte Gartenzäune hängen Blüten... schwere weiße und blau« Fliederdolden, letzte flatternde Apselblüten, denn schon verwehten all« Kirschblüten im Wind«... und dennoch fuhr man nach Werderl „Sie sollen mal sehen. Fräulein Lilli, es ist doch noch was los in Werder , wir fahren direkt mit dem Dampfer bis zur Bismarck- höhe, dann machen wir auch mal den ganzen Rummel mit!" „Ist denn das die Hauptsache... der„Rummel?" lachte das Mädchen. „Na, was denn sonst," antwortet« der jung« Mann,„die Blüten etwa? Die gibt's doch überall... aber den Klimbim darum...den gibt's nur in Werderl"* „Sich so!" Das Mädchen atmete tief... Der Wind trug Blüten- duft vom Ufer her, das war köstlich und berauschend.... verheißungsvoll... Werder ... das war für sie immer ein Traum von Blüten gewesen, von Sonne und Liedern... gewiß gab«s auch viel Lärm und Staub und betrunkene Menschen... es mußten doch aber irgend- wo auch stiller« Weg« sein, wo jetzt der Flieder blühte... Einen großen Strauß hatte sie der Mutter mitzubringen versprochen... und ein paar Zweige davon sollte mich die kleine, bucklige Näherin aus dem Hinterhaus haben, damit diese auch wußte, daß der Mai gekommen war. Sluf der Londungsbrück« sprang chnen schon Musik entgegen... „Au fein!" sagte der junge Mann. „Ha, herrlich," stimmte das Mädchen ihm bei,„sehen Sie nur dort neben der alten Scheune dies« Apfelbäume und diese Flieder- hecken dort und dort..." „3a... alles wunderschön... aber wir müssen machen, daß wir raufkommen ins Lokal, sonst kriegen wir keinen Platz im Tanzsaal mehr, abends ist alles überfülltl" Auf der Bismarckhöhe wurde im Freien getanzt, ausatmend stellte Lilli das fest... Die Jazzband jauchzte... Don den Schieß- buden krachten die Schüsse...„Dreimal dürfen Sie würfeln. Frollein, über 12 gewinnt!... Hauptpreis' ein Riesenteddibär, oder lieber'»« Standuhr für die Aussteuer, Frollein?"... In den Gläsern fun-kelte der rot« Wein... „Prosit, Fräulein Lilli. prosit!" Lilli holte chren Blick aus Fernen zurück, von Bergen und Wasiern. an deren Horizont lautlos im Abenddämmeni weiße Segel zogen:" „Prosit, Hans Reiher!" Sie hob ihr Glas und lächelt«... Von den allen Kastanienböumen über ihnen lösten sich weiß« Blüten, taumelten hernieder... Jemand neben chnen sang:„Und der Himmel hängt voller Geigen, wenn der Flieder blicht m den Zweigen Der Mond hing zwischen dem Laub der Bäum« wie ein großer heller Luftballon. Di« Nacht war warm, da» weiße Kleid des Mädchens leuchtete... o... jetzt einen ganzen Arm voll Flieder haben, sein vom Tanz. heißes Gesicht in kühle Blüten drücken
können... müßte das gut tun!... Hans Reiher hiell die Hand de» Mädchens... Langsam schritten sie den Weg hinab... Berkäuser drängten sich an sie heran...„Kleine Hampelmänner zum Anstecken, junger Mann"...„ein Strauß Maidlumen go- fällig!"...„Flieder, noch der letzte Strauß... dreißig Pfennig« nur!" Eine dicke Frau drängt« sich vor:„Zwei Sträuße susszig Pfennige!" ,�Za!" sagt« Lilli und streckt« jauchzend beide Arm« au»,„einen großen Strauß Flieder möchte ich haben, ja, Hans?" und sie sich den jungen Mann bitteich an... Hans Reiher trällerte den neuesten Schlager: „Für einen Flisderstrauß darfft du mich küssen"... und dann machte er plötzlich ein Gesicht wie ein trotziger Jung«: „Nee, Lilli, wenn ich den Kuß erst bezahlen soll!"... Glut schoß dem Mädchen ins Gesicht...„3ch... hatte nur solche Sehnsucht. Blumen zu haben... geschenkt zu bekommen kausen... ach!"... stammelt« sie... Plötzlich begriff sie: Er kann dich ja doch nicht verstehen.. niemals... Mitleid wuchs in ehr: Wie ungeschickt er ist... wie brutal... wie schade... für ihn... für uns?... Sie wandte sich um... da stand ein blasser, halbwüchsiger Jung« vor ihr und bot ihr einen Fliederstrauß... „Du..." flüsterte das Mädchen und ein sieghaftes Lächeln er- wacht« um ihren Mund.„Du... schenkst du mir den Flieder?" Meine Halskette gebe ich ihm dafür, brannte es in ihr... die mit den drei silbernen Rosen, die ich zur Einsegnung bekam... „Dreißig Pfennige," stammelte der Junge... und nie vergaß das Mädchen die Gebärde, mit der er den Strauß zurückzog. Dreißig Pfennige und ich wollte ihm doch mein« Halskette dafür schenken... dachte dos Mädchen... „Na. wenn Ihnen soviel daran liegt, Fräulein Lilli?!" Hans Reiher zog schon das Portemonnaie... „Nein!" Die Sttmm« des Mädchens war hart, daß Darüber- gehende sich jäh umwandten...„Bon diesem Mann da will ich keinen Flieder mehr geschenkt bekommen!" rief sie dem Jungen zu, suchte in ihrer Tasch:„Hier... komm... rasch!"... Sie drückte dem Jungen einen Geldschein in dt« Hand, nahm den Fliederstrauß und ging rasch davon. Weiter schritt Lilli wie im Traum... durch winklig« Gossen... unter alten Bäumen, durch deren Gezweig Sterne schimmerten... behutsam trug sie den Flieder im Arm wie kastbares Gut... bis einmal ihre Hönde sich lösten... zur Erde glitten die Blüten. auf weiße Steinstusen... eine Glocke tönt« dunkel in der Höhe,.. Ich kann sie niemand mitbringen... diese Blüten... schluchzt« das Mädchen... der Mutter nicht... die wird auck� nicht viel danach fragen... aber der annen Näherin aus dem Hinterhaus erst recht nicht... Würde diese denn über die Blüten glücklich sein können>.. Würde nicht eher alle unerfüllte Sehnsucht in ihr erwachen... all« erloschenen Träume neu zu brennen beginnen, all«, Verbitterung in steiler Flamme emporzüngeln... wenn der Flieder wieder blüht. Man sollte ggr nichts wissen von Blüten, Sternen und Sommer- wind... man sollte nur Arbeit kennen und Pflicht... Wer sogt« das:„Sind denn die Blüten etwa die Hauptsache oder die Lieb«?.. Nee,.. der Klimbim darum... der Rummel.., und dos Geld... Wer aber verstand, daß man sich als ein« Königin fühlte, da man bitten durfte, und ärmer als der elendeste Bettler, da man er- kannte, daß nur fein Geld einem Erfüllung brachte..,
ZÄ. Was iß ein
Zuerst muß man sich klar sein, daß wir in Begriffen schwelgen, die wir uns selbst vorgemacht hoben. Nirgends im Kosmos wallet ein Geist, der uns sogt: nimm Kraft und Stoff, Geschwindigkeit und Raum, Zeit und Moment als die Elemente eipes Systems deines Denkens an, schaffe dir die Reihe der natürlichen Zahlen 1— 2— 3— 4— 5— 6— 7— 8— 9— 10—und baue damit eine Natur- lehre auf.... lind weil solch ein gütiger Geist fehlt, müssen wir uns im Schweiße unseres Angesichts plagen, erstens um anständige, brauchbare, zweckmäßige, gut verständliche Begrifje zu erfinden, zweitens um mit Hilfe dieser Vorstellungen Regelmäßigkeiten, die wir in der Natur suchen, auch zu finden und zum Ausdruck zu bringen. Damit haben wir das Gesetz als eine Regelmäßigkeit bezeichnet, womit sicher die Philosophen nicht zufrieden sein werden. Das ist ihnen zu wenig. Ein Naturgesetz! Unser Begriffssystem geht bis auf Urzeitdenken zurück. Die Sprache bewahrt die Erinnerung an logisch« Errungenschaften ver- gangener Iahrzehntausende, und wenn auch immer wieder neuer Wein in alle Schläuche gegossen wird, so bleiben die Fäden doch erhallen, die Blitz und Donner aus Göttern in Spannung und Schall wandelten. Mit dem Sluffinden von Zusammenhängen gleichartiger Dinge, der Wiederkehr derselben Form im Wechsel der Umgebung beginnt sicherlich schon das Tier seinen Eintritt in die Sphäre der Erkenntnisse irdischer Zusammenhänge. Wir wissen heute, dajj man Fische aus verschiedene Schallreizc dressieren kann, derart, daß sie bei bestimmter Tonhöhe beispielsweise Futter be- kommen. Dann werden sie bei anderen Tönen fliehen oder passiv bleiben, beim kritischen Freßton oder zum Fressen heranschwimmen. Sie holten dos für ein Naturgesetz... Nun wollen wir aber nicht zu sehr eingebildet sein. Wir haben da den Metonzyklus. Alle 19 Jahre kehrt die Sonn« in die gleiche Stellung zum Monde wieder, und daher wiederholen sich die gleichen Mnstsraiss». Man kann sie, nach Meton, voraussagen. Da? haben schon lang« vor den Griechen die allen Chinesen gewußt. Aber die Sache hat einen HNen: einst kam eine Finsternis, die nicht voraus. gesagl war. und das tostet- einem chinesischen Hosastronsmen den Kopf Eh-n well e» kein„Gesetz", sondern nur Regel war. So wi« ««nn wir bei den Fischen einmal beim Freßton nichts zu fressen hinwerfen. Di» Fisch« w«rd«n enttäuscht sein. Einig« werden vielleicht zu philosophieren beginn«»: gibt es Naturgesetze? Natürlich gibt es. Seh«» wir lft-S als 2X2 an. so haben w>r den ersten Teil um 1 vermehrt, den zweiten permindert, erholte» also das richiige Ergebnls. Ebenso 1-4-3+5— 3-49 4-3 D�r 9X3 und 1+8+5+7— 4X4. und es wird daher zum Beispiel 1+8+5 fei» gg gleich 50X99. Wobei man noch die Regel erkennen muß. erste- und letzte» Glied der Reih« zu summieren und halbieren, also
IflatmrgefeiSE? 1+99— 100, was halbiert 50 gab. Ist das nun ein Naturgesetz, daß die Summe der aufeinanderfolgenden ungeraden Zahlen eine Quadratzahl gibt, nämlich die Anzahl der ungeraden Zahlen mit sich selbst vervielfacht? Und sind wir sicher, daß l+I+5+7 bis 09 000 wirklich genau 50 000 mal 99 999 gibt? Wie nehmen mathematische Gesetze ohne weiteres als richtig an. Die gelten, so denken wir, immer und überall. Diese Annahme ist für unser wissenschaftliches Ueberlegen geradeso Grundlag« wie etwa die Zahlenreihe es für alle rechnerischen Betrachtungen ist. Aber da kommt uns ein böser Verdacht: sind dies« mathematischen Sätze nicht vielleicht einfache Leerheiten? Dos heißt, sagt ein solcher Satz etwas Wesentliches oder ist er nur eine getarnte Selbstverständlichkeit? Wenn ich behaupte,„jedes Ding ist sich selbst gleich", also A— A, so wird dies«inersetts wohl von jedermann zugegeben werden, aber andererseits: wer will aus einer solchen Behauptung einen brauchbaren Schluß ziehen, will irgend etwas daraus aufbauen? Sind nicht die Naturgesetz« solche Aussagen, die wir keineswegs von vornherein erwarten können. eben keine Selbstverständlichkeiten? Daß z. B. alle Körper gleich schnell fallen, ist mir nicht selbstverständlich. Im Gegenteil, e» ist mir erstaunlich. Das scheint mir ein echtes Naturgesetz zu s«in: eine Wahrhett, die ich durchaus nicht zwischen meinen vier Wänden durch Nachsinnen herausfinden kann, sondern nur aus der lebendigen Be- trachtung der Natur. Mathematische Wahrheiten aber kann ich mir aus dem Finger saugen, soviel ich will. Ich kann rechnerische und geometrische Lehr- sätze erfinden— oder entdecken, wenn man lieber will...— und ich kann die blendendsten Gesetze dieser Art erzählen, ohne schließ- lich etwas anderes zu sagen als A— A! Weil das menschliche Gehirn nicht genüg scharf und durchschlagend denkt, scheint etwas oft wunder- bar und kompliziert, was nichts anderes als eine getarnte Selbst- Verständlichkeit ist. Jedes Ding ist das Doppelte seiner Hälft«— Weisheit für Kinder und Narxen!~ Sg stehen die Ststurgesetze für uns in einem begrifflichen Di. lemmo: ciüPedor erscheinen st« uns als Selbstverständlichkeiten, dqnn sind sie keine Naturgesetze, yder sie erscheinen uns als Nichtjelbst- Verständlichkeiten— dann wundern wir uns unh oerlang«, daß wir sie als notwendig verstehen lernen. Da» hat Einstein als erster erkannt. Nämlich, daß wir zuletzt dahin gelangen müssen, daß all« Natur als Geomettic und Mathematik verstanden wird. Daher sein«. man möchte sagen: verzwetsellen Versuche, die Schwerkraft zu bä»- dige»! Sie ivss a!» erne geometrische Tatsache unserer Welt entlarvt werden. Damit man sich nicht über sie wündcrn muß. Aber unser« Systeme sind natürlich stets Idealisierungen. Nur Illusionen, wie die Zahlen, können etwas ganz Genaues wiedergeben. Schon die Geometrie steht w Widerspruch mit den wirklichen Dingen:
Beilage des Vorwärts
es gibt kein« Geraden, keine Dreiecke, und daher hoben die wirklichen Dreiecke nie die Winkelsumm« von 180 Grad. Nicht anders er- scheinen uns die Naturgesetze heute: sie sind nicht restlos genau gültig. sind nicht überall und nicht immer gleichartig, weil das gleiche nie wiederkehrt. Die Gesetze sind als statistische Regeln erkannt worden, die alt« Kausalität hat ihre Rolle ausgespielt, wie so manches andere Denkmal vergangener Anschauungen. Die erhabenen Naturgesetze erweisen sich als verdächtig, Banalitäten zu sein. Nur daß wir noch nicht genügend' weit vom primitiven natürlichen Denken entfernt sind, macht die Erhabenheit ihres Scheines aus. Aber der begründete Verdacht besteht also, daß die Naturgesetze soweit sie da» Einzel- geschehen betreffen, Tautologien(selbstverständliche Wiederholungen) wie A— A sind, im übrigen aber statistische Regeln vorstellen.
ffiefuch beim Quidiborndichier Am 1. Juni sind es dreißig Jahr« her, seit der Quickhorn- dichter Klaus G r o t h als Professor in Kiel seine Augen für immer schloß und man ihn durch die Gartenpforte hinaustrug, wie er es dem wehmütigen Gedicht„Min Port" sich ausgemalt hatte. Aber es ist nicht Kiel , das die Erinnerungen an ihn und an seinen un- oerwelklichen„Ouickborn" so ausbewahrt hat, daß er uns lebendig vor Augen zu stehen scheint. Will man Klans Groth besuchen, so muß man in seine Heimat gehen, das klein« holsteinische Srädtchen Heid«, an dem man wohl sonst im D-Zug nach Westerland vorübereilt, ohne zu ahnen, daß es ein altes, schönes Dichterheim birgt. Frellich, bescheiden ist das Städtchen nüt feinen kleinen, sauberen Giebelhäusern in den stillen Straßen, und in dem allerbeschcidensten Stadtteil, der„Lüttenheid", steht das Geburtshaus Groths. Freundes- Hände haben hier all« Andenken gesammelt, die ein Bild des Quick- borndichters zu gaben vermögen, die vielen, vielen Bilder seiner Freunde und seiner Familie, die Erstdrucke und Sluegaben, die Bibliothek de» alten Groth aus Kiel und dazu die bescheidene Bücherei, aus der der Junge sich das Wissen anzueignen bemühte, das ihm die Kleinstadtschule nicht zu geben vermochte. Vor allem ober sind die Zimmer mit all dem hübschen„Urväterhausrat" auf- bewahrt wordey, wie sie zu seiner'Kinderzeit waren, als Vater und Mutter in bunten Betten im Alkoven schliefen und die kleine Schwester in einem Miniatur-Alkövchen daneben, als Vater Groth seinem Miillerhandwerk nachging, die Mutter spann oder in der Küche mit dem blanken Zinngeschirr herumhantierte, während der kleine Klaus in der Klippschule der Mamsell Meinung Geschmack am Lesen und Schreiben bekam. Nach der Seminarzeit in Tandern kehrte er noch einmal ins elterliche Haus zurück und war ein paar Jahre Mädchsnschullehrer in der Heimatstadt. Damals hat er die Enge der Kleinstadt recht bitter empfunden und Tag und Nacht über seinen Büchern gesessen, um sich einen Weg in die große Weil hinaus zu bahnen, aber söjließlich war es dach die Heimat und ihre erdhafte Kraft, die ihm dazu verhalf, ein Eigener und Großer zu werden. Ein weißhaariger Alter hütet die Heiligtümer des Dichterhauscs mil Emsigkeit und wahrer Ehrfurcht; er Host den„Quickborn " aus dem Glaskasten und liest in seinem echten plattdeutschen Dialekt „Min Iehann"� Min Annamedder", das Kinderlied„Lütt Mztten de.Has" und ander«. Und wenn man dann wieder im Zuge sitzt und durch das„Jungpparadies" Klaus Groths fährt, die holsteinisch« Geest mit ihren frischen Wäldern, hellen Bächen und heidcbewachseuen Lichtungen, so ist einem, als fei man wirklich bei dem Ouickborn- dichter mit seinen gütigen blauen Augen und dem Verständnis für olles Menschlich« zu Gaste gewesen, Sein Erbe kann nicht besser gehütet«Verden , als«» in dem schlichten Giebelhaus seiner Kindheit geschieht; und man möchte vielen dort«ine Stunde der Erquickung vom Lärm des Leben» wünschen. E. D.
Mann der 3ifcJi riechen? Gewiß ein« einfach« Frag«! Und doch wird man um«ine befriedigende Antwort, die das Scherzhaft« vermeidet, verlegen sein. Schon die Schulweisheit charakterisiert Geruchs- und Geschmackssinn dadurch, daß„Riechen" die Wahryehmung gasförmiger,„Schmecken" die Wahrnehmung irgendwie flüssiger Reizstoffe ist. Stimmt diese Einteilung, dann kann bei F>Ich«n und anderen Wassertieren überhaupt nur von einem„Schmecken" die Red« sein, da ja nur flüssige Reizstoff« in Betrocht kommen.. Dieser Auffassung will aber der bekannt« Experimentalbiolooe v. Frisch nicht beipflichten, und zwar mit der Begründung, daß die im Munde, bzw. bei den Fischen auch außerhalb des Mundes entlang der Seitenlinie gelegenen„Gefchmackszellen" von einem ganz anderen Nerv versorgt«Verden als die Sinneszellen der Nasen- schleimhäute. Diese verschiedenen Nerven leiten die Sinneseindrücke auch zu verschiedenen Gehirnteilen, der Riechnerv übermittelt seine Eindrück« besonderen Teilen des Borde rhirnz, der Geschmocksncrv gibt sie an die Zentren im verlängerten Mark«oeiter. Durch Experi- ment««rweist es sich, daß auch bei Wassertieren(Fischen und Molchen) dies« versls�edenen Sinneszellen verschiedene Funktionen haben. Haifische, in großen Behältern gehalten, beginiren darin sofort zu suche»», wenn«ine Sordine oder arideres Futter eventuell durch Einschluß in einem Beutel unsichtbar gemacht, ins Wasser gebracht wird. Schneidet man ihnen aber die Riechnerven durch (wen« dies als zu grausam gilt, dem sei gesagt, daß es auch genügt. den Haifischen die Nasenlöcher einfach zu verstopfe»!), so unterbleibt das Futtersuchen. Aus der Entfermmg kann also das Tier die Nahrung mit alleiniger Hilf« der Geschmacksnervcn i»icht«vahr- nehmen. S t r i« ck ging noch weiter und dressierte seine Pfleg- ling« auf bestimmle Riechstosse. Er konnte damit«rrsichci«, daß der Fisch sosort lebhaft zu schnappen begann,«oenn ein« geringfügige Meng« des Riechstoffes in den Behälter gebracht wurde. Slehnliche Versuche rourden auch an Molchen angestellt und zeitigten entsprechende Resultate. Interessant ist aber hier, daß der Molch mit demselben Organ beim Landaufenthalt vergraben« Regenwürmer und beim Wass»raus«>»thalt irgendwelche verborgene Nahrung wahrnehmen kann. Das gleiche Organ kann also hinter- einander entweder gasförmige oder flüssige Reizstosf« wahrnehmen. Damst ist aber nachgewiesen, daß ein Geruchsorgan nicht nur allein als Empfaugsstation gasförmiger Reize charakterisiert iverden tonn. denn«pir müssen nun auch bei den Wassertieren von„Riechen" sprechen, und zwar in all jenen Fällen, wo inst Hilfe eigenartiger. von den Geschmackszellci' verschiedener Vinnes-ellen von ihnen flüssig« Reizstajfe, oft in unglaublicher Verdünnung, ermittelt werden können. Daß Fisch« und Molch« wirklich riechen können, ist also demnach doppelt und dreifach gesichert. Ewald Schild.