Abschied von Magdeburg . Stimmen zum Parteitag. In der Magdeburger„Volksstimme" schreibt Genosse Paul Lobe : Wer diesen Parteitag nicht mit gehobenen Gefühlen verläßt, muß die Fähigkeit ehrlicher Begeisterung verloren haben oder ein ganz unverbesserlicher Richtungsfanatiker fein. Diese Verbundenheit treuer und opferwilliger Anhänger mit ihrer Partei, diese geistig hochstehenden Verhandwngen, die kameradschaftliche Auseinandersetzung auch dort, wo scharfe Gc- stnnungsdifferenzen vorlagen— sie bedeuten einen äußern und innern Ausstieg unsrer Bewegung, wie er in politisch und wirtschaftlich so schwerer Zeit wohl nie einer politischen Partei beschieden war. Wenn unsre Minister, wenn Braun. Müller. S e v e r i n g mit freundschasllichem Händeklatschen aus die Redner- trfbüne geleitet wurden, so war das weder Götzendienst noch die Bekundungen des Einverständnisses mit jeder ihrer Handlungen, aber die große Mehrheit des Parteitags wollte ihnen doch zurufen, wir kennen eure Schwierigkeiten, wir wissen, wieviel Lebens- und Rervenkraft ihr bei eurer noch undankbaren Ausgabe hingeben müßt, aber wir zweifeln keine Minute an eurer aufrichtigen Hingabe an die Arbeiterklasie und ihre Ziele—, drum seid bedankt! ... Es blieb nirgends auf diesem Parteitag auch für den Unterlegenen eine schmerzende Wunde zurück, der ritterliche G e i st ließ fast überall auch Freude am Argument des Gegners empfinden, erst recht dort, wo es mit Ironie oder Sarkasmus ge- würzt war.'... So wurde der Magdeburger Parteitag nicht nur zum Wahr- zeichen eines erfreulichen geistigen Ausstiegs und innerer Konsolö- dierung, er gab seinen Teilnehmern auch eine seelische Erholung und Erbauung mit. Er hat es seinen Nachfolgern schwergemacht — doch wir schreiten vorwärts! An derselben Stelle schreibt Genossin Toni Sender : Nie seit der Wiedervereinigung wurde solch gute geistige Aus- «inandersetzung gepflogen, nie war der Ton kameradschaft- l> ch e r als in Magdeburg . Man glaubt einander, daß alle Teil« nur die Förderung der Partei und der Arbeiterklasse im Aug« haben. Und dennoch war niemals bisher eine so breite Front der Kritik und der Warnung Hatte doch z. B. im Anschluß an die Panzer- kreuzeraffär« die Debatte des Wehrprogramms die ganze Partei aufgerüttelt. Es schien zweifelhaft, ob es überhaupt zu einer Mehr- heitsbildung kommen könne. Auf die Art der Erledigung fällt frei- lich auch ein Schatten. Sollt« man überhaupt programmatische For- mulierungen gegen so starke Minderheiten verabschieden? Da» Stimmenverhällnis stand bei dem Votum über den Antrag zur Vertagung so, daß— nimmt man nur die gewähllen Delegierten des Parteitags— beide sich gegenüberstehende Meinungen etwa die gleiche Stärke hatten. Es wäre darum klüger gewesen, die Erledigung nicht zu überstürzen und die endgültige Verabschiedung dem nächsten Parteitag zu überlassen. Ein Vakuum wäre dadurch nicht entstanden; liegen doch die Brüsseler Beschlüsse in der Frag« vor. denen auch die deutschen Vertreter zustimmten, und die sür die Partei verpflichtend sind. Kein Zweifel aber kann darüber bestehen, daß eine Fortsetzung der Aussprache nicht nur das geistige Leben der- Partei angeregt, sondern auch eine starke Annäherung der Meinungen, die Möglichkeit einer Synthese der Ausfassun- gen gebracht hätte. Zu lang« war man der grundsätzlichen Dis- kussionen in der Partei entwöhnt und hatte dadurch Gelegenheit ge- geben, daß an Stelle der Gedanken sich Schlagworte einnisten konnten. In einer Partei wie der unseren darf aber niemals Er- ftarrung eintreten, müssen praktische Lösungen sich stets orientieren an der Richtschnur der sozialistischen Theorie. Nicht ganz derselben Meinung ist Genosse D i t t m a n n. der schreibt: Die Annahme der Richtlinien bedeutet keine veränderte Stellungnahme der Partei. In bürgerüchen Kreisen mag man das geglaubt hoben, weil man dort die Stellung der Partei in der Vorkriegszeit seit ihrer Gründung meist gar nicht kennt. Dort herrscht vielfach der Glaube, die Sozialdemokratie Hab« vor dem Kriege denselben intransigenten und scheinbar hyperradikalen Stand- punkt eingenommen, den heute die Kommunisten zum.Leer im kapitalistischen Staat" einnehmen. Und auch manche Parteigenossen der jüngeren Generation mögen geglaubt haben, die Partei habe früher grundsätzlich jedes Heer abgelehnt.„Diesem System keinen Mann und keinen Gro'chen." dieses politische Schlagwort, übernommen aus dem Sprachschatz des Liberalismus in der bismärckischen Zeit, hat manchen dieser Genossen zu seinem Irrtum oerleitet. Aber totsächlich hat die Sozialdemokratie der Vor- kriegezeit ihre Gegnerschaft nicht gegen das Heer selbst gerichtet, sondern gegen das System des stehenden Heeres, an dessen Stell« sie das Milizsystem gefordert hat. Die die Wehrfrage betreffenden Stellen aus dem Kommentar von K a u t s k y und S ch ö n l a n k zum Erfurter Programm, die ich auf dem Parteitag verlesen habe, wirken heute fast befremdend, scheinen uns beinahe eine nationalistische und militaristisch« Färbung und Tendenz zu haben, während sie in der Vorkriegszeit Allgemein- gut in der Partei waren. Würden die jetzt angenommenen Richt- linien dieselbe Sprache führen, so würden sie mit großer Mehrheit abgelehnt worden sein. Ich bin überzeugt, daß auch die Gegner des Kommissionsentwurss s l ch bald mit ihm abfinden und in Ihm einen durchaus praktischen Wegweiser für die Tagespolitik sehen werden. Dem ist nur hinzuzufügen, daß es keinem benommen ist, die Diskussion weiterzuführen. Richtlinien, die ein Parteitag beschlossen hat, sind ja keine Dogmen, deren Anzweiflung ver- boten wäre._
Gluiwette über Amerika . 43,3 Grad EelsiuS in den Oststaaten. New gork. i. 3unl ©1« hihewelle. die seit einigen Tagen im Osten der omert- konischen Staate« herrscht, hat teht auch nach den mittel- westlichen und westlichen Staate« der Union übergegriffen, au, denen zahlreiche Tode,sSlle durch HihschlSge und Ertrinken berichtet werden. 3n New York sind am Zreilag 22 Personen an den Folgen der hihewelle gestorben. va, durch die hihe verursachte Unbehagen wird noch erhöht durch den hohen Feuchtigkeitsgehalt der tust. Die höchsten Temperaturen in den Oststaaten wurden in Eorlnth(New yarks mit 43.3 und in Boston mit 35,5 Grad Celsius gemessen. 2a Bridgeporl(Connecticut ) verursachte die hihe die Explosion von zwei pnlvermagazinen der Remlng- ton Arm» Company, wobei eine Person verletzt ward«.
G. M. im prähifl Man schreibt uns: Ich habe heute die vorgeschichtliche Abteilung des Museums für Völkerkunde in der Prinz-Albrecht-Straß« besucht. Als Wissenschaftler war ich zunächst erstaunt, daß dieses Museum den neueren Forschungsergebnissen recht wenig angepaßt ist und daß Etikett«« bei vielen ausgestellten Stücken fehlen bzw. recht Mangel- Haft sind. Für den Laien wird es ganz unmöglich fein, sich aus d«m Wust der aufgehäuften Schätze«in übersichtliches Bild von der Kulturentwicklung der Vorzeit zu machen. Leider ist man hier noch nicht, wie in jedem besseren Provinzmuseum, dazu übergegangen, wenige, typische Stücke mit kurz erklärenden Etiketten in die Schau. kästen zu legen. Den alt«n Virchow In Ehren, aber weder den Wissenschafter aus der heutigen Generation noch den Laien werden gerade die Meeresmuscheln interessieren, die der Herr Geheimrat in Italien gesammelt hat, zumal es ganz gewöhnliche Austern und Miesmuscheln sind. Dennoch hängt ein besonderer Glaskasten mit diesem Sammelprodukt Dirchows, diesmal durch deutliche Etikette erklärt, im Museum. Weg mit derart simpler Geheimratshierarchie! Ich kam aus Bayern , dem reaktionären Bayern , wie man in Berlin oft hört, aber ich habe immer geglaubt, daß Bayern ein Volts. staat fei. Nur auf den Etiketten im— nebenbei bemerkt staatlichen— Museum in der Prinz-Albrecht-Straße ist Bayern ein Königreich. Aber dieses Museum sst ja ein prähistorisches, offenbar glaubt es seiner Aufgab««her in diesem Sinne gerecht zu werden, als wenn es versuchte, eine wahre Bildungsstätte des Volkes zu werden. Dieses Museum hält nämlich, und darüber war ich zum zweitenmal, jetzt als Republikaner, erstaunt, offenbar auch heut« noch recht viel von
„Oer König von Goho." Ein Iannings-Ftlm im llfa-palast am Zoo. Jetzt erst bekommen wir den letzten Film zu sehen, den der ver. storbene große schwedische Regisseur Maurits S t i l l e r in Hollywood gedreht hat, mit Emil Iannings in der Hauptrolle. Am Manuskript hat Joseph von Sternberg mitgewirkt, und die Photographie ist unvergleichlich schön. Es sind also die besten Kräfte aufgeboten worden, und so ist ein Film entstanden, der in seiner Art Klasse ist. Aber die unvermeidliche angelsächsische Lust am Traktätchenstil und seine unüberwindliche Lieb« zur Versüßlichung des Frauentyps bringen ein störendes Element in die fönst höchst realistisch« Dar- stellung von Not, Verbrechen und Prostitution in einem jener berüch- tigten Londoner Slumps, in Soho . Stiller, den wir sonst als den feinen Dichter der schwedischen Landschaft kennen, mall hier mit wahrer Andacht zum Kleinen das Milieu der engen Gasse mit den allen baufälligen Häusern, den Kellergelassen und den winkeligen Dachstuben sowie seiner absonderlichen Bevölkerung, den Elendesten der Elenden� den Ausgestoßenen, den Schnapsmegären, denen man die Beaufsichtv gung der kleinen Kinder in düsteren Löchern anvertraut, den Ver- brechern und Dirnen. Millen unter diesen beinahe phantastischen Erscheinungen wirkt als Zuhälter und Verbrecher Bill, genannt der König von Soho(Emil Iannings). Mit einem gewissen Humor ist sein Zusammenhausen mit dem Straßenmädchen Annie geschildert. In dies« Welt treten mit einem Mal« Abgesandte einer anderen, zwei Heilsarmeeapostel, die den Mut hoben, den Kamps mit dem Elend und der Roheit auszunehmen und allem Hohn und Spott zu trotzen. Di« junge„bildhübsche" Schwester Elisabeth fasziniert das große, gut- mütige Tier Bill. Er wird ihr Beschützer und tritt ihr zuliebe ln die Heilsarmee «in. die mit seiner Hilfe nun einen Kinderhort ins Leben ruft, in dem Bill— ein wahrhaft groteskes Bild— Pflegerdienste an den Kleinen verrichtet. Aus Eifersucht oerrät Annie ihren abtrünnig gewordenen Bill und seine Gefährten, die eben erst ein Stück gedreht haben, an die Polizei. Es erfolgt eine Razzia großen Stils, Flucht der Verbrecher über die Dächer in das Kinderheim, eine wüste, ganz unwahrscheinliche Gchießerei. Bill will die Kinder retten und bekommt dabei den tödlichen Schuß. Um den Sterbenden be- mühen sich die beiden Frauen. Ist das Ganze nun eine Verherrlichung der Heilsarmee , oder wollte man nur in das Dunkel lichte Kontrasterscheinungen stellen? Uns erscheint jedenfalls die Schwester Elisabeth auch in der Dar- stellung der F a y W r a y(als typischer anglikanischer Engel mit dem rührenden Augenaufschlag) als eine Konzession an die Süßig- kellsbedürfnisse. Emil Iannings ist wieder einmal ganz aus einem Guß, ein Kraftkerl, manchmal roh und gewaltsam und doch im Grunde gutmütig. In schöner Selbstdisziplin meidet er all« Uebertreibungen. Ganz hervorragend sst auch die Annie der Olga Baclanova . Sie ist in jedem Zug« echt und glaubwürdig und ent- fernt von jeder Karikatur. Die Well der Elenden und Verbrecher wird in ausnehmend individuell gekennzeichneten Exemplaren vor- geführt. Was aber will der Film? Nur unterhalten? Rührung mit Grauen mischen? Zeigen, daß auch ln den Verkommenen noch Menschlichkeit schlummert? Di« vielen Fragen zeigen, daß die letzte soziale Einstellung fehlt._ v.
Ein sozialer Film. Oer Sittenrichter. Davaria-Lichtspiele. Der lächerliche Abtreibungsparagraph steht im Mittelpunkt der Handlung. Ein junges Mädchen läßt kurz vor Ihrer Heirat mit einem kleinen Angestellten ein Kind, das sie von ihrem Chef, einem bekannten Großindustriellen, empfangen hat, durch«ine Hebamme abtreiben. Dies« weise Frau wird verhaftet und dabei erfährt man die Namen aller Mädchen, die sich von ihr behandeln ließen. An- klage wegen Vergehens gegen§ 218 Ist die Folge, und um ollen weiteren Verwicklungen aus dem Wege zu gehen, nimmt sich das junge Mädchen das Leben. Der Film hat den Mut, mit einer schrillen Dissonanz zu enden. Wenn man viel Geld hat, geht man in eine berühmt« Klinik, das schildert schon Vicki Baum in ihrem Roman.Lelen« Willsüer" und das weih auch der Kurfürstendamm , wenn man dagegen mittel- los Ist, kommt man vor den Staatsanwalt. Vielleicht hätte der Film diesen Gegensatz herausarbeiten sollen. Er beschränkt sich jedoch nur auf das Unglück in der kleinbürgerlichen Sphäre auf«in« Anklage gegen das Mittelalter im Strafgesetzbuch. Zuerst erscheint da» Thema zugespitzt, denn der Großindustrielle hätte sein« Geliebt« sicherlich in einem kostspieligen Sanatorium untergebracht und stille Harmonie wäre die Folge gewesen. Aber Margarete Schlegel macht es glaubhaft, daß dieses Mädchen, das den Geliebten wirklich liebt, zu scheu ist und über zuviel Hemmungen verfügt, um offen mit der rettenden Instanz zu sprechen? und als sie tot ist, dämmert dem zerbrochenen Papa, einem in Ehren ergrauten Gerichtsdiener, so etwas wie die Relativität, die Lächerlichkeit der sogenannten Schande. Abgesehen von der Tendenz gibt der Film«in BUd jenes Klein- bürgertums, das heut« noch befangen in Vorstellungen vergangener Zeiten lebt. Der Paragraph ist schlimm, doch«bensomel Unheil
f
wwvjwwfwww«qr/r ▼| „S. M. dem Kaiser und König Wilhelm ll.* vorzufinden. Die prächtigen Goldschätze der Semnonen aus der Eisenzeit tragen z. B. die erklärende Etikette, daß dieser Schatz Seiner Majestät dem Kaiser und König vom Finder zur Verfügung gestellt worden sei Was interessiert uns das? Vorgeschichtliche Funde, seien sie nun aus Stein. Eisen oder Gold, gehören dem deutschen Volke, das sie in den staatlichen M u s e e n zur allgemeinen Besichtigung ausstellt, sie gehören niemals Privatpersonen. Aber man geht noch weiter. Auch sür die vargeschichUiche Abtei lung der staatlichen Museen kann man beim Pförtner einen mt Jahre 1922 gedruckten Führer kaufest. In diesem Führer wird sür mein�Gefühl der republikanisch Gesinnte einfach brüskiert. Es steht da(S. 33) zu lesen, daß der Goldschatz von Eberswalde eine Leih- gäbe sei„S. M. des Kaiser Wilhelms II.". Wie steht es mit den Rechtsverhältnissen, so frag« ich öffentlich. Meines Erachtens gehört dieser prähistorische Fund dem Volk, ist dem aber nicht so. so schicke man ihn in Gottes Namen dem Exkaiser nach Doorn, oder man entlehne ihn weiter vom Exkaiser, aber nicht van Seiner Majestät. Unter den wenigen, dem Führer beigegebenen Bildtafeln von Museumsstücken befinden sich ausgerechnet zwei mit der Unterschrift: .Leihgabe S. M. des Kaisers." Ich mein«, es wäre langsam an der Zeit, dieses staatliche, pra- historisch prähistorische Museum in ein modern prähistorische» um- zuwandeln, was ohne besonder« Kosten ohne weiteres möglich wäre. Dr. Volker.
stiftet sein« engstirnige Moral. Der Regisseur Carl Heinz Wolff erfaßt die ganz« muffig« moralisch verkleistert« Atmosphäre. Er zeigt die Weltfern« dieser Leute. Und so entsteht ein Film, der fast ein« Art von Kulturdokument darstellt. Hinzu kommt ein« ausgezeichnete Darstellung. Margaret« Kupfer als Mutter gewinnt hier eine Ausdruckskraft die sie weit über den sonstigen Bereich ihrer Darstellung hinaushebt. Sehr gut sind Briese und Lettinger; während Ledebour nicht immer verleugnen kann, daß er früher einmal fünffüßig« Jamben gedonnert hat. x. Durchs Brandenburger Tor. primus-palast. Man machts hall jedem recht. Die Garde marschiert vorbei und ein paar klein« Handwerker subeln, nur«in trutziger Soztaldemo- krat erklärt mit schöner Offenheit, er pfeife auf den ganzen Milita- rismus. Darauf schmeißt ihn sein in bürgerlichen Ehren ergrauter Meister kurzerhand heraus. Der also Behandelte geht noch Amerika . Und während in Europa Krieg und Inflation ihren Todesreigen aufführen, macht er dort dank seiner Tüchtigkett Dollars Selbst- verständlich gerät die ehrenwert« Bürgerfamilie unter den Schlitten der Geldentwertung, und am Schluß kommt dann eine ansehnliche Erbschaft jenes besagten Sozialdemokraten aus Amerika und führt das gute Ende herbei, derart, daß die Braven heiraten können und daß ein Schieber ins Gefängnis wandern muß. Sieht man im deutschen Film Schieber, so haben sie immer etwas Lächerliches und Kleines an sich. Warum zieht man nicht einmal entschiedene Konsequenzen und führt auch, wie die Franzofen es im lichten Augenblick taten, di« richtigen Drahtzieher über die Leinwand spazieren, also Bankdirektoren, Graßindustriell« und andere Spitzenerscheinungen eines patriotisch verbrämten Schieber- tums? Es handelt sich eben um di« moralische kleinbürgerlich« Weltordnung im deutschen Film, di« unter keinen Umständen an- getastet werden darf. Der brave Mann setzt sich eben am Schluß durch und der Böse kommt trotz seines Konjunkturverständnisses ins Loch. So ist der Film, aber leider nicht die Wirklichkeit. Darum empfinden wir so stark die Verlogenhell. Außerdem ist das Manuskript unorganisch. Was am Schluß Amanullah und der Zeppelin soll, weih kein Mensch. Sie hätten Berechtigung, wenn der Film tatsächlich einen Querschnitt und einen Längsschnitt durch das Berliner Leben legen würde. Da» versucht er aber nur recht kümmerlich und die rührende Familienangelegen- hell überwiegt. Man ist von dem Präsidenten des Universalfllm» Carl Laemml« besser« Arbeit gewöhnt. Dabei ist nichts gegen die Regie Max K n a a ck e s und über die Darsteller vom Rang« eines K a m p« r s, Henckels , Pointners oder C t t l i n g« r s zu sagen. Es stört nur di« falsche Akzentuierung eines Themas, das verdienen würde, ernst diskutiert oder als Groteske aufgezogen zu werden.— t.
3m Beba-Palast-Atrium zeigt die Gastspieldireknon Weiniger und Iansen-Iacobs eine harmlose kleine Revue:„Die verflixte Liebe." R. Rillo und Jansen-Jacobs schrieben 10 Gott sei Dank nicht allzulange Bilder, die man trotzdem noch hätte kürzen können. Es wird ein bißchen getanzt und«in bißchen gesungen, dazwischen redet man Irgendeinen belanglosen Text, um den obligaten roten Faden zu spinnen, der diesmal ziemlich dünn und blaß ausfiel. Bemalte Leinwandlappen im Sttl des vorigen Jahrhunderts gaben di« Bühnenbilder ab. Das Ganze war nicht ausgesprochen schlecht, aber ohne jede höheren Ambitionen. Trotz allem, das anspruchslose Publikum schien sich zu unterhalten.— Borher liefen einige Film- grotesken, die einem nur hin und wieder«in schwaches Lächeln zu entlocken vermochten. W. I. Maxim Gortl ist Freitag in Moskau eingetroffen. Er wurde von Vertretern der Regierung und öffentlicher Organisationen feier- lich begrüßt. Ein Groß-New-York für 20 Millionen Einwohner. Ein groß- artiger Stadtbauplan der Zukunft, dessen Verwirklichung etwa drei Milliarden Dollar kosten würde ist jetzt für New Park ausgearbeitet worden. Der Plan, di« Frucht siebenjähriger Arbeit von 150 hervor« ragenden Ingenieuren, Baumeistern und Volkswirtschaftlern, dessen Ausarbeitung mit einer Million Dollar aus der Russell-Sage- Stiftung bestritten wurde, umsaßt zwei dicke Bände und«ine groß« Sammlung van Karten und Plänen. Er ist für da»„Groß-New- Port" bestimmt, dessen Einwohnerzahl man sür 1965 m'tt 20 Mil- lionen berechnet. Dieses Groß-New-Port der Zukunft wird eine Fläche von 8350 Quadratkilometer bedecken Außer dem Gesamt- plan beschäftigen sich 500 einzelne Vorschläge mit einem neuen Straßensystem, einem wissenschaftlich durchgearbeiteten Eisenbahn- netz, mit neuen Brücken, mit Tunnels unter dem Hudson. Harlem und East-Fluß, mit einer großen Anzahl von Voltsparks und 46 Flughäfen. 100 Zohre Berliner Ännfl. Ter verein verliner Rfln'tler tellt mrt mit, dah Milglieder der Geweilschalten. der«ngeüelllen« und veamtenoreani- lallonen gegen Vorzeigung de» vetdandsduche« Eintrittskarten zu 80 Pt. für diese Auestellung erhalten. DI« Soaderableilungen der Dolksbfthae veranstalten am 18, Jani, 20 Uhr. in der Aula der Schule Weinmelsterstraße 17 einen Auslpracheabend. der sich mit dem Tbema.Valtsbüdne— Zeitthealer 1929-30' beschälllgen wird. Referenten de» Abend» sind Emst Toller und Paul Stein vom lstnstlrrsichen Ausschuß der Lolktbühne.