Reichstag und innere Verwaltung.
Severing für den Einheitsstaat./Schreck für Kulturförderung. / Künstler gegen die Kommunisten.
In der gestrigen Reichstagsfizung, deren Anfang wir schon im Abendblatt berichtet haben, bemängelte
Abg. Dr. Leicht( Bayer. Bp.) noch, daß der Reichsinnenminister wegen der bayerischen Titel- und Ordensverleihungen den Staatsgerichtshof angerufen hat. Man sollte doch auch auf die mensch lichen Schwächen Rücksicht nehmen.( Heiterkeit.) Zum Schluß vers langt der Redner im Interesse der geistigen Volksgesundheit scharfes Borgehen gegen obszöse Literatur.
Reichsinnenminister Severing
erwidert zunächst Dr. Leicht: Artifel 109 Abs. 1 der Reichsverfaffung bestimmt: Alle Deutschen sind vor dem Gesetz gleich.( Gelächter der Kommunisten und Rufe: Glauben Sie das?) Wenn Abg. Leicht meinte, daß mein Eifer sich besonders auf die Abfäge 4 und 5 des Artikels 109 wendet, die untersagen, daß Titel und Orden verliehen werden, dann wiederhole ich: Gerade weil alle Deutschen vor dem Gesetze gleich sind, müssen auch alle Länder vor dem Geseze gleich sein. Und wenn es wirklich in Bayern schwache Menschen geben sollte, die auf Titel und Orden großen Wert legen, so ist dies nicht eine bayerische Eigenart.( Heiterkeit.) Auf die Befriedigung solcher Wünsche hätten auch die Preußen und sogar die Sachsen Anspruch.( Große Heiterkeit.) Die Anrufung des Staats: gerichtshofes ist nicht ein unfreundlicher Afi gegen Bayern . Wenn Bayern Titel und Orden in einem Umfang verleiht, wie es im alten Regime nicht der Fall war, dann muß einmal geprüft werden, ob nicht andere Länder das gleiche tun können oder ob man diese Eitelkeit nicht befriedigen joll
Auch ohne Zensur hat der notwendige Kampf gegen obszöne Geschäftsliteratur bereits ganz unleugbaren Erfolg. Mit dem Polizeifnüppel ist nicht alles zu machen. Viel wirksamer ist eine Berfeinerung des Geschmacks des Publikums.
Bieles , was an Wünschen an mich herantrat, ist abhängig von der Frage, wie die Reparationszahlungen gestaltet werden. Wenn mir anstatt Streichungen vorzunehmen, die fulturellen Positionen verbessern könnten, dann würde ich einen viel angenehmeren Stand haben.
Die Reichsdienststrafordnung und der Entwurf über das Reichsverwaltungsgericht werden bald dem Reichstag zugehen, auch ein Reichsbühnengefeh.
Das Berufsschulgesetz kann noch nicht verabschiedet werden, weil zwischen Reich und Ländern die Kostenfrage noch nicht geregelt ist. Die Wahlreform wird vorgelegt werden, wenn wir die großen Gesetzesvorlagen des Frühherbstes hinter uns haben. Es wäre vielleicht ein Verbrechen wider das keimende Leben, wenn ich alle die Bedenken noch einmal unterstreichen würde, die man gegen die Einführung eines solchen Gesezes haben tann.
Die Hoffnungen auf ein neues Wahlgefeh muß man auf das richtige Maß zurückführen.
llebrig bleibt vielleicht eine andere Wahlkreiseinteilung und eine Aenderung der Reichsliste. Wenn Abg. Dr. Bredt sagt, neue Barteien bringen neues Leben, so möchte ich doch dies seiner Partei gegenüber sehr bezweifeln( lebhafte Heiterkeit), wenn ich auch seine Mitarbeit durchaus nicht unterschätze.
Gibt es wirklich eine Krise des Parlamentarismus? Borin besteht die?( Zuruf eines Nationalfoz.: Daß Sie da sind!) Sie( nach rechts) sehen die Krise darin, daß es oft schwierig ist, wichtige Gesezes vorlagen durchzubringen. Haben Sie denn die Gewißheit, daß, wenn wir heute das alte Regime hätten, heute die dem Deutschen Reiche vorliegenden Aufgaben leichter gelöst werden könnten.
Was man die Krise des Parlamentarismus nennt, ist meines Erachtens eine Krise des deutschen Volkes.
Kämpfen wir nicht heute unter der Last der inneren und äußeren Reparationen? Müßten wir heute nicht mit einer ungeheuren Borbelastung alle Arbeit beginnen, dann wäre das Regieren eine Freude. Wie schwer das Regieren aber heute ist, das zeigt der wiederholte Austritt von Parteien aus den Regierungen, weil die ungeheure Last der Ausführung des Friedens von Berja Iles mit aller Bucht an sie herantrat. Wenn wir durch die Regelung der Reparationsverpflichtungen in die Lage versezt werden, Erleichterungen zu bekommen, dann wird das Regieren schon etwas leichter sein. Die Deutschnationalen fönnen also schon wieder auf Vorposten ziehen.
( Heiterkeit.) Was wollen Sie mit einer Diktatur?( 3uruf bei den Nationalsoz.: Ausmisten!). Bis November 1918 mar der Einfluß des Parlaments auf die deutsche Politik sehr gering. Wollen Sie behaupten, daß damals die gefeßgeberische Arbeit leichter vonstatten ging? Wer vor 20 Jahren erlebt hat, wie um die Reichsfinanzreform gefeilscht wurde, so daß sogar die Professoren eine Rundgebung dagegen erließen, dem erscheinen die Schwierigkeiten unserer gefeggeberischen Arbeit wie eine blaße Limonade.( Heiterkeit.) Die Finanzreform war damals fast das einzige Wort einer ganzen Wahl periode heute werden in jedem Jahr eine ganze Reihe schwieriger und wertvoller Gefeße geschaffen.
-
Es wäre eine Herabwürdigung seiner selbst, wenn der Reichstag gering achtete, was er in den letzten zehn Jahren geleistet hat. Dabei war es früher viel leichter als heute, wo Deutschland aus tausend Wunden blutet. Was soll nun der Diktator, nachdem immer gerufen wird: Die Diftatur in gewissen Ländern stüßt sich auf gewaltige Heere, und dabei geht es, wie Spanien zeigt, nicht immer ganz reibungslos. Soll sich ein Diftator bei uns auf die hundert. tausend Mann Reichswehr und die 150 000 Mann Polizei ftüßen? Ich tenne die Stärke und Berläßlichkeit des Reichsheeres und der Bolizei, aber fie fönnen ihre Aufgabe, die Landesgrenze zu schützen, Ruhe und Ordnung im Innern aufrechtzuerhalten, nur durchführen, weil die demokratische Bolksmehrheit das will.( Bustimmung.) Ein Diftator, der vielleicht nur die Nationalsozialisten und den Stahlhelm hinter sich hätte( Rufe rechts: Nehmen wir noch Rot front bazu! Hört, hört! links.- Lebhafte Heiterfeit.), würde eine unmögliche Pofition haben. Nach einigen Worten über die sogenannte Reichsreform fündigt der Minister
an.
-
noch für dieses Jahr einen Gefehentwurf, der den Weg zum Einheitsstaat und dessen Aussehen zeigen wird,
-
Es soll dadurch Klarheit geschaffen werden, wo man schon bei Der Minister dem gegenwärtigen Zustand reformieren fann. spricht dann über die Stellung der Beamten und sagt: Das wäre ein schlechter Republikaner und Verfassungsminister, der nicht die Fernhal'ung der fortschrittlichen Elemente durch das alte Regime so schnell wie möglich wettmachen wollte.( Zustimmung links.) Es ist höchste Zeit, daß die früher nicht geduldeten Sozialdemorafen und Demokraten nunmehr bei Vakanzen berücksichtigt werden.
In der Monarchie ist z. B. ein Beamter in Schlesien gemaßregelt worden, weil er bei der Landtagswahl für einen Nationalliberalen gestimmt hatte!( Hört! Hört!) Heute sollen vorzugsweise diejenigen herangezogen werden, die mit freudigem Herzen den Staat bejahen Darum sollen feineswegs die alten anderen Beamten schlechter behandelt werden. Allerdings müssen sie sich inner. und außer halb des Dienstes als Beamte der Republit fühlen und betragen.( 3uftimmung.)
mit aller Deutlichkeit spreche ich aus: der Abschluß der Unterredung der Stahlhelmführer mit dem Reichspräsidenten ist feinesfalls ein Freibrief für den Stahlhelm und die ihm angehörenden Beamten,
( Stürmische Zustimmung links.) Wenn sie entgegen dem Versprechen an den Reichspräsidenten immer neue Beschimpfungen gegen die Republik richten der Minister verliest verschiedene Hegreden von Stahlhelmführern, so werden die Behörden zu prüfen haben, ob das Gesetz über die Beamtenpflichten die Teilnahme an derartigen Rundgebungen des Stahlhelms gestattet.( Lebh. Zustimmung links.) Die republikanische Offensive zum zehnjährigen Verfassungstag brauchte nur darin zu bestehen, daß man dem Volke zeigt, was die Republik in diesen zehn Jahren an sozialer Fürsorge, Wohnungsbau, Siedlung und Gesundheitspflege getan hat. Alles wird dadurch in den Schatten gestellt, was die Monarchie in mehreren Jahrzehnten geleistet hat.( Beifall links, Lachen rechts.) Gerade in der Republik find die nationalen Kräfte geweckt worden.( Abg. Graf Westarp Sie sind ja international!) 3a, ich bin international.
Ich rechne alle diejenigen Menschen, die sich auf Betätigung des nationalen Sinnes beschränken, zu den seelisch Minderbemittelten. ( Lebh. Beifall links.) Ich bilde mir ein und nehme für mich in Anspruch, ein so guter Deutscher zu sein, wie irgendeiner auf der Rechten. Ich lege aber auch Gewicht darauf, im 20. Jahrhundert zu links.) Denken Sie an die internationalen Beziehungen, die ja auch denen zu gehören, die auf ihr Weltbürgertum stolz find.( Beifall die Deutschnationalen Höksch und v. Lindeiner- Wildau pflegen.
Der deutschnationale Redner hat Kampf gegen die Berlängerung des Republikschuhgesezes angekündigt, vor zwei Jahren haben die Deutschnationalen als Regierungspartei für die Verlängerung gestimmt!( Heiterfeit.)
Beim Rundfunk will ich die politische Neutralität aufrechterhalten, aber wir wollen nicht zu engherzig sein. Bei dem raschen technischen Fortschritt läßt sich die Zukunft nicht übersehen. Aktueller ist der Rundfunk schon geworden, frische Luft muß aber noch hineingepumpt werden.( Sehr gui! links.)
Deutschland tann nach seinem Gebietsverlust und unter seiner Caft nur weiterfommen, wenn seine Produktion durch wissenschaftliche Forschung imftande gefeht wird, Qualitätsetzeugnisse auf dem Weltmarkt anzubieten; deshalb freut es mich besonders, daß ich bei aller Etatsdrosselung wenigstens die 8 millionen für die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft durch die klippen der Finanzsachverständigen und des Reichstats in den Ozean des Reichstags retten fonnte. ( Heiterkeit)
Nun zur Rede des Abg. Piec. Das eine muß man den Kommunisten lassen, in der Erfindung neuer Schlagwörter sind fie 1 A.( Abg. Höllein: Und Sie in der Erfindung neuer Polizei lügen, wie von den 14 zerschossenen Karabinern.) Das habe nicht ich erfunden.( Andauernde lärmende Rufe der Kommunisten, die der Präsident erst durch Ordnungsrufe und Androhung schärferer Maßnahmen dazu bringen kann, dem Minister wenigstens einen Teil der Redefreiheit zu gewähren, die Pied vollkommen ungestört gehabt hatte.) Das neufte Schlagwort ist der Sozialfaschismus. Es ist nicht wahr, daß die Aufrechterhaltung des Demonstrationsverbotes mit unwahren Behauptungen begründet worden ist. Das ist vielmehr mit gerichtlich festgestellten Bluttaten von Rot- Front- Leuten geschehen und mit den Ankündigungen der KPD., daß die Maidemonstration gegen die Staatsautorität gerichtet sein jolle. Auch für den 1. August kündigen die Kommunisten an, daß die revolu tionäre Aktion weiter vorwärts getrieben werden soll.( Lebhafter Widerspruch der Kommunisten.) Sie glauben jeßt wohl nicht mehr daran, daß Sie am 1. Auguft die bolichemistische Revolution durchführen können.( Abg. Maddalena( Komm): Das haben Abg. Höilein( Komm.): wir gar nicht geglaubt! dummes Rindvieh! Du Der vorwißige Rufer wurde nach der Rede Severings von den Oberbongen der Die für Ordnung und KPD. scharf ins Gebet genommen.) Sicherheit verantwortlichen Behörden werden diesen Putschabsichten begegnen missen.( Pfui- Rufe der Kommunisten. zu Abg. Pied: Scharfmacher!) Herr Pieck, provozieren Sie mich nicht!( Große Stille der Kommunisten.) Ein fommunistisches Blatt. das Rote Tempo", schrieb nach den Maitagen, die Blauen seien feine Klassengenossen, sondern Stoßtrupps des Sozialfaschismus gegen das Proletariat.( Abg. Pieck: Sehr richtig!) Was brauche ich da noch scharf zu machen? Sie werden bei allen
-
Butschversuchen auf den entschiedenen Widerstand der Staatsgewalt stoßen, die Ordnung und Sicherheit in der demokratischen Republik aufrechterhalten wird.( Anhaltender Beifall der Regierungsparteien, Lärm der Kommunisten.)
publik, die ihre Außenpolitik mit dem Palmwedel, mit feigſtem Abg. Dr. Goebbels ( Natsoz.) vernichtet wieder einmal die RePazifismus und ihre Innenpolitik mit dem Gummifnüppel und mit blutrünstigem Militarismus gegen die nationale Bewegung treibe. Abg. Schreck( Soz.):
Wenn die Redner der katholischen Parteien sich über Kritik be schweren, so sollten sie nicht vergessen, daß gerale in ihrem Lager Toleranz vielfach mangelt. Man will dort nicht einsehen, daß
neben der Religion ein anderes Ethos entstanden ist, das Ethos der Arbeit. Wer die Verbundenheit der Menschen anstrebt, die da förperlich oder geistig schaffen, der tut so viel für die Höherentwicklung der Kultur, daß er selbst vom Stank punkt der Religion aus eine Wertung nicht zu fürchten hat.( Lebhafte Zu stimmung links.) Neutralität im Rundfunk, gewiß! Aber heute herrscht dort Einseitigkeit. Alles was die Kultur der arbeilenden Massen angeht, wird im Rundfunk ausgeschaltet. Und dabei ist gerade der Rundfunk ein ausgezeichnetes Mittel, um den Menschen Erjazz für Schund und Schmuß zu bieten und sie auf Einrichtungen hinzuweisen, wo sie wahre Bildung sich holen tönnen.( Sehr gut! links.)
Die Streichbittatur bei der Etatsvorbereitung hat an den Kulturausgaben 400 000 m. gestrichen und dadurch eine Beitrag zu der Erkenntnis von dem schlechten Wirken jeder Diftatur geliefert.( Heiterkeit.)
Bon diesen Streichungen ist auch die Sportbewegung betroffen worden, die doch für die Gesundung und Kraftentwidlung unseres Bolkes so wichtig ist. Wer Sport mit Rekordjägerei verwechselt, sollte sich vergegenwärtigen, daß gerade die Unterbindung des vernünftigen Sports zum Ausleben der Kräfte in der Refordjägerei verleiten fann.( Sehr wahr! links.) Was nützt alles Reden von nationaler Gesinnung, wenn wir nicht dazu beitragen, unsere Jugend neben unseren geistigen Gütern auch die Schönheit der Heimat tennenlernen zu lassen. Die Streichungen wirfen aber nach dieser Richtung! Was die hier so viel besprochene Raritatur anbelangt, so hat von jeher die Kunstgattung der Raritatur vielfach im Dienst einer Tendenz gestanden, durch die fich Andersdenkende verlegt fühlen können. Man fann gewiß wirksam fämpfen, ohne die anderen zu verlegen.
Ich begrüße die Ankündigung eines Reichsbühnengesetzes und hoffe, daß dabei die Fürsorge für die altgewordenen Bühnenangehörigen eine große Rolle spielen wird.
Wesentlich ist die Förderung des Theaters auch durch das Reichsinnenministerium, denn die Not der Theater ist so groß, daß alle Kräfte beitragen müssen, dieses unerfeßliche Kulturgut nicht unter: gehen zu lassen. Vergessen wir auch nicht, daß gerade die freie Volfsbühnenbewegung den breiten Volksmassen erst den Besuch wertvoller Theatervorstellungen ermöglicht hat.( Sehr richtig! links.) Ein Glück, daß wenigstens die Notgemeinschaft der deutschen Kunst Gnade vor den Etatsdiktatoren gefunden hat! Wir wünschen Förderung nicht nur des Arbeitersports, sondern auch des Arbeitergesanges und aller kulturellen Bestrebungen der Arbeiterschaft. Der Etat des Innern ist erfreulicherweise nicht mehr in solchem Die Hervorhebung der fulturellen Maße Polizeietat mie früher, Dinge wirft auch erziehlich auf das Parlament. Bei teinem Etat hat die Debatte auf einem so hohen Niveau geftanden, wie seit gestern, und selbst die Nationalsozialisten und Kommunisten haben sich diesem erziehlichen Einfluß der Kulturförderung nicht ganz entziehen können.
( Seitere Zustimmung.) Wenn diese Hebung unserer Auseinanderjetzungen auch bei anderen Gegenständen eintritt und unser Präsident nicht so viele Mahnungen zum Anstand aussprechen muß, dann wird man auch draußen nicht mehr verächtlich vom Parlament sprechen, sondern erkennen, daß das Parlament den Kulturbedürfnissen des Volkes Rechnung trägt und die Anerkennung dafür wird auch nicht ausbleiben.( Lebhafter Beifall links.)
Abg. Maslowski( Komm.): Während man am Gesundheitswesen spart, enthält der Etat Positionen für Denkmalserhaltung, wo es sich doch größtenteils um monarchische Denkmäler handelt oder um Instandhaltung von Kirchen.
Abrechnung mit den Kommunisten.
Abg. Künstler( Goz.)
mit Gebrüll von den Kommunisten empfangen Meine Partei steht zu hoch, als daß sie durch die elenden Lügen und Verleumdun gen des Abg. Pied( Rüge des Präsidenten) getroffen werden könnte. Als ich aus der nächsten Umgebung des Abg. Pied seinerzeit die Pläne der Kommunisten auf eine blutige Maiaftion erfuhr, habe ich es
für meine Pflicht gehalten( Rufe der Komm.: zu lügen), die Ber liner Arbeiterschaft vor diesen verderblichen Plänen zu warnen. Alle Ihre( zu den Komm.) Angriffe und Beschimpfungen kann ich ertragen, weil ich auch heute fest überzeugt bin, der Berliner Arbeiterschaft mit dieser Warnung einen Dienst erwiesen zu haben. Ich achte und schäße jeden politischen Gegner, der zu seinen Plänen und Methoden steht. Das tun aber die Kommunisten nicht. Gegenüber Mostau stellen sie ihre Maiaktion als großen bewußten Kampf gegen die deutsche Staatsgewalt hin, hier im Barlament aber geben fie fich als reine Unfchuldsengel. Das ist elende Feigheit.( Sehr wahr!) Die Kommunisten behaupten auch, das Demonstrationsverbot und das Vorgehen der Polizei seien bestimmt gewesen, die Vorbedingung für ein Verbot der KPD. zu schaffen. In Wahrheit hat das Zentralfomitee der KPD. schon in einem Rundschreiben vom 24. März die Weisung gegeben, alle organisatorischen Vorbereitungen für die Weiterführung der Parteiarbeit im Falle eines Verbotes rechtzeitig zu treffen.( Sehr gut! bei den Romm. und Rufe: Natürlich! Selbstverständlich!) Daß Sie den Kampf wollten, das zeigten auch die
Worte des fommunistischen Abg. Kasper auf der Gründungsfonferenz des sogenannten Maifomitees in Berlin :„ Der 1. Mai wird eine Generalprobe für den kommenden Bürgerkrieg fein, jowohl für das Proletariat, als auch für die Polizei."
Herr Pied hat gestern von dem großen Einfluß der Kommunistischen Bartei auf die Arbeiterschaft gesprochen. Wenn dieser Einfluß sich weiter so verstärkt, wie bisher, daß die KPD. in Groß- Berlin auf 14 000 Mitglieder heruntergegangen ist, so beglückwünsche ich Sie dazu. Ihre Aktionen beim Boltsbegehren gegen den Panzerkreuzer, beim 1. Mai usw. haben das Gegenteil von Ihrem Einfluß gezeigt, und die Berliner Stadtverordnetenwahlen werden das aufs neue beſtätigen.( Geſchrei der Komm.) Pied hat gestern behauptet, ich verstecke mich hinter die Immunität. Dabei ist in den Mai'agen ein fommunistisches Blatt Der Weddingprolet" verbreitet worden, das von einem fommunistischen Abgeordneten verantwortlich gezeichnet war. Darin war unser Parteifunktionär Haber
stroh in schändlichster Weise dahin verleumdet worden, daß er 311 der Erfchießung unseres Genossen Gemeinhardt Beifall geflatscht und Bravo gerufen habe.( Rufe der Komm.: Nein, fein Junge!) Es war weiter geschrieben, die Arbeiterschaft müsse sich diesen Burschen merken, um ihm sein schmutziges Handwerk zu legen. Ein nicht immuner Schreiber hätte nicht gewagt, so etwas zu ver öffentlichen, denn er hä'te dafür einstehen müssen. Haberstroh ist einer unserer bewährtesten Parteifunktionäre und hat bei der Betsegung seinem alten Freund Gemeinhardt noch die Gedenkrede gehalten.( Hört! Hört! bei den Soz.) Der Aufruf der Kommunisten zu einem Proteststreik wegen der Maitage hat zu einem elenden Fiasko geführt.
-
Die kommunistischen Stadträte Dr. Schminke und Lude, sämtliche Kommunisten famt ihren Führern in den städtischen Betrieben haben an den vorgeschriebenen Streiftagen gearbeitet. Die Arbeiter aber sollten streiten und ihre Erwerbsmöglichkeit preisgeben. Eine Partei, die zu solchen Aktionen aufruft und deren Führer bei Unternehmungen sich verstecken, wo die Führer an die Spize gehören, hat aufgehört, Anspruch auf politische Führung der Arbeiterschaft erheben zu können. Noch nie mar die Berliner Arbeiterschaft so aufgebracht gegen die KPD. , als gerade in und seit den Maitagen.( Wildes Geschrei der Komm.) Das vergossene Blut fommt auf euer Haupt!( Beifall der Soz. Rufe der Komm.: Was ist mit den angeblichen 200 Toten?) Abg. Pied( Komm. persönlich): Die Behauptung Künstlers, aus meiner nächsten Umgebung von einer Sitzung der Kommunistischen Bezirksleitung erfahren zu haben, in der gesagt worden wäre, es müsse am 1. Mai 200 Tote, geben, ist ein bewußter Gegensatz zur Wahrheit, um ein anderes Wort nicht zu gebrauchen. Wenn meine unmittelbare Nähe so e was gehört haben soll, müßte ich zumindest auch etwas davon missen. Aber diese Sigung ist überhaupt nicht gewesen, und da Künstler für seine Behauptung einen Beweis nicht erbringen fann, rufen wir, was wir sonst nicht tun würden, das Klassengericht an, um dies festzustellen.
-
Die Weiterberatung und in Verbindung damit die erste Lesung der Verlängerung des Republikschußgefeßes wird um 5 Uhr auf Montag 3 Uhr vertagt.
( Gewerkschaftliches siche 3. Beilage.). Berantwortlich für Tolitt: Dr. Curt Geyer ; Wirtschaft: G. Klingelhöfer; Gewerkschaftsbewegung: 3. Steirer; Jeuilleton: R.$. Döscher; Berlag: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin . Prud: Vorwärts- Bud bruderei und Verlagsanstalt. Paul Singer u. Co., Berlin G28. 68, Lindenstraße 3.
Lotales
Sierzu 4 Beilagen und Unterhaltung und Wissen".