Sonntag
9. Juni 1929
Unterhaltung und Wissen Wiſſen
Zu seinem 60. Geburtstag am 10. Juni
Bor einem Bierteljahrhundert erschien der 1. Band der Kultur arbeiten" von Paul Schulze- Naumburg, und dadurch wurde eine unendlich wichtige Bewegung, wenn nicht ins Leben gerufen, so doch recht eigentlich organisiert und in weitere Kreise getragen. Wenn heute der Heimatschußgedante unsere ganze Kultur durchdringt, ja in andern Ländern Nachahmung gefunden hat, wenn der das Afte zerstörende Restaurierungswahn aufgehört hat und überall an die gute lleberlieferung in Stadt und Land verständnisvoll an geknüpft wird, so ist das zum großen Teil der unermüdlichen Arbeit dieses Mannes zu danken, der wie ein getreuer Eckhard die guten Geister der Vergangenheit, der deutschen bodenständigen Eigenart, der zmedmäßigen Schlichtheit und des gefunden Geschmades auf rief. Sein einzigartiges, vielbändiges Wert der Kulturarbeiten", has jetzt in neuer umgearbeiteter Auflage bei Georg D. W. Callwen in München erscheint, stellt die Beränderung der Erdoberfläche durch den Menschen" dar, und wie der Verfasser in seinem Bormort zu der neuen Ausgabe schreibt, besteht sein 3wed darin, der entsetzlichen Berheerung unseres Landes auf allen Gebieten sichtbarer ultur entgegenzuarbeiten. Diese Bücher sollen auch die ungeübtefen Augen durch stetig wiederholte Gegenüberstellung guter und schlechter Lösungen gleicher oder ähnlicher Aufgaben zum Bergleich und damit zum Nachdenken zwingen; ferner sollen sie auf die guten Arbeiten unserer Bergangenheit, die zeitlich bis an die Mitte des 19 Jahrhunderts heranreichen, aufmerksam machen und so die Tradition, d. h. die unmittelbar fortgepflanzte Arbeitsüberlieferung mieder anknüpfen helfen."
An anderer Stelle schildert Schulze- Naumburg die Situation, in die er zu Anfang des 20. Jahrhunderts hineintrat. Unser Bol? mar in einem atemlosen Bettlauf nach den Errungenschaften der Technik und Industrie begriffen und achtete taum noch auf die Schönheit, die in Natur und Kunst pon der Vergangenheit gefchaffen war. Noch hörte es nicht auf die vereinzelten Stimmen, die riefen: Was tut ihr? Aber langsam schwollen die Stimmen an und wurden zu einem Chor der Warner, und manch einer wurde gedankenvoll, wenn er ihn hörte. War es am Ende doch mahr, daß man über dem Wichtigen das Wichtigere vergaß, daß man für Erfezbares Unerfeßliches drangegeben hatte? Reine Bemegung in der Tiefe eines Bolkes entsteht ohne allgemeinen Zusammenhang mit der inneren Entwicklung des Volkes, und es ist fein Zufall, daß die Gedanken, die sich zum Teil unter dem Namen
Heimatschutz zusammenfanden, zeitlich mit Ideen zusammengehen, die ein neues Boltsethos schaffen wollen. So standen Männer auf, die mit Besorgnis auf den drohenden törperlichen Berfall des Bolles sahen und die Forderung stellten, daß durch Körperübungen und Wettkämpfe ein neues stahlhartes Geschlecht beranwüchse. Man mies auf die in ein enges franzöfifches Korsett gezmängten Frauen und Mädchen und forderte, daß auch fie in freier und gesunder Leibesschönheit aufwüchsen, um Mütter von starken Männern sein zu tönnen. Man räumte auf mit viel Stubenhoderei und mit vielem Unfreien und mit vieler häßlicher Brüderie, und wurde wieber feines Rörpers froh, wie es alle großen Bölfer gewesen waren. Ein Be finnen, ein Umfehren mar über unser Bolt gekommen. Es hat seine Prüfung bestanden und sich selbst wiedergefunden."
Mit solchen stolzen Borten tann Schulze- Raumburg heute auf sein Werf zurüdbliden. Freilich ist noch vieles zu tun, aber manches ist gebeffert und ein bedeutsamer Anfang gemacht. Dazu hat er nicht nur durch seine erzieherische Arbeit in Wort und Bild, sondern auch durch sein fünstlerisches Schaffen beigetragen. Man braucht nur sein Haus und seinen Garten zu betrachten, die er sich in Saaled geschaffen und in einem schönen Bande der Bücher der„ Gartenschön heit" geschildert hat. In organischem Bachstum ist hier von ihm Haus, Garten und Landschaft zu einer harmonischen Einheit ge staltet moren. In seinen Bauten hat dieser Meister durch klaren Aufbau, zweckmäßige Form, praktischen Grundriß und Schönheit des Materials viel zur Reform unserer Architektur beigetragen. Ja, es gibt faum ein Gebiet fünstlerischer Kultur, das ihm nicht An regungen verdantt, mie er ja auch in seinen Kulturarbeiten den Rahmen überaus weit gespannt hat und alles in seine Betrachtung hineinzieht, von der Pflanzen- und Gesteinswelt, von der Beränderung der Erde, der Gesteine und des Waffers durch den Menschen, von der Formung der Landschaft bis zu Brüden und Straßen, Häusern und Denkmälern, Forsten und Viehzucht, bis zu den geselligen Formen des Lebens, und der Tracht. Es sei daran erinnert, daß er in seinem Buch über„ Die Kultur des weiblichen Körpers als Grundlage der Frauenkleidung" als erster eine Berbesserung der Kleidung vom hygienischen und ästhetischen Stand. punft gefordert hat, gegen die Unnatur der Mode aufgetreten ist. punft gefordert hat, gegen die Unnatur der Mode aufgetreten ist. Auch auf diesem Gebiet sieht er heute vieles von dem verwirklicht, was ihm vorschwebte. Wir danken ihm an seinem 60. Geburtstag für seine fruchtbare Tätigkeit zum Segen unseres Volkes.
Alexander von Sacher majoch: Der Mut
Moische Igel war über dem Schanttisch eingeschlafen. Die ganze Beleuchtung bestand aus einer gelblich fladernden Dellampe, die nom Deckenbalfen niederbaumelte. Moische Igels glatter Schädel leuchtete mie eine polierte Kugel durch den Rauch herüber, denn die Wirtsstube war angefüllt mit dichtem Qualm und in diesem nebelnden Rauch war es uns, die wir in einer Ecke des Schantraumes vor der Flasche saßen, als trieben mir auf einem geheimnisvollen Schiff durch unbekannte, ferne Gegenden. Mir trieben dahin, ohne zu wissen, woher mir famen und wo wir einmal landen würden und die Geschichten, die wir einander erzählien, schienen mur dazu da zu sein, um uns die Zeit zu verkürzen auf diefer ungewiffen, endlosen Reise.
Der Mut, meine Lieben mir ist, als hätte er in den Erzählungen unseres heutigen Abends eine Hauptrolle gespielt. Und doch ist es mit dem Mut eine verteufelte Sache. Ich will ja nichts gegen die Helden großer und gefährlicher Abenteuer sagen, aber im täglichen Leben... Da fällt mir eine Geschichte ein, die ich jelbst erlebte.
Die Stimme ich hörte durch den schweren, mallenden Nebel nur die Stimme und sie schien mir aus großer Ferne zu kommen räusperte fich und begann:
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Wir befanden uns auf einer Fahrradpatrouille in der großen Tiefebene. Ich hatte meinen Unteroffizier dabei mit zwei Manni. Obmohl mir die schnurgerade Landstraße entlangfuhren, hatten wir schon seit drei Stunden alle Drientierung verloren. Ueberall diese endlosen Landstraßen, überall rechts und links die gleichen, endlosen Meizenfelder, das ganze Bild nur selten von dem fernen Dach einer Hütte oder dem langen Arm eines Ziehbrunnens unterbrochen. Diese große Eintönigkeit bringt es mit sich, daß man mitunter nicht mehr weiß, wohin man eigentlich möchte. Die Sonne fiel grell und drüdend und mir fuhren in tiefem Schweigen nebeneinander her. Die Straße mar so breit, daß wir alle Vier in einer Reihe Platz hatten. Plötzlich vernahm ich einen Schrei. Einer der Leute hatte hinter sich geblickt und schien etwas Ungewöhnliches zu sehen. Wir hielten unsere Räder an und gemahrten, hinter uns blickend, auf der Landstraße eine schwarze Kugel. welche sich uns mit ungeahnter Schnelligkeit näherte. Wir jahen uns verwundert an. Aber da war nicht viel Zeit zum lleberlegen, denn plößlich brüllte mein Unteroffizier erschrocken:
Borwärts, Herr Leutnant, auf die Räder, es ist ein Büffel! Es war wirklich einer von diesen großen, schwarzen Teufeln, wie sie auf der Tiefebene vorkommen. Wir ließen uns nicht zweimal ermahnen, sondern traten in die Pedale, was das Zeug hielt. Wir flogen nur so über die Landstraße dahin. Aber das schien nicht viel zu nützen, denn wenn wir von Zeit zu Zeit ängstlich über die Schulter blickten, sahen wir, daß der Büffel sich uns mit großer Lokomotive. Da war guter guter Rat teuer, denn wir wußten aus Erfahrung. daß so ein Kerl von unglaublicher Hartnäckigkeit beseelt ist, wenn es gilt, einen Menschen zu verfolgen. So ging das eine Pleine Weile, der Schweiß trat uns aus den Poren vor Anstrengung und wir traten die Pedale wie die Wilden. Da mintte uns im letzten Augenblick Rettung. Vor uns versperrte ein großes, eichenes Tor quer die Landstraße. Es war ein Gehöft, das über die Straße gebaut war. Solche Höfe trifft man auf der großen Tiefehene häufig. Der Büffel feuchte bereits in unserem Rüden, was jest folgte, währte faum einen Augenblid. Knapp am Tor angelangt, redten mir uns in den Bedalen hoch, ergriffen den oberen Rand des Lores und schwangen uns in den dahinter befindlichen Hof hin über, Alle vier zugleich. Unsere Sohlen hatten laum pen Boden
Geschwindigkeit näherte. Er stampfte und fauchte daher wie eine
berührt, da knallten die Hörner des Büffels schon gegen die Balken des Tores: Aber es war aus gutem, schwerem Eichenholz und hielt stand. Wir waren gerettet. Bir sahen uns an, und als wir uns fo in die verstörten Gesichter blickten, machten wir keineswegs den Eindruck von Helden. Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und fah mich um. Das Gehöft lag im Schweigen der Mittagsglut und es schien niemand von den Leuten daheim zu sein. Ich hatte mich aber geirrt, denn von hinten, aus der Richtung des fleinen Gemüsegartens näherte sich eine Gestalt. Es war ein daumlanger, fleiner Bauernjunge, so recht zerrauft und schmierig, natürlich barfuß. Seine ganze Bekleidung bestand aus einem Höschen, das aber anscheinend aus der Hofe eines Erwachsenen für ihn zurecht geschnitten war, denn hinten war es ihm viel zu weit und das Hinterteil baumelte faft bis auf den Boden herab. Er schien/ die ganze Szene beobachtet zu haben, denn er näherte sich uns mit einer etwas schadenfrohen Grimasse. Dann bückte er sich, hot von der Erde eine kleine, dünne Beidengerte auf, fah uns noch einmal der Reihe nach an und dann tat er etwas, was wir nur deshalb nicht Derhindern konnten, weil uns der Schreck den Atem verschlug. Der tleine Kerl Schritt nämlich zum Tor, schob den Riegel zurück und öffnete es sperrangelmeit. Hinter dem Tor stand natürlich immer noch der Büffel mit gefentten Hörnern. Er schien selbst sehr erstaunt zu sein, als der fleine Mann ihm entgegentrat. Wie wir nun fahen, hatte der Büffel einen Ring in der Nase, es war also ein Ausreißer, einer der schon als Zugtier verwendet worden mar. Diese kennen die Menschen und ihre Gewohnheiten genauer, als die Herdentiere, und sind, einmal wild geworden, auch meitaus gefährlicher. Unser fleiner Kerl faßte nun mit Seelenruhe mit einem Finger der linken Hand in den Ring, stieß eine Flut der gräß lichsten Flüche und Beschimpfungen aus und hieb mit der Beidengerte wie ein Irrfinniger auf den Büffel ein. Das Tier stand noch eine Weile reglos, dann wandte es den Kopf, schnaubte mitleid
erregend und ergriff die Flucht.- gend und ergriff die Flugh.--- ben untere i byråber
Als wir in der Dämmerung( zu Fuß, denn unsere Fahrräder waren nicht mehr zu gebrauchen) den Heimweg antraten, sprach teiner von uns Vieren ein Wort. Ich glaube, wir schämten uns unsäglich voreinander. So ist es nun mit dem Mut, wenn man ihn zufällig braucht, den kann man nicht vorbereiten, der ist von selbst da oder er fehlt von selbst.
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Wir trieben im Nebel dahin auf einem unbekannten Schiff und
einige von uns erzählten Geschichten. Moische Igel war am Schant tisch eingeschlafen. Sein glatter Schädel leuchtete zu, uns herüber, wie eine polierte Kugel.
Heinrich Hemmer: Eine
Abfuhr
Der füße Hauch einer Chinesin hat schon Blumen zum Tanzen gebracht und ihr Elfenbeinantlig den Mond hinter den Wolken her vorgelockt:- so sagen die Boeten, die allerdings immer ein wenig übertreiben.
Die Chinesin, von der hier die Rede ist, war mindestens so schon wie Man Wong, trug eine perigraue, rosenrot bestickte Brofattunika, schwarzfeibene, geölte Beinkleider und figurierte als das Aequivalent einer Geisha auf einem der sogenannten Blumenboote in Alt- Kanton. Die vornehmen Chinesen, die rings um uns bus. gesuchte Delikatessen verzehrten, wie Fischmägen oder Entenzungen, nahmen feinerlei Rotiz von dem Blumenbootmädchen; es galt ja damals für shocking, sich mit einem weiblichen Wesen öffentlich zu unterhalten, oder gar ihre Hand zu streicheln, sei fie mer auch
Beilage des Borwärts
immer heute ist man bekanntermaßen vielfach anderer Ansicht im Reich der Mitte, heute ist man dort ,, modern".
Ich war schon damals weniger zurückhaltend, denn erstens mar ich blutjung, trug zweitens einen schneeweißen. frischgebügelten Tropenanzug und drittens ist es überhaupt nicht die Art des Europäers, mit seinen Gefühlen hinterm 3aun zu halten. Ich mar leboch nicht nur zudringlich, sondern noch obendrein eitel und neugierig und wollte gerne wissen, wie denn so ein Chinesenmädchen, das sich nichts anmerken läßt, die Aufmerksamkeit eines jungen Europäers entgegennimmt, was sie über mich insbesondere und uns Weiße im allgemeinen sich in ihrem hübschen schroarzen Köpfdhen zusammenbenft. Mein Gastgeber, der österreichische Konjul, der ausgezeichnet chinesisch sprach, tat mir den Gefallen, interviewte das zierliche Geschöpf in bezug auf diese Bunkte und hat mir daun später die Sache ordentlich verdeutscht. Ich habe seine, respettive ihre Worte nie vergessen und kann sie noch heute aus dem Kopf
niederschreiben. Also.
Der Europäer, so sagte die schlißäugige Schöne, gilt mir als das Lächerlichste und Berrüdteste, was es auf Gottes Erdboden gibt, meil er die Manie hat, alles auf den Kopf zu stellen, alles verkehrt zu machen, in der umgekehrten Weise, wie es der Chineſe feit 5000 Jahren macht.
Der Weiße schüttelt die Hand des anderen zum Gruß, statt, wie wir es machen, seine eigene, mas doch hygienischer ist und feiner. Statt Beiß trägt er Schwarz als Trauer! Wem ihm etwas nicht einfällt, fragt er sich nicht etwa auf der Ferse: nem, aus: gerechnet hinterm Ohr muß er sich trazen. Wenn ein Chinese sich rächen will, erhängt er sich vor der Tür seines Feindes: damit ruiniert er ihn. Der Europäer bringt statt sich seinen Feind um: damit ist er selber ruiniert. Der Weiße stellt die Pferde mit dem Kopf gegen die Band, bis sie blödsinnig und bösartig werden und mit den Hinterfüßen ausschlagen, der Chinese stellt seine Gäule richtig: mit dem Schweif nach hinten in den Stall. Statt denn Gast den linfen, den Ehrenplay anzuweisen, laßt ihr ihn taftlojer Weise rechts setzen. Statt eure Titel auf eure Vorfahren zu vererben, laßt ihr sie auf eure Nachfahren übergehen, die doch in feiner Weise zu euren Verdiensten beigetragen haben. Ein Chinese ( seine Gefühle feusch verbergend) lacht, wenn er den Tod eines teuren Verwandten anzeigt und seine Braut weint bei der Hochzeit, der Europäer macht es umgekehrt und plagt immer mit seinen Gefühlen heraus, wie ein Kind. Wenn man einen Menschen ruift, wintt man mit der Hand gegen ihn, wenn man ihn fort haben will, gegen sich: so hat es der Chinese immer gemacht, aber der Europäer tut es umgefehrt. Er nimmt auch bei feierlichen Gelegenheiten den Hut ab, statt ihn aufzubehalten. Und so in Unendlichfeit weiter.
Aber der Weiße stellt nicht nur alles auf den Kopf, er hat auch teine Spur von Manieren und fennt feine einzige der dreitausend Regeln des guten Benehmens. Er spricht immer gut von sich, statt schlecht, geht ohne Schamgefühl mit seiner Frau Arm m Arm über die Straße, spricht vor allen Leuten mit ihr und ist sogar mit ihr. Er bezeugt seine Zuneigung indem er seine Lippen auf die Wange feiner Mutter, des Kindes und selbst seiner Frau setzt und macht dabei ein Geräusch wie beim Trinken von Reismein. Der Europäer ist mit einem Wort unappetitlich und unmöglich, außerdem ist er Ochsenfleisch und riecht dadurch ranzig. Das Blödsinnigste aber ist fein Aussehen. Der Europäer ist meiß am ganzen Körper und am Kopf rot" wie der Teufel. Es sind schon chinesische Babys vor Schred gestorben, weil sie so ein roter( blonder) Teufel angefaßt hat. Und sie, die perlgraue Lui, hatte die ganze Zeit gezittert nor Angst, ich könnte sie am Ende auffressen. Ich sähe ganz danach Seit jener Zeit frage ich nie, welchen Eindruck ich auf eine Dame gemacht habe. Chinesin oder nicht.
aus.
Zeitfcherze um Napoleon
Als Napoleon I. zum zweitenmal gestürzt und nach Sanft, Helena verbannt war, entstanden allerlei boshafte Scherze, die des gefallenen Großen spotteten. Manches magte sich ans Licht, was man pielleicht früher gedacht, zu sagen sicher nicht gewagt hatte. So brachte das Journal de Paris" im Juli 1815 folgende Anzeige:
Wegen schneller Abreise einer Person werden verschiedene Effekten zur Bersteigerung gegen bare Bezahlung an den Meist bietenden ausgeboten:
1. Ein in mehrere Stüde zerbrochener eifernen Szepter. 2. Eine schlecht ausgebefferte Krone, die fich nicht mehr auf dem Haupte halten will 203. Eine Hand der Gerechtigteit, so gut wie neu, da sie noch niemals gebraucht worden ist.
4. Ein herrliches Paar Pistolen, mit welchen es unmöglich ist, sich zu töten.
5. Einige von murmftichigem Tannenholz gemachte Stufen und einen großen mit Fliegen gestichten Teppich.
6. Eine Abhandlung über den Vortheil der Poftwagen für militärische Rückzüge."
Die Ueberseßung stammt gleichfalls aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Ein deutscher Wortscherz, der von Mund zu Mund kursierte,
lautete:
,, Der Räuber Helena's ward einft in Paris erkannt; Der Räuber von Paris wird jezt nach Helena verbannt." Auch dieser Reim stammt aus dem Jahre 1815, desgleichen der folgenden Bers, der in einem alten deutschen Büchlein folgendermaßen gebracht wird: An den Pabst, nach seiner Rückkehr 1815, als er diejenigen Männer verwiesen hatte, welche von Napoleon Aemter annahmen..
Sage, heil'ger Bater! mir: Was ist unsre Sünde hier?" Den du salbteft, leckten wir."
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nicht auf Napoleon , aber auf Fürsten seiner Zeit bezieht sich folgender charakteristische Spruch, der hier auch noch angefügt werden kann:
Gebet eines Hofmanns.
O Himmel steh' mir heute bei, daß ich nicht meiner Pflicht vergeffe; daß mir der Fürst recht gnädig sei, und auch sein Hund und die Mäitreffe!" Dies zu Nutz und Frommen der Nachwelt mitgeteilt.