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tfletfage Montag. 10. Juni 1929

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Aus Fuads Reich Vom alten zum modernen Aegypten

Die Curopareise des Ägyptischen Königs Fuad, der heute morgen in Berlin eingetroffen ist. lenkt die Aufmerksamkeit auf eins der interessantesten Länder b«r Erde. Und da es auch heute noch in Deutschland manchen gibt, der an Pharaonenherrlichteit, Pyramiden und orientalischen Zauber denkt, wenn er von Aegypten hört, so ist es gut, sich ein Bild des tatsächlichen Aegypten zu machen. Kein anderes Land kann wie Aegypten auf eine rund zehn- tausendjährige Geschichte zurückblicken: und doch steht dies Land seit säst zweieinhalb Jahrtausenden unter der Herrschaft fremder Mächte. Etwa ein halbes Jahrtausend vor unserer Zeit- rechnung wurde es von den Persern erobert, dann von Alexander dem Großen, später wurde es ein Glied des römischen Weltreichs; einige Jahrhunderte darauf war es Bestandteil des Kalifenreichs, wurde im Jahre 1517 eine türkische Provinz und blieb, wenigstens der Form nach, bis zum Ausbruch des Weltkriegs unter türkischer Oberhoheit. Im Jahre 1798 landete Napoleon , damals noch General Bonaparte, in Aegypten , und wenn auch der sranzösische Plan, dies Land unter Ausnutzung der Gegensätze zwischen den Mamelucken und den Türken zu unterwerfen, mißlang, so begann doch damals Aegypten , Spielball. der europäischen Mächte zu wer- den. Insbesondere wurde es für England als Verbindungsglied zwischen Europa und Indien immer unentbehrlicher. 1849 und 1841 kamen internationale Verträge zwischen England, Rußland , Preu- ßen, Oesterreich und der Türkei zustande, wonach Aegypten zwar unter türkischer Oberhoheit verblieb, jedoch einen eigenenCHedive" (Bizekönig) erhielt, dessen Machtstellung vollständig von der Unter- stlltzung europäischer Staaten, in erster Linie Englands, abhing. 1882 erfolgte die militärische Besetzung durch England. Aber erst im Dezember 1g14 sah die englische Regierung den längst ersehnten Augenblick gekommen, das Protektorat(Schutzherrschast) über das Land zu erklären. In den Nachkriegsjahren folgte zunächst eine Aufstandsbewegung der anderen. Mit allen Gewaltmitteln schlug England sie nieder. Zaghlul Pascha und die anderen Vor- kämpser der UnabhängigkeitsparteiWafd' wurden verhastet, Zaghlul nach Malta oerbannt, später freigelassen, dann ein zweites Mal nach Gibraltar verbannt. Sein Tod 1927 war für die ägyp- tische Selbständigkeitsbewegung ein bisher nichl ersetzter Verlust. Inzwischen waren äußerlich in der Beherrschung des Landes Aenderungen eingetreten. Am 28. Februar 1922 erklärte die Lon- daner Regierung damals unter Lloyd George Aegypten für einu n a b h ä n g i g e s K ö n i g r e i ch". doch ist diese Unabhängig- keit nur scheinbar geblieben. Von vornherein war sie seitens Englands von Bedingungen abhängig gemacht, die mit einer Un- abhängigkeit Aegyptens nicht vereinbar waren, so sollten z. B. die Vepkehrsmege des britische» Reichs/.die durch Aegypten sühren, un- angetastet bleiben, England behielt sich den militärischen Schutz Aegyptens vor, und vor allem kam das südlich von Aegypten ge- legene Sudangebiet endgültig unier englische Herrschost. Zunächst spielte Fuad, der sich nunmehrKönig " nennen durfte, im Lande selbst keine große Rolle: zunächst lag nämlich die politische Macht bei der Wasd-Partei unter Führung Zaghluls; es gelang ihr aber nicht, von England wesentliche Zugeständnisse zu erzielen. Der Tod Zaghluls schwächte dann diese Partei so. daß Fuad bald darauf einen Staatsstreich wagen tonnte: er beseitigte das Parlament und machte sich zumabsoluten" Herrscher. Allein, der eigentliche Sieger über den Wafd war nicht e r, sondern Eng- land, und auch heute ist die Macht des britischen Obertommissars Lord Lloyd ihrem Inhalt nach größer als die des Königs Fuad. Zwei Dinge sind es, die zweieinhalb Jahrtausende Aegyp- ten zum beliebten Eroberungsziel fremder Mächa machten: einmal die Fruchtbarkeit des Nilgebiets, zweitens diest r a t c- gische Lage", d. h. seine Lage als Brücke zwischen Afrika und Asien (Landweg) und zwischen dem Mittelmeer und dem Jndis�en Ozean(Seeweg). Heute ist Aegypten für das britische Reich ein zentraler Knotenpunkt: erstens führt die große transafrikanische Eisenbahn von Kapstadt (Südafrika ) bis nach Kairo , der Hauptstadt Aegyptens , und zweitens führt von Kairo eine Bahn über den Suezkanal nach Palästina und später vielleicht bis nach Bagdad . Und außerdem ist der Suezkanal die Hauptverbindung zwischen Eng- land und seinen Mittelmeersestungen(Gibraltar , Malta und Cypern) einerseits und Brill sch-Jndien und Australien anhDrerseits. Schon diese militärischen und verkehrspolitischen Gesichtspunkte ver- bieten es dem englischen Imperialismus, auf seine Machtstellung in Aegypten zu verzichten. Schon darum wird die ägyptische Königs- Herrlichkeit nur so lange dauern, als ihre Wege mit den Zielen des britischen Imperialismus zusammengehen. Aegyptens Fruchtbarkeit ist sprichwörtlich geworden. Und doch ilt der größte Teil des Landes feit Jahrtausenden unfruchtbarer Wüstensand. Aegypten hat heute einen Flächeninhalt von fast 989 999 Quadratkilometer, ist also mehr als anderthalbmal so groß wie Deutschland . Aber von diesem riesigen Gebiet ist der weitaus größte Teil Wüste und landwirtschaftlich be- baut wird nur etwa ein Dreißigstel der Gesamtfläche, nämlich rund 35 009 Quadratkilometer. Dies bebaute Gebiet ist also noch nicht einmalhalbsogroßwieBoyern: aber während in Bayern etwa 7 Millionen Einwohner leben, sind es in Aegypten über 14 Millionen: und während in Deutschland , einem verhältnismäßig dicht besiedelten Land, auf 1 Quadratkilometer im Durchschnitt 154 Einwohner entsollen, sind es in dem landwirtschaftlich bebauten Gebiet Aegyptens 409. Die Existenz dieser 14 Millionen ist fast ausschließlich vom N i l und seinen großen Ueberschmemmungen abhängig. Die Fruchtbar- keit des Landes infolge dieser Ueberslutungen ist so groß, daß teil- weise in dreimal jährlicher Ernte Weizen, Baumwolle und Mais gewonnen werden können. Englische Unternehmer haben. um die notwendigen Wassermengen sicherzustellen, zu regulieren und das bebaubare Gebiet zu vergrößern, bei Asiuan einen gewaltigen Staudamm errichtet, einen westeren für den Blauen Nil bei Mal- war, und auch die Wassermengen des Tanasees sollen ähnlich aus- genutzt werden. Englisches Hauptinteresie ist die Förderung des Baumwollbaus, wodurch Englands Abhängigkeit vom Baum- wollbezug aus den Vereinigten Staaten etwas verringert wird. In Verbindung mit dem gesteigerten Baumwollanbau entwickelte sich m Aegypten selbst eine ansehnliche Textiliudustri«. Auch

andere Industrien blühten aus, so eine Zigarettenindustrie, die allerdings eingeführten Tabak verarbeitet, da es einheimischen nicht gibt, weiter finden wir chemische Betriebe, insbesondere für Farbstoff- und Färbereizwecke, ferner rund 299Zuckerfabriren, zahlreiche Betriebe zur Herstellung von Sesamöl, Zement» und Papier fabrikcn usw. Aegypten ist, wie diese Entwicklung zeigt, ein industriekapita- listisch schon recht stark durchsetztes Land. Tatsächlich ist es neben der Türkei das am meisten industriell entwickelte Gebiet des vor- deren Orients. Die Borstellung, daß sich das Land der 67 Pyrami­den und der Sphinxe von europäischen Einflüssen unberührt er- halten hätte, ist grundfalsch. Kairo , das heute über 1 Million, und Alexandria , das über eine halbe Million Einwohner hat, sind Großstädte von stark europäischem Anstrich. Hier verkehren auf glatten Asphaltstraßen Tausende von Automobilen und wie in Berlin wird der gewaltige Straßenverkehr durch Berkehrsschutzleute geregelt, zahlreiche Straßenbahnlinien oerbinden die Stadtteile und Vororte miteinander, es gibt großartige Bureau- und Hotelbauten, wie sie in zahlreichen europäischen Großstädten nicht zu finden sind. Das moderne Bild und der Prunk der Außenfassade kann jedoch

über die vorhandenen sozialen Gegensätze nicht täuschen. Neben de. Schicht der reichen Ausländer und der wohlhabenden ägyptischen Unternehmer steht die viel größere Masse der armen Stadt- und Landbevölkerung. In den Städten sind dies die teils koptischen, teils arabischen Handwetter, Kleinhändler und Arbeiter, auf dem flachen Lande die Fellachen. Diese Haupt- masse der Bevölkerung ist durch die Industrialisierung und das Emporblühen der großen Städte nicht wohlhabender geworden und bei ihr ist auch heute der Gedanke an ein freies Aegypten lebendig geblieben, auch wenn die Wafd-Partei heute und wohl für absehbare Zeit keine Macht hat. So ist Aegypten reich an Widersprüchen und sozialen Gegen- sätzen; und der Klassengegensatz wird noch wachsen, je mehr die Industrialisierung fortschreitet. Trotzdem braucht König Fuad eine Revolution vorläufig wohl nicht zu fürchten, etwa wie Amanullah , dem seine Europareise zum Verhängnis wurde. Denn in Afghani- stan waren es die Interessen des englischen Imperialismus, die den Umsturz herbeiführten. Aber in Aegypten ist es ja gerade die Hand Englands, die schützend hinter der Kömgsmacht Fuads steht. Franke.

Wenn alle anderen feiern...

Alles, was sechs Tage rockst, das pustet am siebenten ein wenig aus. Da gibt es aber auch viele, denen es nicht vergönnt ist, sechs Tage zu arbeiten und zu verdienen! Artisten, Musiker und Kellner sind, sofern sie nicht in einem festen Vertrags- Verhältnis stehen, das auch dann im Höchstfall« eine Saison, sonst nur einige Wochen zählt, ausschließlich aus die sogenannten Tages- geschäfte angewiesen. In der Künstlerageniur. Die kleineren Künstlerogenturen, die in der Hauptsach« solche Tagesgeschäfte vermitteln, sind am Sonnabend schon in den frühen Morgenstunden belagert, obwohl die Bureauzeit hier erst um 11 Uhr beginnt. Treppen und Hausflur sind mit einer ungeheuren Menge ungeduldig Wartender überfüllt. Man sucht das neroenzermürbende Warten durch fröhliche Konversation und Zigarettenrauchen so gut wie möglich abzukürzen. Do oder dort fliegt ein Witz auf, der vom gesamten Auditorium lachend quittiert wird..Jeder.weiß was zu erzählen, ist munter und guter Dinge. Nur die Gesichter, in die Not und Elend mit scharfem Griffel ihr Mal'-einLtzte, sprechen eine andere Sprache. Und die Kleider nicht rNinder. Da erscheinen Männer schon am frühen Morgen im Frack oder Smoking, ein dünnes Mäntelchen darüber oder auch nicht, Frauen im billigen, selbstgeschneiderten Seidenfähnchen, das meist welke Gesicht mit Rouge und Lippenstift und ein paar kühn nachgezogenen Brauenbogen aufniedlich",keß" oderdämonisch" aufgefrischt. Viele hoben ein Köfserchen in der Hand, das ihrHandwerkszeug" enthält. Qiapeau claque, oder komische Verwandlungsbehels« wie Kittnese, Duljöhhütchen, Schmerbouch usw. bei den Männern, bei den Frauen Abendschuhe, ein bißchen Flitterzeug für den Kopsputz, einen abendlichen Umhang usw. Dies für den Fall, daß sie etwa ein Geschäft nach außerhalb kriegen, wo sie schon am Sonnabend auftreten und bereits am Mittag abreisen müssen. Wenn sie weit wohnen, kämen sie natürlich nicht mehr zurecht. Endlich, endlich tut sich das Tor des Paradieses auf und in seinem Rahmen erscheint das Gesicht des Agenten, der mit etwas ängstlichen Blicken die vielen, allzu vielen Häupter seiner Lieben zählt. Denn wie vielen oder besser gesagt, wie wenigen kann er Arbeit verschaffen! Man zwängt sich durch die Tür, möglichst alle auf einmal, jeder will der erste sein, zuvorderst stehen, dem Freudenspender Aug in Aug gegenüber, damit er ihn auch ja nicht übersieht. Hofsnungsfreudig blicken all die Augen, letzte Nervenanspannung zaubert ein fröhliches Lachen auf die versorgten Züge... Es herrscht meist ein recht freundschaftliches Verhältnis zwischen Agenten und Künstlerschar. Na, haste was for mir. Mensch?"% Nee, Karl, heute leider nich, aber warte man,'s kann ja noch was kommen!" Dieses Frage- und Antmortspiel wiederholt sich naturgemäß in unzähligen Variationen. Aber die Aussichten sind sehr vage. Js Lehmann hier?" Jawoll!" läßt sich ein rundlicher Herr mit Kugelbauch aus einer der rückwärtigen Reihen vernehmen. Einer jener wenigen Glücklichen, für den bereits ein Engagement vorliegt. Er kriegt seinen Zettel, einen interimistischen Vertrag, der die Bedingungen. Gagebetrag usw. enthält. Wat, dreimal usftreten? Nee, mach ich nich Bei deiy Ollen piepst et woll?" Na, Mensch, mach et doch, mir zuliebe. Du kennst doch den Ollen. Ich besetz dir dasor bei nächstemal ooch wieder!" Na, meintswegen, aber nur. weil du et bist!" Mit allem ist man einverstanden, nur Brot. Brot! Adje, mach» jut. Und du weest doch, nur Listig und feste Witze erzählen! Det hat der Olle jern." 'M. W.!' Und draußen ist er. Dann kommen noch einige Wenige in den glücklichen Besitz solchen Zettels, und oll die vielen anderen, die warten und warten. Unablässig schrillt das Telephon und jedesmal lauscht alles gespannt. Was für mich" hosft ein jeder. Aber meist sind es Anfragen von Kollegen, ob Arbeit für sie da ist. Selten, ganz selten ein Auftrog. Und immer wieder öffnet.sich unablässig di« Türe, um neue Suchende hereinzulassen. Man wartet bis 1, 2 Uhr nachmittags. überhaupt solange der Agent Bureauzeit hält. Ist diese Zeit um, dann kann man auch die Hoffnung auf das Sonntagsgeschäft wieder einmal begraben, weiter hoffen, weiter darben bis zum nächsten Male... Im Mustternachweis. Hier bietet sich dem Beschauer ein noch viel trostloseres Bild, als bei den Artisten. Für all die vielen, die tagtäglich und am

Sonnabend natürlich in voller Zahl die Nachweise aufsuchen, gibt es überhaupt keine Tagesgeschäfte. Denn man kann schließlich nicht von einer produktiven Arbeitsvermittlung sprechen, wenn unter 599 anwesenden Musikern ein Klavierspieler verlangt wird. Der Fall liegt ganz anders als bei den Artisten und es muß im Interesse der unzähligen Notleidenden dieser Berufskategorie immer wieder davon gesprochen werden. Während nämlich im Künstlerberuf infolge Mangel von Arbeitsstätten eine ungeheure Berufsnot herrscht, gäbe es für den Berufsmusiker Arbeit zur Genüge und nach Aussage der Vermittler würde nicht ein einziger Arbeitsloser vorhanden sein, wenn es keine Nebenberufler g ä b e, die den Berufsmusikern gerade diese gelegentlichen Verdienstmöglichkeiten wegschnappen. Der Arbeitgeber nimmt aus begreiflichen Gründen lieber Nebenberufler, da hier die sozialen Abgaben wegsallen, kein Taxis.- vertrag besteht und ein Engagement keine bindende Verpflichtung darstellt, also Im Nichtbedarfsfalle reibungslos wieder gelöst werden kann. Dies fällt bei den Sonntagsgeschäften in den Ausflugslokalen, die, wie oben erwähnt, ganz und gar vom Weiler abhängig sind, natürlich schwer ins Gewicht. Ist also der Himmel einheitlich blau, dann gilt die Aumachung als perfekt, sind schwarze Wolken im Anzug, dann ist es unbestimmt und plätschert der Regen, dann ist's eben Essig. Bei dem Beamten- oder Militärmusiker bedeutet dieser Ver- dienst ja nur eine begrüßenswerte Nebeneinnahme, deren Aussall ihn natürlich nicht in dem Maße trifft wie den Berufsmusiker, der von dem Gelde leben muß. Hier müßte unbedingt einmal Remedur geschaffen werden. In der S e l b st m ö r d e r l i st e stellen diese Berufsongehörigen mit das Hauptkontingent, man hat Musiker, hauptsächlich ältere, die der Wohlfahrt schon allzu lange zur Last fielen, zu Straßen- und Friedhofsarbeiten herangezogen und hat nur auf flehentliches Bitten der Betreffenden, si« zu schonen, da sie sonst für ihren Berus überhaupt gänzlich unbrauchbar würden, davon Abstand genommen. Bei den Gastwirtsangestellten. Bon den Gastwirtsangestellten sind die Kellner schönes Wetter natürlich vorausgesetzt diejenigen, die unter den Sonntags- Verdienern den Vogel abschießen Ein einziger schöner, heißer Sonntag fegt den gesamten Arbeitsnachweis in bezug auf Kellner leer. Zu Himmelfahrt und zu Pfingsteei, wo noch über 3999 Kellner arbeitslos waren, reichte diese Zahl nicht einmal aus und es wurde sogar durch Rundfunk nach Angehörigen dieser Berufskategorie gefahndet. Die sonnenvergoldeten Tage sind ja allerdings auch nicht allzu häufig. Ein gleichmäßig schöner Sonntag bringt guten Verdienst, ver- ändert sich das Wetter jedoch zum schlechteren und es kommt nicht mehr als der Garantielohn von 6,69 Mark heraus, dann bleibt noch Abzug für Wäsche, Essen, ein Glas Bier und ein paar Zigaretten wenig, herzlich wenig übrig. Wenn einer dann noch besonderes Pech hat, indem ihm Gäste begegnen, die das Zahlenvergessen", oder er verrechnet sich im Drange der Geschäfte, dann kann er womöglich all seine Müh und Plage das Amt eines Sonntags- kellners ist mehr als Schwerarbeit noch zuzahlen. Auch Küchen- und Aushilfspersonal findet an einem schönen Sonntag Beschäftigung, wenn auch für das weibliche Gastwirtspersonal die Sonntagsgeschäste weit spärlicher gesät sind. Von den etwa 1599 Arbeitslosen, die sich aus Büfett- damen, Serviererinnen. Köchinnen, Mamsells und Aushilfspersonal zusammensetzen, können höchstens 299 bis 399 auf Be- ch ä f t i g u n g rechnen und dieq ist in der Hauptsache Küchen- personal. Serviererinnen und Büfettdamen werden kaum verlangt. Hier macht sich die Berufsnot, hauptsächlich bei älteren Frauen, ganz ungeheuerlich fühlbar. Eine Serviererin oder Büfettdome, die über 39 Jahre zählt, nimmt heute niemand mehr. auch ältere Küchenfrauen werden, sogar wenn es sich um ein Tages- geschäft handelt, vom Arbeitgeber nicht angenommen. Während bei den ersteren in der Hauptsache das rein Aeußerliche entscheidet, gibt bei den letzteren der Zweisel an der nötigen Elastizität und Arbeits- traft den Ausschlag.Wenn' man einmal gegen die Vierzig ist. kann man sich ruhig aufhängen!" So spricht nicht nur«ine, so sprechen viele im Nachweis. Aber die paar Sonntagsverdiener, die für die ganze Woche schaffen sollen, die singen sich die Kehlen heiser und tanzen sich die Beine wund, die musizieren mit Feuer und redlichem Schweiß. jonglieren Höchstziffern an Biergläsern und Kosfeetassen und nach getaner Arbeit geht's müde, hundemüde heimwärts! C K.