Oiensiag 11.3um 1929
Unterhaltung unö AAissen
Beilage des Vorwärts
'Mans Zranek: JßcbCM
Als General P., der Präsident einer südamerikanischen Republik, wieder einmal sein Land durchraste, um eine aufständische Provinz zu züchtigen, was immer damit endete, daß Hunderte von Menschen durch Gewehrschüsse und Messerstich«, mittels Strang und Beil kurzerhand aus dem Diesseit ins Jenseits befördert wurden, iah er sich in einem Dorf, das irrtümlicherweise für noch Präsidenten- treu gehalten wurde, plötzlich von vier gleichgefleideten Männern umringt. Che sein atembedrängt zurückgebliebenes Gefolge es hindern konnte, stak ihm ein Dolch bis zum Heft im Rücken. Die vier Ausrührer wurden verhaftet und einige Monate später vom Staatsgericht zum Tode verurteilt. Des anderen Tages brachte man dem Präsidenten die Urteile zur Bestätigung ans Kroickenbett. Aber der General , der nicht da- durch erfahren hatte, was es um: Tod! und was es um: Leben! sei, daß er Jahr für Jahr fast täglich mit einem Federstrich Leben endete, sondern erst dadurch, daß er seinem Tod ins augeniose Antlitz blickte— der General entschied:.Nicht olle vier! Nur einer! Der, welcher den Todesstoß geführt hat!" Todesstoß? Cr sei doch bald wieder gesund! Noch viele Jahre hindurch werde er zum Segen des aufgewühlten Vaterlandes regieren. Nein!— Aber gleichviel. Gesundwerden liege nicht in seiner Macht. Doch bei ihm lieg« es. Schicksal der vier Verschwörer zu sein. Nur einer solle sterbe. Der,«elcher zugestoßen hätte. Die anderen-drei nach der Crschießung des einen unbehelligt grhen lassen! Ins Leben zurück! Ins Leben! Man bedeutete dem General P. , daß es unmöglich sei, diesen Befehl auszuführen. Die vier Aufrührer ständen mit Einsatz des Letzten einer für den anderen. Alle Versuche, herauszubekommen, wer die Mordwasfe geführt habe, wäre vergeblich gewesen. „Nur einer!" schrie der Kranke..Der, welcher den Stoß getan hat. Ich werde weder alle vier erschießen, nach alle vier laufen lassen. Einer! Binnen vierundzwanzig Stunden den Todeskandr- daten melden! Wenn sie nicht imstande sind, herauszubekommen, wer zustieß, werde ich die Richter aufknüpfen lassen!" Aber noch vierundzwanzig Stunden muht« man trotz dieser Drohung dem Präsidenten eingestehen: Man kenne den Schuldigen nicht. „Herbringen!" befohl der Kranke. „Die Richter...?" vergewisserte sich der Angeschriene. „Die vier!" So standen bald darauf die zum Tode verurteilte» vier Vcr- schwörer, von denen nur einer sterben sollte, dem Bett des arge- fallenen Präsidenten gegenüber. In Reih und Glied. Dem Alter nach geordnet. Wieder gleich gekleidet. Aber nun in jener Tracht, die man hinter Gefängnismaucrn für Kleidung ausgibt. Lange sah der Präsident die verwegenen Burschen an. Immer wieder alle vier. Immer wieder jeden einzelnen. Mit Blickflammen. die verschlossenen Türen mächtig werden wollten.
Plötzlich rief der Kranke, so wie er tausendsoch— der Gewißheit, daß unübersehbare Menschenscharen im nächsten Nu seinem Wort gehorchen, sich wenden, laufen, stehen, sich hinwerfen, auf- springen würden— vom Roß herunter gerufen hatte—— plötzlich befahl General P.:„Der Schuldige, der, welcher zustieß, zwei Schritt-- vor!" Der Aeltcste schoß wie ein Rekrut aus der Reih«. Keinen Herz- schlag später sprang der Jüngste noch vorn und war mit ihm im selben Augenblick auf dem neuen Standort. Obwohl die beiden Mittleren, gleichfalls vorschießend, soviel später dort anlangten, daß ein General — im Gegensatz zu nichtunisormierten Sterblichen— feststellen konnte: Zu spät!— auch sie standen in der gleichen Sekunde mit ihren Kameraden Schulter an Schulter. „Wer nicht zugestoßen hat, mit dem Ruf: Nein! einen Schritt— zurück!" kommandierte Generoi P. „Nein!" kam es gleichzeitig aus den vier Kehlen der gleich- zeitig einen Schritt zurückspringenden Burschen. „Nicht zugleich! Nacheinander! Nur der, den ich frag«: Hast du den Stoß getan?" Di« Hand des Generals zeigte auf den Jüngsten. „Nein!" gab der zur Antwort und sprang noch einen Schritt zurück. Aber im selben Augenblick riefen auch die anderen drei: „Nein!" und sprangen mit dem Jüngsten zugleich, als ob jeder von ihnen des Glaubens wäre, der Finger des Präsidenten habe auf ihn gezeigt, einen Schritt rückwärts. Also standen sie wieder auf der selben Stelle, wo man sie beim Betreten des Krankenzimmers ausgerichtet hotte. Eine Stunde lang mühte sich General P. durch Befehlen und Belauern, durch Gewoltandrohen und Gnadeverheißen, durch Lärm und List herauszubekommen, wer den Dolch in seinen Rücken ge- stoßen habe. Doch alles Mühen scheiterte an dem Gemeinsamkeits- willen der vier verschlagenen Burschen. „Abtreten!" schrie der Erschöpfte schließlich und bekundete, so« bald das Zimmer geräumt war, die» als seinen unweigerlich zu befolgenden' Willen: Nicht oll« vier sollten den Dolchstoß mit dem Tode sühnen. Nur einer! Wer, müsse nun das Los entscheiden. Er werde auf drei Blätter mit eigener Hand„Leben!" schreiben, auf ein viertes„Tod!" werde die gefalteten Blätter in ein« Urne werfen und die Urne mit dem Staatssiegel verschließen. Am anderen Mittag, nach Prüfung des Siegels, solle man auf dem Markt vor versammeltem Volk die Urne öftnen. Die vier Ver- schwörer— den Acltesten zuerst, den Jüngsten zuletzt— heranführen! Nacheinander ziehen lassen! Und tun, was das Los be- stimme: Einen auf der Stelle erschießen! Die anderen drei unbe- helligt gehen lassen. Ins Leben zurück! Ins Leben! Auch dann sei unabänderlich so zu handeln, wenn er selber bis zum Mittag des nächsten Tages diesem einen auf seinem Wege vorangegangen sei. Auf dem Weg in den Tod! � (Schluß folgt.)
9)r. Adrian Wöhr:
WiUemacMsfonne
Bald hebt sie wieder an. die Wallfahrt zur Mitternachtssonne Früher ein Genuß, den sich nur wohlhabende Leute gestatten kann- ten: jetzt eine Reis«, die auf dem billigsten Platze Hamburger Dampfer auch dem„kleinen Mann" erschwingbar ist. Fahrten zum Nord- kap(und somit zur Mitternachtssonne) sind„popularisiert": da werden auch breitere Leserschichten gern einmal erfahren, was an der Mitternachtssonne denn min eigentlich wirklich„daran ist". Wer sie nicht sah, von ihr nur gehört hat, dem schwebt bei dem 'Namen Mitternachtssonne etwas Geheimnisvolles, Unerklärliches, Unerhörtes vor. Von sonst recht gescheiten Leuten kann man die Bermutmrg hören,„wenn es dort oben Nacht geworden, dann ginge die Sonne um Mitternacht für kurz« Zeit nochmals auf"! Eine Vorstellung also von etwas, was ostronomisch-phizsikolisch undenkbar ist. Deshalb sei hier gleich zu Anfang festgestellt: an der Miller- nachtssonne ist Besonderes nicht zu sehen! Im Sommer sind die Tage long, die Nächte kurz. Jedoch nicht überall auf der Erde. In der heißen Zone' sind Tag und Nacht jahraus« jahr«in immer gleich long. Je weiter man sich im Sommer von der heißen Zone nach Norden entfernt, um so kürzer werden die Nächte. Es läßt sich voraussetzen, daß vom Schulunterricht her jeder noch den Grund dieser Erscheinung weiß: die Erdachse jteht schief im Verhältnis zu der Richtung, in der die Erde um die Sonne kerumwandelt, so daß die nördliche Halbkugel im Sommer der Sonne zuneigt(während sie sich im Winter von der Sonne abkehrt). Am längsten Tage(21.. manchmal auch 22. Juni) ist die Nacht in Deutschland so kurz, daß es z. B. in München nur eine Stunde völlig finster ist. Aber schon in Norddeutschland, etwa in Schles- wig. ist diese kürzeste Nacht nicht mehr völlig sinster: vielmehr zeigt sich(klares Wetter vorausgesetzt) auch um Mitternacht im Norden am Gesichtslreis ein fahler Lichtschimmer. Es ist der Rest der abendlichen Dämmerung, zugleich aber auch der Ansang der Morgen- dämmerüng! Die beiden Dämmerungen gehen ineinander über: ehe die Abenddämn,erung völlig erlosch, kündet sich schon der neue Morgen an! Diese Erscheinung wird um so ausgeprägter, je nörd- lichcr man kommt: auf der Nordspitze der Halbinsel Iütland(Kap Skaaen� bleibt die Mittsommernacht so hell, daß man im Freien noch lesen kann. Aus der Linie Bergen— Oslo— Stockholm— Lenin. grab gibt es im Mittsommer überhaupt keine Nacht mehr, auch keine fahle Dämmerung, sondern nur Tageshelle: die Sonne geht dort im Juni zwar unter, aber erst gegen 11 Uhr. und gehl um 1 Uhr schon wieder auf. In den dazwischen liegenden beiden Nachtstunden hält sich die Sonne so wenig tief unter dem Gesichtskreis, daß die„Nacht " taghell bleibt. Die Sommernacht schrumpft also um so mehr zu- sammen, je höher hinauf zum Norden man kommt. Und hat man den Polarkreis erreicht, dann hört die Sommernacht auch theoretisch vollkommen aus: dann geht die Sonne auch zu Mitternacht nicht unter sondeni bleibt 2-t Stunden am Tage über dem Gesichtskreis. �a- ist dann die„Zeit der Millen, achtssonne" Diese Zeit wahrt an, Polarkreis nur wenige Tag-(theoretisch gar nur einen Tag): am Pol währt sie mehr als«Monate(1»ö Tage): in den dazwischen liegenden Segenden entsprechend kürzer: z. B. auf Spitzbergen vsm 22. April bis 23. August, am Nordkop vom 14. Mai bis 31. Juli. Am Polarkreis guckt die Sonne zur Mill-rnacht de« 21. Juni nur
gerade über den Gesichtskreis hinweg: am Pol steht sie um dieselbe Stunde 23>,z Grad über dem Horizcnt. In Hammerfest steh» sie die ganze zweite Junihälfte um Mitternacht so hoch wie bei uns am 21. Juni um W Uhr abends. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß an dieser Mitternachtssonne nichts Besondere- zu sehen sein kann. Sie steht so hoch, daß auch um Mitternacht nicht die leiseste Licht- schwächung zu spüren ist: Mittag und Mitternacht unterscheiden sich zu diesen Zeiten und in jenen Gegenden in nichts voneinander! Daran ist durchaus nichts Schönes, eher etwas Ouälendcs, denn die ewige Helligkeit, die durch alle Ritzen dringt, bekommt der mensch- lichen Natur durchaus nicht: sie beeinträchtigt den Schlaf! Den ständigen Bewohnern der Arktis ist dies unverkennbar: wer Ge> legenheit hat. sie im 5)erbst zu beobachten, wird feststellen, daß sie körperlich wie geistig ausgepumpt sind, daß starkes Schlafbedürfnis sie beherrscht und daß sie das Nahen der Polarnacht fast begrüßen. Schön, sehr schön kann Mitternachtssonne dort sein, wo ihre glühende Scheibe zur halben Nacht dem Gesichtskreis wirtlich nahe- kämmt. Dies ist am Polarkreis um den 21. Juni herum der Fall. am Nordtap End« Juli(und Mille Mai). Da Nordkapfahrten deutscherseits erst im Juli unternommen'werden, werden ihre Teil- nehmer meist diese Mitternachtssonne sehen. Dos Bild, dos sich dann ihrem Auge bietet, ist das einer Sonne kurz vor dem Unter- gang— nur daß diese Sonne eben nicht untergeht, sondern stunden- lang am Gesichtstreis entlangschleicht und den Beschauer stundenlang Sonnenuntergangsstimmung genießen läßt— eine Farbensinsonic also, die wir in Deutschland zwar nicht weniger schön hoben, die bei uns aber immer nur Viertelstunden währt. Was bei uns ein kurzer Farbenrausch ist, das ist dem entzückten Auge im Lande der Mitternachtssonne fester Besitz aus Stunden. Dies ist der wahr« „Zauber der Mitternachtssonne". Andererseits darf nicht verschwie- gen werden, daß die arktische Sonnenuntergangsstimmung die unsrige nur in der Dauer übertrifft, ihr aber a» Kraft wie Mannig- saltigk«!t der Farben kaum je gleichkommt. Jenes flammende, bren- nende, beängstigende, überwältigende Rot, das in d»,tschen Sonnen- Untergängen lodert, kennt die Arktis nicht. Jenes Rot hat zur Ur- jache seiner Entstehung die großen Staubmengen, die unserer Luft beigemengt sind(berühmt durch ihre Pracht sind Sonnenuntergänge im Ruhrgebiet !). Staub aber, vor allem Kohlenstaub, der die prächtigsten Rotfärbu'ngen bei tiefstehender Sonne hervorruft, ist in der reinen Atmosphäre der Arktis nur in winzige» Menge» vor- Händen. So gigantisches himmlische- Feuerwerk, wie ti uns zu Zeiten(freilich immer nur auf Minuten) bei Sonnenuntergang ab- gebrannt wird, mag von der Mitternachtssonn« niemand erwarten. Ihr fehlt das Aufregende, Aufpeitschende. Aber doch kann die Welt schön, wunderschön in ihrem sanften Glänze aussehen, wenn eine Welt so schön ist wie das Märchenland Norwegen .
Die tzrünc(sarbe aller kalten Meere(Nordsee usw.) rührt von den Kieselalgen, winzigen, einzelligen Pflanzen her. In unaus- denkboren Mengen bewohnen sie die oberste Schicht dieser Meere. Ihre goldgelbe Farbe tönt nach dem beknmnlle Gesetz das tiefblaue Meere grün.
3)er erjjle„Strich" in der Teilung Mit der Teilung ihres Inhaltes durch einen Strich hat die Zeitung wohl einen ihrer folgenschwersten Schritte getan: denn seitdem entwickelte sich„unter dem Strich" erst recht«igcntlich das Feuilleton, das immer mehr zum Rückgrat des modernen Zeitungs- wesens geworden ist. Man spricht heute von einer„Feuilleto- nisierung" der Presse, denn in dem unterhaltenden und belehrenden Teil tritt die Zeitung mit ihrem Publikum in eine persönliche Ver- bindung: durch ihn vollbringt sie ihre große Kulturaufgabe als Bildnerin und Erzieherin der großen Massen. Wegen dieser tultu- rellkn Bedeutung wendet man jetzt auch der Geschichte des Feuille- tons sein« besondere Aufmerksamkeit zu, und der„Zeitungsverlag" hat eine Rundfrage unter den deutschen Blättern veranstaltet, um aus der Geschichte der einzelnen Zeitungen genauere Einzelheiten über dieses noch so vielfach dunkle Kapitel zu erfahren. Einige Angäben, die jetzt über die Ergebnisse dieser Rundfrage gemacht werden, werfen bereits ganz neue Lichter aus die Entwicklung de- Feuilletons. Der„gelehrte Artikel", der sich bereits in Blättern des 17. Jahrhunderts sindet, kann noch nicht für ein eigentliches Feuilleton gelten, denn es waren mehr zufällige Beiträge und die gelehrte Nachricht ist noch kein Feuilleton: dazu wurde erst, als er als wich- tiger und wesentlicher Bestandteil der Zeitung auftrat. Soviel bisher bekannt ist, war der„Hamburgische Eorrespondent" die erste Zeitung, die im Jahre 17 31 den„gelehrten Artikel" als. ständige Mubrik «inführte. Das Feuilleton wird also demnächst sein 2<Z0jähriges Jubiläum begehen können. Diesem Beispiel folgten in den nächsten Jahrzehnten die meisten damals bestehenden Zeitungen, und das erste bedeutend« Feuilleton, das in der Gcistesgeschichte Spuren hinter- lassen hat, war das der„Vosstschen Zeitung", das Mylius und nach ihm L e s s i n g unter dem Titel„Das Neueste aus dem Reich des Witzes" schufen. Seitdem wurde dieser Teil der Zeitung immer mehr ausgebaut und ist aufs engste mit der geistigen Aufwärts- entwicklung der Völker verbunden. In der„Vossischen Zeitung" er- schien auch 1750>.!>i« erst« Theaterkritik, eine Besprechung von Lessings Lustspiel„Die alte Jungfer". Die. erste Musik- k r i t i k ist wenige Jahre später'nachzuweisen, währeniz sich die Kritik der bildenden Kunst erst viel späNlr, nach 1800, entwickelte. Wann aber ist nun der„Strich" in die Zeitung gekommen, der erst die beiden Welten des Inhaltes gegeneinander abgrenzte? Diese Tot geschah im Jahr« 17 0 3 durch den Abbe G c o f s r o y, der den e r st e n„Strich" in der Zeitung machte und zwar in dem Journal des Debats, der bald darauf auch den Namen „Feuilleton ", der bis dahin den Anzeigenteil bezeichnet hotte, auf die neue Rubrik übertrug und diesen Teil„unter dem Strich" am 22. Januar 1800 zum erstenmal mit der Ueberschrift Feuilleton versah. Unter dem Druck der napoleonischen Preßgesetze mußten die Zeitungen das Politische und Aktuelle immer mehr zurücktreten lassen, und so entwickelten sie nun den Untcrhaltungsteil zu einer reichen Blüte. In Deutschland ist man diesem Vorbild erst vcr- hältnismäßig spät gefolgt. Im 18. Jahrhundert war es nur die „Konstanzer Zeitung", die vorübergehend einen solchen Strich machte. Das eigentliche Feuilleton unter dem Strich entwickelte sich bei unq erst seit 1835, als August Lewaid im„Nürnbergischen Correspon- denten" diese Neuerung durchsetzte. Dann schloß sich die..Kölstssche Zeitung" an, und ihr Beispiel wirkte schnell weiter, so daß in den 40er Jahren bereits viele deutsch « Zeitungen ein Feuilleton unter dem Strich besaßen. Unterdessen aber hatte die französische Presse einen bedeutenden Schritt weiter getan mit der Einführung des Zeitungsromans. Wir können jetzt den 100. Geb urstag des Zeitungsromans feiern, denn er kam 1 8 2 9 in Paris auf urch hatte einen ungeheuren Erfolg. Die Sensationsromane von Eugene Sue und dem älteren Dumas, dann auch Werke von Balzac und George Saich, die in kleinen Abschnitten im täglichen Feuilleton erschienen, steigerten die Spannung der Zeitüngsleser zu einem Siedegrad, und man riß sich die Nummern mit der neuesten Fortsetzung geradezu aus der Hand. Zeitungen wie das„Siede". das„Journal des Debats " und der„Constitutionel" erlebten dadurch einen ungeheuren Aufschwung. In den deutschen Blättern lassen sich Romane vereinzelt in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts fest- stellen, und in den 40er Jahren ivaren sie auch bei uns eingeführt, trugen viel zu der nun einsetzenden Blüte des Feuilletons bei
neue Forschungen über das Seeklima Die Heilwirkung des Nordseeklimas ist in den letzten Iahren vielfach untersucht worden, und zwar hauptsächlich auf der Insel Fähr . Um nun diese Forschungen an einer Stelle fortzusetzen, die gegen das Meer noch freier liegt, führte der Hamburger Physiologe Prof. Otto Kestncr Untersuchungen an der holländischen Küste in Nordwyk aan Zee aus, über die er in der„Deutschen Medizinischen Wochenschrift" berichtet. Beim Meeresklima denkt man heute zunächst an die Wirkung jener kurzwelligsten Sonnenstrahlung, die die Hautbräunung hervorruft, sowie den Stoffwechsel und die Blut- bildung günstig beeinflußt. Kestner fand, daß her Wert dieser Ustraviolettstrohlen sehr schnell abnimmt, sobald die Sonne tiefer steht als 30 Grad, da die Strahlen von der Atmosphäre besonders stark absorbiert werden. Diese Beobachtung ist auch richtig für die Anwendung der jetzt in den Handel gebrachten Gläser, die fast zwei Drittel der Ullraviolettstrahlung durchlassen. Ihre Verwendung hat nur dann Wert, wenn die Strahlen der hochstehenden Sonn« durch solche Glasscheiben einfallen, wie dies bei Bedachungen von Liegehallen und Treibhäusern der Fall ist. Keinesfalls aber kann durch den Aufenthalt in Räumen mit solchen Glassenstern der Aufenthalt im Freien ersetzt werde», schon weil die übrigen wichtigen Wirkungen des Klimas wie'Wind und Temperatur wegfallen. Ueberhaupt scheint die groß« Rolle, die man der Ultraviolett- strahlung bei der Heilwirkung des Seeklinias zuschiebt, überschätzt zu sein, denn sonst könnten ja Herbst- und Winterkuren an der See nicht ebenso wirksam sein wie Sommerkuren. Schwierig ist h, festzustellen, welche Temperatur auf den menschlichen Körper einwirkt, und besonders zu berücksichtigen ist die kühlende und zugleich erregende und reizende Wirkung des Windes, die zunimmt, je mehr man sich dem Meere nähert. Die Luft- temperatur am Strand kann aber bei Sonne und Windschutz mitunter geradezu tropisch sein. Neben diejln Faktoren, die das Seeklima zu einem starken Reizklima gestalten müssen aber auch die Einwirkungen aus die Seele des Menschen berücksichtigt werden, die wir nicht messen können. Von entscheidender Bedeutung für die heilende Kraft, die vom Seeklima ausgeht, ist der Grad der Intensität, mit der der Mensch das herrlich« Landschaftsbild in sich aufnimmt, und je größer feine Freude an der schönen Natur ist, desto besser wird ihm ein Aufenchalt am Meer bekommen.
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