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einem Zimmer Hausen. Ich habe ein« Reihe Textilarbeiter- wohnungen ausgesucht und entsetzliche Zustände angetroffen. Da wohnt eine Familie von fünf Köpfen in einem IS Quadrat- meter großen Raum! Die Mutter, ihre Tochter mit ihrem Mann und zwei Kinder. Es find nur zwei Betten und ein Kinder- bettchen da. In einer Stube von 25 Quadratmeter Flächeninhalt haust eine Familie von s i e b« n K ö p f e n. Es sind nur drei Betten da. Der Vater hat eine offene Tuberkulose. Trotzdem schläft fein dreijähriges Mädchen bei ihm im Bett. Es ist ein Parterre- zinnner, der Fußboden ist verfault, in den Wänden sitzt der Schwamm. Eine andereWohnung'. Es ist eine Stube von 3v Qua- dratmeter. Die Eltern wohnen dort mit zwei Kindern. 316 und 6 Jahre alt. Die Wände sind feucht. Von der Decke dringt bei starkem Regen Wasser ein. Der Raum hat kein F e n st e r ins Freie oder auch nur auf den Hof. Ein Oberlicht und ein Licht-
So wohnen Textilarbeiter. SSatifUUge XMtuer In Xelehenbach schacht geben spärlich ein wenig Hell«. Wenn das Oberlicht geöffnet werden soll, damit«Ine wenig frische Luft in den Raum kommt, ist ein Spaziergang auf den Speicher notwendig. Nur von dort aus kann die Luftklappe geöffnet werden. Der Mann hat eine offene Tuberkulose und ist seit langem arbeitslos. Das sechsjährige Töchterchen ist bereits tuberkulös. Das andere Kind wird es unter diesen miserablen Wohnverhältnissen wohl auch bald werden. Der Familie kann keine andere Wohnung beschafft werden, weil die Hausbesitzer sich wegen der langen Arbeitslosigkeit und Krankheit weigern, sie aufzunehmen. Man bemüht- sich, dem Wohnungselend durch Neubauten zu steuern. Aber die verfügboren Mittel sind beschränkt. Die neuen Wohnungen sind ein Tropfen auf einen heißen Stein. Billig sind di« Neubauwohnungen. Ein« Zweizimmerwohnung mit Küche kostet im Monat nur 21 Mark! Für die meisten Leineweber ist das aber ein unerschwinglicher Betrag. Nur solche Familien können sich die begehrte neue Wohnung leisten, in denen Mann und Frau verdienen und wo höchstens ein Kind da ist. Oer Kampf steht gut. Obwohl hier im Bezirk der Prozentsatz der Organisierten nicht so groß ist wie im Eulengebirge, herrscht eine glänzende Kampf. stimmung. Die Kommunisten, die vor Jahren hier im Textilarbeiter» verband regierten, haben die Organisation geschwächt. Aber als sie abgewirtschaftet hotten, wurde zähe Aufbauarbeit geleistet, und heute ist der Verband auch hier wieder stark und kampfkräftig. Natürlich haben die Kommunisten ihrerevolutionären Kamps- leitungen' gebildet, vom Verband die Unterstützung der Unorgoni- sierten aus Derbandsmitteln(!) gefordert und gar noch das An- sinnen gestellt, in di« Streikleitung sollten auch Unorganisierte alsBerater"(l) ausgenommen werden. Die Dampfleitung' besteht zwar noch weiter, aber niemand hört und sieht etwas von ihr, und kein Mensch achtet auf ihre Parolen. Die Ausgesperrten stehen zum Deutschen   Textilarbeiter-Derband. Unter der Maske der Internationalen ArbeKerhilfe schwingt die KPD  . den Bettelsack für die Ausgesperrten und veranstaltetWohltätigkeitskonzerte' und Filmvorführungen. Wo der Ertrag dieser Veranstaltungen hin- wandert, werden die Textilarbeiter wohl nie erfahren.
Vrückeneinsturz auf dem Main  . Ein Zimmermann getötet, mehrere andere verletzt. Bei den Arbeiten an der Staustufe Klingenberg in der Gegend von Miltenberg   brach bei Rammarbelten ein Brückenbogen infolge zu großer Belastung in der Mitte durch. Beide Teile des Bogens stürzte» ins Wasser. Hierbei wurde ein Zimmer» man« sofort getötet» der Schachtmeister» der die Arbeite» leitete» sowie zwei Arbeiter wurden verletzt. Bei dem Einsturz sind auch die Licht» und Telephon» leitungen zerstört worden» so daß eine Reihe von Orr» schaften jenseits des MainS ohne elektrische« Strom und ohne Telephonverbindung find.
Vereinsrecht und Reichsverfassung Eine Vorlage zur Beendigung der Rechisunsicherheii
Aus dem Gebiete des Vereins- und Versammlungsrechts ist da- durch ein« gewisse Rechtsunsicherheit entstanden, daß Teil« des Reichsveremsgefetzes von 1908 währeiÄ» des Wellkrieges auf- gehoben wurden und die Reichsverfasiung von 1919 neue Grund- sStze aufgestellt hat. Dieser Zustand der Rechtsunsicherheit ist für die Behörden und die Bevölkerung unerträglich und nach der Auf- fasiung der Reichsregierungeines Rechtsstaates nicht würdig". Der Reichsinnenminister Severing hat daher zur Beendigung dieses Zustandes denEntwurf eines Gesetzes zur Aenderung des Vereins- gesetzes" dem Reichstag vorgelegt. Im Paragraphen 3 wird bestimmt, daßzwei Wochen nach der Gründung eines politischen Vereins di« Satzung und das Verzeich- nis der Mitglieder des Vorstandes der für den Sitz des Vereins zuständigen Polizeibehörde einzureichen sind" Als bloße Ord- nungsoorschrift ist dieser§ 3 mit der Versasiung vereinbar. Die Gründung politischer Vereine wird dadurch nicht behindert. Wie die Begründung btr Vorlage ausführt, muß sich die Polizei über b«- stehend« politische Vereine, ihre satzungsmäßigen Zwecke und die verantwortlichen Personen auf dem laufenden halten, da sie sonst ihr« Aufgabe nicht erfüllen könne.Es ist besser, daß dies im Wege der eigenen ordentlichen Mitteilung des Vereins g«- schieht, als wenn die Polizei grundsätzlich gezwungen wird, auf anderem Weg« Kenntnis zu suchen."
Der§ 7 besagt:Wer eine Versammlung unter freiem Himmel veranstalten will, hat hiervon mindestens 4L Stunden vor dem Beginn der Versammlung unter Angabe des Ortes, der Zeit und des Verhandlungsgegenstandes bei der Polizeibehörde A n- zeige zu erstatten. In besonderen Fällen ist die Polizeibehörde befugt, von der Einhaltung der 48stündigen Frist abzusehen. Ver­sammlungen unter freiem Himmel kann die Polizeibehörde bei un­mittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oerbieten." Dieser Paragraph entspricht dem Artikel 123 der Reichsverfasiung. Die Begründung führt dazu aus, daß die Polizeibehörden ein absolutes Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel nur zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erlasien dürfen. Di« Polizeibehörde soll prüfen, ob sie diese Gefahr nicht dadurch abwenden kann, daß sie bestimmte Bedingungen für diese Abhaltung aufstellt(zum Beispiel verhindert, daß sich gleichzeitig Demonstrationen entgegengesetzter Richtungen begegnen). Damit die Veranstalter gegen die willkürliche Auflage von Bedingungen, die entweder in keiner unmittelbaren Beziehung zur öffentlichen Sicherheit stehen oder über das erforderliche Maß hinaus- gehen, geschützt sind, können sie die Erteilung eines begründeten Bescheids verlangen, eines Bescheids, der nach den allgemeinen Bedingungen angefochten werden kann Die obersten Landes- behörden können außerdem allgemein bestimmen, daß die ö f f e n t- liche Bekanntmachung die Anzeige an die Polizei ersetzt.
Henderson fordert Vertagung. Minderheiiendebatte erst im Herbst.
Paris  , 11. Juni.  (Eigenbericht.) »Petit parisiien" meldet aus Madrid  , daß die englische Re­gierung telegraphisch um Vertagung der Mlnderheilendeballe ersucht habe. Dieser Schritt werde damit begründet, daß es der Arbeiterregiernng bisher nicht möglich gewesen sei. sich genügend In die Materie einzuarbeiten. Es wird, betont derPetit Parisien", sehr schwierig sein, diese» Antrag abzulehnen, zumal ihn auch Stresemann unterstützen dürste. Besprechungen um die Räumung. Paris  , 11. Juni. Der nach Madrid   entsandte Sonderkorrespondent derChikago Tribüne" meldet, daß der französische   Außenminister Briand Reichs  » außenminister Dr. Stresemann habe mitteilen lasien, daß er mit ihm«ine private Begegnung verabreden wolle unter zwei Be- dingungen. Einmal wünsche er, daß keinerlei Entschei- d u n g über die Zurückziehung der alliierten Truppen in Abwesen- hell eines für derartige Verhandlungen besonders beglaubigten Vertreters der neuen englischen   Regierung gefällt werde. Der englische Botschafter Sir George Graham sei lediglich nominell der Vertreter der englischen   Regierung. Briand   wolle, daß man das Eintreffen der Vertreter der englischen   und der belgischen Regierung abwarte, bevor man Entscheidungen treffe. Zweitens empfehle er eine internationaleKonferenzim Juli oder August, ohne einen Verhandlungsort vorzuschlagen. Frankreich   würde mit L o n- don einverstanden sein, wenn die englisch  « Regierung diesen Vor- schlag machen sollte. Man erwarte, daß außer Deutschland  , Front- reich, Belgien  , Italien   und Japan   folgende Länder Delegierte ent- senden werden: Polen  , Rumänien  , Südslawten und warscheinlich Oesterreich und Ungarn  , da Fragen betreffend die Nachfolgestaaten zu regeln seien. Die amerikanische  Regierung werde ebenfalls eingeladen werden und mit Rücksicht auf sie scheine die Wahl Londons   als Verhandlungsort besonders günstig. In der Zwischenzeit würden Pläne für die Zurück- ziehung der alliierten Besatzungstruppen vorbereitet werden, so» daß das deutsche Gebiet entsprechend dem Poung-Plan, falls er an» genommen weiche, am 1. September von fremden Truppen befreit fein könnte. Amerika   und Macdonalds Reise. Washington  . 11. Juni.(Eigenbericht.) Di« amtlichen amerikanischen   Kreise äußern sich zunächst zu dem Vorschlag des englischen Ministerpräsidenten, dem omerikani- schen Staatspräsidenten Hoover einen Besuch abzustatten, nicht. Immerhin zeigt man sich in offiziösen Kreisen über den Plan über» r a s ch t, ohbe jedoch di« Zweckmäßigkeit einer persönlichen Aus» spräche zwischen den beiden Staatsmännern Englands und Amerikas  zu verkennen.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Senats B o r a h steht dem Plan Macdonalds durchaus sympathisch gegenüber und versicherte Pressevertretern gegenüber, daß eine enge Zusammenarbeit zwischen Hoover und Macdonald in der Entwajf- nungsfrage gute und zufriedeiistellemte Ergebnisse zutage fördern würde. Offiziell hat sich zu den Plänen Macdonals inzwischen auch die Regierung von Kanada   geäußert. Sie erklärt sich zu jeder Mitarbeit bereit, falls Macdonald in Amerika   erscheinen sollt«. Macdonald an die Arbeiiskonferenz. Reue Instruktionen an den Reaierungsvertreter. Genf  . 10. Juni.(Eigenbericht.) Macdonald hat dem Präsidenten der Arbeitskonfereoz Dr. Brauns telegraphisch die Grüße der englische» Arbeiterreglerung übermittelt. Zn dem Telegramm heißt es u. a, daß die neue eng­lische Regierung von dem großen wer» des Werke» der internatio nalea Arbeltsorganisation überzeugt sei und mit ganzem herzen au den weiteren Arbeilen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterschaft teilnehmen werde. Dr. vrauns beantwortete da, Telegramm mit der Versicherung, daß nicht nur die Konferenz, fou- dern die ganze Welt den wert der warmen Grüße der neuen eng- lischen Regierung an die Konferenz und den Werl   ihrer Mitarbeit zu schätzen wisse. Zu Arbeiterkreisen wird versicher«, daß dem englischen Regie­rungsvertreter inzwischen neue Instruktionen zugegangen sind. Man erwartet deshalb, daß der engllsche Delegierte in der all­gemeinen Aussprache über den Bericht des Direktor» auf Grund der neuen Instruktionen das wort ergreifen wird. Die Arbeiterpartei im Außenamt. London  . 11. Juni.(Eigenbericht.) Das B e r g b a u Ministerium wird dem bewährten Führer der Textilarbeiter Ben Turner übertragen werden. Es kann außer dem als sicher gelten, daß Dr. Hugh Dalton   als Staatssekretär im Außenministerium und nächster Mitarbeiter Hendersons ins Foreign Office berufen werden wird. Der Abgeordnete der Arbeiter. Partei Philipp Baker. Professor de« internationalen Rechtes und Völkerbundssachverständiger, dürste den sachUch wichtigen Posten eines parlamentarischen Sekretärs des Außenministers erhalten. Die Eni- scheidung über diese Besetzung ist jedoch noch»ich» gefallen. Außer Macdonald und Henderson dürsten Dr. Dalton und im Falle seiner Ernennung Professor Baker vorwiegend mit Dölkerbundsfraqen befaßt werden. Die Arbeiterregierung legt im übrigen den größten Wert darauf. daß Großbritannien   bei allen wichtigen Gelegenheiten in Genf  durch den Ministerpräsidenten oder den Außenminister vertreten sein wird.
Sachverständigenberatungen über die Getreidezölle. Der von der Reichsregierung eingesetzte Sachverständigenausschuß zur Prü- sung der Frage einer Neuregelung der Getreidezölle hielt am Montag im Reichstag seine ersten sachlichen Beratungen ab. Di« Verhandlungen, die vertraulich sind, sollen etwa bis zum 20. Juni zu Ende geführt werden. Ihre Ergebnisse werden dann in einem Kommunique veröffentlicht werden.
Das Booisunglück auf der Elbe  . Sind wcitere Opfer zu beklagen? Meißen  . II. Zuni. Es steht noch immer nicht einwandfrei fest, wieviel Personen sich während der Uebersahrt aus dem FährboolForelle' be- fanden, da» gestern mittag von dem EilfrachtdampferPirna  " der vereinigten Elbe  -Schissahrtsgesellschaft gerammt und über- rannt wurde. E» dürsten jedoch nach Zeugenaussagen acht bis zehn Personen im Augenblick der Katastrophe aus dem Fähr. bool gewesen sein. Gerettet wurden der Fährmann  , der schwimmend das Ufer erreichen konnte, sowie vier Fahrgäste. Eine SS Jahre alte Frau v e r st a r b. nachdem sie au» dem Wasser gefischt war, im Krankenhaus. Bestimmt vermißt werden weiter ein Stein- s e tz e r aus Gollma bei Leipzig   und ein Kaufmann aus Meißen  . Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß das Unglück noch ein oder zwei weitere Opfer gefordert Hot, deren Pen» sönlichkeit noch nicht feststeht. Nach dem Bericht von Augenzeugen wurde durch den Swß des stromabwärts fahrenden Dampfers die Bordwand de« Fährbootes vollkommen eingedrückt. Alle an Bord befindlichen Personen steten oder sprangen unter Schreckensrusen in» Wasser. Von allen Seiten eilten sofort Boot« zur Hilfeleistung herbei, so daß die Verunglückten, soweit si« nicht sofort untergegangen waren, geborgen werden konnten. Das FährbootForelle" wurde später durch Meißner Fischer gehoben und geborgen. Die Versuche, die vermißten In- fassen oder deren Leichen zu bergen, wurden bis in die späten Abendstunden ergebnislos fortgesetzt.
Schweres nächtliches Motorradunglück. In der vergangenen Nacht ereignete fich in R e l n i ck e n- dorf-west ein schweres vlotorradunglu bei dem eine Person den Tod fand und zwei weitere erhevllche Verletzun­gen erlitten. Belm   Ausweichen vor einem Fußgänger fuhr gegen 12 Uhr der Motorradfahrer Otto Mohr   aus der Schönhauser Mee äOn vor dem Hause Scharnweberstr. 104 in vollem Tempo gegen ein aus entgegengesetzter Richtung kommendes Lastauto. Mohr wurde auf das Straßenpflaster geschleudert, wo er mit z e r t r ü in- inertem Schädel bewußtlos liegen blieb Sein« Begleiterin, die auf dem Soziussitz saß, sowie ein Passant, ein Tegeler Ein- wohner, der vom Rad ersaßt worden war. erluten stark blutende Fleischwunden. Der Motorradfahrer ist im Krankenhaus gestorben.
Lugendliche Lebensmüde. In der Wohnung ihrer Eltern in der Schwarzburgallee fs vergiftete sich die 17jährige Lotte Relzewitz durch Sa». Wiederbelebungsversuche der Feuerwehr waren ohne Erfo g. Liebeskummer ist nach den polizeilichen Ermittlungen da» Motiv zur Tat. Aus noch nicht bekannten Gründen versuchte sich die 17sährig« Hausangestellte Olga S ch. in ihrer Wohnung in der Wallstraße zu Eharlottenburg mit Gas zu oergiften. Die Tat wurde aber rechtzeitig entdeckt, so daß die von der Feuerwehr angestellten Wiederbelebungsversuche von Erfolg waren. Die Lebensmüde wurde in da« Westend-Krankenhaus gebracht.