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Mittwoch 12. 3uni 1929
Unterhaltung unö AAissen
Beilage des Vorwärts
Stam Sranck: JßcbCtl
(Schluß.) Während der Nacht seine Tochter Daraja war, den Schlaf de» Baters zu hüten, als einzige im Jnnmer beschrieb Genera! P. die Sch cksalsblätier, faltete sie, warf sie in die Urne. Gegen Morgen oersiegelte er die Urne mit eigener Hand. Nachdem er sich sorgsam vergewissert hatte:Bier!" Eine Stunde später riß den Präsidenten der Schrei:.Einen erschießen! Hört doch: Nur einen!" aus dem Schlaf. Er stützte sich hoch. Griff nach seinem Herzen. Sank hintenüber. Als die Aerzte auf Damjas Rufen aus dem Vorzimmer ans Bett gelaufen kamen, tonnten sie zum Beginn und zum Beschluß ihrer in sämtliche Windrichtungen auseinanderstiebenden Reden alle nur'das gleich« Wort sagen: Tot!-- Nicht am Mittag dieses Tages, wie General P. bestimmt hatte. wohl aber eine Woche später, fand die Auslosung des einen Ver- schwörers statt, der den tödlichen Dolchstoß durch den Verlust seines Leben» büß«n sollte. Vor der Wand des Serichtsgebäudes war eine Tribüne errichtet, welche Soldaten von dem Volk abtrennten, das rielhundertköpfig auf dem Marktplatz wogte. Nach Verkündigung der letztwilligen Verfügung des einem sllichwürdigen Verbrechen zum Opfer gefaNenen Präsidenten trat ter Aeltcste der Verschwörer an die Urne, deren Staatssiegel vor der Oeffnung von sämtlichen Amtspersonen auf der Tribüne un- ta'elig befunden wurde, zog sein Los, gab das Blatt dem obersten Richter; der entfaltete es und rief über den Markt hinweg:.Lebenl" Der Zweitälteste zog:Lebenl" Der dritte;.Leben!" So war dos Urteil gefallen. Für den Jüngsten lautete es:.Tod!" Man bedeutete ihm, daß er zu der Urne gehe und sich von dem letzten darin befindlichen Blatt bestätigen lasse, was er, was jeder seiner Richter, was das Volt wisse: Tod! Carriazzo so hieß der jüngste der Verschwörer blieb stehen, schüttelte den Kopf: Wozu noch lesen, was er gleich allen wußte? Damit sein imabänderliches Schicksal sich schnell erfülle, winkte er den Soldaten, daß sie zur Tribüne heraufkämen und an ihm vollbrächten, was man ihnen befehle. Aber im selben Augenblick, da er freien Willens zur Wand schreiten wollte, vor der«s galt, als Letztes den Satz:Es lebe die Freiheit!" auszurufen, rief aus der Menge herauf eine Frauen- stimme:.Liehen!" Und während dies« Frai�nftimme silber- umschäumt wie sonnbeglänzte Möwenflügel sich aufschwang, höher, immer höher stieg, im Blau verschwand, in die Himmelshelle «inging, rief in Carriazzo, dem todgewillten, jede Fiber:Geben!" Obwohl es unsinnig war denn Tod. noch und noch Tod enthielt sie für ihn ging er doch auf die Urne zu, griff hinein, riß das letzt« Blatt heraus, entfaltete es, und zur selben Sekunde jauchzte sein Mund:...Leben!" Er lief mit dem Blatt zum obersten Richter. Der mußte bestätigen: Leben! Di« anderen Richter stellten fest: Leben! Alle auf der Tribüne, zuletzt die drei Mitoerschwörer, stellten fest, bestätigten, jauchzten: Leben! Man prüfte die Urne leer! Man prüft« die Blätter der anderen drei Verschwörer Leben! Von der Hand des toten Präfidenten geschrieben: Leben! Also hatte General P. in der Todesnacht seinen Willen geändert
und als letztes Wort aus seinem Strrbezimmer das Gnadenwort Leben hervorgehen lasten? Aber wann je hatte General P. seinen Willen verworfen! Mithin blieb nur die Erklärung: Betrug? Aber das Staatssiegel war Dutzend« von Augen hatten es festgesteltt unverletzt gewesen! Da erinnerte man sich, daß jemand in der Menge, als der Jüngste sich weigerte, an die Urne zu treten, .Liehen!" gerufen hatte. Aus wessen Mund kam dies« Stimme? Di« Ruferin denn aus einem Frauenmund war sie hervor- gegangen konnte das Rätsel lösen. Sie allein! Wer hatte .Liehen!" gerufen? Wer? So stand bald hernach neöen dem jüngsten der Verschwörer Angeklagte und Verteidigerin zugleich Daraja auf der Tribüne und bekannte: Während des Schreibens habe ihr Vater sie plötzlich gefragt, wieviel Blätter schon in der Urne lögen. Drei wären es gewesen. Sie habe jedochZwei!" antworten müsten. Vor einer Woche hätte sie nicht gewußt, warum sie gegen ihren Willen Handel«. Seif ihrem Schrei über die Köpfe der Menge hin aber wisse sie um den geheimen Sinn ihres Tuns. Nicht: Tod! sei der Sinn des Lebens  , sondern: Leben! Als ihr Vater wie sie nun erkenne: vor Erschöpfung, nicht, wie sie in der Nacht geglaubt: vor Müdigkeit eingeschlafen sei, habe sie eines der fünf Blätter, das, auf welchem von seiner HandTod!" gestanden hätte, au» der Urne genommen und vernichtet. Der Himmel sei mit ihr im Bunde gewesen. Am Morgen vor der Versiegelung habe der Vater nur gezählt: Merl ohne die Blätter zu entfalten. Darum habe sie, als der jüngste unter den vieren gezaudert hätte, sein Los aus der Urne zu nehmen, ruf«n müssen:.Liehen!" Denn sie glaube und oll«, dort unten hoffe sie würden mit Ihr glauben: Nicht auf eigenes Geheiß, nicht aus Vermeflenheit habe sie gehandelt, sondern als gehorsam« Dienerin ewigen Willens. Trotz dieses Anrufes bezeigten die Richter nicht übel Lust, nun, da der letzte Will« des ermordeten Präsidenten, das Verbrechen an ihm durch Tod zu sühnen, nicht in der bestimmten Form aus­geführt werden tonnte, zur Durchführung d«r einwandfrei ange- ordneten Sache alle vier Verschwörer an die Wand zu stellen und niederknallen zu lassen. Doch sobald das Volt aufschäumte wie sturmgcpeitschtes Meer und sie gewahrten, daß mit den Verschwörern sie selbst verloren seien, bestätigten sie den Spruch der Urne: Alle vier durch handschriftliche Anerkenntnis des verewigten PrSsi- denken P. begnadigt. Als diese Worte vom Jubel des Volkes zerfetzt waren, ging Carriazzo auf Daraja zu, nahm sie bei der Hand und schritt mit ihr durch die Menge hin. Di« tat sich vor ihnen auf, die schloß sich Himer ihnen, wie sie überoll vor, hinter ungemeinem Geschick sich geöffnet, geschlossen hat. Da man,«inen Monat später, in gedachter südamerikanischer Republik   die Vorbereitung der Dahl de» neuen Präsidenten begann, rief«» viele:Carriazzo! Carriazzo!" Aber alles Rufen war umsonst. Carriazzo wußte nicht mehr um Präsident und Republik  , um ver- rottung Verwaltung, um Öffentliches und nichtöffentliches Wohl, um Unterdrückung und Aufstand, um Unrecht und Selbsthilf«. Sein Leben hatte nur noch einen Sinn: Leben!
71. Aranyosi;£*iii UHuseum int drrenltatise
Tief ist die menschlich« Seele und unerklärlich ihre Geheimniste. Und zahlreich sind die wissenschaftlichen Werke, die uns einen Blick in die Berirrungen und Wirrniste der Seele gewähren wollen. Man sagt, diese wissenschaftliche Forschungsarbeit hätte unserem Ver- ständnis den erkrankten Menschengeist und die Ertrankung der Seele nähergebracht. Und doch, die drei Zimmerchen, die in dem Irren- hause von Angyalföld, einem Vorort von Budapest  , vor kurzem als Museum«ingerichtet worden sind, aus der Sammlung des Chefarztes des Jrrenhauses, Dr. Ar päd Selig, geben uns mehr Aufschluß über das Leben und Treiben der Geistesgestörten als ganze Bibliotheken von Theorie. Eine neue und grausame Welt eröffnet sich dem Besucher in den Glasschränken, di« den Querschnitt dessen enthalten, was sich hinter den gelben Mauern und Gitterstäben, in den Zellen der Kranken abspielt. E» befinden sich darin Gegenständ«, auf den«rsten Blick unerklärlich und uninteressaM: Schlüssel. Schlüsselabgüsse, Scheren, Sägen, Meißel, F«ilen. Messer, Schneiden, mühsam aus einem Lösfelstiel gefeilt. Man würde sie kaum eines Blicke» würdigen. wenn die erklärend« 2lufschrist an ihnen uns nicht sagen würde, wozu sie gedient haben. Diese lächerlich harmlosen Gegenständ« wurden plötzlich gefährliche Waffen, mit denen die Kranken sich oder anderen zu Leib« gehen wollten. Wie sie in ihren Besitz gekommen sind, tonnte nie ermittelt werden. Meist wissen selbst dl« Kranken nicht, wo sie sie hergenommen haben. Auf jeden Fall nimmt der Mordgedante ein« wichtige Stelle in dem Leben der Kranken«in. Diejenigen Irren, die sich mit den Fluchtmögiichkeiten beschäftigen, haben noch eine schwache Erinne- rung an die Außenwelt, die sie nicht in Ruhe läßt Sie haben Ver- langen nach ihr, ob sie nun gut oder schlecht zu ihnen war. Und unter tausend Gefahren versuchen sie immer wieder und wieder di« Flucht. Manchen gelang es auch: die Bettlaken hatten sie zu einem Strick gerollt, zusammengeknüpft unh durch das Fenster das Weite gesucht. Jetzt kommt man zu einem Schrank, wo man unter kleinen Taschenmessern und rostigen Nägeln die Schmuckgegenstände der Irrsinnigen sieht. Sie muten sonderbar an. Man erinnert sich plötzlich an die Kaiser und Könige der Irrenanstalten  , die man bis jctzl eher nur vom Hörensagen gekannt hat. Hier sind nun ihre Kronen" ausbewahrt. Aus kleinen Knochenstückchen auf einem Faden aufgereiht,«in Kranz au  » Hasenwirbeln, den der.Lerrfcher" immer auf dem Kopfe trug. Die Wände sind voll von Zeichnungen und Gemälden. Ein« ganze Kollektion von den Arbeiten de» verstorbenen, schicksal- geschlagenen ungarischen Malers Joseph Nemes-Lamperth wurde zu- lammengestellt, des ungarischen van Gogh   der zu seinen Lebzeiten die größte Verheißung de» ungarischen Expressioni-mu, war. Jedes einzelne Gemälde Ist eine Sensation. Nichte zeugt an ihnen dafür, daß ihr Schöpfer vor ein paar Jahren«in unheilbarer Insasse diese, Instituts war daß viele von diesen Kunstwerken in dem Irren- Hause gemalt worden sind, und daß dieser geniole Irr« kurz nach ibrer Fertigstellung einem letzten Anfall erlag. Auch andere Kranke verbringen ihr« Stunden mit Zeichnen und Malen. Unter chne» auch«tu Buda pester Rechtsanwalt, der in
seinem Geistes- und Seelenfieber sonderbare neue Formen und Farben fand. Ein dritter zeichnet« sentimentale Federzeichnungen in Biedermeierart, ein vierter, ein Patriot auch in seiner Krankheit, träumte bei dem Malen eines seiner Gemälde von dem großen ungarischen Erwachen Ein in dem Irrenhaus« gepflegter Astronom träumt sein ganzes Wissen in seine zum Denken zwingenden Zeichnungen hinein. Geisterhaste Bilder von dem Saturn, von den sonderbaren Gewässern des Neptun und der wundersamen Flora de» Mars sollen uns die fernen Erscheinungen der Sternenwelt offenbaren. Arabische Schriftzeichen unter ihnen deuten die Astrologie früherer Jahr- tausend« an. Ein Marineoffizier beschämt mit seinen Schiffs- riefen alle Phantasie der modernen Technik. Auf seinen Gemälden bereist er märchenhaste Gegenden, die nur In seinem Gehirn existieren. Ein kranker Arbeiter dämpft auf seinen Kr«id«zeich- nungen das Feuer der Kessel und mit seiner Handfläche deckt er die Oeffnungen der Fabrikschornstein« zu. Was er damit gemeint hat, was in seinem arw«n Gehirn vorging, fällt wohl nicht schwer zu analysieren. ein anderer Künstler streut die nächtlichen Straßen und Kirchen mit Geistern voll, der Himmel sprüht Flammen, über Erden jagen Orkan« und grinsend« Furien, und irgendwo im Hinter- grund fechten zwei gepanzert« Ritter auf bulldoggenköpfigen Pferden einen furchtboren Kampf au». Und hundert und aber hundert andere Gemälde und Zeich- nungen sprechen hier von dem Leben des Irrenhauses und den Ge- danken und Gefühlen seiner Bewohner. In einer Ecke, sorgfältig aufbewahrt, liegt ein eigenartiges Flickwerk, ein schlichter Bretterrahmen mit Nägeln vollgeschlagen, von denen Bindfäden herunterhängen. Ein Polizist fand ihn in den Händen eines Mannes der am Ufer der Donau   saß. Er bildete sich ein und wiederholte es immer: er hätte den vollkommenen Taucher- apparat erfunden, man sollte nur genügend Oxygen in die Bindfäden pumpen, und er könne ein Jahr damit unter Wasser bleiben.- Künstlerische Handarbeiten von geisteskranken Frauen ergänzen diese sonderbare Sammlung. Kleine Leinenläppchen mit Phantasie- gebilden, Häuschen und Vögeln vollgestopft, Figuren und Gruppen- bilder von zerkauten Papieren. Brotkrumen und aufgelesenen Lumpen geformt, wüßte man nicht, wie sie entstanden sind, so würde man spielerische» Schaffen ernster Künstterhände vermuten. In dem letzten Zimmer sind die weißleuchtenden, anormalen Knochenschädel verstorbener Geistesgestörter aufgestellt. Daneben ärztlich« Präparate und eine lange Reihe von Epiritusflöschchen mit den darin aufbewahrten zerschnittenen, kranken Gehirnen. Zum Schluß erlebt man noch in einigen hier ausgestellten Rekonstruktionen und graphischen Darstellungen die eigenartig« Dehandlungsweise der Irrsinnigen in den vergangenen Zeiten. Es Ist gar nicht so lange her. daß man während eines Anfalls den tkronken an«inen Pfahl angebunden hatte. Noch früher hatte man ihn an die Bank eines tarussellartigen Gerüstes gebunden, das dann solang« mit wachsender Geschwindigkeit gedreht wurde, bis dervom Teufel Besessene" in Ohnmacht siel, während der ihnder böse Geist verließ". Aus dem Hof« de» Irrenhauses kehren stille Kranke die Wege de» Park«».
SloffrcedifelsEenlrum im Gehirn Die beiden deutschen   Professoren Grünthal und Gräfe haben bei ihren Gehirnforschungen«in« Entdeckung von npH nicht zu über­sehender Tragweite gemacht. Es ist ihnen gelungen, im Zwischen- Hirn ein Zentrum für den wichtigsten Stof�oechsel aufzufinden. Schon fett Jahrzehnten ist bekannt, daß das Gehirn nicht nur der Sitz des Denkens und Fühlens ist. sonhern auch für den Stoff­wechsel des Körpers ein« große Bedeutung besitzt. Bahnbrechend auf diesem Gebiete war der französische   Physiologe Claude Bernard  , der nicht nur die zuckerbercitende Tätigkeit der Leber und andere wichtige Swffwechselvorgänge entdeckte, fondern auch als erster durch ein« Verletzung des vierten Hirnventrikels auf künstlichem Wege Zuckerharnruhr hervorrief, wodurch er bewies, daß das Gehirn einen bis dahin ungeahnten Einfluß auf manche Stoffwechfelvor- gänge im Körper besitzt. Im Laufe der Jahrzehnte wurden in dieser Beziehung noch andere Feststellungen gemacht, die die Bedeutung des Gehirns für Fettverbrennung, für Körperwärme usw. betrafen, aber für den wichtigsten Stoffwechsel, insbesondere für die Menge des verbrauchten Sauerstoffes und der ausgeschiedenen Kohlensäure war«in Stosswechselzentrum im Gehirn trotz der umfassendsten Ver- suche nicht gefunden worden. Bei ihren Tierversuchen gingen die deutschen   Forscher von dem Grundsatz au», ganz bestimmte Abteilungen im Jwischenhirn zu ver- letzen, um den Einfluß dieser örtlichen Stellen auf die wichtigsten Stoffwechselvorgänge, hauptsächlich auf die Gewebsaimung, zu prüfen. Sie benutzten dabei eine neue Methode, die sie bei ihrer Arbeit unterstützt«, indem sie nicht operativ vorgingen, sondern mit Hilfe von Höllensteinlösungen vom Gaumen aus AetzUngen der ver- schiedenen. Partien des Zwischenhirns vornahmen. Nach den vor- liegenden Berichten wurde dabei durch diese Höllensteinbehandlung stets nur die von den beiden Forschern beabsichtigte Verletzung der Zwischenhirnteile erzielt, so daß«ine Untersuchung der Folgen dieser Eingriffe mit völliger Sicherhett erfolg«» konnte. Dabei stellte«s sich heraus, daß das lange gesuchte, wichtigste Zentrum für d«n Stoffwechsel, nämlich di« Gewebsaimung, im Hinteren Teil des Zwischenhirns liegt, da durch«ine Verletzung dieser Partien «ine einschneidende Aenderung der wichtigsten Stoffwechselvorgänge hervorgerufen wurde. Durch langondauernde Messungen, die die verbraucht« Sauerstoffmenge und die ausgeschieden« Kohlensäure betrafen, wurde festgestellt, daß diese Funktionen um ein Drittel oermirchert waren und blieben. Durch di« Verminderung des gesamten Stoffwechsels, der eine Verringerung der Verbrennung hervorruft, wurde in zahlreichen Fällen bei den Versuchstieren eine krankhaft« Fettentwicklung fest- gestellt. Seit langer Zeit weiß man, daß dafür wichtige Organe im Körper, wie z. B. di« Schilddrüse, verantwortlich sind, ebenso, wie man weiß, daß für die Entstehung der Zuckerharnruhr eine Erkran- kung der Bauchspeicheldrüse als Ursache angenommen werden muß. Di« neuen Untersuchungen haben aber dargetan, daß auch das Gehirn für den gesamten Stoffwechsel des Körpers von größter Bedeutung ist. E» ist also«in innerer Zusammenhang der Tätigkeit des° ganzen Organismus festgestellt worden, der auch auf die bisher noch ziemlich wenig geklärte Frag« der krankhaften Fettbildung viel- leicht großen Einfluß haben dürfte. Es scheint, daß durch die neuen deutschen Forschungen ein neuer Weg für di« wichtigste Frage des Organismus, nämlich feinen gesamten Stoffwechsel, gefunden worden ist.___ Wuhdünger- yndiem Wohle Obgleich Indien   soviel Kohl« erzeugt, daß es bereits eine gewisse Ausfuhr betreiben kann, wird doch im alltäglichen Leben dieser Brennstoff nur wenig verwendet, sondern der Hindu bedient sich sett altersher des getrockneten Kühdüngcre, der ihm reichlich zur Verfügung steht. Gibt es doch in Indien   ISl) Millionen Kühe, von denen die meisten im Freien herumlaufen und sich sogar mitten im dichtesten Straßengewühl bewegen. Niemand darf diese Tempel- kühe fortjagen, denn sie gelten für heilig, und es wäre ein großes Derbrechen, wenn ein Hindu auch unabsichtlich ein« Kuh töten würde. Infolge dieser Verehrung der Kuh bringt soft die Hälfte des indischen Rindviehbestandes keinen Gewinn, und man hat den Verlust, den da» Land dadurch erleidet, auf 2% Milliarden Mark geschätzt. Wenn aber der Hindu auch die helligen Kühe nicht in seinen Dienst stellen darf, so kann er doch wenigstens das Erzeugnis benutzen, da» sie ihm freiwillig liefern, nämlich den Dünger, und fo dient er denn überall als Brennstoff. Professor Edmund Graes«, der dieser seltsamenKohle Indiens  " einen Aufsatz in der Frankfurter WochenschriftDie Umschau" widmet, schreibt darüber:.Luerst siel mir diese Verwendung in Madura auf. Hier klebten an vielen Wänden groß« dunkle Fladen, die ich in getrockneter Form auch an den Verkaussständen aufgestellt sah; es war Kuhdünger. Eifrig wird das kostbore Material ge- fammell, mit den Händen geformt und an die Wände der Häuser geklebt. Bei der intensiven Sonnenbestrahlung trocknet der Kuhmist bald, wird in Haufen aufgestapelt und kommt zum Verkauf. Ueberall sieht man«ntoeder im Freien, wo z. B. ein Barbier In einer Pfanne Kuhmist verbrennt, um ein Schälchen mit Rasierivasser zu wärmen, in den Oesen d«r Wohnungen oder in den im Freien betriebenen Werkstätten die helleuchtenden Feuer dieses Brenn- stoffes. Es muß sich um gewaltige Mengen handeln." Nach den Untersuchungen Graefes ist der Kuhmist gar kein schlechter Brenn- stoff: er verbrennt vollkommen geruchlos und fast rauchlos. Der Heizwert kommt etwa dem des vollkommen lufttrockenen Torfes nahe. Der Kuhdünger behält übrigens, auch wenn er verbrannt wird, doch sein« Helligkeit: er wird nicht nur als Asche für Heil- mittel benutzt, sondern die Asche ist auch in den großen Tempeln in Gefäßen ausgesteM, und die Gläubigen reiben sich beim Vorbei- gehen davon etwas auf die Stirn. Manche begraben sich sogar mit dieser heiligen Kuhdüngerasche den ganzen Körper.
Die Ikudeisprlße in der vlüle. Ein« mertwürdige Einrichtung findet sich in den Blüten verschiedener Schmetterlingsblütler, wie z. B. im Hornklee und in den Lupinenblüten. Sie besteht darin, daß in diesen Blüten die in sog.Schiffchen" übereinanderliegen- den Staubbeutel den Pollen in der Weise von sich geben, daß, sobald man das Schiffchen nach unter zieht, die Masse des Blüten- staube» wie aus einer Nudelspritz« aus der Spitze heraustritt. Wenn ein Insekt eine Lupinenblüte befliegt und dabei das Schiffchen herabzieht, so wird durch«inen inneren, wie eine Pump« wirkenden Druck die Masse de» Pollens aus der..Nudelspritze" herausgedrückt und bleibt an der Unterseite de» Inscktenkörpers haften. Ist der Pollenvorrat erschöpft, so stellt di« Nudelspritze ihre Tätigkeit«in, und nun erscheint an der Spitz« des Schiffchens die empfangsbereitc Narbe, die jetzt befruchtet werden kann.