Der Abend
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Spalausgabe des„ Vorwärts
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Nr. 284
B 141
46. Jahrgang.
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Am Mittwochabend ereignete sich in der Hauptverkehrszeit an
der höchsten Stelle der New- Yorter Hochbahn ein schweres Hochbahnunglüd. Ein aus fünf Wagen bestehender
Kampf um den Räumungsbeginn.
überfüllter Zug war in der sogenannten Todeskurve an der Frankreichs Rechte für Bargeld. /Die Linke begnügt sich mit deutscher Unterschrift
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113. Straße der Bahnkörper liegt hier etwa 70 meter über dem Erdboden stehen geblieben. Kurz darauf rannte ein 3 weiter 3ug mit voller Gewalt auf den haltenden 3ug auf. Trotz aller Versuche, im letzten Augenblick zu bremsen, erfolgte der Aufprall mit solcher Gewalt, daß der vierte und fünfte Wagen des wartenden Zuges gegeneinander gedrückt wurden. Der fünfte Wagen richtete sich ferzengerade in die Höhe und fauste dann mit voller Gewalt auf den vierten Wagen nieder. Wie durch ein Wunder erfolgten teine eigentlichen Wagenentgleisungen, deren Folgen unabsehbar gewesen wären. Die Wagen hätten dann zweifellos die Gitter des Bahnförpers durchbrochen und wären in die Tiefe gejauft. Nach den bisherigen Feststellungen hat das Unglüd ein Zodesopfer und 30 Berlegte gefordert.
Ein weiterer Bericht besagt folgendes: Auf der höchsten Stelle der New- Yorker Hochbahn, zwischen der 112. und 113. Straße, fuhr gestern abend ein aus Holzwagen bestehender Zug auf einen vor ihm fahrenden Zug auf. Der letzte Wagen des ersten Buges und der erste Wagen des nachfolgenden schoben fich ineinander, und der vordere Zug wurde noch eine Strede weitergeschoben. Nach ben bisherigen Meldungen wurden bei dem Zusammenstoß ein Schaffner getötet und 30 Insassen der ineinandergeschobenen Wagen so schwer verletzt, daß an dem Aufkommen vieler gezweifelt werden muß. Unter den Insassen beider Züge brach eine furchtbare Banif aus, die dadurch noch vermehrt wurde, daß die Trümmerin Brand gerieten und die Unglücksstelle sich in der Höhe des siebenten Säuferstod merfs befand. Der brennende Bug setzte auch die Holzschwellen des Bahngleises in Brand, so daß nur wenige Reisende sich zu retten versuchten, sondern laut jam mernd das Eintreffen der Feuerwehr abwarteten, die, mit Hochleitern ausgerüstet, alsbald an der Unglücksstelle erschien. Der Brand war inzwischen bereits so weit vorgeschritten,
daß brennende Trümmer auf die Straße fielen und die untenstehende Menge gefährdeten. Infolgedessen war auch die Rettung der Berletzten aus den Trümmern äußerst schwierig.
New Yorker Unglücks-- Bahn.
Erst fürzlich durcheilte New York die Schredenstunde Don einem schweren U- Bahnunglüd. Am 19. Februar dieses Jahres war auf der Untergrundbahnstrecke nach Hoboken zur Zeit des großen Abendverkehrs ein vollbesetter 3ug unter dem Hudson- Fluß plöglich in Brand geraten. Dichter Qualm, der den Tunnel schnell erfüllte, und die hervor. eine schlagenden Flammen verursachten unter den Fahrgästen Banit. Etwa 60 Personen wurden verlegt, mehrere von ihnen lebensgefährlich. Annähernd 100 Fahrgäste erlitten schwere Rauchvergiftungen.
Eine andere mere hochbahntatastrophe ercig. nete sich am 30. Juli vergangenen Jahres auf der New- Yorker Hochbahn. Infolge Kurzschluß war ein Zug mitten auf der Strede, völlig in Dunkel gehüllt, stehen geblieben, auf den ein nachfolgender Zug mit großer Geschwindigeit auffuhr. Drei agen wurden zertrümmert. Drei Personen wurden getötet, 46 Perfonen erlitten zum Teil lebensgefährliche Berlegungen. Die Wagen waren hauptsächlich mit Ausflüglern besetzt.
Hunderte von Todesopfern!
Ueberschwemmungsfatastrophe in Indien .
Nach Meldungen aus Assam sind mehrere hundert Menschen bei großen Ueberschwemmungen in Assam ( Nordindien) ertrunken. Tausende von Ein wohnern sind obdachlos. Viele retteten sich dadurch, daß fie auf Bäume letterten oder ihre Hausdächer durchschlugen, um zum höchsten Punkt des Hauses zu gelangen. 90 Proz. des gesamten Biehbestandes find verloren. Ein großer Mangel an Nahrungsmitteln ist eingetreten.
Ueber die Berhandlungen zwischen Dr. Stresemann und Briand veröffentlichen die Morgenblätter ausführliche Berichte, die sich aber im allgemeinen auf die Wiedergabe der Borgänge beschränken. Nur in einem Pariser Bericht der„ Times" wird darüber hinaus darauf hingewiesen, daß mit der dringend gewordenen Frage der Rheinlandräumung und Einberufung einer Konferenz die alte Doppelfrage der Sicherung der deutschen Zahlungen und der Sicherheit der franzöfifchen Grenzen wieder auftauche. Als die in den meiften Kreisen vorherrschende Ansicht, die die Unterstützung aller Parteien finden würde, verzeichnet der„ Times"-korrespondent die Forderung, daß die Räumung abhängig gemacht werden sollte von der Mobilisierung der ersten Jahreszahlung des YoungPlans. Poincaré würde leicht eine Parlamentsmehrheit für die Räumung auf das bloße deutsche 3 ahlungsversprechen hin finden tönnen, aber dann würde sich die Mehrheit vorwiegend aus der bisherigen Opposition zusammenfehen müssen.
ausfüllen. Die große Interpellationsdebatte im Plenum der Kammer über die Reparationen und die interalliierten Schulden, die am 25. Juni beginnen sollte, wird unter diesen Umständen um acht Tage vertagt werden müssen.
" Friedliche Durchdringung". Vorposten werden vorgeschoben und dann Straßen gebaut.
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Der Kriegsminister Painlevé gab vor der Heereskommission der Kammer eine Erklärung ab über die blutige Niederlage der franzöfifchen Maroffotruppen bei Ait Jacub. Er bezeichnete dieses Ereignis als einen reinen Iotalen 3 wtfchenfall. Durch diese Schlappe seien die Polizeioperationen" in Maroffo feineswegs gestört worden. Es sei unbedingt notwendig, auch die letzten Schlupfwinkel der Aufständischen aufzuheben. Dazu gebe es zwei Mittel: entweder einen Kolonialkrieg oder die friedliche Durchbringung. Die französische Regierung habe sich für die zweite Methode entschlossen. Sie werde in der Weise gehandhabt, daß nach ausgiebiger propagandistischer Vorarbeit die Vorpostenfette vorverlegt und daß gleichzeitig nach dem Hinterlande feste Straßen gebaut würden. Dabei fönne es natürlich zu Zwischendie Situation wieder vollkommen hergestellt.
Der Ministerpräsident Poincaré hat gestern vor den vereinigten fällen kommen. Aber nach der Niederlage von Ait Jacub sei heute Kammerfommissionen für die Finanzen und die auswärtigen Angelegenheiten seinen großen Vortrag über die Reparationen und die interalliierten Schulden begonnen. In vierstündiger Rede behandelte er gestern lediglich das Schuldenabkommen mit Amerita. Er tam dabei zu dem Schluß, daß dieses Abkommen Frankreich lange nicht volle Befriedigung gebe, daß aber nichts
Deutschnationale Regierungssehnsucht
,, Erst wenn flar ist, das unser Bolt das System Stresemann- Breitscheid nicht weiter tragen will, werden wir kommen...!" Deutschnat. Abg. Duaah im Lot. Anz."
" Es dauert nur so verdammt lange, bis das Bolf uns ruft!"
Besseres zu erwarten sei. Er übernehme die volle Berantwortung für diese pessimistische Erklärung. Er wird heute über das Schulden. abkommen mit England und morgen über den Young Plan sprechen, dann werden sich die Kommiffionen auf nächsten Dienstag vertagen, damit Poincaré dann einen Bergleich zwischen dem Young Plan und dem Dames- Plan liefern und am Mittwoch endlich auf oen Fragebogen der Kommissionsmitglieder antworten fann. Da dann aber noch Briand und der Finanzminister zu Borte fommen sollen, werden die Kommissionsberatungen noch die nächste Woche
Besuch der Wiener in Berlins Groß- Siedlungen.
Unfere Wiener Gäste wollten selbstverständlich neben den fommunalen Einrichtungen Berlins vor allem die neuen Wohnbauten besichtigen. Da sie selbst auf diesem Gebiete vorbildliche Arbeit geleistet haben, interessierte es sie, zu sehen, wie Berlin die Wohnungsnot zu befämpfen sucht. Stadtrat Genosse Czeminski, der das Wohnungsdezernat verwaltet, zeigte den Gästen, die unter Führung des Genossen Seitz erschienen waren, heute vormittag zunächst die Groß- Siedlung Briz, die von der Gehag errichtet worden ist. Diese Bauten der Selbsthilfeorganisation der Gewerkschaften gefielen den Wienern außerordentlich. Der Geschäftsführer der Gehag , Genosse Franz Gutschmidt, begrüßte die Gäste am Hufeisen der Groß- Siedlung und gab ihnen einige Erläuterungen. Die Wiener bekundeten großes Interesse für die Wohnungen, die ihnen gern gezeigt wurden. Die Bewohner waren auch den Wienern gegenüber voll des Lobes über die Wohnbauten. Außerordentlich gut gefielen unseren Freunden die Architekturen der Häuserfronten und vor allem das um einen Teich gebaute Hufeisen. Fast alle Wohnungen haben einen fleinen Garten, der in das Gesamtbild der Garten- und Hausarchitekturen eingelagert ist. Gerade die Verbindung des Eigengartens mit dem sonstigen Grünschmuck der Siedlung erregte die Aufmerksamkeit der Gäste.
Bon der Groß- Siedlung Briz fuhren unsere Wiener Landsleute nach den Siedlungen am Tempelhofer Feld und von dort nach Schöneberg . Ein Teil der Gäste besichtigte dann noch die Groß- Siedlung in Zehlendorf .
Lastauto bei Dirschau verbrannt.
Dirschau , 19. Junt. Mittwoch ereignete fich unweit Dirschau bei Czarlin auf der Chauffee Dirschau- Mewe ein schredlicher Autounfall.
Das Chevrelot- Castauto des Fuhrhalters Teofil Ewertowski aus Neumark befand sich auf einer Fahrt zum Wochenmarkte nach Danzig . Uuweit der Wegegabelung bei Czarlin fuhr das Laffauto plötzlich gegen einen Baum. Der ganze vordere Teil des Lastautos wurde vollständig eingedrückt. Bei dem Anprall eg plodierte der Benzintant. 3m nächsten Augenblic stand der Wagen in hellen Flammen. Der Wagenbesitzer, der selbst steuerte, und der Händler Tomaschewicz aus Löbau wurden in den Trümmern festgeklemmt. Tomaschewicz fonnte befreit werden, während Ewerlowski bis zur Unkenntlichkeit verbrannte.