1929
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Der Abend
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Nr. 286
B 142 46. Jahrgang.
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Getreidemonopol abgelehnt.
Nachtsitzung des Sachverständigen Ausschusses.
In der gestrigen Situng des Sachverständigen. ausschusses für die Agrarfragen, die sich bis in die späten Nachtstunden erstreckte, ist der Plan eines Getreide handelsmonopols, von dem wir im Morgenblatt berichteten, mit 6 gegen 5 Stimmen abgelehnt worden. Gegen ihn stimmten die Vertreter der Demokraten, der Deutschen Volkspartei und des Zentrums. Aber auch die Vertreter der Sozialdemo Iratie, die grundsäklich mit der Schaffung eines Getreidemonopols einverstanden waren, stimmten schließlich gegen die Vorlage, weil die darin festgelegte Preishöhe ihnen als für die Verbraucher un. erträglich erschien, und weil weiter durch den Reichsgetreiberat teine genügende Sicherheit gegen Preissteige. rungen für die Zukunft gegeben ist.
Bei den Beratungen des Sachverständigenausschusses wurde es allen Beteiligten klar, baß auch das System der starren Zölle der Landwirtschaft auf die Dauer feine Besserung ihrer Lage garantieren kann. Die Verhandlungen über die Agrarhilfe werden von dem Sachverständigenausschuß in einer weiteren Sitzung, die heute nachmittag um 3 Uhr beginnt, fortgesetzt werden.
Wirrwarr in der Zollpolitik. Deutsch - schweizerisches Zusatzabtommer gefallen. Jm Handelspolitischen Ausschuß des Reichstags stand am Freitag vormittag das Zusakabkommen zum deutsch schweizerischen Handelsvertrag zur Be ratung. Bei der Abstimmung zeigten sich die Schwierig. keiten der ungeklärten Stellungnahme der Parteien und der Reichsregierung zu den schwebenden Fragen der Zoll- und Handelspolitik. Das Zusatzabkommen wurde mit 9 gegen 6 Stimmen bei 13 Stimmenthaltungen abgelehnt. Für das Abkommen stimmten lediglich ein Teil des Zentrums, die Deutsche Volkspartei und die Demokraten, gegen das Ab. kommen die Deutschnationalen und die Kommunisten, während sich mit den Sozialdemokraten auch die Abgeordneten der übrigen Mittelparteien der Abstim mung enthielten.
Offenlegung der Steuerlisten.
Ein Schritt auf dem Wege.
Der Reichstag hat am Donnerstag die zweite Beratung des Finanzetats erledigt. Unter den zahlreichen Anträgen, die dazu gestellt waren, spielt der über die Offenlegung der Steuerlisten die größte Rolle. Solche Anträge waren von der Sozialdemokratie und von den Kommunisten eingebracht. Wie in früheren Jahren, so haben auch diesmal alle bürgerlichen Parteien gegen diese Anträge gestimmt, obwohl sie nur eine Aufforderung an die Reichs Anträge gestimmt, obwohl sie nur eine Aufforderung an die Reichsregierung enthielten, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. regierung enthielten, einen entsprechenden Gesezentwurf vorzulegen. Lediglich ein bürgerlicher Abgeordneter, der Demokrat Georg Lediglich ein bürgerlicher Abgeordneter, der Demokrat Georg Bernhard , stimmte dem sozialdemokratischen, Antrag zu. Während in früheren Jahren die bürgerlichen Barteien die fozialdemokratische Forderung nach Offenlegung der Steuerlisten rundweg ablehnten, haben sie das diesmal nicht gewagt. Die Fraktionen des Zentrums, der Demokraten und der Bayerischen Volkspartei hatten vielmehr eine Entschließung eingebracht, durch die die Reichsregierung ersucht mird, eine Denfschrift vorzulegen, die eine Uebersicht gibt, in welchen Ländern und in welchen Formen eine Offenlegung der Steuerliften erfolgt, welche Erfahrungen damit gemacht und welche Sicherungen in diesen Ländern geschaffen sind gegen eine zwedwidrige und fapitalfluchtfördernde Wirkung der Offenlegung der Steuerliften. Diese Entschließung wurde angenom men, obwohl die Deutsche Volkspartei mit Hilfe der Deutschnationalen den Versuch gemacht hatte, durch eine Ueberweisung des Antrags an den Steuerausschuß eine Verschleppung durchzuseßen. Benn auch durch diese Entschließung der drei bürgerlichen Mittelparteien die Annahme der sozialdemokratischen Entschließung verhindert worden ist, so stellt sie doch einen Fortschritt dar. Die Beharrlichkeit der Sozialdemokratie hat einen kleinen, wenn auch bescheidenen Anfangserfolg erzielt.
,, Open door"-Council.
Diese Frauenorganisation fämpft zur Freude der Kapitalisten für Beseitigung der Frauenschuhgesehgebung.
" Die sind für Frauen Nachtarbeit. Die treten wohl auch nicht, wie ich, schon den ganzen Tag über Maschine."
Der Kampf um den Konferenz- Vorsitz. Paris , 21. Juni. ( Eigenbericht.)
Das Blatt Loucheurs weiß mitzuteilen, daß die internationale Regierungskonferenz in Ouchy bei Lausanne stattfinden werde. Sie werde voraussichtlich 10 bis 12 Tage dauern. Das„ Echo de Paris" dagegen läßt sich aus Condon melden, daß die englische Arbeiterregierung auf den Konferenzort London bestehe, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil sie Macdonald als Vorsitzenden der Konferenz fehen wolle. Wenn die Konferenz in einem neutralen Lande stattfände, würde Poincaré als dem Rangältesten der Borsitz zufallen. Selbstverständlich fänden die Wünsche der englischen Arbeiterregierung die volle Unterffügung Deutschlands . Im übrigen teilt das Echo de Paris" mit, daß der englische Außenminiffer Henderson gestern die Erklärung abgegeben habe, England treffe jetzt schon seine Maßnahmen, um seine Truppen am 1. September aus dem Rheinland zurückzuziehen.
Leon Blum erklärt heute im Populaire", es wäre weder loyal noch anftändig von Frankreich , wenn es die Rheinlandräumung verzögern wollte. Nur weil es die baldige Räumung erwarte, habe Deutschland den Young- Plan unterzeichnet, deffen finanzielle Bestimmungen es für außerordentlich schwer ansehe. Wie einst der Londoner Zahlungsplan die Räumung des Ruhrgebiets so müsse auch jetzt der Young- Plan die Räumung des Rheinlandes automatisch nach sich ziehen. Es wäre eine glänzende Geste, wenn Frankreich von sich aus die Initiatve zur Räumung ergreifen wollte, denn dann könnte es die ganze Ehre und den ganzen Borteil dieser sowiejo notwendigen Maßnahme einheimjen.
Einheitsfront für Standesherren.
Von Ehlermann bis Lindeiner.
Der Rechtsausschuß des Reichstags beriet am Freitag unter die Auslegung von Rechtsstreitigkeiten über ältere dem Vorsitz des Abg. Landsberg( S03.) den Gefeßentwurf über staatliche Renten, das sogenannte Sperrgesetz, das bis zum 31. März 1930 gelten soll.
Naturalrenten oder über Renten, die an öffentliche Körperschaften, meinnügige Unternehmungen gewährt sind, gelten sollen. Erziehungsanstalten, Waisenhäuser, Krankenhäuser und ähnliche ge
Abg. v. Lindeiner- Wildau( Dnat.) erklärt, daß seine Fraktion gegen das Sperrgefeß stimmen werde.( Borf.: Auch bei Annahme Abg. Dr. Wunderlich( D. Vp.) beantragte, folgende Vorschrift Ihres Antrages?) Nach den Beschlüssen hier muß ich meiner hinzuzufügen:„ Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Frattion Bericht erstatten. Ich kann Preußens Vorgehen nur verStreitigkeiten, die nach Inkrafttreten der Aufwerurteilen. Wenn es nicht fiskalische Hintergedanken hat, kann er dem tungsgeseße von Schiedsgerichten anhängig find, auch| Antrage Dr. Pfleger zustimmen. wenn deutsche Gerichte zu Schiedsgerichten bestellt worden sind." Der Redner will es damit unmöglich machen, daß z. B. der por dem Reichsgericht schwebende Prozeß über den Vergleich mit Hessen einseitig etwa durch Einwirkung von Preußen sistiert werde.
des Vorredners unbegründet. Man verwechsele hier das SpeerPreußischer Ministerialrat Dr. Meyer nennt die Befürchtungen gesetz mit dem Hauptgeseß. Er wolle sich indes mit seinem Minister noch einmal wegen der Anträge besprechen. Das Sperrgesetz gehe nach seiner Auffassung nicht über das Hauptgesetz hinaus. Nehme man ein Fürstenhaus aus, dann würden alle Fürstenhäuser denselben Wunsch äußern. Von einer weiteren Ver3ögerung der Angelegenheit seien Hunderte von Prozessen zu befürchten, Wirkungen, die sowohl für Preußen als auch für die Rentenberechtigten unerwünscht seien. Auch politisch sei ein solcher Schwebe zustand höchst unerwünscht. Die Wogen der Erregung wendeten sich gegen die Gerichte, wenn nicht eine feste Grundlage geschaffen werde.
Abg. Dr. Ehlermann( Dem.) pflichtet der Auffassung des Abg. Dr. Wunderlich im wesentlichen bei.
Reichsjustizminister v. Guérard ersucht um Ablehnung aller vorliegenden Anträge.
Abg. Dr. Schetter( 3.) erklärt, der Bertrag mit Hessen sei 1925 nach Regelung der Aufmertung geschlossen und stellte sich als ein Vergleich dar. Er drehe sich ausschließlich um die Rente und bestimme, daß diese durch Schiedsgericht festgesetzt werde. Seiner Auffassung nach würde auf diesen Bergleich das tommende Haupt. gefeß nicht angewendet werden können. Der ganze Fall Hessen sei also aus dem Sperr- und Hauptgesetz auszuschließen
Abg. Dr. Pfleger( Baner. Bp.) begründet einen Antrag, wonach die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für Rechtsstreitigkeiten über die in den Artikeln 138 und 173 bezeichneten Staatsleistungen oder über
Abg. Maslowsti( Komm.) behauptet, das Rechts- und Volks. empfinden, von dem man immer spreche, habe man bei der Aufwertung dem Volte nicht gezeigt, mur gegenüber den Standes herren. Das Bolt empfinde diese Renten als eine Ungerechtigkeit.
Jm 11 000 Morgen großen Ponickeler Forst im Kreise Rummelsburg( Pommern ) wütet seit den ersten Nachmittagsstunden ein Riesenwaldbrand, der sich infolge der Trockenheit mit rasender Schnelligkeit
ausbreitet.
Nach den bisherigen Schägungen stehen über 6000 Morgen Wald in Flammen, ohne daß die Möglichkeit besteht, dem Feuer Einhalt zu gebieten. Die an Ort und Stelle anwesenden Feuerwehren aus den umliegenden Ortschaften müssen sich auf den Schuß der Dörfer beschränken.
Das Dorf Neuhof bei Treblin war zeitweise in größter Gefahr. Der Brand, der sich auch auf die benachbarten Forsten auszudehnen scheint, ist weithin sichtbar.
Wald brennt auch bei Briesen . Zwischen Briefen und Neubrüd wütet ein großer Waldbrand. Weit über 100 Morgen Baumbestand sind bereits verwüstet. Das Feuer ist noch nicht gelöscht.