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Beilage

Freitag, 21. Juni 1929

James Watt

Das Leben eines Erfinders

An einem Augusttage des Jahres 1736 machte eine jung Der= heiratete Dame mit ihrem Gatten einen Ausflug per Segelboot von der kleinen Hafenstadt Greenock nach Steindome. Auf der Rückreise maren sie beide Zeugen eines Unglücks. 3wei andere Fahrzeuge hatten sich tüchtig gerammt und bei diesem Aufeinanderstoß war das eine Boot so stark beschädigt worden, daß seine Injassen sich in das andere hinüberretten mußten. Zwischen den Bemannungen beider Boote kam es zum Streit und zu einer wüsten Schlägerei. Die Messer blizten, jemand feuerte einen Schuß ab. Drei Tote wurden an das Ufer gebracht. Das Ehepaar aus Greenock mußte zusehen, ohne helfen oder beschwichtigen zu können. Die Gattin hatte sich furchtbar aufgeregt und es passierte ihr nun, daß sie vorzeitig nieder­tam. Der Sohn, den sie so gebar, hieß James Wait.

Er war so schwach, daß er noch mit fünf Jahren nicht selbständig zu gehen vermochte. Eltern und Hausarzt erwogen, ob es überhaupt geraten sei, diesem Kinde eine höhere Erziehung" angedeihen zu laffen, denn alle tarierten seine Lebensfähigkeit auf etwa zehn Jahre und wenn es hoch käme auf zwölf Jahre.

Da beobachtete sein Vater, der ein tüchtiger Mechaniker war, den Sohn bei der Anfertigung von ganz neuartigen Spielzeug maschinen. Nun war es klar, daß James das väterliche Talent geerbt hatte und mochte seine Lebensfrist so turz bemessen sein, wie es jollte, jezt mußte nachgeholt werden, was ihm an Schulbildung fehlte. Der kleine James lernte als achtjähriger Knabe schreiben, lejen, zeichnen; aber er lernte in einem Monat, was Gleichaltrige erst in einem Jahr bewältigen konnten.

Lernen und Denken taten ihm wohl. Es war so, als ob der Geist den Körper stützte und ihn mit Kräften versorgte, die dieser selbst nicht mitbekommen hatte. Mit zwölf Jahren war James ein gesunder Junge.

Der Drang des Forschers und Erfinders in ihm war grenzenlos. An allem, was er beobachtete, entzündeten fich Probleme, knüpften sich Verbesserungsvorschläge an. Der fleine Watt hat in seinen Zeichnungen gelehrt, wie man Windmühlen vervollkommnen fönne; er hat die Konstruktion der Sattel im Modell abgeändert und sogar Pläne zur Verbesserung, d. h. zum bequemeren Tragen der männ lichen und weiblichen Kleidung entworfen.

Ueber ein Experiment geriet seine Tante ganz aus dem Häus­chen. Stundenlang beobachtete er einen wassergefüllten und dem Herdfeuer ausgesetzten Teekessel, ohne vorerst zu wissen, welche Beobachtungen ihn so nachdenklich stimmten.

Mit einem Male tam er auf die Idee eines Experimentes: Was wird geschehen, wenn ich den Ausguß verstopfe, so daß der Dampf teinen Abzug nach vorne hat? Natürlich begann der Deckel des Topfes auf und nieder zu tanzen. Es äußerte sich die Steue: rungskraft des Dampfes. Und diese Feststellung, verbunden mit dem im Geiste James Watts entstandenen Gedanken, daß eine solche Kraft fich menschlichen Zweden verwertbar machen lassen müsse, war

die Geburtsstunde einer Weltrevolution.

Im Brinzip war die Dampfmaschine erfunden.

Mit 17 Jahren verlor der junge Gelehrte und Erfinder seine Mutter. Im Schmerz über diesen Verlust bekam er zu fühlen, daß er mit einem Körper von leicht zu erschütternder Gesundheit be= haftet war. Monatelang war ertranf, ohne daß ihm etwas Bestimmtes fehlte.

,, Die Krankheit ist im Ausbruch begriffen, sie wird sich schon noch melden," äußerte der Arzt.

Der Vater warnte und verlangte von James, daß er sich schone. Bei dieser Gelegenheit erzählte er ihm, weshalb er von Hause aus mit so schwachen Körperfräften versehen sei. Eine seltsame Wirkung übte diese Mitteilung auf seinen Sohn. Er verfiel in Mel an cho= lie und unter dieser Melancholie hatte er zeitlebens zu leiden gehabt, mitunter so schwer, daß er sich mit Selbstmordgedanken plagte. Er wurde Jahrzehnte von Träumen heimgesucht. in denen jene verhängnisvolle Streit und Kampfszene auf dem Meere un heimlich auflebte. Er sprach dann, ja er schrie aus dem Traume. Das blieb auch, als er sich auf Anraten des Arztes verheiratete. Der gute Doktor hatte gemeint, Träume dieser Art und Melancholie würden sich dabei verlieren. Sie verloren sich nicht und Frau Batt mußte noch sehr oft ihrem erinnerungslos erwachenden Mann er­zählen, wie er sie mit seinen Beschwichtigungsversuchen und Hilfe­rufen. mit seinem Schrei: Sie ziehen die Messer" Es fallen Schüsse" aus dem Schlaf geschreckt habe.

Ueber diese Melancholie half sich James Watt mit seiner erfinderischen Arbeit hinweg. Nach jahrelangen Studien über die Natur und Verwertungsmöglichkeit des Dampfes, die er bei italienischen und französischen Vorgängern, eigentlich mehr Vor­ahnern seiner Erfindung betrieb, glückte ihm

die Herstellung der ersten Dampfmaschine.

Nun, meinte er, hätte er es geschafft, wäre er bereits ein welt­beglückender Mann geworden, denn er erkannte sehr wohl die umge­staltende Bedeutung seiner erfinderischen Tat. Die Welt lachte zunächst über seine Beglückungspläne und manche Zeitgenossen schlugen allen Ernstes vor, ihn für geistes gestört zu erflären oder ihn den Prozeß wegen Teufelsbündnisses zu machen.

Das

So erhielt die Melancholie neue Nahrung. Sie wäre sicher seines Geistes Herr geworden, wenn nicht im letzten Augenblick vor dem Hereinbruch der Katastrophe ein geschäftstüchtiger Spekulant die Bedeutung seines Werkes erfaßt und ihm jede petuniäre und moralische Unterstüßung" zugesagt hätte. richtete Watt auf und er glaubte den Gipfel seines Ruhmes erflommen zu haben, als ihm 1769 Batente für seine Dampfmaschine und mit Dampf betriebene Spinnmaschine zugebilligt wurden. Watt erlebte arge Enttäuschungen an diesem Helfer. Doftor Roebud, so hieß der Mäzenat", faufte ihm mit 1000 Pfund das Zweidrittel­interesse an der Ausnugung der neuen Erfindung" ab und legte ihn hinterher mit prozessualen Angelegenheiten herein.

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In der höchsten Not fand Watt seinen Retter in dem Fabri­fanten Matthem Boulton. Er übernahm den Vertrieb der Dampfmaschine und nun bürgerte sich die neue Erfindung ziemlich rasch ein: in den Bergwerken, in der Seilerei, in der Spinnerei, in den Mühlen lernte man rasch die Dampfmaschine in den Dienst wirt. schaftlicher 3wede zu stellen.

Da gab es einen Rüschlag. Watt hatte Zeichnungen für die Berbesserung der Dampfmaschinen ausgearbeitet. Diese 3eich­nungen st a hl ein Fabritarbeiter und verkaufte sie an eine Firma. Der Arbeiter wurde bestraft. Es gab aber einen jähre langen Prozeß über die Streitfrage, ob die Firma die Zeichnungen

Der Abend

Shalausgabe des Vorwärt

Im Probelager der Roten Falken

Auftakt zur Rheinlandfahrt

digen Beltdorfplatz rannte, gab es natürlich einigen Staub. Das veranlaßte nun eine Gruppe, die Gruppe Schöneberg mit dem Sprechchor: Wir brauchen noch mehr Staub, Schöne= berg heran!" zu empfangen. Da nun aber die Schöneberger auch nicht auf den Kopf gefallen sind, so antworteten sie mit dem fräftigen Sprechchorruf: 3hr habt euch ja nicht ge­waschen; zadig, zadig, zadig!" auf die anderen Gruppen nichts mehr sagen konnten und platt waren.

Die Berliner Gruppen der Roten Falken der Arbeitsgemein| Gemeinschaftsring beim Essen und als die Gruppe über den san­schaft der Kinderfreunde bereiten eifrig ihre Kinderrepublik auf der Insel Namedy im Rhein für die großen Ferien vor. Mehrere Treffen aller Gruppen auf dem Kinderland Birkenwerder sollen diesem Zwecke dienen. Pfingsten waren es 300 Teilnehmer. Im legten Probelager tamen schon weit über 400 Berliner Rote Falken zusammen. Und sie wollen noch mehr Teil nehmer für ihre Kinder­republik werben. Ihr Ziel ist, daß Berlin mit_min= destens 500 Roten Falken in das Zeltlager einzieht.

Im Probelager erflang Sonntag früh das Signal eines Hornisten und alle Falten sprangen aus den Betten. Gruppe um Gruppe lief zum Sportplag, um den Körper bei gym­na stischen Uebungen für die Tagesarbeit ge= lentig zu machen. Ein Bad in der Briese ließ auch die Verschlafensten endgültig erwachen. Nach gemeinsamem Frühstück

ftellten sich die Gruppen zu

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Musikgruppe mit Geigen und Klampfen marschierten die Roten einem Demonstrationszuge auf. Boran große rote Fahnen und eine Falken in einem gut geordneten Zuge nach Birkenwerder . In der neuen Turnhalle Birkenwerders wurden noch vorbereitende Proben für den Einmarsch und Empfang in Köln am 6. Juíi durchgeführt, und dann ging es zum Krankenhaus Birkenwerder . Freudig erklangen die kampfesfrohen Lieder als Gruß denen, die durch Krankheit und Siechtum sich dort aufhalten müssen.

Der Nachmittag fand die Roten Falken bei wichtigen Arbei= ten. Zelte wurden ausgebessert. Strohsäcke und andere Materia lien genau auf Festigkeit geprüft und mit Namen und Erfennungs­zeichen versehen. Notizen wurden gemacht über das, was noch fehlt und beschafft werden muß. Bald werden ja bereits die Zelte, Goulaschkanonen und Zubehör verpackt und in einem Gepäckwagen nach Andernach gesandt.

Noch 3 Wochen und wir marschieren in Köln ein und unsere roten Fahnen leuchten zwischen tausenden blauen Kitteln hervor, war der Gedanke, den jeder Rote Falke hatte, als Sonntag abend das Lager abgerissen und der Weg nach Berlin wieder angetreten mer­den mußte.

In so einem Zeltlager gibt es allerhand Erlebnisse. Einige Rote Falken haben sich daran gemacht, sie zu schildern. Wir geben einige Proben:

Es war im ersten Probezeltlager der Roten Falken in Birken­merder. Das Lagerparlament, das aus den Vertretern der Roten einige Fehler an den Zelten aufmerksam gemacht. Sofort wurde Falkengruppen gebildet wird, hatte die Gruppe Schöneberg auf Nach einer halben Stunde kräftigen Arbeitens waren wir fertig nach Hammer und Spaten gegriffen, um die Fehler zu beseitigen. und die Gruppe ging sich gemeinsam waschen.

Als sie zurück fam, saßen die anderen Gruppen bereits im

Diese kleinen Sprechchöre arteten natürlich nicht zu Feindschaf ten aus, im Gegenteil, fie trugen zur allgemeinen Beluftigung bei, und schon am selben Abend saßen die Gruppen wieder alle zu­

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sammen und sangen gemeinsam Lieder. Seit diesem Abend ging sich das ganze Lager vor dem Essen Händewaschen".

Freundschaft!

Mar W.

Wer zum ersten Male im Zelt der Kinderrepublik übernachtet, sein, daß von diesen Neulingen keiner stört. Die verschiedensten fann nicht schlafen. Und die Falkennachtmache muß sehr hinterher mittel haben sich als brauchbar erwiesen, um jeden Lärm des Nachts rasch unmöglich zu machen, so daß die anderen Zeltrepublikaner ruhig schlafen fönnen. Ein Roter Falke der ersten Nachtwache berichtet:

Au, Mar, das wird ja' ne Eache, kann ich dir sagen, wir beide schieben Nachtwache."

Richtig, wir zwei beide und Heinz macht noch mit. Ja, ja, na, da ist die richtige Korona zusammen.

Ich werde Heinz gleich unterrichten, der wird bestimmt damit einverstanden sein.

Er stimmte also auch zu.

Nach langem Hin- und Hergerede kamen wir zu dem Entschluß, auch noch die zweite Wache mitzumachen. Aber die Uebereilung mar größer als die eigentliche Kraft. Die Zeit, wo unsere Wache beginnen sollte, fam wie eine Schnede herangefrohen. Jeder Falke der Wache bekam eine rote Binde um den Arm. Uns wurde es gar nicht früh genug dunkel, als es dann glücklich 9 Uhr war, nah­men wir den Gong und schlugen zur Lagerruhe. Alles strömte den Zelten zu. Einzelnen, denen es noch nicht Zeit schien, ins Belt zu verschwinden, half die Wache höflich oder unhöflich nach.

Um 10 Uhr ertönte der Gong abermals und an jedem Zelt hörte man den Ruf: Licht aus! Zeltruhe! So wurde Nachtruhe hergestellt. Nur eine Gruppe, die zum erstenmal ein Zeltlager mit­machte, störte die anderen durch Gelache und lautes Sprechen.

Auf einmal vernahm ich neben mir einen Ruf: Schnell ein paar fnorte Rote Falken der Wache her und die Störenfriede aus­geräuchert!"

Na, ich also hin.

Fir öffneten wir das Zelt, und diejenigen, die man am meisten gehört hatte, wurden vor das Belt gehoben. So begann ein Bet teln und Brummeln und Jammern. Aus einer Ede rief einer: ,, Laß mich doch erst mal meine Jacke anziehen, meinste, ich will zu Knad täse frieren?"

Als die Randalierer abgefühlt waren, ließen wir sie wieder schlafen gehen, und die endgültige Ruhe war hergestellt. Wir drei aber, die wir uns zusammengetan hatten, verspürten feinerlei Lust, die zweite Wache noch durchzuhalten und wurden dann auch bald abgelöſt! Freundschaft! Gilbert L.

verwerten dürfe oder nicht, und als die letzte entscheidende Instanz| Reihe von Kollegen, die halt nicht so glücklich in ihren Erfindungen der Firma dieses Recht aberkannte, waren die Zeichnungen ,, spurlos" verschwunden. Da wurde James Watt abermals schwer trant. Zur Melancholie gesellten sich die

Anfänge der Verfolgungsfuchi.

Er wähnte sich von Dieben umgeben, bezichtigte seine Umgebung fleiner und großer Entwendungen und war von dem Wahne schwer qbzubringen, daß man ihn ermorden wolle. Es geschah fast ein Bunder, als es Watt gelang, diese seelischen Ertranfungen zu über winden. Denn nun war der Mann, den die Eltern bei seiner Geburt fein Jahr Lebensfrist zugetraut hatten, auch schon fünfundfünfzig geworden. Freilich war er durch die letzten Erschütterungen förper: lich so heruntergewirtschaftet, daß es buchstäblich seine Feinde ers barmte. Er hatte solche unter den Arbeitern, die in der Dampf maschine ihren wirtschaftlichen Ausschalter fürchteten und in einer

waren wie James Watt . Wenn sie ihm begegneten, so fluchten sie gar nicht mehr, höhnten gar nicht mehr wie früher, sondern zuckten nur noch mitleidig die Achseln.

In einem Monat, spätestens in einem Jahre ist der Mann tot." attaberlebte noch 28 volle Jahre über diese Nöte und Krankheiten hinweg. Er erlebte noch den Einbau der Dampf­maschine in die Schiffe und vernahm auf dem Totenbette noch die Kunde von der Ankunft des ersten transatlantischen Dampfers Savannah " aus der amerikanischen Stadt gleichen Namens. Die Idee tauchte auf, Dampfmaschinen auf Schienen laufen zu laffen. Mit Begeisterung hat der 83jährige Wait diese Idee begrüßt; zu schwach, um an ihrer Verwirklichung mitzuwirken, aber voll der Superficht, daß die Eisenbahnen dereinst den Planeten durchrasen

würden.

Dr. Gierlichs.