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Nr. 28946. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 23. Juni 1929
Wenn zu jener Zeit, da unsere Großeltern noch fleine Jungen und Mädchen waren, jemand, sich gemissermaßen entschuldigend, vor gestellt hätte: ,, Ich wohne in Fran zösisch- Buchholz oder in Briz", so wäre dem anderen sicher der Ausruf entschlüpft: ,, Ach, Sie Aermſter
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also am Ende der Welt!" Nur Sonderlinge, zu denen auch die Naturfreunde zählten, oder Leute mit sehr sehr beschränkten Mitteln, gehörten damals zu den Pionieren der ,, in Windeln ruhenden" Weltstadt, und aus Fontanes Lebenserinnerungen wissen wir, daß auch die Zeit der drei siegreichen Kriege" die ganze Nachbarschaft noch bäuerlich einschäzte: er schildert den ,, in hohen Schmierstiefeln und mit dem Knotenstock in der Hand von Rigdorf hereinstapelnden Erwin Bauer" als einen, der ,, nicht bloß Bauer hieß, sondern auch Bauer war". Wer als Berliner feine Sechzig oder Siebzig auf dem Buckel hat, wird ermessen, wie die Dinge in den verflossenen zwei| gerissen; über den Bauplatz hat man einen Einblick in die alte Menschenaltern sich nach allen Richtungen gewandelt haben.
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Der ,, Faule See" in Hohenschönhausen.
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Hohenschönhausen Wenn man in den Besiz des Ausflugsführers" und des Bertehrsplans" der BBG. gelangt ist, wird man unter Aufwendung einiger einfacher mathematischer Stemminisse sich ausrechnen lönnen, daß bei Benuhung der Straßenbahnen 154 und 66 für 20 pf. die oben genannte Berbindung quer durch Berlin , etwa 30 kilometer, in einer Fahrtdauer von etwa 2 Stunden zurückgelegt werden kann. Als Stehpassagier zweifellos fein Vergnügen ,, aber vom Standpunkt des frühaufstehenden Ausflüglers eine lockende Möglichkeit. Nun foll damit nicht gesagt sein, daß die glücklicherweise ebenfalls mit frischer Luft gesegneten Bewahner Hohenschönhausens alle sofort fich auf die Strümpfe machen sollen, um im Spandauer Stadtwald ihre Frühstückspakete zu verzehren, aber das ist unser Wunsch: möglichst viele Bewohner Berlins , die sich in den Straßen mit den vierStöckigen Häufern aufhalten müssen, nach einer der Richtungen fahren zu sehen. Und ganz gleich nach welcher: beide Endpunkte sind von der Natur bevorzugt, und es wird daher das beste sein, nach und nach beide zu besuchen. Und daß die Leute im Norden und Süden in gleicher Weise sich an diesen Entdeckungsfahrten beteiligen können, lehrt ein Blick auf den Verkehrsplan: die Mühe, sich die 20- ẞf.Tour nach der Lage seiner Wohnung zusammenzustellen, ist nicht zu beschwerlich. Bei den meisten großen Verkehrslinien ,, flappt es".
Der Straßenbahnweg nach Spandau
ist doppelter Art: die alte Charlottenburger Linie durch den Tiergarten geht jetzt weiter über die Heerstraße, während unsere Nr. 154 ihre Fortsetzung vom Knie an übernimmt und Spandau über Westend , Schloß Ruhwald und alte Havelbrücke erreicht. Während die Charlottenburger Hauptstraße im ganzen noch denselben Anblick wie vor dreißig Jahren darbietet, auch noch eine Anzahl ganz netter eingeschossiger Häuser besitzt, wird der moderne Betrieb in Sport, Siedlung, Technik um so bemerkbarer, je mehr man sich der Havel
Am Endpunkt der ,, 154"( Spandauer Stadtforst). nähert. Spandauer ,, Bod" und Bibbe" grüßen den Vorbeieilenden; Bibbe hat sich modernisiert: die Zeiten aber, da für den Berliner eine Landpartie" zum Bock ein Fest bedeutete, sind wohl nicht mehr zurückzurufen. Hat man die Havelbrücke überschritten, so gelangt man gleich in das Herz der Stadt Spandau . Das alte Rathaus, das traditionsgemäß am Markt war, ist endlich nieder.
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Architektur der von der Straße aus noch ganz respettabel aussehen den Häuser, die der Erneuerung aber doch wohl dringend bedürfen. offentlich werden die Neubauten ohne progenhafte Ueberheblich Neubauten guten Geschmack bewiesen, und auch die neuen Siedlungsfeit ausgeführt im allgemeinen hat Spandau in seinen privaten quartiere sind durch geschickte Raumverteilung und reiche Grünflächenanordnung vor Banalität bewahrt. Am Markt ift Rendezvous flächenanordnung vor Banalität bewahrt. Am Markt ist Rendezvous aller Straßenbahnen wir bleiben sigen und biegen rechts nach Norden ab: Die Neustadt nimmt uns auf, und an der Schönwalder Allee grüßen uns schöne, gartenumgebene Wohnhäuser und die Anlagen des Stadtparkes, der sich als südlicher Teil der Spandauer Stadtforst darstellt. Unser Endziel trägt die Bezeichnung Jo.
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Maulbeerplantagen, für Gewinnung der Seidentofons, waren dort, und mancher behäbige Bürger hatte in jener Gegend sein Sommerhaus. Noch heute erinnern Namen der Nebenstraßen wie Flieder-, Wein, Blumenstraße, Grüner und Weidenweg an jene paradiesischen Zeiten. Aber die Namen der Straßen, die die Landsberger Straße schneiden, leiten sich von verdienten oder stiftungsbereiten Bürgern her: so Büschingstraße und-play von dem berühmten Verfaffer der„ Erdbeschreibung"; die Gollnowstraße ist nach einem Stadtverordneten, die Liezmannstraße nach einem Bürgermeister, bie Waßmannstraße nach einem Zimmermann genannt. Die neue Zeit schließt sich dort an die alte, wo der Friedrichshain erreicht wird. Die Friedenstraße und weiterhin die Tilsiter Straße find moderne Boulevards. Bald kommt der Zentralviehhof, dann wird es ländlicher: Laubenkolonien auf beiden Seiten. Die Landsberger Allee geht schließlich in die Chauffee, über, wir biegen links ab und erreichen durch die Hohenschönhausener und Berliner Straße erst das neue und dann das alte Hohenschönhausen, letzteres noch von dörflichem Charakter um die alte Kirche geschart. Hier waltete einst das Geschlecht der Roebel, das die ganze Gegend von Buch besaß.
Das moderne Hohenschönhausen erstreckt sich nach Weißensee hin, und hier liegen auch die drei Seen, die Schmuck und Stolz dieser alt- neuen Siedlung sind. Wenn wir, aus der 66 herauskommend, lints einen noch in Arbeit befindlichen Weg beschreiten, der uns an einer echten Holländermühle vorbeiführt wohl der einzigen, die in dem Groß- Berlin sich noch vorfindet so tommen wir zur Kolonie Fauler See, erreichen diese durchschreitend bald den See, ein romantisch- idyllisches Gewässer, das als Naturschutzpart
Am Endpunkt der„, 66"( Hohenschönhausen).
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mit schönen Anlagen und dann gleich an den Orankesee, dessen Ulfer Baden und Restaurieren gestattet. Alles sehr, modern, sauber gehalten, die Häuser, sowohl die Einzel- oder Doppelhäuser wie die großen Quartiere so prächtig in die Landschaft hineinkomponiert, daß man unwillkürlich Bergleiche mit Westgebieten zieht, die zugunsten dieses Ostens ausfallen. Etwa 12 000 Einwohner zählt der Bezirk, auf den Groß- Berlin stolz sein fann.
Bona Drankefee führt die kurze Orankestraße wieder auf die Linie 66. Unsere Rundfahrt ist beendet.
hannesstift" nach der dort im Walde gelegenen Erziehungs-| gehalten wird. Bon hier kommen wir zu dem eleganten Obersee anstalt, die aus Korrektionshäusern entlassene Knaben und Mädchen durch Beschäftigung in ihren eigenen Werkstätten ausbildet. Auch Altersheime enthält das Stift, und man sieht die Alten auf den Bänken an der mitten im Walde gelegenen Endhaltestelle der Straßenbahn sich sonnen und ein Schwätzchen machen. Die Chaussee wird zwischen Haltestelle und Stift von dem Strange der Böhower Kleinbahn durchschnitten: auf dieser Bahnlinie läuft auch die sich an Linie 154 anschließende Linie 120, die als„ Benzolbahn" betrieben, insofern nicht in den Straßenbahntonzern gehört, als sie nur nach Lösung eigener Billetts benutzt werden kann. Sie führt durch den Stadtforst nach Nieder- Neuendorf an der Havel und Hennigsdorf . Ist so für bequeme Leute alles aufs beste bereitet, so steht dem Wanderlustigen eine Fülle von Ausflügen zu Gebote. Die Wälder ziehen sich westlich bis Falkensee , überschreiten nördlich den NiederNeuendorfer Kanal und kommen zum altberühmten Schwanenkrug. Brieselang , Bütenheide sind leicht erreichbar, während von dem nördlichen Hennigsdorf Belten und der Krämer nicht zu weit abliegen.
Hohenschönhausen!
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Neue Verbreiterung der Gertraudtenstraße.
Als vor einigen Jahrzehnten die Gertraudtenstraße aus einem gefährlichen Engpaß in einen nach damaliger Meinung breiten Bertehrsweg umgewandelt wurde, mag mancher geglaubt haben, daß nun für ein Jahrhundert vorgesorgt worden sei. Aber die Ente wicklung des Berliner Verkehrs vollzieht sich in einem so stürmischen Tempo, daß die einschneidensten Maßnahmen, von denen man durchgreifende Verkehrserleichterungen erwartete, schon nach kurzer Zeit sich wieder als unzulänglich herausstellen. Der- man möchte sagen einzige Weg nach Hohenschön- Jetzt kommt der Magistrat mit dem Projekt einer neuen Ver= hausen führt durch die Landsberger Straße und Landsberger Allee. breiterung der Gertraudtenstraße auf der ganzen Letztere ist ein Kind des beginnenden 18. Jahrhunderts, als mit dem Strecke zwischen Friedrichsgracht und Breite Straße. Damit der Einzuge des neugebackenen ersten Königs Friedrich I. durch die ge- Abbruch neuer Geschäftshäuser und geschichtlich wertvoller Häuser, nannte Straße das Königliche über das Kirchliche der Gegend trium- die auf der Südseite der Gertraudtenstraße stehen, vermieden werden phierte. Vorher war der hl. Georg der Schutzpatron dieser Gegend: fann, will man den Verkehr in zwei Einbahnstraßen von der Georgenkirchhof erinnert noch daran aber nun wurde aus je 20 Meter Breite um die Petrikir che führen. Zunächst dem Georgentor das Königstor und aus Georgenstraße die König ist die Festsetzung der neuen Fluchtlinien erforderlich. Der Straße. Die Landsberger Straße lag, ebenso wie die benachbarte| Magistrat ersucht die Stadtverordnetenversammlung um ihre ZuFrankfurter, so recht im Grünen; Gärten und Weinberge, auch stimmung zu dem von ihm vorgelegten Fluchtlinienprojekt.
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