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Nr. 28946. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Was wird in der Getreidewirtschaft?

Sachverständige beraten weiter.

Bermahlungszwang für deutschen Weizen.

Um die Frage, Getreidemonopol oder nicht, ist in dem vom Reichskabinett eingejezten Sachverständigenausschuß hart gekämpft worden. Landwirtschaftsvertreter und Berbraucher maren grund. fägliche Anhänger des Monopolplans. In den letzten Tagen zeigten fich aber erhebliche Gegenfäge zwischen den beiden Gruppen. Dennoch hat der Ausschuß gestern noch einmal über die Behebung tiefer Schwierigkeiten verhandelt. Eine Einigung fonnte jedoch wieder nicht zustande gebracht werden, da sich die Gegenfäße nicht Derringert haben, sowohl in der Preisfrage als auch in der Frage der Zusammensetzung des Reichsgetreiderats. In beiden Fragen märe nach den Plänen der landwirtschaftlichen Vertreter der Ver­braucher zu kurz gélommen. Es soll munmehr dem Reichstabinett ein Bericht über die bisherigen Verhandlungsergebnisse vorgelegt werden, in dem sowohl der Standpunft der Mehrheit als auch der Minderheit zu Worte fommen soll.

Die Arbeiten des Getreideausschusses find im übrigen auch, nachdem eine Einigung über das Monopol nicht erzielt werden fonnte, noch nicht abgeschlossen. Ueber verschiedene Fragen der Getreidewirtschaft soll in den nächsten Tagen weiter beraten mer­den. Am Montag ist eine Verhandlung über die Frage des Bermahlungszwanges vorgesehen. Nach einem vom Zentrum unterstützten Reichstagsantrag der Volkspartei sollen nämlich die Mühlen verpflichtet werden, neben ausländischem Getreide auch einen bestimmten, noch festzusehenden Anteil inländischen Getreides mit zu vermahlen. Man erwartet von diesem Vermahlungszwang eine stärkere Nachfrage nach deutschem Weizen und eine entsprechende Preissteigerung. Zahlreiche Sachverständige sind zur Bernehmung in dieser Sigung geladen.

Daß bisher eine Einigung über das Getreidemonopol zwischen Erzeugern und Verbrauchern nicht erzielt werden konnte, ist sicher bedauerlich. Es ist ein entscheidender Fortschritt gegenüber der bisherigen althergebrachten starren Zollpolitik und dem ständigen Kampf zwischen Stadt und Land gewesen, daß einmal in einem Ausschuß Vertreter der landwirtschaftlichen und Verbraucher parteien zusammengearbeitet haben, um das Getreideproblem in ciner Weise zu lösen, die nicht nur den Erzeugern einen gerechten und die Produktionskosten deckenden Preis garantiert, sondern auch die Verbraucherschaft vor übermäßigen Preissteigerungen schüßt. Recht bald hat sich unter den meisten Mitgliedern des Getreide­ausschusses die Ansicht durchgefeßt, daß solch eine vernünftige Ber ständigung nicht durch starre Zölle, auch nicht durch eine Preis ausgleichsgebühr, sondern nur durch ein Getreidemonopol geschaffen

werden kann. Die Furcht der Unternehmerparteien vor dem sozialistischen" Monopol und die Gewinnintereffen der privaten Getreidehändler, also flassenpolitische und Erwerbsintereffen, standen aber einer vernünftigen agrarpolitischen Lösung entgegen.

Der gegenwärtige Stand der Berhandlungen läßt die Aussicht auf ein Zustandekommen des Getreidemonopols vor der neuen Ernte nicht mehr als sehr groß erscheinen. Damit würden zunächst auch die Stabilisierungspläne für die Getreidepreise fallen.

und auch von einem Teil der bürgerlichen Mittelparteien eine starte Es tann tein Zweifel sein, daß nunmehr von agrarischer Seite 301lerhöhung nach altem Schema gefordert wird. Nun find die Getreidezölle im schwedischen Handelsvertrag für Weizen auf 6,50 m. je Doppelgentner, für Roggen auf 6 M. je Doppel­zentner und für Futtergerste und Hafer auf 5 m. je Doppelzentner gebunden. Um diese Zölle in Kraft treten zu lassen, müssen die zurzeit geltenden Zwischenzollsäge von 5 M. je Doppelzentner Weizen, Roggen und Hafer und von 2 m. je Doppelzentner Futter. gerfte außer Kraft gesezt werden. Selbst wenn sich für die Außer. fraftfehung der Zwischenzollsäge für Roggen und Weizen im Reichstag eine Mehrheit finden follte, so fann doch bereits jetzt ge. fagt werden, daß diese Maßnahmen, wenn die Ernteaussichten weiter gut bleiben, eine Bermertung der deutschen Ernte 1929 zu Preisen, die die Produktionskosten deden, nicht sicherstellen können, daß andererseits diese Zollerhöhung bei Beränderung der Weltmarit. verhältnisse zu einer schweren Bedrüdung der städti. chen 2ebenshaltung werden muß. Diese Bedrückung muß um so unerträglicher sein ohne Nugen für die Landwirtschaft-, wenn die Schwedenfäße wesentlich überschritten werden sollen.

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Um die Getreidezölle über die im Schwedenvertrag festgelegte Höhe hinaus steigern zu fönnen, find bereits Berhandlungen mit der schwedischen Regierung über Aenderung des schwedischen Han. delsvertrags eingeleitet. Bisher find sie ergebnislos. Sollten sie nicht noch zu einem Erfolge führen, so werden die agrarischen Bar teien zweifellos cine Ründigung des schwedischen Handelsvertrages am 1. Juli zum 1. Januar 1930 fordern. Es muß jetzt schon darauf hingewiesen werden, daß solch eine Rün­tigung und Zollerhöhung ab 1. Jamuar 1930 nicht nur die Ver­mertung der tommenden Ernte taum verbessern fann, da dann bereits der größte Teil der deutschen Ernte verkauft ist, sondern daß mit dieser Maßnahme auch schwere handelspolitische Schädi gungen der deutschen Wirtschaft verbunden sein können.

Wie Amerikas Farmerhilfe aussieht

Deutschland kann daraus lernen.

Während in Deutschland um die Getreidezölle gekämpft wird, hat USA . eine fyftematische Abfahregelung mit Staatshilfe beschlossen. Repräsentantenhaus und Senat der Bereinigten Staaten von Amerita haben vor wenigen Tagen nach langem Kampf das Farmer. hilfsgesetz verabschiedet. Hoover hat das Gesetz bereits unterzeichnet. Um die Preise der landwirtschaftlichen Erzeugniffe zu heben, die durch Produktionskostensenkung, Produktionssteigerung in Amerifa und Weltmartitonturrenz nicht ebenso gestiegen sind wie die Preise industrieller Erzeugnisse, und damit das Einkommen der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu steigern, sind in Amerita in den letzten Jahren verschiedene Gesezesvorschläge gemacht worden. Zu nächst wollte man den Export des im Inland nicht verwendbaren Getreides fubventionieren und die Kosten dieses Exportzuschusses auf die Landwirtschaft umlegen. Man erhoffte dadurch eine Erhöhung der Inlandpreise über das Weltmarktniveau um den jeweiligen Zoll betrag. Am Widerstand des damaligen Präsidenten Coolidge ist dieser Plan gescheitert.

Das in den letzten Monaten in den Bereinigten Staaten be­ratene Farmerhilfsgefeß sah sogar noch eine weitergehende

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Subvention für die Landwirtschaft vor. Auch in diesem Gesetz sollte die Ausfuhr prämitert merden. Die Ausfuhrverluste sollten jedoch nicht auf die Farmer umgelegt, sondern aus der Staats. talle getragen merden. Nach Berechnungen des damaligen Staats. fetretärs, jezigen Präsidenten Hoover hätte diese Subvention dem amerikanischen Staate jährlich etwa 150 bis 200 Millionen Dollar, also 600 bis 800 Millionen Mart getoftet. Wahrscheinlich hätten sich diese Kosten noch gesteigert, weil eine Erhöhung der inländischen Preise zur Produktionserweiterung angeregt und damit auch wieder die verluftbringenden Exportüberschüsse vergrößert hätte. Der Plan der mit den Exportprämien verbundenen Einfuhrscheine( Export. debentures), menn fie auch nur in halber Zollhöhe, aber nicht nur für Getreide, sondern auch für Schweine, Tabat, Baumwolle, Reis usw. gewährt werden sollten, ähnelt sehr den deutschen Einfuhr scheinen, nur mit dem Unterschied, daß die aus ihnen dem Staat erwachsenden Kosten in einem Exportland mie Amerifa mesentlich größer sein müssen als in einem hauptsächlich auf Import eingestellten Land wie Deutschland .

Hoover hat von vornherein die Einfuhrfcheine abgelehnt. Schließ lich haben sich auch Senat und Repräsentantenhaus dazu entschließen

Sonntag, 23. Juni 1929

müssen, das Farmerhilfsgesetz unter Beglassung der Export­prämien zu verabschieden. Damit ist der Charatter bes Farmerhilfsgefeges ein vollständig anderer ge= worden als ursprünglich geplant. Der für die europäische und ebenso für die kanadische und argentinische Landwirtschaft bedrohliche

Dumping- Export großer amerikanischer Getreidemengen, die Gefahr

der völligen Preisverwirrung auf dem Weltmarkt und die befürchtete Verteuerung der amerikanischen Lebenshaltung ist damit beseitigt. Was nunmehr noch in dem Gesez enthalten ist, find nicht mehr Subventionen und Exportdumping, sondern durchaus vernünftige, mit amerikanischer Großzügigkeit durchzuführende Rationalisie= rungsmaßnahmen des landwirtschaftlichen Ab= ag wesens und vor allem des genossenschaftlichen Abfazes.

Hauptziel des Farmerhilfsgefehes ist Erziehung des Landwirts zum genoffenfchaftlichen Berkauf seiner Waren, Bildung von landwirtschaftlichen Genossenschaften, Unterstüßung des Baues

von Elevatoren, Lagerhäusern, Wasserstraßen. Ein eigenes Federal- Farm- Board( Bundes- Landwirtschaftsami) foll neben dem Landwirtschaftsministerium eingesetzt werden, um die landwirtschaftlichen Absa zverhältnisse zu studieren, um landwirtschaftliche Ueberproduktion und damit verbundene Preisstürze zu verhüten. Als weitere Aufgabe wird das Ziel, die Landwirt. haft auf unrentablen Böden aufzugeben. be­zeichnet. Also auch start in die Produktionsverhältnisse soll das Bundes- Landwirtschaftsamt einbringen. In erster Linie soll es mit allen Mitteln aber eine

Rationalisierung des Handels, eine Verkürzung der Wege der Waren vom Erzeuger zum Berbraucher anstreben, und nicht zuletzt soll das Landwirtschaftsamt Maßnahmen zur Stabili­fierung der landwirtschaftlichen Preise durchführen. Man sieht, eine Fülle von großen Aufgaben, zu deren Be­wältigung ein Kredit von 2,1 milliarden Mark in dem Gesetz vorgesehen ist. Zwar soll dieser Kredit verzinst werden. Immerhin werden die Zinsen vermutlich so niedrig gehalten sein, daß sie den landwirtschaftlichen Genossenschaften eine entscheidende leberlegenheit im Handel mit Agrarerzeugnissen sichern.

Man muß in der Tat staunen über das Maß von bewußter Blanwirtschaft, das aus der amerikanischen Farmer- Bill spricht. Man fann daraus auch für Deutschland lernen. Nach dem Wegfall der Export- Prämiierung bleibt allerdings, wenn man das Einkommen der Landwirtschaft erhöhen will, ohne die Verbraucher­preife in die Höhe treiben zu können, nichts anderes übrig, als die 3 mischenhandelsspanne zwischen Erzeuger- und Ver­braucherpreisen abzubauen und durch äußerste Abfaßrationalisierung der amerikanischen Landwirtschaft erhöhte Erlöse für ihre Waren zuzuführen. Es wäre wünschenswert, wenn die deutsche Land­wirtschaft mehr als bisher diesem Beispiel Amerikas : Erhöhung des landwirtschaftlichen Einkommens nicht durch Verteuerung der Lebenshaltung, sondern durch Rationalisierung folgen würde.

Herren im Hause!

Bon der Generalversammlung der 3. G. Farben.

Der größte Chemietruft der Welt, die Deutsche J. G. Farben­industrie, hat immer auf dem Standpunkt gestanden, daß die deutsche Deffentlichkeit nicht danach zu fragen hat, wie der 3. G. Farbentruft sich entwickelt und welche Politit er betreibt. Die Frage der größeren Publizität war auf der gestrigen Generalver sammlung, wie schon alljährlich, wieder ein Diskussionsthema, aber über alle Selbstverständlichkeiten und allgemeine Andeutungen hin­aus hat man nicht viel erfahren. Wieder hat sich Geheimrat Duisberg darauf berufen, daß die böse Konkurrenz durch eine größere Publizität Dinge erfahren könnte, die der Gesellschaft schädlich sind. Das geschieht trotz der zunehmenden Amerikanisterung des J. G. Farbentrusts, und wir find begierig zu wiffen, ob die J. G. Farben für ihre Niederlassungen in den Bereinigten Staaten auch solche Geheimnisträmerei gelten lassen kann, die drüben längst zu den Badenhütern der Geschäftspolitik gehört.

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