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S.Meifels: Anonymer Ruhm Trinklied für Bettler

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CONGO

In diesen Tagen jährte fich zum humbertsten Male der Todestag eines Mannes, der einst in der Goethezeit zu den bekannte sten, gefeiertesten und meistgespielten Bühnenschriftstellern Deutsch­ lands   gehörte, nämlich Adolf Müllners. Dieser hundertste Todes­tag ist in aller Stille vorübergegangen, und es gab feinen, der aus diesem Anlasse dieses einst so berühmt gewesenen Dichters gedacht hätte. Adolf Müllner   ist in das Schattenreich des Bergeffens fo tief hinabgestiegen, daß nicht einmal versucht wurde, ihn durch ein Jubiläumsgeläute einer späteren Nachwelt in Erinnerung zu brin­gen. Und doch hatte Adolf Müllner   einst mit seinen Theaterstücken die deutsche Bühne beherrscht. Er war der Schöpfer des deutschen  Schicksalsdramas und hat als solcher feinen Geringeren als Franz Grillparzer   beeinflußt. Alles dies schüßte ihn vor der Vergessenheit nicht. Schon vor ungefähr sechzig Jahren nennt ein deutschr Literaturhistoriker Adolf Müllner   einen mit Recht vergessenen Dichter". Damit ist wohl das Urteil der Nachwelt gesprochen. Wenige Jahrzehnte nach seinem Tode war der letzte Rest seines Ruhmes dahin.

Doch ift Adolf Müllner   bis auf den heutigen Tag der winzige Teil einss anonymen Ruhmes geblieben. Noch heute fanm man öfter die Worte zitiert finden:

Erfläret mir, Graf Derindur,

Diesen Zwiespalt der Natur!

Diefer geflügelte Sag ftammt aus Müllners Schicksalsdrama Die Schuld. Dieses Drama war eines der besten und meistgespielten Bühnenstüde Adolf Müllners; heute ist es völlig verfchollen und vergessen. Einzig der erwähnte Sag hat sich aus dem Drama los­geschält und sich eigenständig und dauerhaft bis in unsere Zeit er­halten. Das eben ist es, was den anonymen Ruhm ausmacht: irgendein schöner Gedante, ein Gesicht, der Vers eines Liedes oder auch nur die gut geprägte Wendung aus einem Sazgefüge setzt Flügel an und wandert durch die Zeiten. Es verschlägt dabei nichts, daß der Berfasser unbekannt bleibt; sein Wort lebt.

Niemand, dente ich, braucht sich der Lücke in seiner Bildung zu schämen, wenn er offen eingesteht, den Berfasser des nachstehen. den Zweigeilers nicht zu tennen:

3met Seelen und ein Gedante,

Zwei Herzen und ein Schlag.

Dieses schöne, einprägfame Bort stammt von Friedrich Halm  ( Eligius v. Münch- Bellinghausen). Halm gehört durchaus nicht zu den ganz Bergessenen. Literarische Feinschmecker lesen ihn noch heute gern, und es soll vorkommen, daß eines seiner berühmten Stüde  , mit denen er wahre Triumphe gefeiert hatte, wie Grifel dis", Der Sohn der Wildnis oder Der Fechter von Ravenna", noch heute an der einen oder anderen deutschen Bühne aufgeführt wird. Aber aus allen Werten Halms hat doch nur der erwähnte 3weizeiler seinen unbedingten Dauerwert erwiesen. Selbst in un­feren Tagen wird der aus dem Drama Der Sohn der Wildnis" stammende Satz häufig genug zitiert.

Außer in der obligatorischen Literaturstunde, wer erfährt heute noch etwas von dem alten Gottfried Geume, dem einst allbefannten

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Wie dumm und luftig eure Lieder find. Ich habe heut ein andres Lied erlaufcht und bin seither für alles taub und blind. Trinkt nur allein. Ich bin vom Lied berauscht... das fang ein Kind in einem dunklen Hofe. Ein schmales Ding, das fingend betteln ging; es fang verzagt des Liedes einz'ge Strophe, während sein Auge an den Fenstern hing. Denkt euch ein Lied, das jemand hungrig fingt, voll armer Furcht, es ginge seinen Ohren der helle Klang, wenn eine Münze springt, die jemand carf, in seinem Sang verloren... Bei dem Geklirr, das nicht aufklingen wollt', beim Lied der Münzen, das so emfig schwieg die melodie vom unbarmherz'gen Gold, das nicht einmal als Groschen niederstieg, fucht' ich ein Geldstück fiebernd im Gervand. Bettelnde Augen irrlen hin und her, hakten sich hoffend feft an meiner Hand­Und meine Narrenhand blieb nackt und leer... Von diesem Elendslied bin ich berauscht berauscht von Jammer und berauscht von Pein. Ich habe nur dies kleine Lied erlaufcht und brauch nicht euren Wein zum Trunkenfein.

Kurt Juhn.

Spaziergänger nach Syratus? Aber auch ihm warb ein Teil von anonymer Unsterblichkeit beschieden. Wer den finnigen Spruch:

Wo man fingt, da laß dich ruhig nieder, Böse Menschen haben feine Lieder,

zitiert, der hat, freilich ohne es immer zu wissen, den Geist des alten Gottfried Seume   heraufbeschworen. Das Gedicht, worin fich dieser Ausspruch befindet, ist 1804 erschienen, das Wort ist also länger als ein volles Jahrhundert lebendig geblieben. David Kalisch  , der Kladderadatſch- Kaliſch, hat diesen Sah sehr hübsch parodiert: Wo man raucht, da kannst du ruhig harren, Böse Menschen haben nie Zigarren.

Gerade an dieser Parodie können wir die Beschaffenheit des ano­nomen Ruhmes erkennen. Den Seumeschen Spruch fennt jeder mann, aber nicht jeder weiß, wer ihn gedichtet hat. Ganz anders verhält es sich jedoch bei der verulfenden Nachdichtung; damit ist

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In seinem Buche Was bleibt?" untersucht Eduard Engel   das Bleibende und Vergängliche in der Weltliteratur; er legt an die großen Werte den höchsten, das will sagen, den strengsten Maßstab an. Dagegen erkennt er vorbehaltlos dasjenige an, was wir als anonymen Ruhm bezeichneten. Engel ist mit dem Kleinsten zu­frieben, jo es nur seinen Dauerwert bewiesen hat, und bringt in seinem Buche mehrere Beispiele von Liedern, Sprüchen und Versen, Die geblieben sind. Wer hat das Lied gedichtet:

Es tann ja nicht immer so bleiben Hier unter dem wechselnden Mond. Wer ist der Verfasser der Strophe:

Wir sizen so fröhlich beisammen Und haben einander so lieb.

Beides stammt von Kotzebue  . Mehr als hundert Werke ver. schiedenster Art hat August v. Kotzebue   geschrieben; alle sind ver­funten; einzig sein Lied Trost beim Scheiden", dem die erwähnten Berfe entnommen sind, ist geblieben. Wenig? Nein, gerade genug, um eines bescheidenen Maßes an Unsterblichkeit teilhaftig zu wer­den. Wer hat folgende Berse geschrieben:

Sei hoch beseligt, oder leide:

Das Herz bedarf ein zweites Herz, Geteilte Freud  ' ist doppelt Freude, Geteilter Schmerz ist halber Schmerz.

Christoph August Tiedge   ist der Verfasser. Tiedges Ruhm hat einst den Goethes und Schillers überstrahlt, seine Urania  " mar einst das meistgelesene Buch in Deutschland  . Der gefeierte Mann famt feinem großartigen Hauptwert, ja samt seinem Namen, ist versunken; geblieben aber sind diese vier kurze Zeilen", so schreibt Eduard Engel  . Ja, dem einst so berühmten Mann ist nur ein winziger Teil anonymen Ruhmes geblieben.

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As den höchsten Grad anonymen Ruhmes fann man es be­zeichnen, wenn irgendwelche Verse eines Dichters einem anderen größeren oder gar dem größten Dichter zugeschrieben werden. So tann man öfter die Verse:

Das Innere der Natur, Dringt fein erschaff'ner Geist. Glückselig! wem sie nur

Die äuß're Schale weist!

als Ausspruch von Goethe zitiert finden. Nein, diese Verse hat kein Goethe gedichtet. Der Sinnspruch findet sich wohl unter Goethes Gedichten, stammt aber nicht von ihm, sondern von dem Physiker und Dichter Albrecht v. Haller. Goethe   zitiert diese Verse in seinen

Gedichten, um den darin ausgesprochenen Gedanken von der Be­grenztheit des menschlichen Geistes entschieden abzuweisen. Goethe, der sein Leben lang bestrebt war, die Natur ihrer Geheimnisse zu entschleiern, wollte sich nicht durch einen noch so schönen Sinnspruch das Innere der Natur verrammeln lassen. Und so trat er denn in zwei Gedichten Allerdings" und Ultimatum", worin eben der er­wähnte Ausspruch angeführt wird, der Hallerscher Auffaffung ent­gegen.

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