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Beilage Dienstag, 25. Juni 1929

Der Abend

Spalausgabe des Vorward

Beerdigungsschwindel in USA .

Eine duftige Blüte amerikanischer Geschäftshuberei Von H. Hesse , New York

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Amerika ist das fapitalistisch fortgeschrittenste und kulturell zurückgebliebenste Land. Der erfolgreiche Geschäftshuber ist all­gemein das Ideal, und sein Reichtum verschafft ihm Ansehen, Ehre und Bewunderung, ganz gleich, auf welche Weise er sein Vermögen erworben. Nie heiligt im modernen Leben der Zweck die Mittel mehr, als beim Gelderwerb in Amerika .

Der Geschäftshuber schreckt vor feiner Gemeinheit zurück. Alles und jedes betrachtet er nur aus dem einen Gesichtswinkel: wie läßt sich Geld daraus machen? Frohe und traurige Familienereignisse, Geburt und Tod alle müssen herhalten, dem Geschäftshuber den Beutel zu füllen.

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Zu einer Goldgrube hat sich in New York das Geschäft des Leichenbestatters entwickelt. Der Tote braucht nichts mehr also nehmen die Begräbnishabichte einfach alles, was sie nur friegen fönnen.

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Särge, die im Großhandel 25 bis 30 Dollar tosten, werden dem Publikum mit 200 bis 300 Dollar in Rechnung gestellt. Im gleichen Verhältnis, möglichst zum zehnfachen Preise, werden Kleider, Blumen und alle Beerdigungsartikel berechnet. Ein Auto fann man sonst für fünf Dollar die Stunde mieten bei der Beerdigung kostet ein Auto in gleicher Ausstattung 15 bis 20 Dollar. Ja, die Sterbeurkunde, die umsonst ausgestellt wird, wurde in manchen Fällen mit zehn Dollar berechnet. So ist es denn kein Wunder, wenn man die jährlichen Beerdigungskosten in der Stadt New York auf 15 Millionen Dollar schätzt.

Leidtragende sind gewöhnlich nicht in der Stimmung, zu rechnen und um Preise zu feilschen. Vielmehr hat der gesetzliche Räuber leichtes Spiel, den Wohltäter zu markieren, der den Hinterbliebenen alle Bürden abnimmt, die ihnen in den Tagen des Kummers be= sonders lästig, sind. Sie brauchen nur den vom Leichenbestatter auf­gestellten Vertrag zu unterschreiben, und der Edle besorgt alles, alles. Die Trauernden brauchen sich um nichts zu bekümmern. Doch wenn sie die Fassung wiedergewinnen, gehen ihnen die Augen erneut über, wenn sie sehen, wie unverschämt sie gerupft wurden,

Fürsorgliche Familienväter nehmen eine Lebensversicherung, um im schlimmsten Falle ihre Lieben nicht ganz mittellos zurüd zulassen. Jahre und Jahrzehnte spart sich die Familie die Prämien am Munde ab. Und tritt dann der Ernstfall ein, so ist es nur zu oft der Beerdigungsschwindler, der die Beute an sich zu bringen weiß, so daß die Familie leer ausgeht. Die skandalösen Zustände sind so weit gediehen, daß die Versicherungsgesellschaften sich genötigt sehen, sich mit diesen Gaunereien zu befassen, da der eigentliche Zwed der Versicherung den Hinterbliebenen einen Notpfennig zu bieten nur zu oft völlig ins Wasser fällt. Sie führten unter anderem die Bestimmung ein, daß im Gegensatz zu früher keine Ansprüche von Leichenbestattern an Versicherungs­policen bis zu tausend Dollar anerkannt werden. Früher brauchten Sie Leichenbestatter nur die Police vorzuzeigen, um die Beerdigungs­foften zu erheben. Einige Fälle mögen die Brattifen in ihrer ganzen Berwerflichkeit veranschaulichen.

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Der Fall des Arbeiters Colucci.

Eines Tages wurde der Arbeiter Colucci von einem Kraft­lastwagen zu Tode gequetscht. Er verdiente nur 24 Dollar die Woche, und besaß Frau und vier Kinder. Frau Colucci half die Familie durchbringen, indem sie durch Anfertigung fünstlicher Blumen in guten Zeiten fünf bis sechs Dollar wöchentlich verdiente. Ihre Ersparnisse hatten sie sich während ihres ganzen Ehelebens abgedarbt.

Die Hiobsbotschaft wurde Frau Colucci von einem menschen freundlichen Nachbarn überbracht, der anregte, fie möge die Beerdigung durch einen ihm bekannten Leichenbestatter besorgen lassen. Frau Colucci willigte ein, und der Ehrenmann stellte sich selbst vor. Er versprach, alles besorgen zu wollen. Da er jedoch selbst ein armer Schlucker wäre, benötigte er etwas Geld oder irgendeine Sicherheit.

Die Familienersparnisse betrugen achthundert Dollar und befanden sich in der Sparkasse. Frau Colucci holte das Buch hervor und versprach, sie würde am nächsten Morgen einiges Beld abheben. Allein das war gar nicht nötig, erklärte der Zeichen estatter. Da das Buch auf ihren Namen lautete, fönnte er ds mitnehmen und seinem Lieferanten zeigen, von dem er den Darg und andere Artikel beziehen würde, und er würde gern ein Dar Tage auf das Geld warten. Wenn sie ihm also das Buch

interlassen wollte....

Auch mußte sie ihm ein Schriftstück unterzeichnen, das ihn be­rechtigte, den Leichnam ihres Mannes aus dem Hospital zu holen.

3wei Tage später wurde der Arbeiter beerdigt. Eine ganze Woche dachte Frau Colucci in ihrem Kummer nicht an das Spar­tassenbuch. Erst als die Miete fällig war, suchte sie den Leichen­bestatter auf, um das Buch zu holen. Das Guthaben betrug nur noch fünfzig Dollar. Für den Rest von 746 Dollar erhielt fie eine quittierte Rechnung.

Der findige Leichenbestatter hatte über der Unterschrift der Frau den Zahlungsauftrag eingefügt und, den Betrag von der Kaffe ab. gehoben.

Die einfache Frau war mit den Gesezen nicht bewandert und ließ sich von der Versicherung des Leichenbestatters beschwichtigen, er befände sich in seinem vollen Recht. Die arme Witwe fuhr fort, Blurnen anzufertigen, und machte die größten Anstrengungen, fich und die Kinder durchzubringen. Es gelang ihr jedoch nicht, sodaß schließlich eine Wohltätigkeitsgesellschaft eingreifen mußte. Als diese erfuhr, wie die Witwe um ihre Ersparnisse be­schwindelt worden war, gelang es der Gesellschaft, mit der Drohung einer Strafanzeige die Hälfte der Summe zurüdzuerhalten.

Es ist in Amerika üblich, für alles mögliche Provision zu ver­langen. So ist es auch ziemlich sicher, daß der Nachbar dem Zeir henbestatter gegen Provision den Fall zuschusterte, sich auf jeden Fall nichts dabei dachte, der armen Witwe dieses Geld zwed­los aus der Tasche zu jagen.

1000$ Lebensversicherung- 74$ Schulden.

Ein anderer Fall betraj einen Straßenbahner, der bei einem Unglück das Leben verlor. Seine ganze Hinterlassenschaft bestand in zwei Lebensversicherungen von je fünf­Hundert Dollar, deren Brämienzahlungen die Familie auch r mit größter Mühe durchgehalten hatte,

Ein menschenfreundlicher Bestatter erfuhr von dem Vorhanden­sein dieser Versicherungen, als die betrübte Frau ihm ihr Vertrauen schenkte. So ließ er sich denn eine Blantovollmacht geben und be­sprach die Einzelheiten der Beerdigung. Er regte an, daß der Tote eingekleidet werden solle. Auch sonst solle er so natürlich wie möglich aussehen. Ferner wollte er einige Palmen benutzen, die er gerade zur Hand hatte. Alle diese harmlosen Vorschläge wurden natürlich ahnungslos gebilligt.

Unter dem Vorwande, daß er von der Sterbeurkunde Abschriften besorgen müsse, brachte der Leichenbestatter die Bersicherungs­policen, das einzige Befigtum der Familie, in seine Gewalt.

Als die Witwe einige Tage nach der Beerdigung Geld brauchte, erfundigte sie sich nach der Police. Der Leichenbestatter erklärte, daß er sie zweds Dedung seiner Rechnung eingezogen habe. Er wäre jedoch sehr erfreut, sie zu sehen, denn er hoffe, sie würde es baldigst ermöglichen fönnen, die 74 Dollar zu beschaffen, die sie ihm noch schulde, denn seine Rechnung betrüge 1074 Dollar. Die Summe ergab sich unter anderem aus 450 Dollar für den Sarg,

150 Dollar für 5 Autos zum Kirchhof, 30 Dollar Leihgebühr für Palmen,

50 Dollar für einen Anzug, den man dem Toten angezogen. Der Schwindler hatte jedoch nicht mit dem Umstande gerechnet, daß es sich um einen Unfall handelte. Bei der Untersuchung durch die Unfallversicherung tam auch die Beerdigung aufs Tapet und es stellte sich unter anderem die Gemeinheit heraus, daß der Leichenbestatter den mit 50 Dollar berechneten Anzug in einem Altladen für ganze fünf Dollar getauft hatte!

Der Verstorbene sollte, jo natürlich wie möglich" aussehen. Das flingt dem gesunden Menschenverstand sehr vernünftig. Der findige Geschäftshuber aber faßt diesen Auftrag nicht so auf, als solle der Tote eben einem Toten ähnlich sehen, sondern macht mancherlei Mäßchen und Kinkerlitzchen, nur um eine lange Rechnung aufstellen zu können. Da werden auch dem Urgroßvater noch Löckchenge­brannt, das Gesicht wird geschminkt. Lippen werden un natürlich rot angemalt, ärger als die verrückteste Modepuppe es tut. Mit rosigen Wangen liegt schließlich der alte Großvater im Sarge, als ginge er als junger Bursche auf den Ball!

Die Witwe Chester flagt.

Handelt es sich um vermögende Leute, so fällt der Fischzug natürlich noch viel reicher aus. So unternahm die Witwe des Schriftstellers Chester gerichtliche Schritte, um von den Beerdigungstoffen im Betrage von 7972,17 Dollar nicht weniger als

6543 Dollar wegen Ueberforderung zurückzuverlangen, und zwar von der handelsgerichtlich eingetragenen Beerdigungskirche Frant Campbell

Chester starb plöglich, und schon wenige Stunden später hatte die Firma das Glück, den Fall für sich zu ergattern. Der Tote wurde in das Institut am Broadway geschafft, wo Frau Chester einen Sarg aussuchte, ohne nach dem Preise zu fragen. Als sie später erfuhr, daß der Preis nicht weniger als 6500 Dollar betrug. beeilte sie sich, diese Bestellung rückgängig zu machen, um einen weniger tostspieligen Sarg zu nehmen. Ein Vertreter der Firma aber redete ihr diesen Entschluß aus, da das Gesez verböte, eine Leiche von einem Sarge in einen anderen zu überführen.

Noch vor der Beerdigung erschien ein Kreditvertreter der Firma und verlangte Sicherheit, daß die Kosten bezahlt würden, und ließ sich von einer Versicherungspolice über 25.000 Dollar 8000 Dollar überschreiben. Die spezifizierte Rechnung fam einige Tage später, und betrug nur 27,83 Dollar weniger als die Garantiesumme von 8000 Dollar.

Kurz darauf übergab Frau Chester die Sache dem Gericht. Ihre Anwälte fonnten die berechtigte Forderung nur auf eine weit geringere Summe beziffern. Es stellte sich zum Beispiel heraus, daß der mit 6500 Dollar berechnete Sarg im Großhandel nur 1100 bis 1200 Dollar tostete. Die Firma suchte die Sache zu verschleppen, doch erhielt die Klägerin zunächst das Recht zugesprochen, aus den Geschäftsbüchern die wirklichen Auslagen der Firma für die ein­

zelnen Posten der Rechnung festzustellen. Außer dem Sarge von

6500 Dollar wurden gefordert:

für Einbalsamieren 100 Dollar, Einfargen 25 Dollar, Leichenwagen 25 Dollar,

6 Bahrtuchträger 60 Dollar,

Palmen 60 Dollar,

Honorar für den Bestattungsdirektor nebst Affiftenten 35 Dollar, allgemeine Dienstleistungen 250 Dollar, rote Rosen 100 Dollar,

Seidengewand 300 Dollar.

Damit war die Firma jedoch die Petersilie verhagelt, und anstatt ihre Praktiken vor Gericht erörtert zu sehen zog sie es vor, sich güt­lich zu einigen und einen Teil des Raubes herauszugeben.

Es ist in diesem Gewerbe allgemein üblich, die Kostenrechnung so aufzustellen, daß von der Police oder der Sicherheit nur eine Bagatelle oder gar nichts übrig bleibt. Von Sachverständigen wird geschäßt, daß ein Drittel bis zur Hälfte der Beerdigungskoften ein­fach übervorteiltes Geld, Tunke" darstellen, mit der diese Geier den an sich schon fetten Happen übergießen. Bei den 15 Millionen Dollar, die New York alljährlich für die Beerdigung seiner Toten aufwendet, bedeutet dies einen ganze ansehnlichen Betrag.

So bildet denn die New- Yorker Beerdigungsindustrie eine sehr duftige Blüte an dem sehr duftigen Baume der amerikanischen Geschäftshuberei.

Unzulänglicher Kinderschutz

Wir veröffentlichen diesen beachtenswerten Beitrag, ohne uns dem Vorschlag in dieser Form anzuschließen.

Der Ausschuß hat, wie der Berichterstatter, Gen. Dr. Landsberg, ihm empfohlen hat, den§ 265 in der Fassung der Regierungs­vorlage angenommen. Sollte damit die endgültige Regelung fest gelegt sein, so würde der schweren Not vieler gequälter Kinder eine Abhilfe zuteil werden. Es ist darum dringend zu wünschen, daß unsere Genossen im Reichstag die Frage noch ein­

es für das Kind keinen Unterschied, ob es aus Böswilligkeit, aus Liederlichkeit oder sonstigen Beweggründen in Schmutz und eitriger Jauche verkommen muß. Es wäre überhaupt geboten, die Menschlichkeit im Strafrecht nicht zu einseitig dem Verbrecher zuzuwenden. Mehr noch als er verdienen die schuldlosen und be­dauernswerten Opfer des Verbrechens Mitgefühl und wirksamen Schutz.

So komme ich dazu, folgende Fassung, in der die verschiedenen

mal ernsthaft erwägen, um eine bessere Fassung zustande zu bringen. Gesichtspunkte berücksichtigt sind, zur Annahme zu empfehlen:

Wie schon die Genoffin Pfülf hervorhob, beschränkt sich die Vorlage auf körperliche Mißhandlung, während doch jedermann weiß, daß durch seelische Quälerei oft meit schwerere Bein des Kindes herbeigeführt wird. Denten wir an böswillige Angst­erregung, an die übermäßigen und sinnlosen Arbeiten, die bei den bösen Stiefmüttern des Märchens eine so große Rolle spielen, an den oft genannten Fall des Vaters, der seinem gequälten Jungen

die einzige Freude nahm, indem er sem leidenschaftlich geliebtes

Kaninchen tötete und das arme Kind zwang, mit dem toten Lierchen zusammen zu schlafen. Solche Fälle sind, wenn nicht gerade eine förperliche Schädigung durch Nervenzerrüttung nachweisbar ist,

heute straflos und bleiben straflos, wenn die Vorlage, wie sie ist, Gesez wird.

Ferner beschränkt der Entwurf die Strafbarkeit nach§ 265( wo dieser nicht gilt, bleibt es bei den allgemeinen milderen Strafen für Körperverlegung) auf die Fälle, in denen das Kind bzw. der wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit Wehrlose der Fürsorge oder Obhut des Tätes untersteht, oder seinem Hausstand angehört oder von dem Fürsorgeberechtigten seiner Gewalt überlassen worden ist. Ein ausreichender Grund zu dieser Einschränkung ist nicht einzu­sehen. Mag es, rein sittlich betrachtet, das Berhalten des Täters erschweren, wenn er dabei sich noch einer besonderen Pflichtverlegung schuldig macht: für das Kind macht es feinen Unterschied, ob ein Elternteil oder ein böswilliger Entführer, vielleicht ein Sadist, der das Kind verlockt hat, oder ein Räuber, der es verstümmelt, um es zum Betteln zu mißbrauchen. der Täter ist. Gewiß wird dann nicht selten der Fall der schweren Körperverletzung, die auch höher bestraft wird, vorliegen. Aber notwendig ist das nicht. Unter allen Umständen verdienen solche Taten, für die auch eine Höchst grenze von fünf Jahren Zuchthaus viel zu mild erscheint, die schärffte Ahndung.

Gewiß ist mir bekannt, daß auch in solchen Fällen oft sehr viel auf Rechnung der sozialen Umstände entfällt, und daß Strafen allein nie ausreichen, um weit verbreitete Uebelſtände zu über winden. Aber, solange die Zeit noch nicht da ist, in der eine ver­nünftige Gesellschaftsordnung, feziale Erziehung und planmäßige Beugungsauslese den Quell des Verbrechens verstopft haben, solange mird es noch nicht möglich sein, auf das Mittel der Strafe zu verzichten. Und nirgends wird ihre Anwendung mehr gerechtfertigt fein, als wo es gilt, die wehrlosesten Opfer fremder Grausamkeit zu schützen.

Ein Mangel ist auch die Beschränkung auf böswillige Vernachlässigung. Erstens ist die Böswilligkeit in den meisten, auch den schwersten Fällen faft nie nachweisbar. Und zweitens macht

Wer Kinder, Jugendliche oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit Wehrlose, die seiner Fürsorge oder Obhut unterstehen oder seinem Hausstand angehören oder sich in seiner Gewalt befinden, quält oder roh mißhandelt oder ihnen durch gröbliche Vernachlässigung seiner Sorgenpflicht förperlichen oder seelischen Schaden zufügt, wird mit

Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus ." Daneben aber sind noch zwei wichtige Punkte zu beachten, ohne deren sachgemäße Erledigung auch der beste gesetzliche Kinderschutz auf dem Papier stehen bleibt. Bei der Verhandlung der meisten

Kindermißhandlungen zeigt es sich, daß die Nachbarn schon lange

davon gewußt, aber aus Angst vor einem Rohling oder vor Polizei­scherereien feig geschwiegen haben. Seit 25 Jahren habe ich mich bemüht, um das auszugleichen, die Organe der Arbeiterbewegung zur Mitwirkung auf diesem Gebiet zu gewinnen. Leider vergebens. So muß auch hier das Mittel der Strafdrohung wirken. Man muß die Strafe, die auf unterlassene Anzeige eines gemein­gefährlichen Verbrechens steht(§ 199 des Entwurfs), auch auf diese Fälte ausdehnen. Etwa so: Dasselbe gilt, wenn im Falle des § 265 rechtzeitige Anzeige bei der Behörde oder einer von dieser zur Annahme zugelassenen Stelle unterblieben ist."

Schließlich und vor allem bedarf es aber noch einer Aenderung der Rechtspflege, um die neue Regelung wirksam zu machen. Wer diese Dinge verfolgt hat, der weiß auch, welche unangebrachte, oft unverantwortliche Milde, weit über die Nachficht des Gesetzes hinaus, die Gerichte meist walten lassen. Wenn es auch nicht mehr ganz so schlimm ist wie früher, wo es manchmal billiger war, ein Kind langsam zu Tode zu martern, als etwa einem Landrat oder Gendarmen eine unangenehme Wahrheit zu sagen, so fehlt doch noch viel zu der Einsicht und dem Ernst, die von der Rechtsprechung gerade in solchen schweren Fällen zu fordern sind. Allzu sehr gilt bei unserem Durchschnittsrichter noch der Schuß der Autorität", liege fie auch in den unwürdigsten Händen. Unendliche Erfahrung hat gezeigt, daß unsere Gerichte im allgemeinen zur Aburteilung dieser Schandtaten ungeeignet sind. Darum gilt es, ein anderes Gericht zu suchen, das durch seine Zusammensetzung und sein bis. heriges Wirken weit eher das Vertrauen verdient, daß es hier richtig verfahren werde. Ich meine das Jugendgericht. Bisher nur zuständig für das Verfahren gegen Jugendliche. mache man es auch da zuständig, wo ein Kind, ein Jugendlicher oder eine ihnen in § 265 gleichgestellte Person als Berlegte in Frage fommen. Die Unzulänglichkeit des Bestehenden, die Wichtigkeit des ge­schädigten Rechtsguts rechtfertigen diese Abweichung von der Regel Simon Katzenstein .