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Rr. 297 46. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Von der Havel zum Rhin

Freitag, 28. Juni 1929

Oftprignig. Hiermit haben wir die Rheinsberger Wasserstraße, also das Gebiet des Rhins , erreicht. Durch die Schleuse von Klein- Zerlang wird unser Schiff gesenkt; es ist die dritte und letzte Schleuse auf unserer Fahrt. Durch Felder zieht sich der Kanal zum Großen Prebelowsee, der mit zu den Quellseen des Rhins gehört. Dieser märkische Fluß hat seinen Namen wahrscheinlich von seinem großen deutschen Bruder, dem Rhein . Die ersten Ansiedler, die bei der deutschen Rückwanderung im 12. Jahrhundert hierherzogen, sollen von der Gegend des Nieders rheins gekommen sein. Durch den Tiezowsee und einen tanalis fierten Verbindungsfluß fahren wir füdlich in den Schlaborma fee. Prächtiger Wald begleitet uns, wir spüren hier die Schön heiten der Rheinsberger Gegend, die durch Laubwälder und Seen­reichtum ausgezeichnet ist. Auf dem Ostufer liegt Bechliner Ruppin. Vom Schlabornsee führt wieder ein fanalisierter Ver bindungsfluß zum Rheinsberger See, an den sich der Grienericfee anschließt. Auf diesem Teil der Fahrt offenbart sich uns die Land­schaft noch einmal in ihrer größten Schönheit. Prächtiger noch als von den Landwegen zeigen sich uns die Landschaftsbilder von den Wafferwegen.

Vor uns taucht wieder Rheinsberg , das Ziel unserer Fahrt mit seinem bekannten Schloß auf, und bald liegen wir am Kai feft Die Wasserfahrt von Fürstenberg nach Rheinsberg führt uns durch

auch durch die Elde mit der Elbe in Verbindung, so daß seine Wasser diesen Strom auf zwei verschiedenen Wegen erreichen, durchütte, ein beliebtes Wanderziel. Wir sind jezt im Lande die Havel und durch die Elde. Von 1568 bis 1582 wurde eine Schiffahrtsstraße von der Elbe durch die Elde, die Stör und den Schweriner See nach der Ostsee bei Wismar angelegt. Dadurch bekam auch die Havel durch Mecklenburg Verbindung mit der Ostsee . Die Benutzung dieses neuen Wasserweges wurde jedoch nie sehr bedeutend. Das ganze Wert soll 3 Tonnen Goldes gekostet haben, war aber zu den Zeiten des 30jährigen Krieges teilweise schon wieder verfallen. Erst in unseren Tagen wurde der alte plan einer Binnenwasserstraße von der Nordsee zur Ostsee durch den Bau des Nordostsee- Kanals verwirklicht. Von Fürstenberg treten wir die Reise auf dem Wassermege an. Sind wir nicht glücklicher Besitzer eines Bootes, so besteigen wir den Dampfer, der an der Schleuse liegt. Eine turze Strecke auf der Havel , unter der Eisen­Bom Stettiner Fernbahnhof fahren wir mit der bahnbrüde hindurch, und wir sind auf dem Röblinsee, der sich Nordbahn bis Fürstenberg ( Sonntagskarte 3. Klasse 4,- M.). filometerweit nach Westen erstreckt. Bewaldete Ufer fäumen ihn ein; Wir haben die Mart Brandenburg verlassen und befinden uns in auf dem hochgelegenen Südufer ist die Villenstadt von Fürstenberg Mecklenburg- Strelit, dem Lande des Ochsenkopfs. Bald hinter Alt- entstanden. Wenn ein steifer frischer Nordwest weht, dann wird die Lüdersdorf wird die Landesgrenze überschritten. Dannenwalde ist Fahrt beinahe ungemütlich. Starke Wellen träufeln die Wasser­Die erste Station auf medlenburgischem Boden. Kurz vorher verfläche, und gischtend sprüht der Schaum am Bug des Schiffes empor. läuft die Grenze mitten durch den Kleinen Wentowsee westlich und den Großen Wentowsee östlich der Bahn.

Fm Park von Rheinsberg

Fürstenberg

ist ein freundliches fauberes Städtchen, eine ehemalige Residenz ,, Dörchläuchtings", im südlichsten Zipfel seines Reichs Mecklenburg­Strelig. Das einstige Residenzschloß ist jetzt Eigentum der Stadt und beherbergt ein Sanatorium, wozu es mit seinem schönen Part auch wie geschaffen ist. Die Umgebung Fürstenbergs ist schön. Meilenweite Laub- und Nadelwälder sowie drei große Seen, Schwedtsee, Baalenfee und Röblinsee schaffen Landschaftsbilder von außerordentlicher Abwechslung und Mannigfaltigkeit. Die Seen werden von der Havel durchflossen, die in der mecklenburgischen Seenplatte ihren Ursprung hat. Die Wasserverbindungen reichen bis zum Müritzsee, Mecklenburgs größtem Landsee, der somit eben­fails zum Quellgebiet der Havel gehört. Der Mürizfee steht aber

Su

Am Rhin bei Zechliner Kütte.

Jack London :

67]

Lockruf der Goldes

( Berechtigte Uebersetzung von Ermin Magnus).

Sie war plötzlich totenblaß geworden. Ihre Hand, die die seine ergriffen hatte, um ihn fortzuhalten, und sie immer noch umschloß, bebte. Seine Finger lösten sich, und sein Arm sant schlaff herab. Sie wollte etwas sagen, irgend etwas tun, um dieser drückenden Situation ein Ende zu machen, aber nicht ein einziger verständiger Gedanke tauchte in ihrem Kopf auf. Sie fühlte nur einen fast unwiderstehlichen Lachreiz. Dieser Reiz war halb hysterisch, halb eine Folge ihres spon­tanen Humors, und wich von Sekunde zu Sefunde. Sie tam sich vor wie ein Mensch, der entsegliche Angst vor dem Ueber­fall eines blutdürftigen Räubers ausgestanden hat und nun merkt, daß er es mit einem ganz unschuldigen Spaziergänger zu tun hatte, der nur nach der Zeit fragen wollte.

Daylight hatte sich zuerst gefaßt.

,, Ach, ich weiß gut, daß ich ein rechter Narr bin," sagte er. Ich ich glaube, ich will mich seßen. Haben Sie teine Angst, Fräulein Mason. Ich bin gar nicht so gefährlich." Ich bin nicht bange," antwortete fie lächelnd, indem fie fich auf einen Stuhl fallen ließ, neben dem ein Nähtorb stand, der, wie Daylight bemerkte, etwas Feines aus Mull und Spigen enthielt. Dann lächelte sie wieder. Obwohl ich ge­stehen muß, daß Sie mich im ersten Augenblic wirklich er­schreckt haben."

,, Es ist wirklich tomisch," sagte Daylight bedauernd ,,, hier fizze ich, der ich gewohnt bin, bei Menschen und Tieren und allem in der Welt meinen Willen durchzuseßen, auf diesem Stuhl, schwach und hilflos wie ein Lamm. Sie können wahr­haftig mit einem machen, was Sie wollen."

Dede zerbrach sich vergebens den Kopf, um eine Antwort auf diese Bemerkung zu finden. Statt deffen weilten ihre Gedanken ununterbrochen bei der Frage, was es bedeuten mochte, daß er mitten in einem heftigen Antrag abschweifte und Bemerkungen machte, die gar nicht hierher gehörten. Was ihr besonders auffiel, war die Sicherheit des Mannes.

Steinhavel.

An der Nordwestece mündet die Steinhavel, und hier

verlassen wir den Röblinsee. Ruhig gleitet das Schiff durch die ftillen Fluten. Der Wald tritt zu beiden Seiten dicht an den Fluß, das grüne Blätterdach überwölbt den Wasserspiegel, so daß wir wie in einem Dom dahingleiten. Bei der Steinhavelmühle wird das Schiff durch eine Schleuse um mehrere Meter emporgehoben. Die mecklenburgischen Wafferläufe find reich an Schleusen, wie jeder Wasserwanderer, der diese Gebiete befahren hat, schon zu feinem Berdruß bemerkt haben wird. Dann geht es weiter durch die Stein­havel. Das linte bewaldete Ufer steigt steil an, mur ein schmaler Landstreifen bleibt neben dem Fluß, auf dem der Treidelweg an­Er bietet auch dem Fußwanderer einen prächtigen gelegt ist. Wanderweg. Die Höhen auf dem rechten Ufer find unbewaldet: hier erstrecken sich weite Aderfelder. Bald hinter der Meinen Sied­tung Steinförde tommen wir zum Menow- See, von dem wir nur den Ostzipfel berühren. Auf schmaler Wasserstraße geht es fogleich gen Nord zum Ziernsee, der ebenfalls zum größten Teil, besonders im Westen, von Wald umgeben ist. Unter der Fleether Brüde hindurch zieht das Schiff seine Bahn in den sich an den 3iernsee anschließenden Ellbogensee. Wie der Name schon ver­muten läßt, ist dieser See lang, schmal und außerst gewunden. Das sübliche Ufer ist in feinem größten Teil bewaldet, das nördliche da gegen waldfrei. Der Blid schweift hier über die Hügel des mecklen­burgischen Landes. Am nördlichsten Punkt des Ellbogenfees liegt bas Dorf Priepert . Hier wendet sich der See nach Südwest. Wir haben bald sein Ende erreicht. Die Wasserstraße wird wieder schmal und bald find wir in Strafen. Hier geht es wieder durch eine Schleuse um einige Meter höher. Strafen liegt schön eingebettet im Grün alter Bäume, so daß vom Dorf wenig zu sehen ist. Erst wenn wir im Großen Pälitsee sind, bietet sich ein schöner Rückblick auf des Dorfbild mit seiner Kirche. Bald geht es in den Kleinen Pälitsee, der wieder von Wald eingerahmt ist. Bor uns taucht Klein 3erlang auf, das erste Dorf auf brandenburgischem Gebiet. Am Westende des Sees geht es unter der Pälizbrücke hindurch, wir haben die märkische Grenze wieder überschritten und sind in der

So wenig zweifelte er also daran, daß sie ihm einmal gehören| würde, daß er Zeit hatte, ganz allgemeine Bemerkungen über die Liebe und ihre Wirkungen einzuflechten.

Sie bemerkte, daß er unbewußt die Hand in die Seiten­tasche steckte, wo er, wie sie wußte, seinen Tabat und sein braunes Zigarettenpapier hatte.

,, Sie können gern rauchen, wenn Sie wollen," sagte fie. Er zog die Hand so hastig zurück, als hätte ihn etwas in der Tasche gestochen.

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,, Nein, ich dachte nicht an Rauchen. Ich dachte an Sie Was kann ein Mann, der eine Frau haben will, anderes tun als sie fragen, ob sie ihn heiraten will? Das ist alles, Aber ich kann es mit reinen Worten sagen, und das genügt was ich tue. Korrekt fann ich es nicht machen; das weiß ich. was ich tue. Korrekt kann ich es nicht machen; das weiß ich. mir. Ich habe Sie wirklich schrecklich nötig, Fräulein Mason. Ich denke immer an Sie. Und was ich wissen will, ist na ia, ob Sie mich nehmen wollen? Das ist alles." Ich ich wollte, Sie hätten mich nicht gefragt," sagte fie weich. ,, Bielleicht ist es am besten, wenn Sie erst einiges er­fahren, ehe Sie mir eine Antwort geben," fuhr er fort, in­dem er die Tatsache, daß die Antwort eigentlich schon gegeben war, ignorierte. Ich habe mich noch nie in meinem Leben mit einer Frau abgegeben, trog allem, was man in dieser Beziehung von mir erzählt. Was Sie in Zeitungen und Büchern gelesen haben, ist Unsinn. Es ist nicht ein Tüttelchen Wahres daran. Karten gespielt und getrunken, das habe ich tüchtig, aber ein Frauenjäger bin ich nie gewesen. Eine Frau hat sich meinetwegen das Leben genommen, aber ich wußte nicht, daß sie mich haben wollte, sonst hätte ich sie wahrhaftig gern geheiratet, nicht aus Liebe, ich habe ihr nie den Hof gemacht, sondern nur, um sie am Selbstmord zu hindern. Ich erzähle Ihnen das alles nur, weil Sie es ge= lesen haben, und weil ich will, daß Sie aus meinem Munde die reine Wahrheit erfahren. Frauenjäger" er schnaufte verächtlich. Fräulein Mason, ich fann Ihnen sagen: ich habe die Weiber mein Leben lang gefürchtet. Sie sind die erste, vor der ich nicht bange bin. Vielleicht deshalb, weil sie nicht wie die anderen sind, die ich gekannt habe. Frauenjäger! So­lange ich denken fann, bin ich vor Damen ausgeriffen, und ich glaube, nur meine gute Lunge hat mich gerettet und der Umstand, daß ich nie gefallen bin, nie ein Bein gebrochen habe oder so etwas. Bis ich Sie traf, habe ich nie daran ge­

J

Die Steinhavel.

einen der schönsten Teile der nördlichen Mart und des aufchließen ben Mecklenburg. Die Strede ist ungefähr 40 Kilometer lang und toftet mit dem Dampfer 2, M. Der Dampfer hat in Fürstenberg Anschluß an den Morgenzug von Berlin ( ab 5,30 Uhr). Unsere Fahrtarte nach Fürstenberg gilt zur Rückfahrt auch von Rheinsberg gegen 0,60 M. Nachzahlung.

Linzer Ausstellung 1929.

An einer der schönsten Stellen an der Donau liegt i wi die oberösterreichische Landeshauptstadt. Wenn im Herbste bisher das Linzer Boltsfest alljährlich stattfand, waren Taufende von Reichs deutschen in Ling, und es wurde nie so start die Zusammengehörig feit der Deutschen diesseits und jenseits der Grenze empfunden wie in diesen Tagen in der alten Stadt Linz . Von diesem Jahre ab wird das Linzer Boltsfest eine Umgestaltung aus mirtschaft lichen Gründen erfahren. An Stelle des Volksfestes werden Ausa stellungen veranstaltet, mit denen ein Volksfest verbunden ist. In diesem Jahre wird under dem Namen Linzer Ausstellung 1929

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Wohnung und Siedlung in Stadt und Land" vom 17. Auguft bis 15. September eine große Wohnungs- und Siedlungsausstellung veranstaltet. Die Ausstellung soll gleichzeitig der Ausdruck gemein samer fultureller Bestrebungen des deutschen und des deutschöfter reichischen Bolles sein. Die Ausstellung sieht vor: Erste Gruppes

dacht, mich zu verheiraten, und auch da noch lange nicht gleich. Sie haben mir vom ersten Tage an gefallen, aber ich hätte nie gedacht, daß es schief gehen würde. Ich kann nicht einmal nachts schlafen, weil ich an Sie dente und mich nah Ihnen sehne."

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Er hielt inne und wartete. Sie hatte den Mull und die Spigen aus dem Korb genommen, vielleicht um ihre Nerven ein wenig zu beruhigen, und nähte nun daran. Da sie ihn nicht ansah, verschlang er sie förmlich mit den Blicken. Er wie Bob tummelten, fast so schnell Maschine schrieben, wie ein bemerkte die sicheren flinken Hände Hände, die ein Pferd Mann sprach, zierliche Kleidungsstücke nähten und zweifellos auf dem Flügel in der Ede spielen konnten. Noch eine außer schuhe. Es waren sehr kleine Bronzeschuhe. Er hätte nie ge ordentliche weibliche Einzelheit bemerkte er ihre Haus dacht, daß ihre Füße so klein waren. Bisher hatte er sie stets nur in Straßenschuhen oder Reitstiefeln gesehen, und die hatten ihm feinen rechten Begriff gegeben. Die Bronzeschuhe bezauberten ihn, und sein Blid fehrte immer wieder zu ihnen zurüd.

"

Es wurde an die Tür geflopft und sie ging hin. Daylight fonnte nicht umhin, daß Gespräch mit anzuhören. Es war jemand am Telephon, der fie sprechen wollte. Sagen Sie ihm, daß er in zehn Minuten wieder anrufen möchte," hörte er sie sagen, und das fleine ,, er" gab ihm einen Stich von Eifersucht. Schön, sagte er bei sich, wer es auch immer sei, so wolle er, Burning Daylight, schon noch mit ihm fertig werden. Merkwürdig, daß ein Mädchen wie Dede nicht längst verheiratet war.

auf.

Sie tam zurück, lächelte und nahm ihr Nähzeug wieder ,, Die zehn Minuten sind, bald vorbei," sagte er ein ,, Ich fann Sie nicht heiraten," sagte sie.

dringlich.

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,, Sie lieben mich nicht?" Sie schüttelte den Kopf. ,, Können Sie mich nicht leiden nur ein ganz klein wenig?" Sie hob die Augen von der Arbeit und sah ihn an während sie antwortete:

Ich habe Sie sehr gern, aber-"

Er wartete einen Augenblick, daß sie fortfuhr, und da fie schwieg, tat er es selbst. ( Forts. folgt.)