Freitag 28. Juni 1929
Gerhart
Ein Kindheitserlebnis
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Bater
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Damals, als ich mir das Käferchen fing, war ich noch Kind.| scheinlich würde er plötzlich ganz groß werden, ganz riesengroß, Ich wollte es zu den vielen anderen geben, die ich bereits zu Hause natürlich, das würde er viel größer noch als der Hirschläfer, hatte, in Aether erstickt, sorgfältig mit einer feinen Nadel durch so groß wie ich, und würde mich töten wollen, und wenn ich mich den Leib gestochen und auf einem Brett befestigt. Ich hatte teine mehren würde, so würde er noch viel größer werden, so groß wie Schachtel bei mir und mußte das Tierchen in der Hand nach Hause Bater tragen. Das hatte ich schon oft getan; aber heute erschien mir da war Rettung! Papa! Einen kleinen Augenblick das sonst gewohnte Krabbeln der angstvoll um ihre Freiheit kämpfen- war ich glücklich, rannte zur Tür, um Papa zu rufen und blieb den Beinchen sonderbarer, es war mir ein unangenehmes Gefühl, wieder stehen: nein, nicht Papa vielleicht würde er mich schlagen als striche jemand mit einer harten, schmuzigen Bürste unaufhörlich aber das täte ja nichts aber ich schämte mich doch so! durch meine gehöhlte Hand. Ich fann findlich darüber nach, warum Bapa- Bater würde mich auslachen, weil ich solche Angst gehabt mich das Sichwehren gerade des fleinen Lauffäfers so merkwürdig hatte! Sicher, auslachen würde mich Bater! Oh, das hielt ich nicht berührte, ja, ich gab es mir zu, mich fast ängstlich machte. Die aus. Ich mußte ihn eben doch totmachen, den Käfer. größeren Tiere, der Maitäfer oder der Puppenräuber, die hatten eine erstaunliche Kraft, die bohrten mit ihren harten Köpfen zwischen den Fingern, und die kleine Hand mußte sich oft anstrengen, um ihre Opfer nicht entwischen zu lassen. Und als man gar mal einen Hirschkäser gefangen hatte, einen ganz besonders großen Burschen mit scharf gezähnten Kneifzangen oha! Aber dies hier, dies winzige, häßliche Käferchen, das hatte doch so gut wie gar feine Kraft, das irrte in der Hand herum wie in einem großen, dunklen Saal, und vor solcher Wehrlosigkeit hatte ich nun Angst. Ich schalt mich feige und preßte die Finger fester zusammen.
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Zuweilen, während des halbstündigen Heimweges, dachte ich: ,, Warum läßt du ihn eigentlich nicht los? Was willst du mit dem häßlichen Vieh?" Aber dann fiel mir Onkel Karl ein und sein fiberlegen lächelndes Geficht, als er mir gesagt hatte, ein richtiger Käfersammler dürfe nicht nur auf große Glieder und schöne Farben sehen, oh nein, sondern müsse alles sammeln, alles töten, alles aufspießen, jeden noch so fleinen Käfer; denn die Sammlung von Käferleichen hätte erst dann einen Wert, wenn sie vollständig wäre und ich behielt das verzweifelt zappelnde Etwas in der Hand, ob auch aus Angst und aus Scham vor dieser Angst mein Gesicht
ganz rot wurde.
Endlich war ich daheim. Und als ich den Käfer über das Aetherglas hielt, war im Eifer der fachlichen Arbeit das merkwürdige Gefühl von vorhin geschwunden. Das Tierchen stellte sich zunächst tot, als ich es zwischen die Finger nahm; aber ich lachte; oh, das machten sie alle fo; aber wir Menschen waren eben zu schlau, nein, mit solchen Mätzchen fonnte mein Opfer mich nicht irreführen, schließlich mußte es doch dran glauben! Und sieh mal an: jetzt merkt es den Aether, zappelt wie wahnsinnig; die Bewegungen der Beinchen werden aber schon langsamer, zitternder, hören endlich ganz auf; das Knacken unter dem Rückenschild hört man auch nicht mehr, weil sich der Kopf nicht mehr bewegt; noch ein ganz weites Auseinanderbreiten der zitternden Fühler, wie ein Taften nach einer letzten Rettung, dann ein müdes Zusammenlegen. es ist aus. Mit einem ganz seinen Knirschen durchbohrte die Nadel den grauen Leib. Dann fuchte ich auf meinem Brett nach einem freien Plaz für meinen letzten Fang, fand ihn, malte tunstvoll auf ein fleines Schild: ,, Gemeiner Feldlauftäfer". und da steckte er schon!
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Ich sah stolz über mein großes Brett. Wie das schillerte in allen bunten, gleißenden Farben der Welt! Der schlanke Goldlauf fäfer mit dem gerippten Panzer, die vielen dicken, behäbigen Rosentäfer, die Flügeldecken hatten, so glänzend, wie der Goldschmuck am Weihnachtsbaum, und der schwarzweißbraune Maikäfer Mir fiel auf, daß das große Käferchen inmitten all der Pracht eigentlich störend wirfte. Es gehörte nicht recht hierher mit seiner gedrungenen, platten Gestalt, mit seinem unscheinbaren Kleid. Es war beinahe, wie wenn Hults Emma aus der Kellerwohnung in unserem großen, hellen Kinderzimmer mit uns spielte; mir hatten fie draußen auf der Straße sehr gern, aber im Zimmer war sie eigentlich mir ein grauer, schmuhiger Fleck, der störte. Und sie zappelte immer so hilflos auf ihrem Stuhl herum, als möchte sie gern hinunter und dürfe nicht. Tja, in der Stube. aber unten ließ es sich gut mit ihr spielen. Sie war doch schließlich ein nettes Göhr, troß ihrer schlechten Erziehung und ihrer Schmuddlichkeit und überhaupt vielleicht war sie unten.
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Ich ging, um mit Emma Hult zu spielen, und fam erst zum Bubettgehen wieder hinauf, mit heißen Boden, aß hastig, war tod müde und furchtbar lustig, zog mich aus. Und gönnte mir gerade noch die Zeit, rasch einen stolzen Blick auf meine Käfersammlung zu werfen. Da waren sie alle, groß und steif und stumm und schimmernd, wie die Ritterrüstungen in dem Schloß, das wir einmal besucht hatten. Aber da halloh! was war denn das? Saß, lief da eine Fliege? Da bewegte sich doch etwas? Da troch doch etwas und kam nicht von der Stelle?
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Ich fühlte, wie ich leichenblaß murde und dann jäh wieder rot, wie ich schreien wollte, und wie etwas mir die Kehle zusammenpreßte, aber ich zwang mich, genau hinzusehen, nochmals es mußte ja Unsinn sein, ich mußte mich doch versehen haben, wie fönnte denn auch eine Leiche aber nein, aber nein! Da war der fleine, graue Käfer, den ich gefangen hatte, da war er, mit der Nadel, die ihm die Brust durchstach, fest aufs Brett geheftet, und lief, lief, fetzte Beinchen um Beinchen hastig auf das Brett, daß es leise schnarrte, und kam nicht von der Stelle die Nadel hielt ihn und lief und lief die kleinen Fühler taſteten hastig im Raum, die die kleinen Fühler tasteten hastig im Raum, die
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Beilage des Vorwärts
Gott, Vater soll das Brett erst finden, wenn du den Käfer totgemacht haft. Lieber Gott, ich will nie wieder einen Käfer töten... lieber Gott, mach mich fromm--
Ich wollte weinen. Es wurde ein trodenes Schluchzen. Mir war es heiß mie in einem Ofen. Und dabei war ich so müde. Meine Gedanken fanten in Halbträume. Ich träumte die oberste Schrankede vor meine Augen, das Brett darin, der Käfer lief noch immer. Und fam nicht vom Fleck... Plößlich war das Brett unser Spielzimmer gewenden, unser großes, buntes Spielzimmer. Und der graue Käfer war jetzt die schmutzige Emma Hult, die saß auf ihrem Stuhl und zappelte, als wolle sie hinunter und könne nicht. Und nun sah ich auch, waruns fie nicht tonnte: sie hatte eine Nadel durch den Leib, eine große Nadel wie ein Säbel, damit war sie an der Stuhllehne festgenagelt. Dann tam Vater und riß Emma von ihrem Stuhl loß, und Emma lief auf mich zu den Säbel im Leib... da war das Spielzimmer schon wieder das Käferbrett, und Emma Hult der graue Käfer. Der hatte sich nun doch losgemacht. Papa hatte ihn losgemacht." Papa", rief ich, aber Papa war nicht mehr Ich trat zum Brett zurück. Da lief er immer noch, fragte mit da. Der kleine Käfer tam schnell auf mich zu, wurde immer größer den sechs wildrudernden Beinen auf dem Brett, setzte sie vor und nein, nicht doch: es wurden immer mehr, es waren viele graue zurüd, unaufhörlich, strebte weg von dem Schildchen, auf dem tunst- Käfer. Krochen alle auf mich los. Hatten alle eine Nadel im Leib. voll sein Name stand:„ Gemeiner Feldlauftäfer" und fragte so Der Fußboden rauschte leise unter ihren haftigen Beinen. Immer laut! Wenn er mun, wenn er nun die andern aufweckt? Die näher, immer näher... Reiner von den großen war darunter. haben vielleicht alle bloß geschlafen oder so? Wenn der Maitäfer Gott sei Dant: nur fleine, schwache Tiere. Aber jetzt sind sie schon bet und der Hirschläfer, wenn das ganze Brett. die Käfer sind schneller. Oder Nein. Die steckten mir. Ich fliehe, laufe alle steif auf ihren Nadeln. Nur der kleine Graue lief und lief. Nein, ich kann ja gar nicht von der Stelle. Ich bin ja mit einen Warum sah ich nur immer hin? Ich wollte weggehen und großen Nadel an den Fußboden genagelt! tonnte es nicht. Wenns dunkel wäre, wenigstens dunkel- dachte ich. Sch ging vorsichtig rückwärts, die Augen aufs Brett gerichtet, zum elektrischen Kontakt, schaltete aus, atmete auf. ich sah nichts mehr. Schnell ging ich zu Bett. Nun mußte ich das vergessen. un fonnte ich das vergessen. Ich sah es ja nicht mehr!
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Dunkel
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Es war so unheimlich still im Zimmer. Aber nein δα ein ganz leises Knirschen. Alls ob jemand mit Nadeln auf Holz frakt... das das war der Käfer, bestimmt, der lief immer noch, und ich hörte es, mußte es hören.... Ich sprang wieder auf, taftete mich im Dunkeln zum Fenster, wo das Brett stand, faßte es vorfichtig, zitternd an der äußersten Kante, machte den großen Schrank auf, stellte das Brett in die oberste, hinterste, dunkelste Ecke, schloß die Schranktür ab, legte den Schlüssel unter mein Kopfkissen. Ich hörte nichts mehr. Er konnte da nicht heraus. Ich war ganz sicher vor ihm. Wieder lag ich im Bett. Bauschte auf jedes Geräusch. Nein fern, batte etwas geflirrt. So laut tann doch kein Käfer triechen! - nichts mehr. Dder doch? Da- nein. Unten auf der Straße, Aber davon bort...? Ich steckte den Kopf unter die Decke- und betete. Halbstundenlang. Lieber Gott, mach mich fromm, daß ich in den Himmel tomm. Lieber Gott, mach den Käfer tot. Lieber Gott, nimm dem Käfer die Nadel aus dem Leib. Bieber
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mas?
Die Käfer Mlettern an mir hinauf. Die Nadelspitzen, die unter aus ihren Leibern hervorragen, schrinnen über meine Haut. Wie mie wenn einer mit einer schmutzigen, harten Bürste darüberstriche heute mittag, als ich ihn nach Hause trug.... Immer höher flommen die Käfer oder waren es lauter schmutzige, graue Kinder wie Emma Hult ich wußte es nicht.... Aber jetzt war etwas auf meinen Augen, troch in mein Ohr, in meinen Mund, der zum Schrei offen war.... Da, als das Tier mit seiner Nadelspitze meine Bunge aufriß, da fonnte ich schreien, da schrie ich geängstigt, geefelt, wild, gellend.
Dann war ich bewußtlos.
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Das erste, was ich wieder hörte, waren die Worte unferes. Arztes, der an meinem Bett stand. Es war Morgen. ,, lleber standen. Kleinigkeit für so'n Kind. Bierzig Grad Fieber. Muß fich irgendwie furchtbar aufgeregt haben..." Ich schlief wieder ein. Am Abend fand meine Mutter mich wach und weinend. Mama," im Schrant steht die Käfersammlung- hier ist der Schlüssel. Mama, heulte ich zwischen Tränen und Schluchzen ,,, Mama, im Schrant nimm sie heraus, und wenn sie und wenn sie in Ordnung ist ich will sie nicht mehr. Schichst du mal nach Emma Hult, Mama? Sie soll sich alle großen Käfer holen. Ich will sie ihr schenken, Bloß den kleinen grauen, den soll sie wegtum...
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Jonathan: Der Bäckerladen
Es geschah einmal wieder, daß die Parteien des Landes aus nichtigem Anlaß heftig miteinander haderten. Da sandten ihre Führer Boten zu Sedif Alam, dem Weisen: er möge ihnen die Ursache ihrer scheinbar unüberwindlichen Streitfucht kundtun.
Sedif Alam hieß die Abgesandten warten bis zur Besperstunde, Alsdann führte er sie vor einen Bäckerladen und bedeutete fie, schweigend durch das Schaufenster zu beobachten, was sich drinnen begeben würde.
Es dauerte nur kurze Zeit, da betrat ein fleines Mädchen von zehn Jahren oder ein weniges darüber den Laden. Während die Verkäuferin, an den Brotregalen hantierend, dem Kinde beharrlich den Rücken zuwandte, nahm dieses einige Weißbrote vom Laden tisch , füllte sie in ein Körbchen und entfernte sich stumm, ohne
Geld zu hinterlegen.
Sedif Alam aber sprach zu den Abgesandten der Parteien: nun fündet mir, ihr Freunde, was ihr foeben erblickt habt?" Er hatte diese Frage faum gestellt, als ein stattlicher Mann mit weißem Schnurrbart im geröteten Gesicht heftig losbrach:
" Da haben wir den Abgrund der fittlichen Verwilderung, in den diese schmachvolle Revolution unser Volk gestürzt hat. Schon die fleinen Kinder werden jetzt von den Eltern zum Stehlen abgerichtet. Sicherlich ist der Vater dieser im Reime angefaulten Großstadtpflanze einer jener schnapsduftenden Boltsbeglücker, die in der Kneipe gegen das fluchbeladene alte Regime mettern, während sie den legten Pfennig der ergaunerten Arbeitslosenunterstügung durch die Kehle jagen. Zu Hause geht es dann mit dem Stock über die Kinder her, wenn sie nicht genug zusammengebettelt und gestohlen haben."
Anschaulich ist das Gemälde, das du uns entwarfest", lächelte Sebif Alam. Aber ihr anderen, saht ihr das gleiche?"
chend, ein Abgesandter mit rotem Knebelbart über wehendem ,, Ganz und gar nicht," mederte. erregt die flache Tolle strei Schlips.„ Ich erblickte hier vielmehr die Rehrseite einer unfittlichen Gesellschaftsordnung, die in den Läden Brot anhäuft, auf den Straßen die Massen vor Hunger verkommen läßt. Was hier ge
ist etwas ganz Anderes! Soll ich ihnen sagen, was es war? Einfach eine Foige unserer falschen sogenannten Humanität, unserer pielgepriesenen sozialen Schutzgesetzgebung. Warum stiehlt das zehnjährige Kind? Weil der, ach so fürsorgliche Staat ihm ver bietet, durch Arbeit das nötige zu verdienen. Gestatten Sie mir, dieses Kind in meinen Werkstätten zu beschäftigen! Es wird mit Leichtigkeit seine 7 Pfennige die Stunde verdienen und dann nicht mehr nötig haben, Brot vom Ladentisch zu nehmen, das es mit wohlerworbenem Gelde bezahlen kann. Aber das scheint dem heutigen Staate inhuman! Gewiß, es ist humaner, das Kind zum Dieb werden zu lassen, als es mit müglicher Arbeit zu beschäftigen!"
" Seltsam," lächelte Sedif Alam, nachdem mun alle Abgesandten fich geäußert hatten. Ein einziger Borgang hat sich hier abgespielt und dennoch sahen vier verständige Männer vier völlig verschiedene Dinge. Vielleicht könnte ich selber eine fünfte Deutung geben. Doch genug der Widersprüche! Gehen wir dem Rätsel auf den Grund, folgt mir in den Laden!"
So taten fie und Sedif Alam fragte afsbald die Verkäuferin: „ Sahest du wohl das Kind, das sich vor wenigen Augenblicken hier im Laden zu schaffen machte?"
" Gewiß," nichte die Angerebete. Durch die Spiegel an den Wänden überblicke ich jederzeit den Berkaufsraum, auch wenn ich ihm gerade den Rücken tehren muß."
aus einem Munde
„ Aber warum"-fo riefen die Abgesandten der Parteien wie bezahlen den Laden verließ, nicht sofort angehalten?" ,, haben Sie dann das Kind, als es ohne zu
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,, Angehalten ja, weshalb denn?" fragte die Verkäuferin er staunt. Es war doch meines Meisters Töchterlein, das, wie alltäglich um diese Stunde, das Vesperbrot für des Meisters Familie holte."
Da sahen die Abgeordneten der Parteien einander an und schwiegen. Sedif Alam aber trat in ihre Mitte und sprach:
„ Meldet den Parteien, die euch zu mir sandten, was ihr hier erlebtet. Und tut ihnen meine Meinung mit diesen Worten tund: Wolltet ihr euch bemühen, in euren Reden und Schriften, die Dinge erst zu erkennen, bevor ihr euer Urteil über sie fällt, anstatt ihr, ist, verloser Zwietracht geben."
winzigen, schwarzen Augenkugeln fahen, so schien mir, verzweifelt republit, in der wir leben! Wo bleibt die berühmte Sozialpolitit, fahrt, dann würdet ihr dem Bolte weniger oft den Anblick frucht
auf die bunte Umgebung ringsum, der er vergeblich zustrebte-- er lebte! Und lief...
Leib
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aber
δα
ich
" Herausnehmen, totmachen, tottreten," dachte ich, suchte die zitternde Hand zum Brett zu bewegen, erreichte es mühsam mein blasfer Finger war schon am Kopf der Nadel zögerte. Eine wahnsinnige Angstvorstellung sprang in mir auf. Wenn ich ihn jebt wegnahm vom Brett, und er würde jetzt laufen fönnen, richtig laufen, würde vorwärtskommen, mit der Nadel im immer weiter, immer näher das wäre ja noch schrecklicher! Manchmal würde er vielleicht umfallen, meil ihm die Nadel zu schwer war, und sich wieder aufrichten- nein, nein. bas ging doch nicht! Ich mußte ihn herausnehmen und tottreten fofort! Ich berührte wieder die Nadel. Aber da war wieder ein Gedanke. Eine wilde phantastische Vorstellung, die mir im Nu ganz wirklich, ganz selbstverständlich war. Wenn er herunter mar vom Brett, der Räfer, wenn er frei war, wenn auch mit der Nadel er mußte doch furchtbar böse auf mich sein, er mußte mich doch hassen dann würde er sich rächen! Ganz gewiß würde er das tun! Er würde mir behend entkommen, würde weglaufen, sich in irgend einer Ede verstecken, und nachts, wenn ich schlief, in mein Bett gefrochen tommen, mit der Nadel im Leib... Oder nein: vielleicht, wahr
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mit der man die Arbeiter zu födern sucht? Das Kind eines Er werbslosen, der seit Monaten ausgesteuert ist, wird durch den nackten Hunger zum Diebstahl verleitet! Die foziale Ungerechtigkeit und Gleichgültigkeit des Staates treiben ein unschuldiges Wesen auf die Verbrecherlaufbahn!"
„ Mir scheint doch", räusperte sich ein würdiger Herr in zugefnöpftem Rock,„ daß aus dem beobachteten Vorfall in erster Linie die sittliche Verwilderung eines gottlos gewordenen materialisti schen Zeitalters zu erkennen ist. Ohne Glauben und Sittlichkeit mächst unsere Großstadtjugend heran, die Kehrseite ist das unge gehemmte Erliegen gegenüber der Versuchung. Ist dieses Kind üter seinen Diebstahl auch nur errötet? Dachte es an das göttliche Gebot Du sollst nicht stehlen?" Fürchtete es seines Gottes strafende Hand? Wahrscheinlich hat es im Kino etwas Aehnliches nesehen und diese Handlung triebhaft nachgeahmt. Schmutz und Schund sind die Verderber unserer Jugend."
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„ Das geht doch etwas weit", feuchte schmeratmend ein Glaptopf. dem eine große Berle aus der Krawatte stand. Religion- ge wiß eine gute Sache: Aber man laffe sie bei alltäglichen Dingen aus dem Spiel. Nein, meine Herren, was wir hier gesehen haben,
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An
Das tälteste Gebiet der Erde ist das Gouvernement Jatutft, östlich des Lena- Flusses in Ostsibirien, und hier hat wieder der Ort Werchojanit im Tale der mittleren Jana die niedersten Wintertemperaturen, die jemals auf der Erde gemessen wurden. besonders falten Tagen sinkt hier die Temperatur auf fast 70 Grad, und diese furchtbare Kälte fann selbst von dem dort wohnenden Polare volk der Jakuten nur deshalb ertragen werden, meil gerade in der Periode des strengsten Frostes völlige Windstille herrscht. Die Annahme indessen, daß Werchojanst gewissermaßen den Kättepol unserer Erde bildet, hat sich, wie Prof. Baschin mitteilt, nicht bewahrheitet. Der russische Geologe Prof. Obrutschew hat nämlich weiter öftlich in dem Gebiet des Indigirta- Flusses ein bis dahin völlig unbekanntes, mächtiges Hochgebirge entdeckt, in dessen Gegend die gemessenen Temperaturen jeweils noch 4 bis 7 Grad unter denen von Werchojanit lagen. Man neigt daher der Annahme zu, daß der Kältepol" der Erde sich allmählich nach Osten hin verschiebt. Londoner
Theatern wird zurzeit ein interessanter Versuch mit neuTheaterprogramme, die im Dunklen zu lesen find. In einigen. artigen Theaterprogrammen, die im Dunklen zu lesen find, gemacht. Sie werden auf schwarzem Grund mit weißen Lettern gedruckt, und der Druckerweiße" ist etwas Phosphor beigemischt.