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Morgenausgabe 19nim

Tir. 299

A 151

46.Jahrgang

Böchentlich 85 B1, monatlich 3,60 m. im boraus zahlbar, Boftbezug 4,32 M. einschließlich 60 Big. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat.

Der Borwärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Boll und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wiffen"," Frauen ftimme". Technit". Blid in bie Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonnabend

29. Juni 1929

Groß- Berlin 10 pf. Auswärts 15 Pf.

Die einpalttge Ronpareillezette 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Kleine Anzeigen das fettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig zwet fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 403fennig. Anzeigenannahme imHaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297. Telegramm- Abr.: Sozialdemokrat Berlin  

Borwärts Berlag G.m.b.H.

Eine Antwort an Schacht.

Breitscheid   weißt seine Angriffe zurück.

Reichstagsabgeordneter Dr. Breitscheid schreibt uns: Der Reichsbankpräsident Dr. Schacht hat vor dem Reichsausschuß des Deutschen   Industrie- und Handelstages, der am Freitag in München   tagte, einen Rechenschaftsbericht über seine Sachverständigentätigkeit in Paris   abgelegt und die Gelegenheit benutzt, Angriffe gegen die Sozial demokratie und insbesondere auch gegen mich persönlich, zu richten.

Herr Schacht entrüstete sich darüber, daß deutsche Zei­tungen die Sachverständigen wegen ihres angeblichen tafti­schen Ungeschicks und der angeblichen Heranziehung politischer Momente getadelt hätten. Der Fraktionsführer der größten deutschen   Regierungspartei habe sich an dieser öffentlichen Kritik beteiligt. Diese Art von Kritik habe die Arbeit der Bertreter in Paris   schwer beeinträchtigt. Herr Schacht drüdt dann des weiteren sein Bedauern darüber aus, daß die leitenden Staatsmänner anscheinend nicht über die Möglich feit verfügt hätten, diese Angriffe einer ihnen politisch nahe stehenden Presse bis nach Beendigung der Konferenz zu ver­tagen.

Worten als Vorausfegung einer Abänderung seines Zah­lungsangebots die Rüdgabe von deutschen   Kolo: nien und die Aenderung der Ostgrenzen bezeichnet habe. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob sich der erste deutsche Delegierte wirklich so geäußert habe oder ob seine Worte mißverstanden worden seien. Ich fügte hinzu, daß der deutsche Delegierte seine Zuständigkeit weit überschritten haben mürde, wenn er die politischen Probleme der Kolonien und der Grenzrevision in der Weise in die Diskussion ge­morfen hätte, daß er von ihrer für Deutschland   günstigen Be­antwortung weitere Zugeständnisse abhängig machte. feinem Bort mar in dem Artikel von der Höhe der von Deutschland   geforderten 3ahlungen und von der Möglichkeit oder Unmöglichkeit ihrer Aufbringung die Rede. Ich habe mich durchaus darauf beschränkt, die Un zweckmäßigkeit und Gefährlichkeit einer etwaigen Hinein­ziehung rein politischer Forderungen in die Debatte über das Reparationsproblem zu fritifieren.

Mit

Bostichedkonto: Berlin   37 536.

Banktonto: Bank der Arbeiter, Angestellten

und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depofitentasse Lindenstr. 3

Durchbrechung der Zollfront.

Was die Rechtsparteien forderten und was der Reichstag  bewilligte.

Seit Monaten wird wieder über die Not der Land­wirtschaft geflagt. Die Beschwerden der Agrarier beziehen fich auf alle Gebiete der landwirtschaftlichen Erzeugnisse; im Bordergrunde steht die ungünstige Lage der Getreide­wirtschaft. Seit Anfang Mai vorigen Jahres ist der Beizenpreis nach der Berliner   Notierung von 265 M. die Tonne auf etwa 200 M. zu Ende Mai zurückgegangen. Die Getreidepreise liegen zurzeit auf etwa 10 bis 15 Proz. ober­halb der Preise der Vorkriegszeit. Dieser Preisrückgang ist vor allem durch die reiche Welternte des vorigen Jahres after deutscher Ernte noch verschärft. Da die Aussichten für verursacht worden, er wurde durch große Restbestände aus die neue Ernte günstig sind, so rechnet man damit, daß die Getreidepreise noch weiter zurückgehen werden.

Die Forderungen der Agrarier.

Bereits im November 1928 lagen dem Reichstag   An­träge der bürgerlichen Parteien vor, die eine beträchtliche Erhöhung der 3ollsäge für Getreide, Bieh, Butter, Kartoffeln, Gemüse und Obst forderten. Das zollfreie Ge­frierfleischkontingent sollte aufgehoben, das Einfuhrschein­system auf alle exportfähigen landwirtschaftlichen Erzeug­nisse ausgedehnt, der Zuckerpreis wesentlich erhöht werden. Dazu fam noch eine Anzahl anderer Forderungen, die alle darin gipfelten, den ausländischen Wettbewerb für Agrar­erzeugnisse vom deutschen   Markt fernzuhalten und die Mög­lichkeit zu schaffen, die Preise außerordentlich zu erhöhen.

Wenn der Herr Reichsbankpräsident jetzt den Eindrud zu erwecken fucht, als ob die Schuld daran, daß in Paris   feine Dazu muß zunächst gesagt werden, daß die leitenden günstigeren Bedingungen für Deutschland   herausgeholt wor= Staatsmänner" wohl in keinem Fall in der Lage gewesen den seien, wenigstens zum Teil bei mir und der von den wären, eine fachliche Kritik an dem Auftreten von Sachpers jozialdemokratischen Ministern nicht genügend gezügelten Diese parlamentarischen Forderungen wurden noch er­ständigen, die doch auf ihre Unabhängigkeit von diesen Staais fozialdemokratischen Preise liege, so mag er da- weitert durch das Einheitsprogramm, das der männern entscheidendes Gewicht legten, zu unterbinden. Dar mit vielleicht bei den Deutschnationalen einen gewissen Erfolg deutsche   Landwirtschaftsrat, der Landbund, die Bauern­über hinaus aber möchte ich der Ansicht Ausdruck geben, daß erzielen. Es fann sein, daß es ihm so gelingt, bei ihnen vereine und die deutsche Bauernschaft Mitte März 1929 auf­Der Herr Reichsbankpräsident in München   vielleicht etwas wenigstens einen Teil des Ansehens wiederzugewinnen, das gestellt hatten. Es enthielt einen lüdenlosen Roll­zurückhaltender aufgetreten wäre, wenn er meinen am ihm während der letzten Wochen der Sachverständigen- plan, der Erhöhungen für alle Arten landwirtschaftlicher Erzeugnisse umfaßte. Zur Stabilisierung der Getreidepreise 20. April im Sozialdemokratischen Pressedienst" veröffent- fonferenz mehr und mehr verloren gegangen war. Aber diese sollte ein Monopol geschaffen werden mit einem Reichs= lichten Artikel wirklich gelesen hätte. Der Artikel beschäftigte Methode, durch Angriffe auf die Sozialdemokraten die von getreiderat an der Spize. dem auch einige Verbraucher an­sich mit der von zahlreichen ausländischen Blättern verbreiteten der sogenannten nationalen Opposition geübte Kritik abgehören sollten. Die Stabilisierung des Getreidepreises und von der deutschen   Rechtspresse lebhaft begrüßten Nach- schwächen zu wollen, ist außerordentlich billig und, gelinde wollte man auf der Grundlage des erhöhten Lebenshaltungs­richt, daß Herr Schacht mit flaren und unmißverständlichen gesagt, nicht sehr würdig. inder durchführen. also ohne Rücksicht auf Gestehungskosten und Ernteergebnisse.

Der Streit um den Konferenzort.

Poincaré   besteht auf neutralem Boden.

Paris  , 28. Juni. Havas bestreitet, daß das franzöfifche Außenministerium die Antwort der franzöfifchen Regierung auf den englischen Schritt wegen der Festsetzung von Zeitpunkt und den Ort der Regierungs. fonferenz heute in London   hat überreichen lassen. Temps" zufolge wird in der Antwort erklärt, daß die französische   Regierung, ohne auf den Gründen zu bestehen, die man für eine Tagung in Paris  geltend machen könnte, fich für den Zusammentritt der Konferenz in

einer Stadt eines neutralen Landes ausspreche.

Neue Geeabrüftungskonferenz? Anregung Amerikas   in London  .

New York  , 28. Juni. Wie Herald Tribune" meldet, hat der amerikanische Botschafter in London  , Dawes, die Anweisung erhalten, Minifier­präsident Macdonald mitzuteilen, daß die Bereinigten Staaten bereit sind, sich an einer Seeabrüstungstonferenz zu befeiligen. Diese Konferenz fönne entweder für sich oder im Rah men der schon beftehenden Organisationen des Bölferbundes statt. finden. Die Entscheidung darüber foll Macdonald treffen.

Der aussichtslose Schritt.

Paris  , 28. Juni.  ( Eigenbericht.) Im weiteren Verlauf seiner Erklärungen vor den Kommissio

T

Poincaré über den Young Plan und betonte die Bereit nen der Finanzen und des Aeußeren sprach Ministerpräsident willigkeit Frankreichs  , die zu einer allgemeinen Einigung nötigen Opfer zu bringen, wenn auch die anderen Regierungen den Young- Plan annehmen würden.

Die Entrüstung der französischen   Deffentlichkeit über die Hartnäckigkeit des amerikanischen   Gläubigers hat in der Sigung der Kammer in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag zu einer Gefühlserplosion geführt, wie sie in ihrer Maßlosigkeit nur in Frankreich   möglich ist. Plöglich und unvermittelt sieht sich die Regierung von einer überhigten Boltsvertretung ersucht, die Ber einigten Staaten um hinausschiebung des Verfalltermins der Han delsschuld von 400 millionen Dollar zu ersuchen. Poincaré   hat

bereits am Freitagmorgen Briand   gebeten, dem französischen   Bot­schafter in Washington   die nötigen Instruktionen zu fabeln. Das Ergebnis ist von vornherein sicher: man wird in Washington   auf einen so stürmischen Appell nicht reagieren, in Frankreich   wird das als Demütigung empfunden werden und schließlich die beiderseitige Gereiztheit verschärfen. Die französische  Regierung muß sich alsdann erst recht in die Zwangslage perfetzt feben zu ratifizieren mit oder ohne Young Plan! Diese ein fachen Erwägungen sind in der Kammer bisher allein von der fozialistischen Fraktion vertreten worden.

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Staatsrat nimmt Konkordat an. Mit 44 gegen 36 Stimmen.

Der Preußische Staatsrat hat mit 44 Stimmen der Sozial­demokraten, Demofraten und des Zentrums gegen 36 Stimmen der Arbeitsgemeinschaft und Kommunisten bei einer Stimmenthaltung den Staatsvertrag zwischen der preußischen Staatsregierung und der Kurie angenommen.

Bürgerblock in Mecklenburg  . Bon der Deutschen Volkspartei   bis zu den Nationalsozialisten Schwerin  , 28. Juni.  ( WTB.)

Bie aus bestunterrichteten parlamentarischen Kreisen verlautet,

Stoalitionsregierung in Mecklenburg   zwischen allen rechts find gestern Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer bürgerlichen gerichteten Graftionen: der Nationalen Einheitslist e, der Nationalsozialisten und dem Bauernbund, auf­genommen worden. Es besteht berechtigter Grund zu der Annahme, daß sich bei diesen Fraktionsgruppen a um Differenzen grundsäglicher Art im Verlauf der Unterhandlungen ergeben werden. Daher kann mit einem erfolgreichen Ergebnis der Koa litionsbestrebungen gerechnet werden.

Einem aus diesen drei Fraktionen der Rechten gebildeten Re­gierungsblod, welcher 26 Landtagsabgeordnete hinter sich hätte, würde eine Opposition von 25 Abgeordneten der Mitte und der Linten gegenüberstehen.

Die Beratungen des Sachverständigenausschusses.

Der Reichsernährungsminister hatte zur Klärung der Fragen der Getreidewirtschaft einen Sachverständigen­ausschuß eingefeßt, dem auch drei Vertreter der Sozial­demokratie angehörten. Ueber die grundsätzliche Frage, ob Zollerhöhungen ein zweckmäßiges Mittel seien, um aus­reichende und für die deutsche   Volkswirtschaft erträgliche Ge­treidepreise herbeizuführen, waren die Ansichten der Aus­Schußmitglieder geteilt. Dagegen war die Mehrheit des Aus­schusses, zu der auch die Sozialdemokraten zählten, der Mei­nung, daß eine zentralisierung des Handels mit Ge­treide- und Mühlenprodukten durchgeführt werden müsse, um den inländischen Getreidepreis gegen alle unerwünschten Schwankungstendenzen des Weltmarktes abzuriegeln und einen für Erzeuger und Verbraucher erträglichen und nur noch in mäßigen Grenzen schwankenden Getreidepreis zu sichern. Der Ausschuß hat auch einen Gesetzentwurf über das Getreidemonopol ausgearbeitet. Jedoch fonnte über die Preisfrage feine Einigung erzielt werden, da die drei Vertreter der Sozialdemokratie erklärten, daß der von der Landwirtschaft geforderte Preis für die Verbraucher nicht tragbar fei.

Die Bollfämpfe im Reichstag.

Wochenlang ist dann in den Ausschüssen und im Plenum des Reichstags heftig darum gefämpft worden, in welchem Umfange den agrarischen Zollforderungen Rechnung ge­tragen werden solle. Die Lösung dieser Frage wurde noch dadurch erschwert, daß zollpolitische Maßnahmen nicht nur innerwirtschaftliche Bedeutung haben, sondern auch in das Gebiet der Handelspolitit hinübergreifen. Die Sozialdemokratie war in einer äußerst schwierigen Situation, denn bei den Verhandlungen stand ihr zu Anfang eine ge= schlossene Front von Bertretern einseitiger Agrarinteressen Demokraten   erstreckte. Dagegen sind bei den bürgerlichen. Parteien die Vertreter allgemein volkswirtschaftlicher und gegenüber, die sich von den Deutschnationalen bis zu den politischer Interessen sehr spärlich vertreten. nisten haben, wie gewöhnlich, völlig versagt.

Die Kommu­

Um so höher ist es deshalb einzuschäzen, daß es der Sozialdemokratie gelungen ist, die agrarische Zoll­front zu durchbrechen und damit die sonst drohende Berteuerung der Lebenshaltung der breiten Massen zu ver­hindern. Die Sozialdemokratie hat einen zähen Kampf gegen jede einzelne dieser Forderungen geführt. Nicht umsonst be­fchuldigt jezt die Rechtspresse den Reichstag  , er habe unter dem Druck der Sozialdemokratie gestanden, und die bürger­lichen Regierungsparteien, sie hätten sich sozialdemokratischem