Einzelbild herunterladen
 

Sonntag

30. Juni 1929

Dan Bergman:

Unterhaltung und Wissen

Das elektrische Lichtbad

Eduard Svensson fam eines Tages zu einem seiner Freunde, dem hervorragenden jungen Elektrotherapeutiterman laffe fich, bitte, nicht durch das schwierige Wort abschrecken, man wiederhole es fünfzigmal hintereinander, dann geht es leichter-, also Elektro­therapeutiker Johannes Lundberg.

Gesundheitlich fehlte Eduard Svensson nicht das geringste, er tam nur, um sich 100 Kronen zu pumpen. Als ihn aber Doktor Lundberg fragte, wie es ihm ginge, murmelte er etwas von einer böjen Erfältung. Es macht nie einen guten Eindruck auf einen

jungen Arzt, zu hören, daß es einem gut geht.

Und Eduard Svensson wünschte, einen guten Eindruck auf Dottor Lundberg zu machen.

Ausgezeichnet, ausgezeichnet!" sagte Doktor Lundberg. ,, Dann mußt du ein elektrisches Lichtbad nehmen. Ich habe gerade heute den Badeschrank bekommen. Da in der Ecke steht er. Zieh dich aus!"

Eduard Svensson schielte nach dem großen, massiven Bade­schrank, der beinahe wie ein Geldschrank aussah, und dachte an den Hundertfronenschein.

,, Dante sehr," sagte er, heute nicht... Ich bin eigentlich nur zu dir gefommen, um

Ach was, ziere dich nicht, zieh dich aus!". Und Doktor Lund­berg riß die Badeschranktür auf und zeigte ihm das Innere, mit dem Stuhl auf dem Boden und den Wänden, die mit einer Unzahí von Glühlampen tapeziert waren. Eduard Svensson verspürte feine Luft.

,, Nein, ich habe teine Zeit," sagte er. ,, würdest du vielleicht..." ,, Es dauert nur zehn Minuten. Du wirst sehen, wie gut es gegen deine Brustschmerzen ist. Siehst du!"

Und Dottor Lundberg knöpfte Eduard Svensson die Weste auf und riß ihm die Stiefel und den Kragen vom Leibe. Was sollte Eduard Svensson hin? Er mußte herhalten, des blauen Lappens wegen.

Einen Augenblid später stand er fafernact in seiner ganzen männlichen Schönheit da, mit der behaglichen Rundung des feinen Bäuchleins, die die sonst etwas edigen Konturen in angenehmer Art unterbrach. Doktor Lundberg schob ihn mit sanfter Gewalt in den Badeschrank, machte die Tür zu und legte den Deckel drauf, d. h. sein Kopf ragte durch ein passendes Halslich heraus. Und dann trehte er an einem Griff und gab dem Strom freien Lauf. Ist es nicht wunderbat?" sagte er salbungsvoll. ,, Ja, es war wirklich ganz schön. Eine angenehme Wärme von

Einen Augenblick sah es allerdings so aus, als wenn der Spik­bube die Absicht hätte, die Büste herunterzunehmen, aber dann hielt er es glücklicherweise für unnötig und sing an, den Badeschrank energisch mit seinen Dietrichen und Brecheisen zu bearbeiten; aber der Schrank war absolut einbruchssicher. Der Spizbube fam nicht vom Fleck. Eduard Svensson überwachte die Arbeit mit größtem Interesse. Der Spizbube bog und brach und stöhnte, aber alles war vergebens. Schließlich hatte er die ganze Geschichte satt und setzte sich auf die Linoleummatte und machte sich seine Fingernägel mit

dem Brecheisen rein.

Da wurde Eduard Svensson aber böse. Er konnte sich nicht länger beherrschen. Er rief:

,, Was ist das für eine verdammte Schlappheit! Machen Sie doch die Sache ordentlich!"

Der Spizbube wurde sofort zu einem Kriminalirren und stürzte laut brüllend in die Nacht hinaus.

Das Gerücht von Doktor Lundbergs Kollision mit der Elet­trischen und dem Einbruch in seiner Wohnung und Eduard Svenssons Einsperrung in dem elektrischen Badeschrank verbreitete sich in der Hauptstadt schnell.

Schon am nächsten Vormittag stand ein Berichterstatter mit Feder und Notizblock vor dem Badeschrank und schrieb im Schweiße seines Angesichts und interviente Eduard Svensson. Er mußte ihn jedoch vorher durch Einschaltung des milderen Stromes auftauen; er mar nämlich ganz steif gefroren.

Eduard Svensson mußte alle Umstände genau erzählen, seine Eindrücke im Badeschrank eingehend schildern und ein paar bio­Eindrücke im Badeschrank eingehend schildern und ein paar bio graphische Angaben über sich selber und seine Familie machen.

Darauf stellte der Berichterstatter seine Kamera ein und ersuchte Eduard Svensson, recht unglücklich auszusehen und eine möglichst unangenehme Stellung im Badeschrank einzunehmen. Und dann inipfte er ihn troh seines lebhaften Protestes.

Dann holte der Berichterstatter einen Schlüssel aus der Tasche den Badeschrankschlüssel. Er wur natürlich schon im Krankenhaus gewesen und hatte Doktor Lundberg intervient, obgleich das Re­fultat ziemlich fläglich ausgefallen war, weil der Doktor noch immer bewußtlos mar.

Und jetzt wollte er in die Irrenanstalt und den Kriminalirren interviemen. ( Aus dem Schwedischen von Age Avenstrup und Elisabeth Treitel.).

Beilage

des Vorwärts

bataillene der Soldatenfriedhöfe. Alle find äußerlich gut erhalten: denn Freund" und Feind", was vor kurzem noch Leben und " Tod" bedeuten fonnte es sind gewichtlose Begriffe geworden. Von ihnen allen hat man dennoch( oder deshalb?) den Eindruck des Verbleichenden, Vermorschenden, längst nicht mehr Gegenwärtigen. Bis zum Gespenstischen sind sie Bergangenheit geworden. Von den Amerikanerautos, die vorübertosen, sehen talte, gefühllose, besten­falls neugierige Augen darauf nieder, die trotzdem im Recht sind: denn sie sehen Reliquien, ein Stück völlig abgeschlossener, erledigter istorie, genau wie das auch die Burgen am Rhein   oder die Pyra­miden Aegyptens sind. 13

Die Unfummen menschlichen Leidens freilich, deren stumme 3eugnisse hier gehäuft sind, sie ist ja noch feineswegs getilgt; auf

beiden Seiten der Grenze weinen ja heute noch Witwen, friechen Krüppel umher, suchen Waisen ihren Vater. Und ihr Leid wird nicht im mindesten dadurch gelindert, daß das Fahnentuch, das auf den Dächern der Hotels flattert, heute eine andere Farbe hat als vor fünfzehn Jahren.

Ein altägyptischer Arbeiter

In Oryrynchus in Mittelägypten  , westlich vom Nit, sind kürzlich mertvolle Papyrusdokumente gefunden worden, die einen Einblick in das mühevolle Leben eines altägyptischen Arbeiters zur Zeit Chrifti gewähren. In diesen Dokumenten wird Tryphon  , ein armer Weber, der im Jahre 8 unserer jezigen Zeitrechnung geboren wurde, als Mann von mittlerer Größe, mit hagerem, honiggelbem Gesicht und auf einem Auge schielend geschildert. Die Webergi frug damals nicht viel ein und war außerdem noch mit einer hohen Gewerbe­Steuer belastet. So hatte Tryphon schon als 14jähriger Arbeiter Drachmen( 6 M.) Steuern zu zahlen, die sich in späteren Jahren auf 36 Drachmen( 30 M.) steigerten, eine ganz bedeutende Summe, wenn man sich die weit höhere Kauftraft des damaligen Geldes vergegenwärtigt. Daneben hatte er noch 12 Drachmen( 9,60 m.) Kopfsteuer zu zahlen, 2 Drachmen( 1,60 m.) für die paar Schweine, die er sich hielt, und 6 Drachmen( 4,80 m.) Dammftener, um sich von den Arbeiten an den Nildämmen in der glühenden Hize Aegyptens   loszukaufen. Mit 29 Jahren ging er eine Probeche mit einer Frau, Namens Sarraeus, ein, die ihm 40 Dradymen( 32 M.) baares Geld in die Ehe brachte, dazu für 12 Drachmen( 9,60 m.) Kleider und ein Baar Ohrringe im Werte von 20 Drachmen( 16 m.). In dem Ehevertrag war ausgemacht, daß das in die Ehe mit­gebrachte Geld zurückgezahlt werden solle, wenn die Ehe sich nicht bewährte sollte die Frau dann schwanger jein, so werde Tryphon ihr Alimente zahlen.

Gifſerſucht einer den

45 Grab rieſelte durch Eduard Svenssons Körper. Und dann fing Renter Dolomiten  - Notizen the fetidtichen Brobeebe perlaffen und ihm nody

das Schwitzen an. Wenn man nadt ist, ist das Schwitzen gar nicht so unangenehm. Und als der Schweiß ihm auch über das Geficht zu laufen anjing, mischte ihn Doktor Lundberg mit seinem eigenen Taschen­tud ab er feiber fonnte nicht heranreichen und behandelte ihn mit so rührender und wohlwollender Sorgfamkeit, daß er ohne Zögern mit dem eigentlichen 3wed seines Besuches herausrückte.

-

,, 20ber bitte sehr, mit dem größten Vergnügen, wenn ich dir mit so wenig dienen tann!" sagte Doktor Lundberg, blätterte in seiner Brieftasche und zog den großen Schein heraus.

,, Aber allerdings," fügte er ein bißchen zögernd hinzu, das Bad tostet 20 Kronen, also fannst du nur 80 Kronen bar bekommen. Einen Augenblick, ich muß erst wechseln gehen!"

Und Dottor Lundberg stürmte die Treppen hinunter und raste über die Straße und follidierte mit einer Elektrischen und wurde ( im Krankenwagen) ins Krankenhaus gebracht.

Und Eduard Svensson wartete. Er wartete eine Biertelstunde, er wartete eine Stunde, er wartete zwei. Und die ganze Zeit schmigte er. Aber warum in aller Welt stieg er, nicht heraus? Der' Badeschrank war von außen zugeschlossen. Gott  , wie er flopfte und rief und spettafelte und fluchte!

Aber er wagte nicht ,, mit den Füßen zu stoßen; er hatte Angst, an die Glühlampen zu tommen. Und die ganze Zeit schwitzte er. Der Schweiß tropfte förmlich von ihm herab. Er freute sich nur über sein Stelett; das war immerhin etwas Festes, auf das man sich verlassen fonnte. Alles andere hielt er für verloren. Das behagliche kleine Bäuchlein. war schon weiter nichts als eine Rute.

Endlich, spät abends, fam Doktor Lundbergs Aufwartefrau. Da war Eduard Svensson so matt, daß sein Kopf mit dem Kinn auf dem Rand des Deckelloches lag. Aber die Anwesenheit der Auf­wartefrau belebte ihn, und er förderte sie leidenschaftlich auf, die Schranktür aufzumachen. Aber die Aermfte! Sie hatte ja feinen Schlüssel, der paßte. Der einzige Schlüssel, der paßte, war Doktor Lundbergs Schlüsselring befestigt, und der Schlüsselring war in Dottor Lundbergs Hosentasche, und Doktor Lundbergs Hosen befanden sich im Krankenhous.

an

Und kein Mensch ahnte es, daß sie sich da befanden! Da bat sie Eduard Svensson weinend, wenigstens den Strom auszuschalten. Das tat fie, so gut sie konnte, und drehte natürlich den falschen Knopf und öffnete die Schleuse eines Stromes, der bedeutend schlimmer war als der erste.

Die Hize im Schrant stieg auf 80 Grad, und Eduard Svensson schrie laut auf und fing an, brenzlich zu riechen. Aber wie die Aufwartefrau auch experimentierte, es gelang ihr schließlich wirklich, fämtliche Ströme auszuschalten, und Eduard Svensson fühlte sich fast glücklich.

Daß man in Situationen geraten fann, in denen man sich glücklich fühlt, obwohl man in einem Badeschrank eingeschlossen ist! Aber die Nacht senkte sich über Eduard Svensson, und die Auf­wartefrau verließ ihn, nachdem sie ihn mit Doktor Lundbergs auf gewärmteni Kohl gefüttert hatte, und das Dasein wurde dem armen Mann wieder bitter, als er in dem jetzt ganz dunklen Badeschrank saß, der immer mehr den Charafter eines Eisschrankes annahm, und immer noch auf Doktor Lundberg wartete.

Mitten in der Nacht hörte er schleichende Schritte im Entree, und dann wurde die Tür zu Dottor Lundbergs Operationszimmer geöffnet. Eduard Svensson wollte gerade mit einer Mischung von Freude und But rufen: Go, endlich fommst du, du Spizbube!", als er bei dem plöglichen Schein einer Blendlaterne entdeckte, daß er einen wirklichen Spizbuben vor sich hatte, einen Berufs­einbrecher. Gräßlich, wie unrasiert der war!

Der Spizbube näherte sich dem Badeschrank. Er hielt ihn ver­zeihlicherweise für einen Geldschrank. Eduard Svensson war ge­spannt, was der Spigbube wohl tun würde, wenn er seinen Kopf auf dem Schrank entdeckte. Aber der Spitzbube nahm weiter feine Rotiz von ihm. Er hielt ihn wahrscheinlich für eine Broncefigur.

Richter:

Ein altdeutsches, ein gotisches Land. Die Senfrechte herrscht wie in einem Dom. Die Wälder, der straffe Wuchs der Tannen neben dem zartwehenden Schleierbehang der Lärchen beide in ihrer Struktur so verschieden und so verwandt wie Mann und Weib sind Ausdruck des gleichen Willens: des steilsten Aufwärts. Eben deshalb sind auch die Seen in diesem Gebirge so überraschend, wirken so als Seitenheit und Kleinod: weil sie wagerechte Fläche sind.

-

Nicht anders jenseits der Baumgrenze die Felsenwelt. Dieser vollendet unglaubhafte Aufbau des rosaweißlich grauen Gesteins, diese wie durch unerbittlich senkrecht geführte Schnitte zerspaltenen Koloise, dies ganze steile, zerzadte Werf, es steht wie maßlos über­triebene Türme und Fialen gotischer Phantasien da.

Wem sich mit dem Worte Berg  " der Begriff episch breiter Lagerung, weit ausschwingenden Umrisses verknüpft, der muß in den Dolomiten umlernen. Das stürmische, herrische, rebellische Auf­wärts diejer Landschaft ist das Dramatischste, das sich denten läßt. Unheimlich lebendig, aktiv, erregend sind diese Gipfel, in manchen Augenblicken überraschend menschlich sogar: im Regendunst drängen fie fich eng aneinander wie Gruppen von Berschwörern; in der Mit tagsglut wiederum geht ein fanatisches Glizern von ihnen aus wie von Riesen in Panzerhemden. Wer sie besteigt, fühlt sich darum zum Kampf mit ihnen mehr genötigt als gelockt.

*

Auch die Menschen in den beengten Tälern, auf den einsamen Bergwiesen zeigen Gesichter des alten Deutschland  , des ausgehen den Mittelalters. Es sind noch Dürers Modelle mit dem derb einfältigen( für den oberflächlichen Betrachtter: treuherzigen) Außen und dem dahinter verborgenen Feuer vollkommener Unberechen­barkeit. Ein wenig davon läßt sich" ahnen, wenn etwa Sonntags in einem Dorfwirtshaus plötzlich wie Hagelwetter eine Schar Bur­schen und Mädchen hereinbricht; dann erhebt sich unter maßlosem Schenkelschlagen und Händeklatschen ein Tanz von unbändigiter Wildheit, um so auffälliger, als die Feiertagstracht der Mädchen, der überlange Rod, die bis an die Dhrläppchen reichende lang ärmelige schwarze Taille von betontester Keuschheit ist. Nun aber verdunkeln sich die niedrigen Fenster, wenn die Tänzerinnen bis zur Dede emporgehoben werden; Dugende von Gläsern flirren im Taft; Flaschen blauroten Weins leeren sich in Gefunden. Und gleich darauf stapft die ganze Schar schon wieder hinaus, fchwingt sich auf den langen Leiterwagen, der fie gebracht, die Peitsche schwirrt, die Harmonika wimmert und die schweren Pustertaler Rosse ziehen ihn zum nächsten Wirtshaus.

Auch diese Rosse mit stolz gebogener Nase, breiter Brust, furzem gedrungenen Leib sind die gleichen, die Dürer   zeichnete; es sind die Turnierpferde Maximilians, dessen Gebetbuch er illustrierte; es ist das Tler, auf dem der Ritter zwischen Tod und Teufel mutig da­hinzieht. Man trifft sie heute, Mutterpferde und Fohlen, ganz frei in den Wäldern umherstreifend; fie rupfen am Moos und Gras, schlürfen am heißen Tag aus den Brunnentrögen des ersten besten Bauernhofs und liegen nachts ruhig schlafend im Mondschein.

*

Auf den Fremden, gewiß, wirft sich dies alles wie Berzaube rung, sofern er nicht gerade in einem der sechsstödigen Globetrotter rung, sofern er nicht gerade in einem der sechsstödigen Globetrotter hotels figt, die ihre Gäste gegen das Land absperren und gleichsam immunisieren. Auf nicht wenige Großstadtlungen allerdings wirft die höchft perdünnte Luft beunruhigend, erregend, aushöhlend, krisenhaft. Es stellt sich dann unüberwindlich der Drang zum Steigen ein, zur Flucht in die Höhe. Wer ihm nicht nachgeben tann, trägt leicht eine wirkliche fieberische Störung davon. Mancher wird fie nie los und fährt in die trübe Luft der Ebene zurück, obschon fie ihm wie mit Battebäuschen in die Kehle bringt. Wer aber steigt, genießt die ganze Erquidung eines ständig zunehmenden Tüchtig. feitsgefühls.

Fremd stehen nur an manchen Berghängen die fahlen Holzkreuz

Auf diese Ehe, die sich übrigens recht glücklich gestaltete, fiel ein Schatten durch die Frau Demetrus, die armén Weber nach einer unglücklichen noch einen Teil seines Hausrats mitgenommen hatte. Eines Abends machte sie, von ihrer Mutter begleitet, die nach den Prozeßatten das Muster einer giftigen Schwiegermutter gewesen sein muß, einen Mordversuch auf Sarraeus, wegen dessen sie zwar verurteilt wurde, der sich aber trotzdem bald darauf wiederholte. Seit jener Zeit wurde Tryphon Weiberfeind, und er vermied nicht nur jeglichen Ber­fehr mit anderen Frauen, sondern sogar den mit seiner Mutter.

Die finanziellen Verhältnisse Tryphons scheinen in jener Zeit recht beschränkt gewesen zu sein. Die hohen Abgaben bei den ge­ringen Einnahmen zwangen ihn, als ihm ein Sohn Apion   geboren wurde, noch ein Pflegefind ins Haus zu nehmen, für dessen Ver­pflegung ihm 16 Drachmen( 12,80 m.) gezahlt wurden. Das Bilege find starb aber bald und nun bemächtigten sich dessen Eltern einfach des Kindes Tryphons, das ihnen dann aber Sarraeus wieder mit Gewalt entriß. Nun kam die Sache vor Gericht und wenn den Eltern Tryphon auch der kleine Apion wieder zugesprochen wurde, jo wurde ihnen doch die drückende Verpflichtung auferlegt, das Bilegegeld zurückzuzahlen. Im Alter von 44 Jahren wurde Tryphon ein zweiter Sohn, Thoonis, geboren, und im gleichen Jahre würde er, der sich am Webstuhl halbblind gearbeitet hatte, pon den römischen Behörden für militärfrei erklärt. Kurz darauf scheint er auf irgend­eine Weise, vielleicht durch den Tod der Mutter, zu einem hp­scheidenen Besitz gelangt zu sein, der ihm den Kauf eines eigenen Webstuhls für 20 Drachmen( 16 M.), wodurch er endlich selbständig wurde, und eines kleinen Häuschen für etwa 200 Drachmen( 160 M.) ermöglichte. Aber aus allem, was sich aus den Kaufalien des Hauses ergibt, scheint Tryphon trotzdem fein jorgenfreies Dasein geführt zu haben. In harter Arbeif von Kindesbeinen an hatte er eine Gesundheit untergraben, aber ausdrücklich wird hervorgehoben, daß er ein Mann von strenger Ehrbarkeit und Rechtlichkeit gewesen fei und nur für seine Familie gesorgt und gearbeitet habe.

Noch einmal wird der Name Tryphons erwähnt, im Jahre 66 n. Chr., als der damals Achtundfünfzigjährige mit einem Weber Ptolemäus  , dem er seinen zweiten Sohn Thoonis in die Lehre gab, einen Bertrag schloß, durch den er sich verpflichtet, für die Er­nährung desselben monatlich 5 Drachmen( 4 M.) und für dessen Kleidung jährlich 12 Drachmen( 9,60 m.) zu zahlen. Ueber die späteren Lebensjahre und den Tod Tryphons ist in den Akten nichts enthalten.

Die Entwicklung der Alpenstraßen Straßen und Bässe der Alpen ziehen, ist es nur mit einem gemisjien Für die Scharen, die in den kommenden Ferienwochen über die Aufwand von Phantasie vorstellbar, daß vor nicht viel mehr als einem Jahrhundert die Ueberquerung der Alpen   noch beschwerlich und auf menige Bäffe beschränkt war. Zwar sind die Alpen Iden in vorrömischer Zeit auf einigen Baßwegen überschritten worden; schon 388 v. Chr. gingen die Gallier unter Bellovesus über den Brenner oder den Kleinen St. Bernhard, während Hannibal   wahr­scheinlich den Col de la Seigne benuzte. Unter den römischen Kaisern waren nach und nach 17 Pässe gangbar geworden, von denen der Mont Genèvre, der Große St. Bernhard   und der Brenner die wich­tigsten waren. Nach der Zusammenstellung im Großen Brockhaus beherrschten dennoch bis ins Mittelalter, der Große St. Bernhard  und der Septimerpaß, deffen einstiger Saumweg heute taunt noch zu erkennen ist, fast allein den Berfehr, und erst im 13. Jahrhundert murde auch der Weg über den St., Gotthard erschlossen. Auf diesen Paßwegen zogen die deutschen   Kaiser nach Italien  . davon 66mal über den Brenner. Nach dem Berfall der alten Römerstraßen war fogar die Straße über den Septimer allein für Bagen befahrbar, und erst 1772 wurde wieder der Brenner  , 1782 der Col die Tenda und 1786 der Arlberg notdürftig für den Wagenverkehr hergerichtet. Napoleon 1  . ließ dann für seine Truppen die Straßen über den. Simplon, den Mont Genèvre und den Mont Cenis erbauen und gab dadurch den Anstoß zur Entwicklung des Nezes fahrbarer Alpen­straßen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.