Mittwoch
3. Juli 1929
Unterhaltung und Wissen
Henry Hellssen: La Bella Aragona
( Schluß.) VI.
Schicksal zu beklagen, das sie nun zwang, den Traum mit der Wirt. lichkeit zu vertauschen. Don Fernando milligte ein, zurückzukehren mit
Beilage des Borwärts
zuführen imftande war. Die anderen in der Gruppe hatten nichts bemerkt.
Dolores wollte gerade stammeln, sie würde das Geld schicken, sobald sie an die Grenze Silvaniens gefommen wären, aber der Eisenbahnbeamte hatte schon die Hand eintassierend ausgestrect: ,, Sie verstehen," sagte er ,,, der Salonmagen sollte eigentlich schon Die Bestimmung schreibt vor
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Dolores und Miguel überbrachten Don Fernando das Tele. Rücksicht auf seine Umgebung. Seine Umgebung verließ Benedig als plöglich Miguel, dessen Blick wieder zu La bella Aragona man
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- fie stammte aus dem gramm. Selbst Donna Christina Isabella Hause Habsburg hatte sich aus dem blauen Salon in den Staatsratsjaal loden lassen. Sie stand an der Seite ihres Gemahls unter Tiepolos Deckengemälde und schob das starfe Kinn, das Merkmal ihres Geschlechts, noch weiter vor. Das Telegramm war sehr lang. Don Fernando fonnte darin feinen Zusammenhang finden, und Dofores mußte es ihm vorlesen. Es enthielt eine Aufforderung der provisorischen Regierung Silvaniens, so schnell wie möglich zu kommen und den Thron zu besteigen. Es wurde nur eine Bedingung gestellt: Don Fernando mußte versprechen, niemals an der bestehen. den Berkehrsordnung zu rütteln.
Er nahm nun die Stellung ein, die sein Ururgroßvater, der große Feldherr, auf historischen Bildern hatte, und wandte sich an Delores:
,, Das ist ein großer Augenblid. Sie, Ihre Hoheit, werden selbst verständlich wieder in die Rechte der Altavilla eintreten."
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Don Fernando wandte ohne seine Denkmalsstellung zu den Kopf Miguel zu:
ändern
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,, Die Campoamor haben meinem Hause während der Berbannungsjahre treu gedient. Ich wünsche Ihrer Hoheit einen Beweis meiner Gnade zu geben. Haben Sie einen Wunsch, dann bringen Sie ihn vor
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Miguel, in dessen Hirn nur ein Ding Platz hatte: seine augenblickliche Verliebtheit, neigte sich tief vor Donna Christina Isabella: Ich bitte um die Erlaubnis, Ihrer Majestät die große Künfte lerin vorzustellen, die sich augenblicklich in Venedig aufhält: La bella Aragona."
Donna Chriftina Isabella sandte ihm einen tödlichen, aber stummen Blick, drehte sich um und schritt in einer Gangart aus den Saal, die sie nicht angewandt hatte, seitdem sie in der Prozession der Erzherzoginnen das blanke Parkett der Burg beim Hofball gewandert war,
VII.
In Don Fernandos Namen sandte Dolores ein Telegramm an Gilvaniens provisorische Regierung: Seine Majestät ginge auf ihre Bedingungen ein und würde schon am nächsten Tage Venedig verlaffen. Das Telegramm verschlang das letzte Geld aus dem abgenugten, fleinen Portemonnaie der Herzogin von Altavilla .
Plötzlich erschollen Rufe vom Kanal her. Viele Gondeln legten gleichzeitig vor den umspülten Treppen des Palazzo Loredan an. Die Herren der Weltpresse stürmten das Haus. Filmoperateure stellten ungeniert ihre Müdenbeine in dem Staatsratssaal auf. Photographen mit gewöhnlichen Kameras, die sie frech vor die Raje des fünftigen Herrscherpaares von Silvanien hielen, fnipften los. Magnesiumbomben explodierten. Die Korrespondenten schrien durch. einander, und Don Fernando fagte zu allen:
Das ist ein großer Augenblid!"
Is wieder etwas Ruhe im Palast herrschte, ging Dolores zum Herzog von Campoamor, Miguels Bater, hinauf, um mit ihm in seiner Eigenschaft als Oberster Hofmarschall zu besprechen, was jetzt zu tun wäre. Miguel selbst mar in Richtung des Grand Hotel" und der bella Aragona verschwunden.
Es stellte sich heraus, daß das Hofzeremoniell im Hinblick auf den großen Hofstab und die reichen Mittel, die im Anfang der Berbannung im Balazzo Loredan vorhanden waren, ausgearbeitet war. Der erste Bunft des Programms war ein Tedeum und ein Danfgottesdienst in der Haustapelle... aber Dolores hatte schon hier ihre Bedenken: Der eigene Kaplan und Beichtvater des Hofes, der liebenswürdige Pater Bedro, war findisch geworden und flocht das lektemal, als er die Messe las, teine scherzhafte Bemerkungen über die Anwesenden ein, nannte Don Fernando Kaiser Nero und forderte Donna Christina Isabella auf, das Kinn einzuziehen. Man wollte sich nicht einer Wiederholung der Katastrophe aussehen. Der nächste Punkt war eine Galatajel. In dem Keller des Balaftes lag Wein, den eine Deputation von Fernandisten als es melche gab von Silvaniens Bergen überbracht hatte: Der Wein sollte erst getrunken werden, wenn die Stunde der Heimkehr schlüge. Man fonnte sich jedoch nicht mit Wein begnügen. Man benötigte auch etwas zum Essen. Dolores begriff: es mußte gehandelt werden.
VIII.
Zuerst telephonierte sie an den Bahnhof und bestellte einen Salonmagen, der am nächsten Bormittag an den Schnellzug über Mailand angehängt werden sollte. Dann ließ sie aus einem Geschäft am Rialto Wachslichter, gebratene Hühner, verschiedene talte Paste ten, Obst und Gebäck nach dem Palazzo Loredan schicken. Sie zog ihr einziges Abendkleid an, mit dem sie immer ins Theater ging: es war schwarz, ohne Aermel und sehr einfach... Miguel hatte sie nie darin gesehen, aber sie wußte aus der Art, womit andere Männer sie betrachteten, daß es sie kleidete.
Man ging zu Tisch unter Beobachtung strenger Etikette, 3um ersten Male seit langer Zeit lag etwas in den Silberschüsseln. Don Fernando erhob beim falten Huhn sein Glas und trant auf das Wohl des Vaterlandes. Alles war aufgestanden und trant mit, und es sah aus, als ob die Bofale mit den gefrönten Monogrammen mit bitterer Medizin gefüllt waren. Der Wein, der erst zur Stunde der Heimkehr auf den Tisch kommen solite, hatte zu lange gelagert: er war jauer geworden!
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Miguel nahm nicht an der Tafel teil. Er stand in den Kuliffen im„ Teatro Malibran " und sog La bella Aragonas Parfüm ein, mährend sie nur wenige Schritte von ihm im Rampenlicht das Lied von dem sündhaften Mädchen sang, das der Madonna Blumen bringt. Es war ihr letztes Auftreten in Venedig . Im Palazzo Loredan war man so taftvoll nach dem kleinen, bedauernswerten Incident am Nachmittage gar nicht zu fragen.
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IX.
Dolores stand am Fenster und sah auf den Canale Grande hincus. Es war am nächsten Morgen. In dem Palast herrschte die Verwirrung des Aufbruchs. Don Fernando empfing gerade unter Tiepolos Dedengemälde den Bräfetten von Benedig, der sich verabschieden und die guten Wünsche der Stadt für die Zukunft über bringen wollte.
Fürchterlich mar die Nacht unter diesen Menschen gewesen. Jeder glaubte feinerseits, die anderen müßten außer sich vor Entzüden sein, während sie selbst allein Grund hätten, sich über das
nur mit Rücksicht auf ihn! Dolores erinnerte sich plötzlich eines Ausspruches in Lady Windermeres Fächer". Sie hatte vor furzem Maria Melato in Ostar Wildes Komödie im Teatro Goldoni"
spielen sehen: In dieser Welt gibt es nur zwei Tragödien. Die eine besteht darin, nicht das zu bekommen, was man wünscht. Die andere besteht darin, es zu bekommen. Letztere iſt eine wirkliche Tragödie!"
X.
Ganz Benedig war auf den Beinen oder vielmehr in den Gondein, um Don Fernandos und Donna Christina Isabellas Abreise zu sehen. Man rief:„ Evviva!" auf dem Canale Grande . Man warf ihnen Blumen von den Balkonen der Paläste zu. Die beiden alten Leute saßen steif wie Säulen auf den verblichenen Polstern. Sie waren nicht daran gewöhnt. draußen im Tageslicht zu sein, und die Sonne stach ihnen in die Augen. Donna Christina Isabella, die nur im Halbdunkel der Kirche zu verkehren pflegte, hatte das Gefühl, daß ihr Hut nicht ganz der Situation entsprach. Aber sie schob den Untertiefer trotzig vor, und auf ihn lenkte man zunächst seinen Blick.
Auf dem Bahnhof hatte man den föniglichen Wartesaal geöffnet und rote Läufer über den Bahnsteig bis zum Trittbrett des Salonwagens gelegt. Es waren noch ungefähr zehn Minuten bis zum Abgang des Zuges. Die Photographen arbeiteten unter Hochdrud. Venedigs zivile und militäre Behörden hatten sich mit wehenden Federbüschen und goldstroßenden Epauletten eingefunden.
Das ist ein großer Augenblid," sagte Don Fernando zum Bertreter des Königs von Italien , und gleichzeitig fam La bella Aragona an der Gruppe auf dem roten Läufer vorbei. Sie hatte ihr Gastspiel in Venedig beendet und begab sich jetzt nach Paris . Ihr privater Salonwagen war an den Schnellzug etwas entfernt von dem des silvanischen Königspaares angekuppeít.
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er
Dolores fah Miguel on, und Miguel jah La Bella Aragona an. In diesem Augenblick näherte sich ein Eisenbahnbeamter mit einem Papier in der Hand: Es wäre nur eine Formalität grüßte militärisch grüßte militärisch, aber man hätte vergessen, den Salonwagen zu bezahlen. Eine Kleinigkeit: 7665 Lire und 85 Centesimi. Dolores und Miguel sahen sich beide an. Don Fernando schielte ängstlich nach ihnen. Er hatte die Summe nennen gehört, und nur mit Mühe im Hals saß ihm plötzlich ein Kloß fonnte er zu dem Kommandanten von Benedig jagen:
,, Das ist ein großer Augenblid..."
Donna Christina Isabella biß sich in die Unterlippe. Das war ein afrobatisches Kunststück, das sie nur im allerhöchsten Affekt aus.
Kurt MayerRotermund:
Dichter auf Reisen
Seiner Darstellung des Rheinfalls bei Schaffhausen ( Reise in die Schweig", 1797) hat Goethe die Worte vorangestellt: ,, Willkommen ist der Dichter, der durch Beschreibung in eine Gegend uns versetzt, er mag min unsere Erinnerung wieder beleben oder unsere Phantasie aufregen: ja, wir freuen uns jogar, mit dem Buche in der Hand, eine wohlbeschriebene Gegend zu durchlaufen; unserer Bequemlichkeit wird nachgeholfen, unsere Aufmerksamkeit wird er regt und wir vollbringen unsere Reise in Begleitung eines unter. haltenden und unterrichtenden Gesellschafters. Boetisch fruchtbare Reisen sezten erst mit Goethe ein. Zunächst war es das Erhabene und Wildromantische" und zugleich von der Zivilisation noch Unberührte, das, von Rousseau zuerst bewußt verherrlicht, begeisterte
Naturen anlockte.
derte, unterbrach:
,, Einen Augenblid!"
Er lief auf das Abteilfenster 311, wo die Sängerin mit dem schlechten internationalen Ruf sich vorbeugte, un mit einem gutmütigen Lächeln die Gruppe auf dem roten Läufer zu betrachten. ,, Wo kauft man überhaupt jo einen Hut?" fragte sie und nickte faft unmerklich nach der Seite, wo Donna Christina Isabella stand. Als Miguel die Bemerkung überhörte, sagte fie:
,, Sehen wir uns unterwegs?"
Und sie streckte die Hand heraus, damit er sie füssen fonnte. Er sah nabenhaft verliebt zu ihr auf und schüttelte den Kopf: Wir kommen nicht fort. Wir haben vetgeffen, den Salonwagen zu bezahlen."
,, Lieber, darf ich nicht!... Das ist doch eine Kleinigkeit.
Tino!"
Sie mintte den Sekretär zu fich heran. ,, lm wieviel handelt es sich?
,, 7665 Lire und 85 Centefinai!" Die Zahl hatte sich fest in Miguels sonst nicht sehr aufnahmefähiges Gedächtnis eingebrannt. Der Sekretär füllte rasch einen Scheck auf die ,, Banca d'Italia " Er reichte ihn der Aragona , die ihn weiter an Miguel gehen ließ.
aus.
,, Nichts zu danten. Au revoir, mon ami!"
Miguel fnüllte den Scheck in seiner Hand, während er wieder mit der gleichgültigsten Miene der Welt sich der Gruppe auf dem roten Läufer näherte. Der Eisenbahnbeamte stand immer noch da und fächelte mit seinem Papier.
,, Bitte!" sagte Miguel und gab ihm die zerfnüllte Anweisung. und leben Sie wohl," fügte er brutal hinzu. Der Eisenbahnbeamte verbeugte sich und verschwand.
Der König und die Königin von Silvanien, von ihrem Gefolge begleitet, stiegen in den Zug. Niemand berührte mit einem Wort den peinlichen Auftritt mit dem Eisenbahnbeamten. Alle wußten, wer die Abreise ermöglicht hatte... feiner wollte es wissen. Aber Donna Christina Isabella sagte zu Miguel:
,, Sie sprachen gestern von einer jungen Künstlerin, die um eine udienz gebeten hatte... erinnern Sie mich daran, wenn wir zu Hause find."
Dolores stand am Abteilfenster. Sie liebte Miguel, und sie fühlte, daß das Glück für sie darin bestehen würde, ihn nicht zu befommen. Aber war das Glück das Wesentliche...?
Ein Signal ertönte. Der Schnellzug verließ Benedig in Richtung Silvanien. ( Aus dem Dänischen überfekt von Dietrich Vogel.)
Dichtern, die das Reisen, mit seinen ständig wechselnden Eindrücken als Schaffensantrieb notwendig brauchten.
Eine für den Seelenforscher ungemein reizvolle Gestalt ist Ni folaus Lenau, den sein unstetes, selbstquälerisches Temperament erbliden glaubte. Grenzenlos enttäuscht fam der weltschmerzliche einem utopistischen Ziele zutrieb, dos er im freien" Amerifa zu der rauhesten Wirklichkeit, nach Deutschland zurück. Die Reise hatte Träumer aus dent Lande der ungeahnten Möglichkeiten, aber auch ihn 1832 über das Weltmeer geführt, das Heine bereits 1825, als er sich zur Kur in Norderney aufhielt, in seinen Nordseebildern. mit großer fünstlerischer Meisterschaft bejungen hatte. Besonders die wechselnden persönlichen Stimmungen, die der Anblick des unendlichen, unruhevollen Wassers im Menschen wedt, fanden durch Heine hingegen die Weltreise, die Chamisso von 1815-1818 unter einen tiefen poetischen Ausbruck. Dichterisch ergebnislos mar später entstand seine Ballade„ Salas y Gomez" als Frucht der einnommen hat. Er war auf ihr ganz Naturforscher gemejen; erst viel ftigen Reise über den Ozean.
Unter den modernen Poeten häufen sich die Sänger berauschen. der Schönheit tropischer Gegenden: Hanns Heinz Ewers, Marimilian Dauthenden, Hermann Hesse , Alfons Paquet , Armin T. Wegener gehören zu den bekanntesten. Ihre Werke haben den Gegenstandsbereich der Dichtung anregend erweitert. Sie verdanken ihren weiten Horizont der aufs höchfte gesteigerten Technik des Reiseverkehrs, die nach Eroberung der Luft das Märchen vom Siebenmeilenstiefel verwirklicht.
Es begann die Zeit der Waldpoesie, in der die Vorliebe für Schauriges überwog; es folgte die Schwärmerei für erotische Gegenden, insbesondere die üppigen jungfräulichen Inseln in den fernen Weltmeeren, und endlich fanden die Wanderungen im Hochgebirge mit all ihren Abenteuern und Gefahren ihre Lobsänger. Unter diesen gedenkt man eines Salomon Geßner , Albrecht von Haller , Klopstock und anderer. In der Natur zu sehen, sich nicht an Aeußerlichkeiten empfindsam zu flammern, dazu waren diese Dichter noch nicht fähig. Auch Werder noch nicht, wie das Tagebuch seiner Reise( 1769) von Riga nach Paimboeuf an der Westküste, Frankreichs beweist; es ist reidh an schönen Gedanken, arm jedoch an charakteristischer Darstellung der Landschaft. Erst Goethe war es, der die Natur wirklich schaute und sie gegenständlich schilderte, wenn auch anfänglich nicht ohne Sentimentalität, wie„ Die Leiden des jungen Werther " befunden. Goethe war auch Arazeen auch Aasblumen nennen. Im engeren Sinne gilt dieser
der erste deutsche Dichter, der die unvergängliche Schönheit der Schweizer Berge ohne belehrende oder rein sentimentale Nebenabsichten beschrieb. Damals wurde die Schweiz , die Goethe dreimal bereifte, Modeland, und ist es bis heute geblieben. Am meisten aber hat ihm das damalige Italien gegeben, das der Dichter mit weltweitem Blick umfaßte. Shn fesselten vor allem die lleberreste der Antife und die Bauten und Kunstwerte der Renaissance; aber auch die Formen der Landschaft, die Eigenarten der Pflanzen und Tier welt, das Leben und Treiben des südländischen Volkes beobachtete er verständnisinnig. Seine Interessen vermählten Natur und Kunst und wiesen späteren Geschlechtern den Weg.
Auch für viele nachfolgende Dichter wurde der Besuch Italiens Don entscheidendem Einfluß auf ihr Schaffen: Graf Auguft von Blaten, Hermann Lingg , Paul Heyse , Richard Voß und andere. Der erste deutsche Reisende, der es wagte, Kunst und Altertum aus seinen Betrachtungen auszuschalten und nur Land und Leuten sich zuzuwenden, ist Johann Gottfried Seume gewesen. Seine Betrach tungsweise hat Nachahmer gefunden, wie den sonst ganz anders gearteten Friedrich Hebbel , der sich von seinem poetischen Realis. mus leiten ließ. Seine, der Schöpfer der Reise ,, Feuilletons ", gab sich als reisender Dichter besonders charakteristisch. Er sah Italien mit den Augen eines Vertreters des jungen Deutschland ; er machte bei der Beschreibung des Landes zugleich Propaganda für seine liberalen Ideen. Das Beitgenössische steht in Heines Reise bildern im Vordergrunde; die meisten seiner Brosaschriften find daher der Vergessenheit anbeimgefallen.
Mit anderen Augen ficht sich Scheffet in Italien um; mit liebevollem Humor versenkte er sich in Gitte und Lebensgewohnheiten der Italiener . Bekanntlich hat er auf Capri seinen Trompeter von Säffingen" geschrieben; er gehörte übrigens schon zu jenen
Aasblumen
Ihrer ausgeschiedenen Düfte wegen fann man Aristolochien und Name aber für die Stapelien, eine Familie der Seidenpflanzen oder Astlepiadazeen, die in Südafrika , im Kaplande, heimisch sind. Sie haben sternförmige Blüten, die sehr groß werden fönnen, wie bei Stapelia grandiflora. In der Blütenfärbung herrschen schmutzigbraune, trübfleischrote oder purpurne Töne, geschedt mit grünlichgelb, vor; also wiederum Farben, wie sie Leichen oder Aas eigen sind. Den blumenbesuchenden Infeften( Wespen, Fliegen, Käfern) soll auch derartiges durch diese Farben vorgetäuscht werden, und dies gelingt zusammen mit dem entsprechenden Duft auch vorzüglich. Es fann sogar vorkommen, daß Schmeißfliegen ihre Eier auf der Blume ablegen, was sie doch sonst mir an Fleisch oder Aas tun. Große Fernwirtung haben diefe trüben Farben für das Injeftenauge wohl nicht; um jo mehr muß die Anziehung dem Aasduft zu= geschrieben werden, der bei manchen Arten wahrhaft furchtbar und in weitem Umkreise spürbar ist. Er gleicht dem Geruch von faulem Fleisch, faulen Fischen, faulem Tabak oder erinnert an Jauche, Kot, an sich zersetzenden Harn. Gemiß, es ist gerade teine verlockende Speisekarte, die uns hier vorgesetzt wird. Aber was unseren Nasen widerlich und abstoßend erscheint, braucht noch lange nicht gleichwertige Empfindungen am Geruchsorgan der Insekten auszulösen, unter denen es eben auch ganz besonders spezialisierte Gastronomen, wie die Nasinsekten, gibt. Diese Düfte entstehen bei der Zersetzung eiweißartiger Berbindungen in der Blüte; sie enthalten als Hauptbestandteil eine unter dem Namen Indol befannte chemische Berbindung und werden deshalb als indoloide Düfte bezeichnet. Schöne Stapelien- Arten werden in Gewächshäusern bei Euphorbien und Katteen gezogen. Manche sind aber von einem derart fürchterlichen Geruch umwoben, daß man sie allenfalls noch im Freien, nicht aber im geschloffenen Raume halten tann.