Einzelbild herunterladen
 

Nr. 312

46. Jahrgang

Technik

Sonnabend

6. Juli 1929

Vom Bauen und Wohnen

Aus der Arbeit der Reichsforschungsgesellschaft

Im Jahre 1927 wurde die Reichsforschungsgefell. schaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Woh. nungswesen ins Leben gerufen. Der Reichstag   stellte ihr einen Betrag von 10 Millionen Mark zur Verfügung, um Versuche und Untersuchungen zur Verbesserung und Verbilligung des Bau­und Wohnungswesens vorzunehmen oder finanziell zu unterstützen. Tatsache ist ja, daß der große Impuls, der vor Jahren durch unsere industrielle Wirtschaft ging und zu der bekannten wirtschaftstechnischen Umstellung in unserer Industrie führte, neben der Landwirtschaft auch die Bauindustrie unbeeinflußt gelassen hat. Noch bis vor kurzem feßten große Kreise dieser Industrie Bestrebungen, die anderswo den Ertrag der Wirtschaftsmaschine start steigerten, größten Widerstand entgegen. Die Bauindustrie ist äußerst fonser. vativ, und mit diesem Konservatismus hängt zusammen, daß wir heute immer noch viel, viel zu teuer bauen. Unsere Bau­industrie ist auch noch typisches Kleingewerbe. Daran mag es liegen, daß die Umstellung auf billigere Arbeitsmethoden, besseren und billigeren Werkstoff usw. unsäglich schwieriger ist als anderswo. Der Umstellung im Baugewerbe fehlt der große 3ug,

Mittelgroße Küche mit Schränken und Arbeitstisch die Erkenntnis, daß Rationalisierung Wirtschaftsnotwendigkeit ist. Hauptaufgabe der Reichsforschungsgesellschaft muß also sein, diesen wirtschaftstechnischen Impuls zu weden.

Die Reichsforschungsgesellschaft tann für sich in Anspruch neh men, wichtige Borbedingungen für billigeres Bauen und Wohnen geschaffen zu haben.

Wohnraum mit Wohnküche

Straßenneges und zweckmäßige Ausstattung der Straßen, Festlegung der erforderlichen aber auch notwendigen Grundstücs. und Gartengrößen, Breite und Ausstattung der Straßen, Klärung der Be- und Entwässerungsfragen usw.

Die bisherigen Bersuchssiedlungen haben hier bereits zu Er­gebnissen geführt. Weitere Klärung wird die Reichsversuchssiedlung in Haselhorst   bringen. Aus den Untersuchungen der Siedlungspläne tonnte bis jetzt festgestellt werden, daß bei fast allen Siedlungen, in denen sie hergestellt werden, gleiche, allgemein gültige Gesichtspunkte zur Erzielung wirtschaftlichsten Städtebaus zu wahren sind. Man wird zum Beispiel hochwertiges und verkehrs­technisch wichtiges Bauland an den Hauptstraßen, die nach dem Bahnhof führen, nicht für weiträumigen Flachbau verwenden fönnen. Die Straßenzüge innerhalb der Siedlung sind dem Ver. fehrsnek gegenüber richtig anzuordnen. So ist zu vermeiden, daß zu viel Wohnstraßen in eine Berkehrsstraße münden. Durchgescht hat sich die Unterscheidung reiner Wohnstraßen mit geringer Breite und leichtem Ausbau von den Straßen, durch die der Orts­perfehr gehen soll. Gleichzeitig mit den Untersuchungen des Aus schusses begann sich unter den Architekten die Erkenntnis durchzu feßen, daß die Randbebauung eines Blocks durch eine von Norden nach Süden gehenden Streifenauf. teilung mit Wohnwegen zu ersehen sei. Dieser Streifenbau läßt den in der Breite entwickelten Grundriß ohne Berminderung der Wirtschaftlichkeit zu. Lösungen dieser Art zeigen sich in den Wohnungsbauten in Celle   und Hamburg  .

Hausfrau und Küche

Die Zweckmäßigkeit der Küche hat in den Erörterungen über Wie arbeitet die Reichsforschungsgesellschaft wirtschaftliches Bauen von jeher eine große Rolle gespielt. Die Frage, was vorzuziehen sei, die selbständige Küche oder die Bei ihren Arbeiten ging die Gesellschaft von der Auffassung Wohnküche bzw. Nischentü che, ist bis heute nicht entschieden. aus, durch Versuche zu allgemein gültigen Erkenntnissen zu Wenn Prof. v. Drigalsti sich für die selbständige Küche einfegt, so tommen. Deshalb legte sie größere Summen in Versuchssiedlungen gibt es andere Stimmen, besonders in Hausfrauenkreisen, die die in Dessau  , München  , Frankfurt   a. M. und Stuttgart   an. Die Ver- Nischentüche befürworten. Bestimmte Bezirke in Deutschland   halten suche wurden auf Grund genauer Programme von Sachverständigen auch mit seltener Zähigkeit an der Wohnküche fest. Bu fordern ist, durchgeführt. Im Laufe des verflossenen Jahres fonnten die Ber- daß die Küche mit ihrer Einrichtung so angelegt ist, daß sie der ſuchssiedlungen fertiggestellt und auf ihre Brauchbarkeit, Wirtschaft Hausfrau die Arbeit erleichtert. Um nur eines von lichkeit, auf ihre Herstellungsart und deren Bewährung in schall. vielen Beispielen zu nennen: in unseren Küchen werden Spül­und wärmetechnischer Beziehung durch Sachverständige beobfische gebraucht, die geradezu die Hausfrau ermüden. Unfer achtet und nachgeprüft werden. Die Ergebnisse hat die Reichs. Schaubild dürfte sicherlich eine durchschlagende Demonstration dafür forschungsgesellschaft in umfangreichen Denkschriften der Deffent sein. Mehr Wert ist auch auf eine einwandfreie Beleuch lichkeit zugänglich gemacht. So liegt damit eine Summe von Ertung der Küche zu legen. Hier haben die Arbeiten der Reichs­fahrungen vor, die ihrer Fruchtbarmachung in der Praxis harren. forschungsgesellschaft zu Ergebnissen geführt, die unbedingt von der Einen weiteren Schritt bedeutet der Blan, eine große Reichs- Beleuchtungsindustrie ausgenügt werden müssen. versuchssiedlung in Berlin   Haselhorst   durchzuführen. Die Frage, die beste Form der Küche ausfindig zu machen, hat die Reichsforschungsgesellschaft veranlaßt, 6 Küchen, die ein Ausschuß der Reichsforschungsgesellschaft anfertigen ließ, auf der großen Berliner   Ausstellung für Ernährung der breiten Deffentlich

Die geräuschlose Straße

Im Jahre 1870 lebten etwa 2 Millionen Deutsche   in Groß­städten, heute sind es ungefähr 17 Millionen. Diese Zahlen geben einen deutlichen Begriff von der gewaltigen Berschiebung der Be­völkerung. Während früher bei der Einheit von Wohnung und Arbeitsstätte die Anforderungen an Grundrißgestaltung, Bauweise und innere Ausstattung den Inhalt des Wohnungswesens ausmachten, sind in den letzten 40 Jahren die städtebaulichen und straßenbautechnischen Anforderungen in stärkster Weise für die Wirtschaftlichkeit im Wohnungswesen maßgebend geworden. Der Anteil, den eine richtige städtebauliche Aufschließung und damit auch die Frage des Straßenbaues, der Bewässerung und Ent­wässerung, der Lichtzuführung und dergleichen an den Kosten einer Wohnung hat, ist außerordentlich verschieden. Er beträgt aber im Mittel etwa ein Fünftel der gesamten Wohnungskosten. Es ist flar, daß aus diesen Gründen die Arbeiten der Reichsforschungs­gesellschaft gerade diesem Teilgebiet die meitestgehende Aufmerksam teit zuwenden mußten. Die richtige Berteilung der Wohn­piertel im Stadtganzen, ihre Freihaltung von Ruß und Rauch, die richtige Anordnung der Straßen und der Häuser zu den Himmelsrichtungen, die richtige Be. lichtung und Belüftung der Wohnungen, die Herstellung der Leitungen, Ranäle, Kabel und dergleichen für die tech­nische Versorgung der Häufer, die Befestigung der Straßen und der Bürgersteige, alles das sind Fragen, die bisweilen noch stärker als der eigentliche Grundriß und die Hausausstattung für die Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen maßgebend find. Dazu kommt, daß wir heute die Fehler der Groß­stadtentwicklung der legten 50 Jahre durchaus er. Pennen, daß die Aufloderung der Großstadt eine Not­mendigkeit geworden ist. Die Hauptgegenstände, die von der Reichs­forschungsgesellschaft auf diesem Gebiete zu flären sind, ist die Ge­eignetheit des Geländes zu Wohnungszweden, Anordnung des

Ein von der Reichsforschungsgesellschaft anerkanntes Klappbett

feit zugänglich zu machen. Die fritische Beurteilung ergab folgende Auswertung: 1, Die Küche muß sich in ihren Ausmaßen möglichst dem Quadrat nähern. 2. Jede Küche muß so groß sein, daß sich die sämtlichen für den Haushalt erforderlichen Küchengeräte in festeingebauten oder beweglichen Schränken unterbringen lassen; die Aufstellung des Küchenschrantes im Wohnraum, felbft menn etwa die Kochnische in offener Berbindung mit diesem steht, ist abzulehnen.

Danach ergeben sich folgende 3 Typen: 1, a) Die kleine offene Kochnische( für die Ledigen und Kleinstwohnung) mit 1 bis 1,50 Meter Tiefe. b) Die größere offene Kochnische mit 5 bis 6 Quadrat meter( für Familienwohnung). 2. Die Nischenküche, die nach dem Wohnraum zu durch eine im oberen Teil verglaste Wand mit Durch gangstür abgeschlossen ist( 5 bis 6 Quadratmeter). 3. Die selbständige Küche, vom Flur aus zugänglich und mit dem Wohnraum zweck­mäßig durch eine Durchreiche verbunden( 6 bis 8 Quadratmeter).

Es ist sicherlich begrüßenswert, daß sich überall Kräfte regen, die den Zweck verfolgen, der vielgeplagten Hausfrau und den Haus angestellten die Arbeit angenehmer zu gestalten.

Neue Konstruktion eines' Abspültisches. Die Höhe entspricht einer ungezwungenen Körperhaltung. Die Stützen sind nicht beim Reinigen hinderlich

Bücher der Technik

Das Jt- Diagramm der Berbrennung von Dr.- Ing. P. Rosin und Dipl.- Ing. R. Fehling. Mit 35 Abbildungen und 10 Tafeln brosch. 7,50 M. Für die Mitglieder des V. D. J. 6,75 m. B. D. J.- Verlag G. m. b. H., Berlin   NW 7. 1929.

Früher bedurfte es langwieriger und umständlicher Berechnun­gen und Arbeiten, wenn man Kenngrößen der Verbrennungs­probleme, also etwa Verbrennungstemperatur oder Abgasvolumen berechnen wollte. Das vorliegende, sehr interessante Heft macht diese Bemühungen überflüssig. Es bedarf mur einiger einfacher Berfahren, die es ermöglichen, durch Diagrammablesungen voll­kommen genaue Ergebnisse zu gewinnen. Eine begrüßenswerte und wertvolle Bereicherung auf dem weitverzweigten Gebiet der Verbrennungstechnik.

*

11

In der Sammlung Die Radio- Reihe", die sich zum Zweck gefeßt hat, Anfänger in die Radiotechnik einzuführen und Fort­geschrittenen ein Repetitorium zu bieten, das ergänzend und ver­fiefend wirkt, sind jetzt zwei sehr ansprechende und empfehlenswerte Bändchen als Neuauflagen erschienen: Band 1: Was ist Radio?" Bon Professor Dr. Hans Reichenbach   und Dr. Friz Noad. 186 Seiten mit 85 Abbildungen. 3weite, vollständig umgearbeitete Auflage. Richard Carl Schmidt. Co., Berlin   W 62. 1929. In Ganzleinen 5,50 M. Das Büchlein führt in einer sehr inter­essant und fesselnd geschriebenen Einleitung in das Wesen der Radio­telegraphie ein, die dann im Laufe der übrigen, sehr übersichtlich geordneten Rapitel näher erklärt und erläutert wird. Der Leser lernt mit Hilfe guter Illustrationen die elektrischen Wellen und ihre Eigenschaften, die Röhre und ihre Herstellung, die Antenne, den Empfänger und seine verschiedenen Arten tennen. Röhrentypen, Lautsprecher, Batterien, Netzanschlußgeräte werden ausführlich be­handelt. Darüber hinaus aber enthält das Büchlein eine Fülle von Anleitungen und Ratschlägen, von Wissenswertem und Interessantem, das in so allgemeinverständlicher, flarer Sprache dargeboten wird, daß es wärmstens jedem Radiointeressenten empfohlen werden darf.

Das zweite Bändchen ist Der Radio- Empfänger". Eine gemein verständliche Darstellung von Dr.- Ing. Werner Braunbet, Privatdozent an der Technischen Hochschule Stuttgart  . Zweite um gearbeitete Auflage. 93 Seiten mit 34 Abbildungen. Richard Carl Schmidt u. Co., Berlin   W 62. 1929. In Ganzleinen 3,50 m. Auch dieses Büchlein ist im besten Sinne des Wortes populär, ohne unwissenschaftlich zu sein. Es verbindet vielmehr in glücklicher Weise ausgezeichnete Fachkenntnisse mit allgemenverständlicher Darstellung. Der Verfasser bietet eine Einführung in die Grundprinzipien des Empfanges der Radiowellen und erklärt ausführlich alle dazu not­wendigen Vorrichtungen und Apparate, Antenne, Detektor, Ver­stärkerröhre usw. Auch die Empfangsschaltungen und Empfangs­apparate werden mit Hilfe ausgezeichneter Illuftrationen in feffelnder Weise behandelt.