Einzelbild herunterladen
 
  

Eine Viertelmilliarde!

Erfolg fozialdemokratischer Arbeit im Parlament.

Seit der Einführung der Lohnsteuererstattungen sind nicht weniger als 250 millionen Mort bereits gezahlter Lohnsteuer zurüderstattet worden. Die Sozialdemokratie forderte von jeher, daß eine Erstattung zu viel gezahlter Lohnsteuer wegen Berdienstaus: falls vorgenommen wird, um eine unsoziale Birkung der Lohnsteuer zu beseitigen. Nach harten Rämpfen gelang es ihr, im Jahre 1925 diese Forderung durchzusetzen. Der Er folg ist, daß in furzer Zeit den Steuerpflichtigen nicht weni­ger als eine Viertelmilliarde zurüdgegeben werden konnte. Für die einzelnen Jahre verteilt sich dieser Be­trag mit 45,6 millionen Mart auf das Jahr 1926, mit 61 Millionen Mart auf das Jahr 1927 und mit 64.4 Mil­lionen Mart auf das Jahr 1928, Im laufenden Jahre find bereits bis Ende Mai 64,4 Millionen zurückgezahlt worden. Rechnet man dazu noch einen Restbetrag, der in den nächsten Monaten zur Auszahlung fommt, so kann der gesamte im Jahre 1929 erstattete Lohnsteuerbetrag mit 70 Millionen Mart angenommen werden. Somit ergeben sich Rückzahlungen, die weit höher sind, als man sie bei der Einführung der Lohnsteuererstattungen schäßte.

Dieser Erfolg der sozialdemokratischen Arbeit tommt einer sehr großen Zahl Lohnsteuerpflichtiger zugute und zwar allen, die aus irgendeinem Grunde innerhalb eines Jahres einen Berdienstausfall erleiden. Für das Jahr 1928 sind von den Finanzämtern 3,5 millionen Lohnsteuer­erstattungsfälle bearbeitet worden. Bei einer Ge samtzahl von 15 Millionen Lohnsteuerpflichtigen hat also jeder fünfte einen Erstattungsanspruch ge= stellt und durchschnittlich von seiner im Borjahre einbehalte­nen Lohnsteuer 20 Mart zurückerhalten. Auch in den frühe­ren Jahren dürfte die Zahl der Erstattungsfälle, wie aus der Höhe der Erstattungen hervorgeht, nicht sehr viel geringer gewesen sein. Insgesamt sind also in den Jahren 1925 bis 1928 etma 10 bis 12 Millionen Fälle erledigt worden.

Diese Erfolge der sozialdemokratischen Arbeit im Parla­ment wären aber nie so durchschlagend gewesen, wenn sich nicht Parteis und Gewertschaftsfunktionäre und Betriebsräte in den Dienst der Sache gestellt hätten. Durch ihre Mitarbeit ist die große Masse der Lohn­fteuerzahler auf die Erstattungsmöglichkeiten hingewiesen worden und erst dadurch wurde erreicht, daß der Rechtsan spruch auf Erstattung wirklich ausgenutzt wird. Aber auch fünftig wird es sich darum handeln, die Arbeiter­fchaft immer wieder auf die Erstattung s möglich feiten hinzuweisen. Erst wenn auch der letzte Erwerbslose einen Erstattungsanspruch geltend macht, wird der parlamentarische Erfolg der Sozialdemokratie ein tat­fächlicher sein. Die erste Viertelmilliarde zurüdgezahlter Lohnsteuer, die bis jetzt den Erfolg der sozialdemokratischen Steuerpolitik darstellt, wird dann bald überschritten sein.

Reichsfinanzen im Mai 1929.

Die Lage der Reichstaffe.

Streif im Elektrizitätswerk."

Die am Mitrophon: Das Licht versagt- wir fitzen im Stodfinstern."

Kurzschluß! Kabelbrand! Feuer! Rette sich, wer fenn!

poldre

O Gott, jetzt ftreift auch unser elektrischer Kaffeetocher."

E

HABEKING

29

Die Zuhörer: Endlich mal ein guter Bit im Rundfunk"

Der Aufstand in Persien .

Wie einst die Erhebung der Kurden.

Südosten gemeigert, diese Reform ruhig hinzunehmen. Die Unruhen begannen bei dem mächtigen Stamme der Kaschtai, aber der Losbruch wurde noch dadurch hinausgeschoben, daß der gerade in Teheran meilende Häuptling des Stammes ins Ge

Stambul, Anfang Juli.( Eigenbericht.) lleber die Erhebung der füd- und füdostpersischen Stämme gegen den Schah und die Teheraner Regierung treffen hier jetzt genauere Nachrichten ein, die den Aufstand viel gefährlicher erscheinen laffen als bisher. Das Zentrum der Erhebung sind die Provinzen Farsfängnis geworfen wurde. und Kirman. Die dort bisher in rein feudalen Verhältnissen lebenden großen Stämme, die praktisch völlige 11nabhängig. teit genossen und den Schah nur als nominellen Herrn an­

zunehmende Einmischung der faiserlichen Beamten

Die Gesamteinnahmen des Reichs im ordentlichen Haus­halt stellen sich im Monat Mai auf 703,5 millionen gegen 959 Mil­lionen Mart im April. Die Einnahmen in den ersten beiden Mo- erfannten, find nicht geneigt, die naten des laufenden Rechnungsjahres stellen sich somit auf 1662,5 Millionen Marf. Der Rückgang gegen den Bormonat ist Parauf zurückzuführen, daß Steuern, Zölle und Abgaben einen Minderertrag brachten, 657,1 gegen 939,4 Millionen Mart im April. Im Mai wurden feine Borauszahlungen geleistet.

Die Gesamtausgaben betragen dagegen 773,1 gegen 766,4 Millionen Mart im April. Es ergibt sich somit ein Ausgabe überschuß von 69,6 Millionen, der den Gesamteinnahmeüberschuß im bisherigen Etatjahr auf 123 Millionen Mark vermindert.

Die Einnahmen im außerordentlichen Haushalt stellen sich auf 45,4( 3,6) Millionen Mart, die Ausgaben auf 22,1 ( 66,3) Millionen Mart, es ergibt sich hier eine Mehreinnahme von 23,3 Millionen Mark, dadurch wird der Ausgabenüberschuß vom Bormonat in Höhe von 62,7 millionen auf 39.4 Millionen herab­gesetzt. Die Ersparnisse in den Ausgaben wurden dadurch erzielt, daß das Reich durch die Arbeitslosenversicherung im Mai weniger in Anspruch genommen wurde( 13,4 gegen 63,6 Millionen Mart).

Bei Zusammenfaffung des ordentlichen und des außerordent lichen Haushalts ergibt sich ein Gesamtfehlbetrag von 975,3 Mil­

lionen Mart.

In den Angaben über die Kassenlage des Reiches mird mitgeteilt, daß der Sollbestand in Höhe von 1583 Millionen Marf sich zusammenfeßt aus 1166 Millionen Schazanweisungen, 4 Millionen Schazwechseln und furzfristigen Darlehen aus der In­anspruchnahme des Betriebskredits bei der Reichsbant, 50 Millionen cus Borauszahlungen der Reichsbahn auf die Vorzugsdividende, 40 Millionen aus Borauszahlungen der Post auf den Betriebsüber schuß, 200 Millionen aus dem Sollbestand aus dem Jahre 1928 zur Dedung von Ausgaberesten, und 123 Millionen Mart aus den bis­herigen Emnahmeüberschüssen des ordentlichen Etats. 1552 Millionen rourden zur Deckung der Fehlbeträge beider Etats am Ende 1928 nerwendet, ferner zur Bestreitung des bisherigen Ausgabeüber. fchuffes im außerordentlichen Etat, 50 Millionen Mart davon für den Borschuß an die Breußenfaffe und 405 Millionen für sonstige noch nicht verrechnete Auszahlungen. Ende Mai betrug der Kaffen­bestand 31 Millionen Mart.

Barenbriefe gefunden.

Dem Sowjetzentralarchiv übergeben.

Leningrad , 6. Juli.

Im Buschtin- Haus der Akademie der Wissenschaften wurde ein Raften, der Briefe Nikolaus II. , der Zarin Alexandra Feodoromna und der 3arentöchter enthielt, gefunden. Die Briefe stammen aus ter Zeit nach der Februarrevolution. Aus den Briefen ist zu ersehen, daß Nikolaus II. sich mit dem Gebanten trug, nach England zu gehen und verschiedene Pläne darüber erwog. Außerdem per mitteln die Briefe eine Borstellung der Lebensverhältniffe Rifo laus II. und feiner Familie in Zarstoje Selo und sind nach der Meinung der Spezialisten von hohem historischen Intereffe.

Wie sich herausstellt, wurden die Briefe dem Buschkin- Haus zur Aufbewahrung vom Bertreter des Hofmarschalls v. Benkendorff übergeben mit der Bitte, daß der Roften mit den Briefen nur auf Bunsch der Familienmitglieber oder aber erst 1946 geöffnet werden möge.

Der Raften mit der persönlichen Korrespondenz Rifolaus II. wurde dem Zentralarchivamt in Mostau übergeben.

in ihre inneren Angelegenheiten zu dulden. Nach der Entthronung des Scheichs von Mohammerah begann der Schah vor einem Jahr mit der Entsendung ihm unbedingt ergebener Truppen nach Fars und Rirman, durch stetige Nachschübe unaufhörlich verstärkt. Die durch die Junkers Fluglinien geschaffene schnelle Berbindung zwischen Teheran und den südpersischen Provinzhauptstädten, besonders Schiras und Lar, steigerte den Einfluß des Schah. Bor einigen Monaten begannen dann die Beamten, ihren Administrations­apparat in das Gebiet der freien Stämme porzutreiben und aller­hand Funktionen in Verwaltung, Juftig und Steuererhebung aus­zuüben, die bisher die Stammes häuptlinge versehen hatten. Als die Stämme fich widerfäßlich zeigten, wurde ihre Ent­waffnung angeordnet und in den stadtnahen Gebieten zwangs­weise durchgeführt.

Der Aufstand begann vor einigen Wochen mit der Erhebung der Memejeni unter ihrem Imam Kuli Chan, der vier­tausend Reiter ins Feld stellte und mehrere Erfolge über die Regierungstruppen davontrug. Den Memeseni schlossen sich unter dem Sohn ihres verhafteten Häuptlings die Rasch fai, dann die Bujur Ahmedi, die Arab Peli, die Kasimi, die Hamse Eli und die Stämme am Südrand der großen Luftwüste an. Die Aufständischen perfügen zusammen über 40 000 bis 50 000 Reiter und werden" on Ali Chan, dem Sohn des Häuptlings der Kaihtai, bejebigt r Aufstand hat politischen und zugleich religiösen Charatter, Kuli Chan wird von seinen Anhängern als

neuer Mahdi, als zwölfter 3mam verehrt, der das Reich Gottes auf Erden aufrichten werde.

m

Die politischen Forderungen der Aufständischen sind: Freilassung des Häuptlings, Berzicht auf die Entwaffnung, 3urüdziehung aller Regierungstruppen aus Südpersien und Ver­werfung der Müzenreform. Die Aufständischen werden von den Konservativen energisch unterstützt, und die Geistlichkeit arbeitet unter Führung der Imame der heiligen Stadt Kum mit allen Mitteln gegen den Schah.

Die Verhaftung des Finanzministers, der mit den Aufständischen Verbindungen angetnüpft hatte, verhinderte einen Butsch in Teheran im legten Moment. Der Schah sendet alle ver­fügbaren Truppen nach Schira, wohin er auch selbst gehen dürfte. Die Regierungstruppen in Schiras sind etwa 20 000 Mann starf unter dem Befehl des Feldmarschalls Ahmed Aga Chan; die Hälfte Reiterei, fie verfügen über sechs Kampfflugzeuge, zwei Panzer­automobile, zwei Zants und zahlreiche Maschinengewehre.

Wie anfangs bei den türkischen Reformen in den Kurden= gebieten, nahm die breite Masse der Stämme die Entthronung ihrer Feudalherren, zu denen sie in einem strengen Hörigkeitsverhältnis standen, sympathisch auf. Ebenso aber wie Kemal Bascha später durch seine religiösen und Kopfbedeckungsreformen die bigotte, religiös- fanatische Masse der Kurden vor den Kopf stieß und sie so wider ihr eigenes Interesse zur Ausföhnung mit ihren Feudalist herren brachte, jo jetzt auch der Schah. Vor kurzem ist

das Gesetz über die persische Mühenreform.

in Kraft getreten, wonach nur noch die Imame( Geistlichen) Turbane, alle anderen Berser aber den fesartigen schwarzen ,, Bechlewi" tragen follen. Wie ein Mann haben sich die Stämme im Süden und

Die Kriegslage ist schwer zu übersehen. In Fars scheinen die Regierungstruppen nach einem siegreichen Gefecht bei Dschebrun Oberhand gewonnen zu haben; im nördlichen Kirman dagegen ist der Regierungsgeneral Cb- ul- Hassen mit seiner Reiterei von den Kaschkai schwer gefchlagen worden.

Der polnisch- litauische Dauerfonflikt, indie Bevölkerung noch schwerer drücken würde, jest nicht

Belagerungszuffand in der Grenzjone.

Kowno , 6, Juli. ( Dft- Expreß.)

Die Militärkommandanten der litauischen Bezirke an der pol­nischen Grenze haben einen Aufruf an die Bevölkerung erlassen, mit der Aufforderung, die Behörden in ihrem Kampf gegen die Emigranten zu unterstützen, die in den polnischen Grenz bezirken Zuflucht gefunden haben. Es wird nerboten, folchen Emi granten Obdach zu gewähren und ihr Erscheinen ist den Bolizei behörden sofort anzuzeigen. Zuwiderhandlungen werden hoch be­straft. In einer 10- Kilometer- 3one an der Grenze wird jeder Berkehr non 10 Uhr abends tis 3 Uhr morgens verboten. Die Regierung wird über diese Grenzzone den Belagerungs. zustand verhängen.

Holländische Regierungsbildung.

Alles noch unflar.

Amfterdam, 6. Juli. ( Eigenbericht.) Die niederländische Bresse erörtert in langen Artifeln die Mög­lichkeiten der Regierungsbildung. Der jozialdemokratische Rotter damer Boorwaarts" schreibt, daß eine Regierung, mie die des früheren Ministerpräsident Colijn , mit ausgesprochenen antifozialem und antimilitaristischem Charakter, die auf die nach Freiheit strebende

" 1

mehr gebildet werden fönne. Keine parlamentarische Regierung sei lebensmöglich, in der bie antirevolutionäre Partei die ihr von Colijn zugedachte Rolle spiele. Die fatholische Prefie triumphiert und das römisch- fatholische Zentrum" erflärt, daß eine römisch- katholische Fraktion von dreißig Mann mit einer Mil­lion Wählern hinter sich selbstverständlich einen breiten Raum ein­nehme mit ihr fönne wohl eine Koalition gebildet werden, ohne sie sei die Bildung einer parlamentarischen Regierung ausge fchloffen. Der antirevolutionäre Standaard" läßt sich in einem wahrscheinlich von Colijn geschriebenen Artikel zu der Frage der Regierungsbildung vorläufig nicht aus. Der liberale R. Rotterd. Courant" ist der Auffassung, daß die Lösung der Krise in einem Geschäftsministerium wie dem bisherigen zu suchen sei.

Wo tagen die Weltbantsachverständigen?

Mit den Regierungsvertretern zufammen. Paris , 6. Juli. Nach dem Matin" steht es nunmehr fest, daß die Sachverstän digen, die die Statuten der Internationalen Ban? beraten sollen, nicht mie man angefündigt hatte in Baden- Baden zusammen treten werden, fondern in der gleichen Stadt, in der die Regierungs­vertreter tagen, so daß ihre Arbeiten mit denen der Diplomaten parallel laufen würden.