Einzelbild herunterladen
 
  

oho&iake: 3)ank AN ein ffiädchen

Im Anfang der Anfang drefes FifcherÄorfes muß sehr alt sein: denn auf einer Echebung stchen drei»der vier Weißdornbäume. von denen man sagt, daß tausend Jahre über sie hinweggegangen sind. Ihre Stämme sehen m der Tat wie entfleischte Arme aus: die Muskeln sind entblößt und ausgedorrt und doch noch lebend. Neben der Erhebung erhielt sich der letzte Rest Kanälchens, das einst das Meer mit dem Haff verband der Ort liegt auf einer Nehrung zwischen See und Bodden. Aber das ist schon lange her, die Bäume und der Kanal, und wenn ich vom Anfang rede, mein« ich bescheidener den einer neuen, noch nicht zu fernen Zeit, als hier wie überall an den Küsten die ersten Fremden erschienen und die Fischer ein unbekanntes Wort, Sommerfrische, vernahmen. Und so sage ich: im Ansang waren die Maler. * Der Maler entdeckt« da» Dorf, wie man eine Silbermine ent- deckt, und begannen es auszubeuten. Da ich kein« Namen nenne, kann ich ruhig sagen, daß sich unter diesen Damen und Herren bis heute keine Größe befunden hat. Di« meisten sind mehr den gegen- ständlichen Effekten nachgegangen als denen von Licht und Luft, die sich dem Wort entziehen. Die Hauptrolle spielt das Bauernhaus, das sich unter einem Strohdach mit augensörmigen Luken zu Boden duckt. Gehorsam jener Pedanterie, die Stilechtheit heißt, hat man nahezu alle Villen in dieser Katenmanier gebaut. Und da das Worpsweder Art ist, hotte man gleichzeitig einen Namen und die jedem Deutschen teure grund­sätzliche Bewegung. « Ebenso beliebt ist das Mstw de» Blickes von der hohen Düne auf das tiefer gelegene Dovf, auf die Häuser, die nur mit den Dächern aus Busch und Baun» schauen. Die hohe Düne ist eine Eigenmächtig- keit, eine Laune, ein Zufall: warum hebt sich der Strand, der das sonst nirgends tut, hier plötzlich um zehn, zwölf Meter? Es ist sehr schön, daß er das tut. So kommen Abwechslung und Kraft in das Bild. Di« Düne erhebt sich über das Meer, sie ist eine hohe weitere Tervasie in Lust und Wind: ein dünner Rasen überzieht sie. Der Rasen ist«inen Zentimeter dick: man sieht es am Rand, der brüchig ist und wie bei Kiesgruben überhängt. Darunter aber sind tausend klein« Löcher. Nimmt man einen Spazierstock, schiebt sich vorsichtig bis an den Abgrund und schlägt nun so flach wie möglich auf die Erde, dann werben aus den hundert Löchern hundert Schwalben schießen. Sie siedeln sich nur am obersten Rand an, da- mit sie bei Erdrutschen nicht verschüttet werden. Jeden Abend versammelt sich alles auf der hohen Düne, vm die Sonne untergehen Zu sehen. Wenn der Ball aus purpurrotem Feuer das Meer zu berühren beginnt, fahrt vielleicht gerade weit draußen ein Schiff mit drei Segeln vorüber. Eine Minute lang steht es tief- schwarz, nachtschwarz vor der glühenden Scheibe, eine gespenstige Silhouette airf ihr, ein Körper, der zwischen Erde und Kinne hin- durchwandelt. * Immer wenn man zur hohen Düne geht, bleibt man einen Augen- blick an dem Garte« der großen Villa stehen. Es ist ein prachtvoller englischer Garten . Was kann überraschender sein als ein Blumen- garten im Dünensand? Fünfzig Meter davon das' Meer, salzig, un- fruchtbar, feindlich allem, was blüht: und hinter der ersten Düne, die mit ihrem armen gelben stachligen Sirandgras noch gang zu

seinem Machtbereich gehört, Beete voll Rosen, Schwertlilien, Levkojen und anderen glühenden Schönen, deren Namen ich nicht kenn«. * An einem Baum, der für sich auf der Weide steht, ist eine Ziege angebunden. Die Euter hängen tief, es ist ein milchspendendes Geschöpf. Ich streiche ihr über die Hörner, zuerst ist sie recht widerspenstig, plötzlich schnuppert sie begierig an meinen Händen. Mein Begleiter versichert mir, daß sie den Tobak an den Fingern riecht. Ich bin ungläubig und nehme aus meinem Etui eine Ziga- rette, eine russische mit Papiermundstück. Als ich st« dem Tier hin- halten will, ist sie schon verschwunden hinuntergeschlungen, Tobak und Papier. Einer zweiten und dritten erging es ebenso. Dann fiel man mir in den Arm, und auch die Prob« mit der Zigarre durste ich nicht machen. » Wir biegen in einen Heckengang. Die Hecken sind niedrig: von Zeit zu Zeit kommt ein« Lücke: über Wiesen führt ein Pfad noch den Wohnhäusern. Es ist warmer Nachmittag und alles still. Um so unvermittelter wirkt es, als wir inmitten eines solchen Wiesenstückes die Kinder des ganzen Dorfes auf acht, zehn Bänken sitzen sehen: sie kehren uns den Rücken. Wir bleiben überrascht stehen, im gleichen Augen- blick echebt sich in den Erwachsenen der Wunsch, neben den Kindern auf der Dank zu sitzen. Es ist das weiß« Marionettentheater, dos diese Sehnsucht weckt und vor dem die Kinder so artig waren. Wir lassen es darauf ankommen. Eine Dorn« nähert sich uns und lädt uns ein. Ihr Töchterchen hat Geburtstag, der Dater hat die Palette mit der Feder vertauscht und«in Kapitelchen aus dem ruhmreichen Leben Kasperles geschrieben. Er spielt alles selbst, mit viel Geschick. Er hat den thüringischen Pringenraub gewählt das gibt Gelegenheit zu lustigen Spracheffekten, wenn der Fürst Sächsisch, Kasperle ober derbes Platt redet. * Am Abend, nach Tisch, sehen wir die Kinder noch einmal, sie machten«inen Umzug durchs Dorf. Vorerst standen sie aus einem Fleck und warteten, ungeduldig genug. Worauf? Aus die Kühe, die von den Weiden zurückkehren mußten. Endlich kamen sie, mitten aus der Straß« und aus den schmalen Gehwegen, eine hinter der anderen, in Wolken von Staub gehüllt, den sie aus dem lockeren Boden aufwirbelten. Jede bog in ihr Haus ab, ohne Abschied, sachlich, wie Tier« sind. Als der Weg frei war. setzte sich der Kinderzug in Bewegung. Sie trugen Kerzen, die Flämmchen wurden durch ein Stück Papier vor dem Wind geschützt. Aber es reichte nicht, sie hielten noch die Nein« Hand davor und gingen behutsam, um keinen Zug zu machen. Es war noch ganz hell. Die Lichter brannten in der Heiterkeit eines nordischen Sommerabends weiß und rein. Eines aus dem Zug begann zu singen, ein paar Stimmen fielen ein. Aber andere kannten das Lied nicht, und viele waren befangen, denn überall traten die Leute aus den Häusern. Es fehlte jemand, der führt« und angab. Heber eins war er da und fetzt« sich entschlossen an die Spitze eine"Dame von einem Gut, die den Burschen obgelernt hatte, wie man Ziehharmonika spielt. Jetzt ging es: hinten folgten die Wen und sangen mit. Das war der Kinderzug am Iohannisabend.

Ms wir uns am Morgen alle drei wieder'ger« resiource* einfanden, empfing uns der noch am'-iw.- so freundliche Wirt in unhöslichster Form. Unser Haifisch stinke angeblich. Die Frau habe Dfcchr nicht schlafen können, am Morgen sei er genöttgi gewesen, Arzt holen zu lassen. Allen Leuten sei schlecht. Wir.nützten da Luder sofort aus dem Saal schaffen und dürsten uns nie.v> in derBürgerressource'" blicken lasten, sonst werde er üts Komö­dianten Bein« machen. Er war vollkommen im Recht. Mit dem Haifisch wa übet Nacht eine verhängnisvolle Veränderung vor sich gegangen." e Zersetzung seiner sterblichen Ueberreste machte unglaublü Fwt- schritte. Ich machte den Borschiag, den Haifisch einzubalsamieren, wa» einstimmig angenommen wurde. Wir kauften fünf Flaschen Kölnisch Wasser und irgendein Parfüm, ich glaube es war Ehypre, und badeten darin unseren Haifisch, woraus wir ihm viel von der Flüssigkeit auch nach innen gasten. Dann luden wird den Haifisch auf einen Wagen und fuhren nach Wodnan. Aus der Turnhalle warf man un» mit ihm hinaus, ob- wohl uns der geräumige Turnsaal recht gut gefiel. ImDolksheim" nahm man uns auf, nachdem auf den Hai« fisch vier neue Flaschen Kölnisch Wasser draufzegangen waren. Und dann ging alles sehr schnell, Plakate, Agitatton, ein zahl- reiches Publikum. Der Fisch strömte einen furchtbaren Gestank aus, das alles im Saal in Ohnmacht fiel. Wir drei hielten uns auch kaum auf den Beinen, denn wir tranken seit dem frühen Morgen Kognak, um das alles auszuholten. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer uns eigentlich ver. haftete, aber in der Nacht erwachte ich im Wodnaner Gefängnis. Zu meiner Rechten schlief Mestek, zu meiner Linken Schwestka. Am Morgen legte man uns dann ein« Geldstrafe wegen Ueber« tretung irgendeiner Borschrist für Gesundheitsschutz oder etwas Aehnliches auf. Wir wohnten nicht einmal dem Begräbnis unseres Haifisches bei. Er wurde auf Kosten der Gemeinde Wodnan bestattet. Man scharrte den Schrecken der nördlichen Meer« ein wie eine krepierte Katze. Ich kenne die Stelle nicht, wo er ruht. Auf seinem Grabe steht nicht einmal ein einfaches Kreuz, obwohl noch unserem Plakat ein päpstlicher Vikar, Kanonikus und Bischof von Palermo , Ka- pistran Matheus durch seinen Magen hindurchgegangen ist. Schlaf süß, mein Haifisch!' sScreckib'att Ukbertraiwna«uz STK-KWien neu®»t» Ztewer.i

""Äito-, 7 wien in Amerika Zur selben Zeit, wenn sich in Deutschland Millionen ausmachen, an die Sc«, ins Gebirge oder in Kurorte zu fahren, beginnt auch in Amerika die Völkerwanderung der Fericnreisendcn. Allerdings voll- zieht sie sich hier in ganz anderem Stile wie in Deutschland . Abgesehen von den Luxusreiscnden, die die teuren Seebäder aufsuchen, reist ganz Amerika in die Wildnis, um ein Leben der Freiheit, Ungezwungenheit und Natürlichkeit zu führen. Man will von Telephon, Autobus und Untergrundbahn, von Geschäft und Börse, Elektrizität und Kino nichts mehr wisten. Wer es sich nur irgendwie leisten kann, heizt sein mehr oder weniger kostbares Auto an, um mit Kind und Kegel in die sogenanntenCamps" zu fahren. Don den schönsten Wagen bis zu den ältesten Klapperkasten sieht man die großen Heerstraßen Amerikas , die von New Dork, Philo. delphia, Washington , Boston , Ehicago und anderen großen Städten ins Gebirge oder in einsame Waldgegenden führen, bevölkert. Bei Ferienbeginn ist der Andrang auf die Landstraßen Amerikas ebenso groß, wie in Deutschland der Sturm auf die Eisenbahnen. Man stelle sich etwa nicht vor, daß die Ferienauto» mit einer Geschwindigkeit von 100 Kilometer dahinrasen, das ist nicht möglich, da in diesen Tagen auf den großen Heevesstraßen Auto neben Auto fährt, wip in Deutschland in den verkehrsreichsten Straßen der Großstädte. Erst wenn man 50 oder 100 Kilometer von der Großstadt entfernt ist, wird der Weg etwas freier, und nun können die Autos schneller ihrem Ziele zustreben. Es ist fast unglmiblich. was ein derarttger Wogen alles birgt. Außer den Familienmitgliedern, die selbstverständlich mitfahren. finden sich hier all« Zubehörteile zur Errichtung derEamps", der Wohnzelte, in denen die Familie die Sommerzeit verbringt. Dies« sind je nach der Wohlhabenheit der Reisenden entweder ganz einfach oder mit größtem Komfort ausgestattet, so daß sie einen guten Ersatz für ein kleines Sommerhäuschen bieten. Technik und Industrie haben zusammengearbeitet, um für verhältnismäßig geringe Sum- men leichtaufstellbare Häuschen zu schaffen, die, ordnungsmäßig zu- sammengelegt, auf dem hochbepackten Auto mitgeführt werden können. Daneben ist hier selbstverständlich noch das Faltboot ver- packt, außer einer großen Anzahl von Sportgeräten, die die Er« wachsen«» ebenso gebrauchen wie die Kinder. Sogar Betten, die schnell aufgeklappt werden können, werden gut zusammengelegt mit- geführt, ebenso Bettdecken, klein« Küchen. Kochgeschirre. Eßbestecke und alles für das Leben Notwendige. Wohlhabendere Leute haben für dies« Zwecke ein besonderes Lastauto, um bequemer reisen zu können. Ist nun die Stätte des Sommeraufenthalts erreicht, dann wird das Camp aufgeschlagen. Da schöne Gcbirgs- oder Waldgegenden mit Seen und Wasserläuscn sehr beliebt sind, so finden sich hier viele derartig« Sommerfrischler zusammen, und es entstehen ganzeCamp- Städte", in denen sich ein freies und ungebundenes Leben entfaltet. das nur der Gesundheit gewidmet ist und in vielen Stücken an ähn- liche Einrichtungen erinnert, die sich in der Nähe von Berlin an den Seen und Flüssen der Mark am Wochenende finden. Wer nur mit seinem Auto hergekommen ist, findet hier auch bald alles Notwendige. denn dieAutomobil-Warenhäufer". die aus den nächstgelegenen größeren Städten täglich hierherkommen, führen alle Waren mit sich, die ein Sommerfrischler braucht, vom zusammenlegbaren Häuschen bis zum Petroleumkocher, vom schönen Bett bis zur Pferdedecke, mit der man sich in der Nacht bedecken kann, ferner alle Gemüse, Fleischkonserven und andere Nahrungsmittel, so daß die Haussrau im Laufe weniger Minuten in der Lage ist, für ihr« Familie ein Mittogesien herzustellen. Fußboll, Rudern und Segeln. Schwimmen und Turnen sorgen dafür, daß der notwendige Appetit vorhanden ist und der Körper in Licht, Lust und Sonne gekräftigt wird. Daneben gibt es in Amerika große Schlllervereinigungen, die besondere Herbergen, sogenannteBunks", besitzen, und in denen ein« große Anzahl junger Leute unter einer Aufsicht ihren Sommer- ausenthalt verbringen. Vorbild für olle diese Sommerfrischen ist das Leben der Indianer in chren Wigwams, denn im Sommer werden die meisten Amerikaner für mehrere Wochen Naturmenschen der Urzeit.

Die verpönten Menschenrechte. Etwa um dos Jahr 1800 be- schwerten sich die mecklenburgischen Städte bei dem Wetzlarer Reichskammergericht über die übermütige Ritterschaft. Anstatt ihrer Beschwerde nachzugeben, wurde sie selbst von dem Gericht in Strafe genommen, weil sie dos verpönte WortMenschenrechte" gebraucht hatten, das durch die französische Revolution mißliebi» geworden war.

Saroslav TCasn Wir hatten eine stürmische Nacht verbracht. Unsere Gesellschaft bestand aus einem Redakteur der ZeitschriftDie Welt der Tiere", dem Schlongenbändiger und Flohzirkusbesitzer Mestek und Schwestka, dem Eigentümer eines Ringelspieles, einer ameriko- nischen Schaukel und einer Schießbude. Wir olle waren Menschen von etwas zweifelhafter Existenz, und hätten wir Visitenkarten gehabt, hätte jeder von uns zu seinem Titel das Wörtchenehe- maliger" drucken lassen müssen. Wir entschlossen uns zu einem Spaziergang durch Prag . In einer Straße erregte es unsere Aufmerksamkeit, daß das Personal eines Geschäftes, in dem große Seefische verkauft wurden, beschäfttgt war, irgendeinen Gegenstand in der Auslage aufzuhängen, der den ganzen Schaukasten ausfüllte. Es war irgendein großer Fisch. Ich ging in den Laden und fragte vorsichtig, was das für ein Fisch sei- Ein junger Haifisch," war die Antwort.Er ist krepiert" be- merkte ich, um nur etwas zu sagen.Was fällt Ihnen ein?" sagte der Verkäufer beleidigt.Dieses Haisischjunge wurde mit einer Harpune getötet. Es ist nicht krepiert. Es ist künstlich gefroren." Was kostet das Kilo?"Wir verkaufen Haifische nicht kiloweise. Das ist ein Reklameexemplar. In der Nacht kommt es immer auf Eis." Ich kehrte zu meinen unausgeschlafenen Gefährten zurück. Ein sechzehn Monate alter Haifisch", sagte ich,gefangen der Insel Helgoland . Getötet durch einen Schuß aus einem Kanonenboot, als er ein Unterseeboot versenkte, das ihn mit dem Torpedo in die Luft sprengen wollte. Ein Reklameexemplar. In der Nacht kommt er immer auf Eis." Der ehemalige Schlangenbändiger wurde nachdenklich.Gehen wir zum.Goldenen Schiff'," forderte er uns auf,ich glaube mit dem Haifisch wird sich etwas machen lassen." Wir betraten den Ausschank beimGoldenen Schiff", bestellten einen Kognak und warteten, was Mestek sagen würde. Vor vielen Jahren," sagte Mestek nach langem Schweigen. hatte ich eine Glastiste. In der Kiste hatte ich eine Ringelnatter, die ich als das Junge einer Kobra ausgab, die sich mit einer Riesen- schlänge gepaart hatte. Ich ließ Plakate anfertigen, schleppte die Natter in ganz Mähren herum und verdiente an ihr fünfhundert Gulden. Wenn wir einen wirklichen Haifisch kaufen, sind wir in vierzehn Tagen Millionäre." Darauf verließ Mestek uns unverzüg- lich und kehrte etwa eine halbe Stunde später mit folgenden Worten zurück:Also, der Haifisch gehört schon samt der. Kiste uns. In einer Weile wird er hier sein. Er kostet siebzig Gulden." Mit diesem Augenblick beginnt unsere Pilgerfahrt mit dem Haifisch, an die ich noch heute, nach vielen Iahren, die schönsten und angenehmsten Erinnerungen habe. Wir kamen überein mit dem Haifisch nur kleine Städte zu bereisen. Der erste dieser Orte war Strakonitz . Wir schafften den Haifisch gradwegs in dieBurgerressource". Mestek verhandelte mit dem Besitzer des Restaurants. Er versprach ihm einen ungeheuren Besuch und forderte ihn auf, sich den Haifisch anzusehen, der in seinem langen Sarg auf dem Hofe lag. Der Besitzer überließ uns den Saal völlig kostenlos. Zu gleicher Zeft verfaßte ich' in der Druckerei folgendes Plakat:

fe: 3)er Sia Die Schrecken der nördlichen Meere! Di« Tragödie der Meeresties enl An die p. t. Bevölkerung der Stadt. Eine große und seltene Ueberraschung steht euch bevor. Der Anblick eines Hai- iisches, gefangen auf der Insel Helgoland . Dieser Haisisch ist noch einem gräßlichen Kampf durch einen Schuß aus einem Kanonenboot getötet worden, als er ein Unterseeboot versenkte, das ihn mit einem Torpedo in die Luft sprengen wollte. Zwei Monate lang hat er in der Nordsee als Schrecken oller sein Unwesen getrieben. In seinem Magen hat man die Leiche des Kapitän Trästvns, des Lotsen Seiner Majestät des Königs von Dänemark , gefunden. Wir veröffentlichen nachstehend ein Verzeichnis der letzten Opfer, die dos Meerungeheuer verschlungen hat." Dann folgte eine lange Reihe von Namen. Nur ein Tag! Am 15. Mai von 2 Uhr nachmittags bis 7 Uhr abends in derBürgerressource" zu besichtigen. Eintritts- geld 30 Kreuzer. Kinder in Begleitung nur die Hälfte. Alles in allem ergänzten wir drei uns wunderbar. Der ehe- malige Besitzer der Schießbude verstand es, eines dieser Plakate auf so gefällige Art an das Portal der Kirche anzukleben, daß es keinen Gläubigen verletzte, und der Kirchendiener half ihm dabei. Zu gleicher Zeit betrat ich bereits das Rathaus, um den Bürger- meister persönlich einzuladen. Er war der unverfälschte Typ eines südböhmischen Demokraten. Während er mir fest die Hand drückte, sagte er:Ein Haifisch? Ich habe Haifische sehr gern. Beißt er nicht? Tot? Sieh mal einer dieses Luder! Ich werde mit der ganzen Gemeindevertretung kommen!" Auch den Pfarrer und die Gcndarmeriestation besuchten wir. Irgendein Professor in Pension, der den Rest seiner Tage rn Strakonitz verbrachte, lud mich zum Mittagessen ein und entwickelte während der ganzen Mahlzeit die Theorie, daß die Wissenschaft kein Dogma anerkenne, weil sie sich der Relativität ihrer Erkenntnisse bewußt sei. Alles in allem be- dauerte ich jedoch nicht, daß ich den alten Herrn kennengelernt hatte. Er besah nämlich ein Konversationslexikon, dem ich einige Nottzen betreffs der Haifisch« für meinen Vortrag vor dem Publikum entnahm. Un, Zwei Uhr waren so viele Menschen im Saal derBürger- resiource" versammelt, daß es keinem Apfel gelungen wäre,' zu Boden zu fallen. Auf dem Podium stand die Kiste mit dem Hai- fisch. Die Menschen näherten sich dem Podium so, wie man beilige Reliquien küßt. Zuerst hielt ich einen fesselnden Vortrag über Meer- ungeheuer. Wir sammelten freiwillige Beiträge, die zum Aus- stopfen des unglücklichen Haisischs verwendet werden sollten. Die Eemcindevcrtreter kamen um vier Uhr. Der Bürgermeister zahlte mit großartiger Miene fünf Kronen. Es waren glückliche Zeiten, wir hatten Geld in Ueberfluß. Mestek mochte an der Leiche des Haifischs die Bekanntschaft einer Witwe und blieb die Nacht über bei ihr. Ich schlief beim Bürgermeister und Schwestka auf der Gen- danneriestation. Er hatte nämlich i m Wirtshaus irgendeinen Scheuermeister aus Skorchtitz verprügelt, der unseren Haifisch in roher Weise beleidigte, indem er behauptete, das sei überhaupt kein Haifische sondern ein Delphin, er müsse es wissen, denn er habe bei der Marine gedient,