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Beilage

Montag, 8. Juli 1929

Der Abend

Im Land der Radler

Besuch im gesegneten Holland

Es ist in vieler Hinsicht lohnend, sich Holland einmal anzusehen, zumal dann, wenn man auf die Eisenbahn verzichten will und statt dessen eine Radtour unternimmt. Die Holländer sind ihrer Sprache und ihrer Rasse nach eng mit den Deutschen verwandt, jahrhunderte­lang hatten die Niederlande zum alten Deutschen Reich gehört, bis im 16. Jahrhundert die Habsburger auf den Gedanken tamen, dies Land unter ihre besondere Obhut zu nehmen und die Wiederein­führung des katholischen Glaubens mit allen möglichen Gewalt­mitteln zu betreiben. Die Folge war die Rebellion gegen die Habs= burger und schließlich im Jahre 1648, beim Abschluß des Dreißig jährigen Krieges, die endgültige Trennung vom Reich. Seitdem sind die Niederländer ihre eigenen Wege gegangen und ein anderes Bolt geworden. Holland bietet ein Musterbeispiel dafür, wie die mate­riellen Verhältnisse den Menschen verwandeln.

Im 13., 14. und 15. Jahrhundert haben gewaltige Meeresstürme große ehemals bebaute Landgebiete zu Wasserflächen gemacht, und die Zuidersee, ehemals ein Binnenmeer, wurde zu einer großen Bucht der Nordsee . Bom 17. Jahrhundert ab haben sich die Hol­länder damit beschäftigt, dem Meer verlorenes Land wieder stüdweise zu entreißen, und vor allem im vorigen Jahrhundert wurde eine Anzahl kleinerer und größerer Binnen­feen trodengelegt und zu Biehweiden gemacht. Im Schutz des Fest­landes gegen die Gewalt des Meeres haben so gerade die Holländer reiche Erfahrungen gesammelt, was um so wichtiger ist, als ja weite Gebiete des Landes um zwei, drei und sogar vier bis fünf Meter unterhalb des Meeresspiegels liegen. Augenblicklich ist man auf Grund eines Gesetzes aus dem Jahre 1918 damit beschäftigt, die Zuidersee trockenzulegen, und in einem Jahrzehnt wird durch diese gewaltige Arbeit die Landkarte ein wesentlich verändertes Bild von Holland zeigen, denn die Gesamtfläche des Landes wird um rund ein Zehntel vergrößert werden.

Sobald man die Grenze überschritten hat, überrascht uns viel­

fach ein Wohlstand, den wir in Deutschland in dieser Form nicht fennen. Zunächst fann sich der Radfahrer bessere Wegmöglich feiten nicht wünschen. Ueberall laufen neben den Auto- und Land­ſtraßen gutgepflegte Radfahrwege nebenher, bald asphal­tiert, bald Teerwege, bald mit Fliesen oder mit glattem Ziegelstein pflaster bedeckt. Hier kann der Radfahrer unbesorgt vor Personen­und Lastautos sich fortbewegen, und ebenso auch in den großen Städten. Wenn in Amsterdam oder in Rotterdam nachmittags die Fabriken und die Bureaus schließen, sind die Straßen von Hun= derten und Taufenden von Radfahrern belebt, alle gut diszipliniert und fast im gleichen Tempo. Dann bleibt dem Auto­mobil nichts anderes übrig, als sich diesem Tempo anzupassen. Auch find die Straßenbahnen in Holland erheblich leerer als bei uns. Man erhebt in Holland auf das Fahrrad eine Steuer von Gulden im Jahr; man weiß daher, wieviel versteuerte Fahrräder es gibt: es sind über 3 Millionen Räder bei 7 ½ Einwoh= nern. Die Zahl der Radfahrer in Holland ist etwa ebenso groß wie die Zahl der Wahlberechtigten; der kleinere und auch vielfach der höhere Angestellte, der Arbeiter, der Handwerker, der Bauer und auch die Bäuerin, vielfach auch der Priester und selbst Greise und Greifinnen fahren Rad. Das Land ist eben, der Winter fennt nur wenig Schnee, die Räder find billig, die Straßen und Wege fast ausnahmslos ganz ausgezeichnet: das sind die Voraussetzungen für die uns märchenhaft erscheinende Macht, die der Radfahrer in Holland darstellt.

Während die Arbeiter in den Fabriken arbeiten, stehen, oft zu Hunderten, die Räder vor den Fabriken; auch vor Wohnhäusern, Bahnhöfen, Poststationen, Geschäften usw. fann man sorglos sein Rad stehen lassen: es wird nicht gestohlen. Je wohlhabender ein Land ist, um so seltener sind Diebstähle.

Hollands Wohlstand.

Man fährt durch Dörfer und kleine Landstädte und findet dort mur selten fleine Kramläden, dafür aber prachtvolle Geschäfte mit riesenhaften Schaufenstern, mit guten Warenauslagen, und man blickt durch die immer großen Fenster in die Wohnungen und findet selbst bei den Arbeitern vielfach sehr gesunde und für unseren Geschmad ,, modern" eingerichtete Räume. Im Durchschnitt ist der holländische Arbeiter nicht nur erheblich besser gekleidet, son­dern auch besser genährt als der deutsche.

Um diese Unterschiede zu verstehen, muß man sich die wirt. fchaftpolitische Rolle Hollands vergegenwärtigen, nicht nur die von heute, sondern auch die der vergangenen Jahrhunderte. Holland liegt zwischen den industriell start fonkurrierenden Ländern Belgien , England und Deutschland , es herrscht daher für viele Industrieerzeugnisse ein scharfer Konturrenzfampf, der den Preisstand meist erheblich drückt. Diese Lage Hollands als Verbindungsland und die Tatsache, daß Holland die gesamte Rheinmündung beherrscht, bringen es auch mit sich, daß durch dies Land ein gewaltiger Durchgangsverkehr geht, der stets recht einträg lich gewesen ist. Schon seit Jahrhunderten sind die Holländer ein feefahrendes Volt, und wenn heute dies fleine Land eine Handels­flotte besitzt, die so groß ist wie die mancher Großstaaten, so ist das ebenfalls eine Folge der verfehrspolitischen Lage. Im ver gangenen Jahr belief sich die holländische Handelsflotte auf mehr als 2,8 millionen Registertonnen gegenüber 3,2 Millionen für Frankreich und 3,7 Millionen für Deutschland . Natürlich spielt auch die Ausbeutung der Kolonialgebiete, insbesondere der reichen zwischen Asien und Australien gelegenen Inseln Sumatra , Java, Borneo und Celebes eine große Rolle und erlauben den holländischen Kapitalisten große Kolonialprofite. Kolonialprodukte wie Kaffee, Kakao, Schokolade, Tee, Tabak usw. find denn auch erheb­lich billiger als etwa in Deutschland .

Die enge Verflechtung Hollands mit der Weltwirtschaft, die große Abhängigkeit von anderen Ländern, bald als Lieferanten, bald als Kunden, hat die Politik der Niederlande der letzten Generationen bestimmt: man ist im wesentlichen pa zifistisch und an der Er haltung des Weltfriedens interessiert; irgendeine Beteiligung am Weltkrieg hat wohl faum jemand in Holland auch nur erwogen. Holland hat vielmehr in den Jahren. wo im übrigen Europa für Hunderte von Milliarden Werte vernichtet wurden, und ebenso in ben Inflationsjahren, wo in großen Teilen Europas nicht nur der

Spalausgabe des Vorwärt

Arbeiter und der Angestellte, sondern auch der Mittelstand" expro| Industrieland geworden. Abgesehen von der Verarbeitung ein­priiert wurde, die Zeit genutzt und Reichtum und Wohlstand vermehrt.

Im Zusammenhang mit der starten weltwirtschaftlichen Ver­flechtung Hollands steht auch die Tatsache, daß die Zölle ver hältnismäßig niedrig sind, wenn auch im Jahr 1924 die Sätze etwas erhöht worden sind. Zahlreiche industrielle Fertig fabrikate werden mit 8 Proz. des Wertes belastet, doch sind nicht nur die meisten Lebensmittel und Rohstoffe, sondern auch zahlreiche fertigindustrielle Massenwaren zoll frei geblieben. Daran dürfte sich, zumal da das neue Parlament taum anders aussieht als das alte, in absehbarer Zeit wohl auch nichts ändern. Die Folge hiervon und ebenso des geringeren Steuer­drucks ist die Billigkeit vieler Waren, auch wenn sie außerhalb der holländischen Grenzen fabriziert werden. Die schon erwähnte Konkurrenz der industriellen Nachbarländer auf dem holländischen Markt tut ein übriges, um eine Niedrighaltung des allgemeinen Preisniveaus zu bewirken. Andererseits find Löhne und Ge­hälter in Holland höher als in Deutschland , Frankreich oder Belgien .

Wahlvorbereitungen.

Recht charakteristisch für die Art des holländischen Denkens waren die Wahlvorbereitungen. Man arbeitete weniger mit dem Geldbeutel als bei uns. Kreide und weiße Farbe sind nicht besonders teuer, und alle erreichbaren Gegenstände wurden mit großem Fleiß bemalt, das Straßenpflaster, die Radfahrwege, die Häuserwände, die Kaimauern an den unzähligen Kanälen, die Bord­schwellen der Bürgersteige usw.: bald bloße Parteianpreisungen und Parolen, bald mehr oder weniger gelungene Verse, bald Zitate aus Reden der Gegner. Natürlich gab es auch Platate, doch waren sie selten größer als Flugblattformat. Und während in Deutschland gepanzerte Ritter, Drachen und andere sagenhafte Dinge in riesen­hafter Größe und bunten Farben auf den Wahlplakaten dargestellt werden, um Freund und Feind richtig zu chrakterisieren, begnügt man sich in Holland in erster Linie mit dem Wort, und wo Bilder gezeichnet werden, zieht man Kaufmannsläden, Deltannen und andere reale Dinge vor. So zeigt sich auch in der Art der Wahlpropaganda ein recht starker händlerischer Einschlag. Mehr als vor dem Kriege ist heute auch Holland ein

heimischer, und kolonialer Rohstoffe und Nahrungsmittel( Obst und Gemüse, Milchprodukte, Rohöl, Tabat, Kakao, Rofosfett, im Süden Hollands auch Kohle) gibt es einige große Spezialunternehmen, so 3. B. im Maschinenbau, in der Elektrotechnik und in der chemischen Industrie. Daher gibt es auch in Holland mehr als früher Industrie­städte, und natürlich gibt es auch in den Zentren der großen Städte viele alte und ungesunde Wohn- und Bureauhäuser. Auch in Holland herrschen wie in jedem anderen kapitalistischen Land Klassen= gegensäge; was aber dem aus Deutschland kommenden Besucher dieses Landes auffällt, ist der Umstand, daß im Durchschnitt das materielle und vielfach auch das kulturelle Niveau höher liegt. Das gilt auch für das flache Land. Man sieht von den Landstraßen aus nicht nur prächtige, in behäbiger Breite daliegende Herren­häuser, deren reiche Besizer sich allerdings nicht scheuen, in ihren Barfanlagen öfters auch einige Rühe weiden zu lassen, sondern man sieht auch zahlreiche neue Siedlungen und Landhäuser für weniger begüferte Menschen; der Anteil des Großgrundbesitzes ist, verglichen mit Deutschland , nur gering.

Sollte jedoch ein Arbeiter auf den Gedanken kommen, vielleicht seinen Urlaub zu einer Radtour durch Holland zu benutzen, so seien ihm doch noch einige Winte gegeben: erstens trete er einer großen Radfahrorganisation bei, schon deswegen, weil er dann sein Fahrrad zollfrei über die Grenze bekommt; zweitens muß er wissen, daß in Holland zwar vieles billiger ist als bei uns, nicht aber das Restaurantessen und das Uebernachten in hotels, und drittens darf er nicht vergessen, daß Holland ein Land ist, in dem Bureaukratismus und Militarismus noch nicht so verheerend gearbeitet haben wie in den meisten deutschen Ländern: man ist noch etwas mehr Mensch und etwas höflicher; wo man in Deutsch­ land in der Post ein Plakat aufhängt: Rauchen polizeilich ver­boten", heißt es dort nur: ,, Bersuche bitte an den Schaltern nicht zu rauchen", und während man in Deutschland dem Automobiliſten bei der Einfahrt in eine Stadt auf großen Tafeln sagt: Höchstgeschwin­digkeit 30 Kilometer", heißt es in Holland : Versuche bitte nicht schneller zu fahren als 30 Kilometer", und wenn dann der Auto­mobilist durch die Stadt hindurch ist, findet er oft ein großes Schild, auf dem geschrieben steht: Dante". Wohlstand pflegt die Menschen höflicher und freundlicher zu machen. A. Frante.

Der fahrende Schüler

Wie sein Leben wirklich war

Zu der Zeit, als in Deutschland die Buzenscheibenlyrik graffierte,| richtet, daß er so voller Läuse war, daß er schier so oft als Baumbach und Julius Wolf die Lieblingsdichter des deutschen Hauses waren, gab es wohl feine Figur, die mehr vom Glorien­schein der Romantik umwoben war, als die des fahrenden Schülers. Wie das Leben der Bachanten", der wirklichen Scholaren, der fahrenden Gesellen im Mittelalter wirklich ausgesehen hat, davon machen, sich die wenigstn Menschen heute eine Vorstellung. Es gibt freilich eine Quelle, die darüber Aufschluß gibt. Die Lebens erinnerungen des Thomas Platter .

Thomas Platter , Sohn eines Schweizer Bauern, verlor feinen Vater früh. Die Mutter heiratete bald wieder und so wurde der Knabe bei Verwandten herumgestoßen. Schon vom sechsten Jahre an mußte er sein Brot verdienen; als Siebenjähriger mußte er schon die siebzig bis achtzig Geißen des Bauern in den Felsen hüten. Schließlich erbarmte sich eine Base der Leiden des Waisentindes und gab ihn zu einem Verwandten, daß er die Schrift" lernen sollte und Priester werden. Der lehrte ihn aber nichts, sondern miß­handelte den armen Buben erst recht. Da freute sich der arme Bursche, daß ein" Bachant", ein fahrender Schüler, der mit ihm verwandt war, sich erbot, ihn auf die fremden Schulen mitzunehmen. Es war das damals üblich, daß die Eltern ihre Söhne solchen älteren Schülern anvertrauten: Davon berichtet auch Johannes Butzbach in seinem Wanderbüchlein", das derselben Zeit angehört: Platter wurde 1499, Butzbach 1478 geboren.

Kamen die Scholaren" auf ihren Wanderungen von Schule zu Schule wieder in die Heimat, so bemühten sie sich sehr darum, von Verwandten oder Bekannten so einen zehn- bis zwölfjährigen Jungen anvertraut zu bekommen, damit er unter ihrer Obhut die Schulen besuche. Kaum aber war der elterliche Behrpfennig des armen fleinen Schüßen verzehrt, so begann für die armen Jungen

ein Marterleben.

Sie mußten ihren Beane" ernähren, mußten, wenn der aus Angst vor den Dorfhunden außen ums Dorf ging, fich hineinwagen und von Haus zu Haus betteln. Je kleiner und elender so ein Schüße" war, desto mehr erregte er das Mit­leid der Leute und desto mehr wurde er ausgebeutet. Von den ge­bettelten Sachen aber durfte er nicht einen Bissen essen, und die Bachanten kontrollierten genau: Manchesmal mußte der arme Schüße sogar seinen Mund mit warmem Wasser ausspülen, damit der Bachant erkennen konnte, ob er etwa ein Bröcklein Fett irgendwo erwischt hätte. Auch auf der Schule mußte der Schüze feinem Bochanten präsentieren", d. h. ihm den Lebens unterhalt zusammenbetteln und alles getreulich abliefern. Und Thomas Blatter erzählt in seinen Erinnerungen, wie er, statt auf die Schule zu gehen, den ganzen Tag über betteln mußte und doch Hunger litt, so daß er den Hunden auf der Straße die ange­nagten Knochen abgejagt und die Brosamen aus den Dielenrißen der Schule gesucht hat. Es war üblich, daß die armen Schützen immer nur das bekamen, was von dem Mahl ihres Bachanten übrigblieb, und mancher gab seinem Schützen erst dann das Brot, wenn es grau und schimmlig wurde.

Auf der Schule lebten die Schüler in Bursen", Häuser, in denen die Studenten wohnen durften, freilich ohne daß sie Be köstigung oder irgendeine andere Pflege bekamen. Wie es da mit der Reinlichkeit aussah, tann man sich leicht denten. Platter be­

man gewollt hätte, dry Lüß mit ein andren hätte aus dem Busen zogen". Brauchte er mal nicht betteln, so zog er, besonders im Sommer, hinaus an den Fluß, wusch sein einziges Hemd, hängte es auf eine Staude und suchte, während es trocknete, die Lüß" aus seinem Rod. Und allerwegen fehrt die Klage wieder, wie die Habitanzen" so gar voller Lüß" säßen, daß man sie im Stroh hörte fresmen".

So lebte der arme Schüler in Dred und Not unter der Tyrannei seines Bachanten. Jahrelang blieben die unterwegs, 30gen von einer Schule zur anderen und richteten sich bei der Aus­wahl mehr danach, ob irgendwo der Bettel leicht war, als nach dem ,, perrimpten" Ruf der Schule. Die armen Kinder, die ihnen an­vertraut waren, vertamen und verrohte n. Wagte es aber ein­mal ein Schüße, seinem Bachanten zu entfliehen, so drohte ihm ärgste Mißhandlung, ja der Tod, nicht nur durch seinen Bachanten, son­dern durch alle anderen fahrenden Schüler". So erzählt Johannes Butzbach , wie sein Bachant, als beiden eine gute Stellung in reichen Häusern geboten wurde, ihm einfach an zwei andere große Schüler übergab, für die er mun den ganzen Wintet durch betteln sollte. Als er sich meigern wollte, fingen sie ihn ab und mißhandelten ihn in graufamster Weise, banden ihn nackt in eiskalter Kammer die ganze Nacht über an, bis er sich bereit erklärte, für die beiden anderen betteln zu gehen. Als ihm aber sein Fausherr befahl, im Hause zu bleiben, damit ihn die Bachanten nicht auf die Bettelfahrt schicken fonnten, versuchten die fahrenden Schüler sogar das Haus zu stürmen, so daß sie der Hausherr mit Waffen verjagen mußte. Dem Thomas Platter aber drohte sein Schüler, ihn abzu schlachten, wenn er versuche zu entfliehen, und zog ihm schließ lich achtzehn Meilen weit nach, um ihn wieder zu fangen, denn er hatte eine gute Pfründ an ihm verloren".

Dies ist das wahrheitsgetreue Bild des fahrenden Schülers". des akademischen Proletariats im Mittelalter. Nur die stärksten, physisch wie moralisch widerstandsfähigsten Naturen konnten nach einem solchen Vagantenleben zu der Eristenz eines Bürgers oder zu wissenschaftlichen Leistungen kommen. Buzzbach entlief seinem Bachanten, murde Schneiderlehrling, dann Klosterschneider, nahm endlich die Weihen und wurde sogar Prior von Maria a ach. Er verkürzte sich den Schlaf, um das Studium nachzu­holen, hinterließ mehrere wissenschaftliche Werke und starb schon mit 47 Jahren.

Auch Butzbach entlief seinem Bachanten, fam in seine Heimat zurüd und lernte ,,, um nit ein Pfaff zu werden", das Seilerhand­wert, später die Buchdruckerkunst. Daneben studierte er immer weiter, hielt auch Schule und fehrte schließlich im Alter ganz zur Schulmeisterei zurück und wurde der Schulmeister von Basel . Mit den Herren der Universität hatte er manchen Streit, denn die gönnten dem ,, Bönhasen", der sich weigerte, den Magistertitel zu er­werben, nicht, daß seine Schule bald einen besseren Ruf hatte, als manche Universität" der damaligen Zeit. Er setzte sich aber durch und starb hochgeachtet im Alter von dreiundachtzig Jahren. Sein Sohn Felig wurde einer der berühmteffen Aerzte seiner Zeit, und auch er hat kulturhistorisch sehr interessante Memoiren hinterlassen.

Rose Ewald.