Die sächsische Windfahne.
Wie dasßhwkn auf dernTurm Sich kann drchnbeiWind und Stum
Sbkiinnsich der Nazidrehn. jts lustig anzusehn]
Dresden . S. Juli. Eigenbericht.) 3n der Dlenstagsihung des Sächsischen Landtag » wurde der kam- muniftifchc?N i h t r a u e n sa nt r a g gegen d i e Regierung Länger mit 44 sozialdemokratischen und kommunistischen Stimmen gegen 41 Stimmen der bürgerlichen Parteien einschliehlich des Alt- soziallsten Vuck abgelehnt. Sieben Abgeordnete, und zwar vier Demokraten, zwei Aufwertler und INinisterpräsident Länger enthielten sich der Stimme. Aach der sächsischen Lersassung sind zur Annahme eines Rlisitraucnsvolums 49 Stimmen— das ist die Mehrheit aller Abgeordneten— notwendig. Die Regierung Länger ist deshalb vorläufig gerettet. Vor der Abstimmung verlas der sozialdemokratische Abgordncte L ö ch« l einen Teil eines Briefes des Nationalsozialisten v. M u � e, der der sozialdemokratischen Landtagsfraktion als Antwort auf ihre Absage an die Nationalsozialisten zugegangen war. In diesem Brief heißt es u. a.: „Mein zur Verhandlung stehender Brief zeigt, daß es sich um eine vorausschauende Klärung eines vielleicht eintretenden Falles handelt. Das kürzliche Verhalten der Parteien der früheren bürger. lichen Regierungskoalition zeigt, daß der Bestand der bärger. lichen Regierung Dr. Bünger keineswegs gesichert ist. Die Große Koalition kommt nicht in Frage, es sei denn, daß alle in Betracht kommenden Parteien ihren bisher, und besonders in den letzten Wahlen scharf betonten Standpunkt jetzt ins Gegenteil um- kehren. Genau wie im vorigen Landtag -kann also auch jetzt wieder in Erscheimmg treten, daß für den Fall eines durch die bürgerlichen Parteien selbst herbeigeführten Sturzes des Ministeriums Bünger, als einzige überhaupt noch mögliche parlamentarische Lösung die Frage einer sozialdemokrotischenMinderhcitsregie- rung in den Vordergrund tritt: denn ich darf wohl annehmen, daß Ihrer Partei um so weniger wie etwa anderen Parteien der Gedanke kommen möchte, wiederum die Bajonette anzurufen und eine Re> gierungsbildung zu ermöglichen. Die Tatsach«, daß«ine p a r l a> me n t a r i s ch e Lösung der Regierungsbildung bei«intretendem Sturz der Regierung Bünger ohne die Nationalsozialisten gar nicht möglich ist, vorausgesetzt, daß gewisse Parteien sich nicht politisch kastrieren, zwingt doch, wie jeder denkend« Mensch zugeben muß, die Nationalsozialistisch« Partei dazu, die Frage, ob«in« parlamen. tarisch« Lösung überhaupt möglich ist, zu Nären. Di« Vorbereitung zu diesem Schritt war mein Brief. Ihr« Ablehnung habe ich meiner
Parteileitung berichtet. Für alle Fälle wäre festgestellt, daß die Nationalsozialistische Arbeiterpartei ihrerseits alles getan hat, was geeignet war, ein« Wiederkehr der Tatsache zu verhindern, daß eine Regierungsbildung gegebenenfalls aus der Spitze der Bajonette er. folgen muß. Diesbezüglich darf ich nur noch mich angleichend an die von Ihnen gewählte unmißverständliche Ausdrucksweise anführen, daß es uns nur recht sein kann, je eh«r der Parlamentarismus im eigenen Dreck verreckt." Dieser konfus« Brief des Abgeordneten von Mücke ist elxnv falls im Einverständnis mit der R«ichsleitung der Nationalsozialisten verfaßt worden. > Der Sächsische Landtag hat 96 Abgeordnete. Bei den Sozialdemokraten und Kommunisten hat ein Abgeordneter gefehlt. Die Hakenkreuzler haben für Dünger gestimmt. Ferngeblieben sind Herr H e l d t, der frühere Ministerpräsident, Herr von F u m e t t i, der frühere Justizminister, und der Landvolkabgeordnet« Schreiber, der sich in Meißen öffentlich bereits als neuer Wirtfchastsminister vor«: stellte, es aber dann doch nicht wurde. Die Regierung Bünger ist eins ausgesprochene Minder- heitsregierung. Sie kann nicht wagen, vor dem Landtag die Vertrauensfrage zu stellen. Für ihre sachlichen Vorlagen braucht sie eine Mehrheit. Dazu gehört aber, daß Demokraten und Nationalsozialisten gemeinsam für sie stimmen. Es genügt, daß die beiden Aufwertler und die beiden Altsozia» listen sich zur Opposition schlagen, um sie in die Minderheit zu versetzen. Herr Bünger wird also seine politische Kunst auf dem hohen Seil vorführen müssen, und er muß sehr achtgeben, daß er nicht herunterfällt! � Killinger hat Mücke gekillt? München . 9. Juli(Eigenbericht.) Der frühere Kopitänl«utnont Mücke ist offenbar mit der Er. klärung Hillers zu seinem Brief in keiner Weise einverstanden: denn nach einer Mitteilung des„Völkischen Beobachter" hat Mücke nunmehr seinen Austritt aus der Nationalsoziali st i. s ch c n Partei erklärt.
poineare will wieder Rekord rede«. Die Radikalen drückensichvor dem sozialistischen Räumungs- Vorstoß. Pari». 9. Juli. (Eigenbericht.) Die französische Regierung hielt am Dienstag«inen M i- n i st« r r a t ab. In einem der Presse übermittelten Kommunique wird dazu mitgeteilt, daß der Ministerpräsident beabsichtig«, gleich zu Beginn der Schuldendebatte das Wort zu ergreifen und der Kammer, die ihn bisher noch nicht gehört habe, einen U e b e r b l i ck über fein« kürzlichen Erklärungen vor den vereinigtcn Kommissionen der Finanzen und des Aeußeren vorzulegen. Infolgedessen richtet« der Ministerpräsident bereits am Dienstag nachmittag an die Kammer das Ersuchen, die Schuldendebatte aus Donnerztag festzusetzen. Offensichtlich verfolgt Poineare auch diesmal sein« un- glückliche Methode, Entscheidungen des Parlaments durch den Bor- trag endloser Materialansammlungen herbeiführen zu wollen. Die Tatsach«, daß beide zuständigen Kommissionen, nachdem er«in« Woche lang vor ihnen geredet hatte, schließlich sich genau für das Gegenteil des von ihm Empfchleiien entschieden, scheint ihn in seinen Auffasfungen von den Gesetzen des parlameit- t arischen Lebens nicht wankend gemacht zu haben. Immerhin bleibt es durchaus wahrscheinlich, daß sich auch diesmal am Ende ein« knapp« Mehrheit findet. In jedem Falle überwiegt jetzt im Lager der Regierungsparteien die Scheu vor der von den Sozia- listen geforderten Diskussion der Rheinlandfrag« vor der Schulden. dcbatte. Leon Blum wird im Namen der Sozialisten einen An- trog auf Rheinlandräumung stellen, dessen Schicksal je- doch— wie das eines ähnlichen Antrages in der Finanzkommifsian — von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, da die Radikalen in einer am Dienstag morgen abgehaltenen Sitzung beschlossen haben, dem sozialistischen Antrag gegenüber Stimmenthaltung zu üben. Di« Begründung dieser merkwürdigen Entschließung lautet, daß„sich leicht die gewöhnliche Majorität der Regierung bei der Abstimmung wieder zu- so mm«»finden könnte". Die Beschlüsse der Finanzkommission. Paris . 9. Juli. (MTB.) Der Finanzausschuß der Kammer beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung, nachdem der Bericht des Abgeordneten Chappedelaine über die Ratifizierung der Schuidenob- kommen angenommen worden war, mit dem Antrag der Sozialisten, die Ratifizierung von bestimmten Zusiche- r u n g e n der Regierung über ihr künftige Außenpolitik, insbesondere über die Rheinlandräumung, abhängig zu machen. Die vom Abgeordneten Nogaro beantragte Verweisung an den Auswärtigen Ausschuß wurde mit Stimmengleichheit abgelehnt. Im Einverständnis mit den Radikalen, die wegen dar allzu präzisen Fassung des sozialistischen Antrags befürchteten, daß er in der Kammer eine Mehrheit gegen sich vereinigen und so der Regierung Poincart einen billigen Erfolg verschossen werde, zogen die Sozialisten nunmehr von sich au» ihren ursprünglichen Antrag zurück und ersetzten ihn durch folgende Formel: „Der Finanzausschuß beauftragt seinen Berichterstatter, von der Regierung Erklärungen über die Bedingungen z u t ordern, unter denen sie, in Anbetracht der Totsoche, daß der Voung-Plan mit den Schuldenabkommen verknüpft ist, beabsichtigt, ihre künftige Außenpolitik auf die B« s e i t i g u n g de r will- täriscken Besetzungen im Rheinland , desgleichen auf di« Ratifizierung des Plan» durch alle interessierten Mächte, auf die Schiedsgerichtsverträg«, auf die schrittweis« Her- absetzung der Kriegsausgaben in ollen Ländern und auf di« wirtschaftlich« Organisierung Europas zu gründen." Di« erst« Hälft« dieses Antrags, das heißt der Teil, der keine präzisen außenpolitischen Forderungen enthält, wurde in einfacher Abstimmung angenommen. Ein Zusatzantrag des Abg. Mandel, die Artikel 426, 429 und 430 des Verfoiller Vertrags ausdrücklich zu erwähnen, wurde mit 33 gegen 3 Stimmen abgelehnt und hierauf auch der zweite Teil des sozialistischen Antrags mit 19 gegen 18 Stimmen in namentlicher Abstimmung ange» n o m m e n.
Llngarischer Iustizskandal. Oer ungesühnte Mord an Somogyi.— Nene Spuren? Budapest , 9. Juli. (WTD.) Die Staateanwaltschaft für den Pester Landbezirk hat der Witwe des im Jahne 1920 nach dem Sturz der Proletarier- diktatur ermordeten f o z i a l d e m o k r a tischen Redakteurs Bsla S o m o g y i den Bescheid gegeben, das Verfahren wegen die des Mordes verdächtigen Personen, und zwar gegen den Reichstags- abgeordneten Iwan Hessas, dessen Bruder Aurel Hejjas und Dyonifius Vibo fei mit der Begründung e i n g e st e l l t worden, daß die Untersuchung keinerlei verdachlsmomenl« ergeben habe. In der Begründung dieses Bescheids wird aus- geführt, daß sämtlich« Belastungszengen teils bei der Konfrontierung ihr« Aussogen zurückgezogen hätten, teils daß di« be- lasteten Personen ihr Alibi hätten nachweisen können. Dagegen hätten sich gegen vier welkere Personen Verdachtsmomente ergeben, die die Einleitung einer Untersuchung gegen die Letresfenden bc- gründet erscheinen lassen. Der Prioatklägerin steht das Recht zu, Kinnen acht Tagen gegen diesen Bescheid Berufung einzulegen oder ober selber die Älagcrertretung beim Untersuchungsrichter anzu- melden. Zur Vorgeschichte dieses Bescheides ist zu erwähnen, daß im Februar 1920 während der gegenrcvolutionären Ausschreitungen die beiden Redakteur« des sozialdemokratischen Parteiorgans„Nep zavo" („Volksstimme"), Bcla Somagyi und Bela B a c s o, durch uniformiert« Person«» verschleppt bzw. ermordet worden sind. Die mehrfach«ingeleitete Untersuchung in dieser Strasangelegenheit konnte di« Töter aber nicht ermitteln, so daß di« Erhebung einer Anklage bis zum heutigen Termin unterblieben ist. Die Angelegen- heit wurde übrigens wiederholt von demokratischer nnb sozialistischer Seite im Parlament zur Sprache gebrocht, doch tonnten der Innen- »nnister bzw. der Honoedminister aus die an sie gerichteten Anfragen nichts anderes erwidern, als daß es eben bisher nicht gelungen sei. die Täter ausfindig zu machen und daß daher das weitere Der« fahren eingestellt werden müsse.
Selbstmord de» sowjelrnssischen Vertreter» bei der ostchinesischen Eisenbahn. Wie aus Charbin gemeldet wird, hat der Vertreter Moskaus im Verwaltungsrat der Ehinesischen Ostbahngesellschait Tscholmanenko, der an der Versammlung im Snwjet-Kon- lulat vom 27. Mai teilgenommen hatte, ober wegen seiner amt- lichen Stellung nicht verhaftet worden war. Selbstmord begangen.
Eine rechtsradikale propagandalüge. Das.Geheimschreiben"' des Regierungspräsidenten. Vor einiger Zeit wunde w verschiedenen rechtsstehenden Blättern die Nachricht verbreitet, der Regierungspräsident von Schleswig Hobe dem Gericht durch«in Geheimschreiben an- empfohlen, dos Verfahren gegen die im Itzehoer Prozeß an- geklagten Bauern bzw. gegen zwei dieser Angeklagten besonders zu führen, d. h. sie besonders hart zu bestrafen: Einige Landtags- abgeordneten der Deutschen Fraktion gaben dies« Meldungen wieder und fragten, ob tatsächlich ein Eingriff in ein schwebendes Verfahren erfolgt fei. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, beant- wortet der preußisch« Minister des Innern die Anfrage folgender- maßen: Der Regierungspräsident in Schleswig hat wieder an das Gericht geschrieben noch sonst in ein schwebendes Gerichtsverfahren«in- gegriffen oder ein solches Verfahren zu beeinflussen versucht. Er hat lediglich am 4. Dezember 1928 bei dem Oberstaatsanwalt in Altona gegen den Landwirt Frauen aus Hemm« ein« Strafanzeige wegen Berdachtes eines Vergehen» gegen das Gesetz zum Schutz« der Republik erstattet und dabei angeregt, das Er- mittelungsoerfahren mit größter Beschleunigung und so durchzu- führen, daß di« Oeffentlichkest von dem Vorgehen der Staatsanwalt- schost Kenntnis erhielte. Das Schreiben ist als„geheim" bezeichnet, weil Strafanzeigen vertraulicher Natur sind. Zu einer B« a n- standung gibt dieses Verhalten des Regierungspräsidenten in Schleswig keinerlei Veranlassung.
Vom roien Zarismus. Terror selbst im Gewersschastsparlameni. Der neue Kurs Stalins hat, laut authentischen Meldungen des „Sozialistischen Boten", selbst unter den GPil.-Leuten lebhafte Un- ruhe hervorgsrufen. Einige Leiter der Staatspolizei haben in einer Denkschrift den Allmächtigen vor möglichen Folgen seiner Politik gewarnt. Die Antwort Stalins lieh nicht lange auf sich warten: auf
feine Veranlassung entsandte dos Polbüro seinen Vertrauensmann M i k o j a n als Kommissar mit besoiiisren Vollmachten in die Lei- tung der GPU. Nicht ganz reibungslos ist auch die Kaltstellung T o m f k i s und seiner Gesinnungsfreunde vor sich gegangen. Als die Mehrheit der kommunistischen Fraktion im Zentralrat der Gewerkschaften sich weigerte, Tomski und die übrigen vom Polbüro Bezeichneten fallen zu lassen, drolste Iaruslawsti nicht nur mit Parteisondern auch mit Polizei moßnahmenl Gegen das letztere „Argument" war die Mehrheit machtlos. Tomski wurde schleu- «igst fallen gelassen! Säugling ersetzt Beamten. Die jetzt auf dem ganzen Sowsetgebiet mit großer Strenge b«- triebene Revision der Sowjetbehörden, die bekanntlich in der kam- munistischen Presse als„Säuberung" bezeichnet wird, führt gelegentlich zu recht verblüffenden Resultaten, die eines komischen Beigeschmacks nicht entbehre». In I r k u t j k wurden beispielsweise von der Revisionskommission S29 Sowjctbeamte wegen Unfähigkeit bzw. Amtsvergehen verschiedener Art abgesetzt und aus dem Dienst entlassen. Man sah sich aber genötigt, mehr als die Hälft« der auf di« Strasliftc gesetzten Personen auf ihren Posten zu be- lassen, weil für«inen Ersatz in keiner Weise vorgesorgt war. Da di« Beamtenstellen vorwiegend Arbeitern oder Bauern übertragen werden, diese aber in der Mehrzahl der Fälle die nötige Vorbildung nicht besitzen, so ist angeordnet worden, jetzt während der„Säube- rung" rechtzeitig geschulte Kräfte bereit zu halten, um sie in die freiwerdenden Stellungen einrücken zu lassen. In Irkutsk war das nun nicht beachtet worden und die Sowjetpresi« vecfehlt nicht, den erwähnten Borfall als abschreckend«; Beispiel hinzustellen. Di« ..Prowda" bringt dazu auch eine amüsante Karikatur: der zur'Ab- setzung vorgemerkte Beamte sitzt behaglich an seinem Schreibtisch und betrachtet seinen„Ersatzmann", einen vergnügte»Säugling, wozu er bemerkt:„Man hat mich hinauszefegt— Wichtigkeit! Bis ich meinem Nachfolger die Geschäfte übergeben kann, wird sich noch manche» schassen lassen."