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Nr. 31746. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts twod

Schwerer Weg in die Welt.

Eine Beratungsstelle für Auswanderer.

Kopf immer noch die Old Waverly und Buffalo Bill herumsputen bis zu dem enttäuschten älteren Angestellten, den die Rationali fierung brotlos machte. Dazu jener zweite, dritte, vierte Bauern­sohn, für den auf der Scholle seiner Bäter fein Plaz ist. Arbeiter dagegen, die beraten sein wollen, sind an den Fingern abzuzählen.

Mit einigem Herzklopfen schwenken jeden Vormittag etliche| den tostenlos beraten, die anderen zahlen eine Mart. Alle Alters. Dutzend Männer von dem großen, vom Potsdamer Plaz tommen.| schichten sind vertreten, vom 18jährigen Kontorburschen, in dessen den Verkehrsstrom ab, um sich längs der Ufer des Landwehrkanals zu verlieren. Es sind Menschen, die durch irgendwelche Umstände einen Schlußstrich unter all das gesetzt haben, was die Heimat ihnen angeblich schuldig blieb. Wenn sie in der Königin- Augusta- Straße das Haus Nr. 19 suchen, dann beginnt in ihnen der Anfang vom Ende eines langen Kampfes, den jeder Tag und Nacht mit sich selbst geführ hat. Der in seiner Heimat fremd Gewordene steht vor der Gemeinnügigen öffentlichen Auswandererbe=

wanderungsamts.

3m Empfangszimmer.

Was foftet die Reife?

Der Herr nach Smyrna bitte Zimmer 27" ruft das Fräulein. ratungsstelle, ehemals Hauptauskunftsstelle des Reichs. Die Beratung ist fachkundig und ausführlich. Obwohl gewiffe Fragen bestimmt zum zehntausendsten Male an die Beamten gestellt wer. den, finden sie immer wieder ihre eingehende Beantwortung, von Zeit zu Zeit bereichert durch neue Informationen aus den einzelnen Ländern. Ueberhaupt muß die Geduld der Berater eine enorme fein, es gehören Nerven dazu, so tausendmat einen fleinen Bortrag über Kanada oder Brasilien zu halten. Wieviel die Butter da toftet, wieviel ein Anzug, was da perdient wird, ob erstmal Arbeit zu friegen ist, wo man denn wohnen fann und meist zum Schluß die entscheidende Frage: Wieviel tostet die Reise dorthin? Wenn dann die Summen genannt werden, die in die Taufende gehen, dann ist die letzte Illusion in alle Winde verflogen. Die Beamten raten niemandem ab und feinem zu, sie sagen nur die Wahrheit, was in Swakopmund , in Valparaiso oder in Singapore los" ist, aber das genügt schon; mit einem tiefen Seufzer ver­laffen die Auswandererlustigen die Beratungsstelle. Würden sie zu dem die Frage nach den Reisekosten an den Anfang stellen, dann machte sich so manche Beratung überflüssig. Für heute bescheiden fie fich und gehen nach Hause

Die Beratungsstelle ist ein fleines, altmodisches Bureau. Das Empfangszimmer ist zugleich Registratur. Kaffe und Archiv; eine Schranke teilt sogar noch zwei Quadrat­meter als Warteraum ab, wovon wiederum der Kachelofen ein Viertel beansprucht. Schließlich bleibt Platz für vier eng anein­andergestellte Stühle. Zwei Kontoriſtinnen arbeiten hier in diesem überladenen Raum, der so gar nichts von einer Behörde hat, son: dern eher wie die Agentur einer fleinen Bersicherungsgesellschaft in Neustrelitz oder Spremberg aussieht. Auf der Schranke liegen zahllose Prospekte von Schiffahrtsgesellschaften ausgebreitet, die den Heimatmüden versprechen, sie in wenigen Tagen über den Ozean zu bringen; aber was fragen Auswanderer, die ihre Hoffnung auf die Steinwüsten Meritos oder auf die Fieberfümpfe des Kongo gefeßt haben, nach einer Zeitdifferenz von 48 Stunden. Eine Diffe renz von 48 Mart wäre hundertmal wichtiger. Die Wände des Zimmers find mit Anpreisungen von Geschäften für Tropenaus. rüstungen, folchen von Sprachlehrern und Aerzten beflebt, einer empfiehlt den Ankauf einer Taschenapotheke, bevor der Weg ins Nichts beginnt. Dazwischen hängen Warnungen charitativer Orga­nisationen vor den Gefahren der Fremde, meist zusammen mit einem langen Verzeichnis von Ueberseepläßen, damit der Sünder in Hongkong oder in Kapstadt wenigstens weiß, wo das nächste Asyl der Heilsarmee ist. Noch mehr hängt an der Wand, schöne bunte Bilder. Da fährt ein weißladierter Bergnügungsdampfer in die romantischen Fiorde Standinaviens ein, von dem Zähne­flappern im Zwischended eines Liniendampfers ist hier natürlich nichts zu bemerken. Auf einem anderen Bilde sieht man eine Hazienda, es ist Feierabend, das ganze Bild atmet Ruhe und Frieden.

Alle Schichten find vertreten.

Bon dieser Sorte Bilder, die in der Mehrzahl Besizungen mährend der Borfriegszeit reichgewordener Pflanzer darstellen, find ungefähr zwanzig ba. Und dann eine Aufnahme, die den Beratern ficher das Gewissen schlagen ließ: die Behausung eines deutschen Auswanderers in Südamerika , in jenen Gebieten, po es noch gar nicht allzu lange her ist, als man den Weizen statt Kohle verfeuerte. Sie sieht aus mie ein perfommener Schweinestall, ihr ganzes In ventar ist eine Pritsche mit einem Bund Stroh und einer alten Dede, wenn man von den Nägeln in der Bretterwand absieht, die den fehlenden Schrant ersehen müssen. Mit diesem einen Bild ist das ganze Schicksal des westeuropäischen Auswanderers aufge. fangen: entweder fommt er als Herr in die Tropen oder er geht dorthin als Knecht. Wählt er das letzte, wozu ihm nichts anderes übrig bleiben wird, dann muß er mit dem Reis der chinesischen Kulis oder dem Mais afrikanischer Raffern fürlieb nehmen. Die Be= ratung beginnt mit einer Formalität, der Ausfüllung des turzen Fragebogens. Name, Alter, Beruf, ob selbständig, in Arbeit oder ohne Arbeit, ledig, verheiratet, mieviel Kinder, wohin des Wegs und wieviel Geld mon besigt. Erwerbslose mer­

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Jack London :

Lockruf der Goldes

( Berechtigte Uebersetzung von Ermin Magnus).

Er ließ das Auto vor Dedes Tür halten, und mit der. felben gewaltsamen Tattit wie das legtemal schloß er fie in die Arme, ehe sie noch ein Wort hatte hervorbringen fönnen. ,, Du hast natürlich die Erledigt!" fündigte er an. Zeitungen gelesen. Ich bin ausgepumpt bis auf den letzten Cent, und jetzt will ich nur wiffen, an welchem Tage wir nach Glen Ellen ziehen können.

Gr hielt inne und fah fie an. Unentschloffenheit und Sorge stand auf ihrem Antlig. Aber dann wich alles dem Lächeln, das er so gut fannte, sie warf den Kopf zurück und lachte auf ihre alte frische Knabenart.

Bann kommen die Leute zum Einpacken?" fragte sie. Sie lachte wieder und tat, als ob sie vergebens versuchte, sich aus seinen Bärentagen loszumachen.

Lieber Elam," flüsterte fie, lieber Elam." Und zum ersten Male füßte sie ihn.

Sie strich ihm tofend mit der Hand übers Haar. Jezt sind deine Augen ganz golden," sagte er. Ich fann genau in ihnen lesen, wie lieb bu mich hast." ..Sie sind schon lange golden für dich gewesen, Elam. Ich glaube, auf unserer fleinen Ranch werben sie immer golden sein."

In deinem Haar ist auch Gold, eine Art Feuergold." Er drehte ihren Kopf gegen das Licht, hielt ihn zwischen seinen Händen und blidte ihr lange in die Augen. Und neulich, als du sagtest, daß du mich nicht heiraten wolltest, da waren deine Augen auch golden."

Sie nidte und lachte.

Du molltest deinen Willen haben," geftand fie. Aber ich fonnte einen solchen Wahnsinn nicht mitmachen. An das Geld gehört ja dir und nicht mir. Aber ich liebte dich die ganze Zeit, Elam, weil du so ein großer Junge warst, der nun ein Spielzeug für dreißig Millionen zerbrechen

Mittwoch, 10. Juli 1929

Raubmordversuch im Westen.

3wei Frauen niedergeschlagen.

In der Nürnberger Straße im Westen Berlins wurde gestern abend auf zwei Frauen ein schwerer Raubüberfall verübt. Durch die Aufmerksamkeit der Pförtnersfrau des Hauses wurde das Verbrechen kurz nach 19 Uhr entdeckt, und die Ueberfallenen, die noch schwache Lebenszeichen von sich gaben, wurden in das Wilmersdorfer& rantenhaus in der Achen­bachstraße gebracht.

Zu dem furchtbaren Raubmordanschlag erfahren wir noch folgende Einzelheiten: Im Hause Nürnberger Straße 69 wohnt seit langen Jahren die 59jährige Frau Ida Nasse, die dort zusammen mit ihrer 40jährigen Tochter Paula ein Wäsche geschäft be­treibt. In den Abendstunden, etwa gegen 18 Uhr, erschienen zwei junge Leute, die angeblich ein Oberhemd kaufen wollten. Die beiden Frauen legten den Männern verschiedene Sachen vor, ohne daß sich diese für einen Kauf entschließen zu können schienen. Als sie die Aufmerksamkeit der beiden Frauen auf diese Weise abgelenkt hatten, schlugen fie plöhlich mit einem Totschläger und einer ver­borgen gehaltenen Eisenschiene auf die Ahnungslosen ein. Die Schläge wurden mit solcher Wucht geführt, daß die beiden Frauen mit schweren Kopfperlegungen bewußtlos zu Boden santen.

Die Burschen plünderten mun die Masse und suchten das Weite. Leider sind sie von keinem der Anwohner beobachtet worden. auf, daß die Frau N. die Jalousie des Ladens nicht herunter­Erst einige Zeit später fiel es der Pförtnersfrau des Hauses ließ. Als sie auf die Ladentür tlinkte, fand sie sogleich Einlaß und jah zu ihrem Schrecken die beiden Frauen bewußtlos am Boden liegen. Die Pförtnersfrau alarmierte die Polizei, die für die sofortige Ueberführung der Schwerverletzten ins Wilmersdorfer Krankenhaus in der Achenbachstraße sorgte.

Das Befinden der 40jährigen Paula Nasse ist so schwer, daß an ihrem Aufkommen gezweifelt werden muß. Die Schläge find mit ungeheurer Wucht geführt und haben den Schädel an mehreren Stellen zertrümmert. Das Befinden der Mutter ist weniger ernst.

Der Kriminalpolizei ist es im Laufe der späten Abendstunden

Das neue Poftmuseum. gelungen, die Beschreibung eines der Täter durch die Ausage

Wir berichteten vorgestern über das neue Berliner Bostmuseum. Unsere Lefer fehen hier das schmucke einladende Gebäude.

wollte

-nur weil er des Spielens müde geworden war. Und wenn ich auch nein sagte, so mußte ich doch die ganze Zeit, daß es Ja mar. Und ich mußte, daß meine Augen die ganze Zeit golden waren."

Sie barg einen Augenblick ihr Gesicht an seiner Brust, dann sah sie wieder mit strahlendfrohen Augen zu ihm auf. Siehst du, Elam, ich ich mußte dich einfach heiraten. Aber ich befete, daß es dir glüden möge, alles zu verlieren." Ich habe eine Idee," fagte Daylight, mir entfliehen ja dem Stadtleben und allem, was damit zusammenhängt. Es hat doch eigentlich feinen Sinn, daß wir uns in der Stadt trauen lassen. Also meine Idee: Ich fahre nach Ranch, um das Haus ein wenig instand zu sehen. Du tommst in ein paar Tagen mit dem Morgenzug nach. Dann hab ich alles mit dem Pfarrer in Ordnung gebracht. Und noch eine Idee: Du nimmst dein Reitkleid im Handkoffer mit. Ich bin mit ein paar Pferden da, und wir reiten dann über Land. Du und es ist wirklich schön. fannst gleich dein Gut besichtigen- und es ist wirklich schön. Also, es ist alles in Ordnung, und ich erwarte dich über­morgen mit dem Frühzuge." Dede war rot geworden, und sie sagte: Du bist ein solcher Brausewind."

Ja, gnädige Frau," sagte er langsam ,,, ich kann das Warten nicht vertragen. Und es ist ein Standal, wie lange mir gewartet haben. Wir hätten uns schon vor mehreren

Jahren heiraten können."

*

3wei Tage später stand Daylight wartend vor dem fleinen Gasthof von Glen Ellen . Die Trauung war vor über, und Dede war hineingegangen, um ihr Reitkleid an zuziehen, während er die Pferde holte. Jetzt zog er Bob und Mab am Bügel hinter sich her, und im Schatten des Wassertroges saß Wolf und fah zu. Schon die zwei Tage der starten falifornischen Sonne hatten Daylights früher so sonnenverbrannter Haut neue Glut verliehen. Aber wärmer noch war die Glut, die in seinen Wangen und Augen brannte, als er Debe zur Tür herauskommen fah, die Reit­peitsche in der Hand und in dem Reitkleid, das er so gut von früher her fannte. Auch in ihrem Gesicht waren Wärme und Glut, als ihr Blick dem seinen begegnete und dann auf die Pferde fiel. Da sah sie Mab. Aber ihr Blick suchte wieder ben Mann.

Ach, Elam!" flüsterte sie.

der Frau Ida Nasse zu erlangen. Danach soll der eine der Burschen einen grauen Anzug getragen haben. Dazu hatte er eine graue Schiebermüte.

Auf die Ergreifung der Täter hat die Kriminalpolizei 1000 Mart Belohnung ausgesetzt.

22 Tote auf Boot H 47.

Der Kommandant und ein Matrose sind gerettet... Condon, 9. Juli.

Der Kommandant des nach einem Zusammenstoß mit einem anderen Unterfeeboot gefunfenen Unterfeebootes 47 ift gerettet worden. Außer ihm ift, wie bereits die früheren Meldungen vermuten ließen, nur noch ein Mitglied der im Augenblid des Unglüds 24 Köpfe starten Befahung des Bootes goeborgen worden. Zu dem Unglüd gab heute im Unterhause der Erste Lord Admiralität Alegander folgende Erklärung ab: In a Eile sind die notwendigen Schritte unternommen worden, um die Lage des gefundenen U- Bootes festzustellen. Die Rettung des Bootes ist aber sehr unwahrscheinlich. Die besten Tauch­apparate sind sofort an die Unglücksstelle gebracht worden. Mit Be­dauern muß ich jedoch sagen, daß wir so gut wie feine Hoffnung haben, die Mannschaft retten zu können.

3um Stinnes- Prozeß. In unserem gestrigen Bericht über den Stinnes Prozeß ist ein Mißverständnis unterlaufen. Ober­regierungsrat Steiger ist nicht im Ministerum für Landwirtschaft tätig, sondern im Minifterium für die bese sten Gebiete.

Es war fast ein Gebet, aber ein Gebet, das tausend­fachen Sinn enthielt. Daylight versuchte sich dumm anzu­stellen, aber das Lied, das in seinem Herzen flang, war zu jubelnd, als daß er sich hinter seiner gewöhnlichen Scherz­haftigkeit hätte verschanzen können. Alles lag in dem einen Wort Vorwurf, in Dantbarkeit geläutert, und hinter allem Freude und Liebe.

Sie trat vor, liebtofte das Pferd, und dann wandte sie sich wieder zu ihm und flüsterte: ,, Ach, Elam!"

Wieder machte er eine Anstrengung, zu scherzen, aber der Augenblic war zu feierlich selbst für Liebesscherze. Reiner von ihnen sprach. Sie ergriff die Bügel, und Daylight beugte sich nieder und nahm ihren Fuß in die Hand. Er hob ihn, fie sprang und faß im nächsten Augenblick im Sattel. Gleich barauf faß er selbst im Sattel, und während Wolf in seinem typischen Wolfstrott vorauslief, ritten fie Seite an Seite zwei rotbraunen Pferden zwei frohe verliebte Menschen, die bergauf, den Weg, der sie zur Stadt hinausführte- auf durch den warmen Sommertag ihren Flitterwochen ent­gegenritten. Daylight war wie berauscht. Höher konnte nie ein Mensch gelangen, war nie einer gelangt.

Sie erreichten den Gipfel des Hügels, und er jah ihr Antlig vor Freude leuchten, als sie das schöne Land vor sich liegen fah.

,, Das ist unser," jagte er. Und das ist nur eine Brobe von der Ranch. Warte nur, bis du den großen Canjon siehst. Dort sind Waschbären, und da hinten in Sonoma gibt es Nerze. Tiere! Weißt du, diese Berge wimmeln von erze. ihnen, und ich glaube, wenn wir uns Mühe geben, können mir sogar einen Berglöwen erwischen. Und weißt du, da ist eine fleine Wiese aber jegt fag ich nichts mehr. Wart, mists mehr. bis du alles selbst gesehen hast."

Sie bogen in eine Gatterpforte ein, und beide sogen mit Entzüden den warmen Heuduft ein. Wie bei Daylights erstem Besuch fangen die Lerchen und flogen vor den Pferden auf, bis sie den Wald mit den blumenübersäten Lichtungen erreichten.

Jegt sind wir auf unserem eigenen Grund und Boden," fagte er, als sie über die jüngst gemähte Wiese kamen. ,, Er erstreckt sich über den unebensten Teil des Landes. Aber warte nur, bis du alles gesehen hast." ( Fortsetzung folgt.)